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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2016

Bedächtiger Krimi

Mord auf Antrag
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Das verbotene Moor hat auf zwei Jungs eine große Anziehungskraft, dass sie ausgerechnet eine Moorleiche entdecken, bringt eine mehr als zwei Jahrzehnte alte Vermisstenmeldung zur Aufklärung. Aber nicht ...

Das verbotene Moor hat auf zwei Jungs eine große Anziehungskraft, dass sie ausgerechnet eine Moorleiche entdecken, bringt eine mehr als zwei Jahrzehnte alte Vermisstenmeldung zur Aufklärung. Aber nicht nur dass, kurz danach nimmt Anna Larsen, eine ehrgeizige Journalistin, einen anonymen Anruf entgegen, der noch weitere Morde vorhersagt.
Das ist der Auftakt zu einer Mordermittlung, die Robert Benito zusammen mit den Kollegen vom Kommissariat in Aarhus lange beschäftigt.
Gleichzeitig gerät das Leben von Kamilla und Sabrina, zwei jungen Frauen aus Aarhus, die sich nicht kennen aus den Fugen.
Skandinavische Kriminalromane spiegeln häufig ein Bild der Gesellschaft, so werden auch hier soziale und gesellschaftspolitische Themen angepackt. Vielleicht stehen sie sogar ein wenig zu sehr im Vordergrund, denn ich so richtig Spannung wollte bei mir nicht aufkommen. Ich möchte nicht zu viel zum Thema sagen, um nicht gleich alles zu verraten. Aber auch so ist schon nach einem Drittel der Geschichte klar, wie die Geschehnisse verknüpft sind. Der Roman beleuchtet parallel die Lebensgeschichte einiger Protagonisten und ihre Verbindung zur Vergangenheit. Allerdings fesselten mich die Handlungsstränge nicht allzu sonderlich, hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Der Stil der Autorin ist sachlich, unaufgeregt und fast ein wenig kühl, das passt zu diesem Buch, das zwar als Krimi angelegt ist, aber fast schon ein Gesellschaftsdrama ist.
Sehr gut fand ich die Auflösung, die jeden Leser für sich die Frage nach Recht und Schuld stellen lässt.

Veröffentlicht am 18.11.2016

Gangsta Rap

I.Q.
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I.Q. steht für Isaiah Quintabe und er ist ein Detektiv wie weiland Sherlock Holmes. Allein durch seine Fähigkeit zu Deduktion löst er seine Fälle. Er setzt seine Fähigkeiten ein, um Nachbarn, benachteiligten ...

I.Q. steht für Isaiah Quintabe und er ist ein Detektiv wie weiland Sherlock Holmes. Allein durch seine Fähigkeit zu Deduktion löst er seine Fälle. Er setzt seine Fähigkeiten ein, um Nachbarn, benachteiligten Bürgern, Minderheiten usw zu ihrem Recht zu verhelfen. Sein Charakter ist davon geprägt, dass er vor Jahren mitansehen musste, wie sein Bruder überfahren wurde. Aus dieser Zeit stammt auch die Bekanntschaft/Freundschaft mit Dodson, einem Dealer und Kleinkriminellen, der für I.Q. die Fälle ranschafft und auch die „Buchhaltung“ regelt. Auch I.Q. selbst hat schon einige Male Konflikte mit dem Gesetz gehabt, fast unausweichlich, wenn man in den Schwarzenviertel Los Angeles groß wird.
Dann soll I.Q. für den Super Rapper Murda One arbeiten. Der Musikstar hat Angst um sein Leben, nachdem es schon einige Mordanschläge auf ihn gab.
Der Hintergrund des Romans, die schwarze Rapperszene in Los Angeles ist für mich Neuland, das Musikbusiness und die Sprache der „Ganstas“ und „Narcos“ ebenso. Da brauchte ich einige Zeit bis ich mich eingelesen und darauf eingelassen habe. Anfangs hatte ich damit einige Schwierigkeiten, weil das so gar nicht meine Welt und meine Sprache ist, aber es passt zum Buch und wirkt absolut stimmig. Da sich der Autor genau dieses Slangs bedient, wird der Roman abgehackt und rasant erzählt. Es gibt einen Erzähler, der immer auch wieder frühere Fälle und Geschichten mit einbezieht. So ist nicht nur die Sprache schnell, auch die Perspektiv- und Zeitwechsel erfordern die volle Aufmerksamkeit. So gibt es immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit Isaiahs. Auch die Perspektive des Täters findet sich eingeflochten in die Handlung. Ich fand den Schreibstil authentisch, auch wenn ich in der Szene überhaupt nicht zuhause bin, wie wahrscheinlich der Großteil der Leser, hat mir das gut gefallen. Auch Los Angeles als Ort der Handlung, und zwar eher die Nachtseiten von Los Angeles sind sehr gut dargestellt.
Ein Thriller, der gut zur neuen, jungen Linie des Suhrkamp Verlags passt, wie ich finde. Das als Herausgeber Thomas Wörtche genannt wird, ist auch ein Hinweis auf den literarischen Anspruch des Buches. Auch die Ausstattung ist gelungen, die vorherrschenden Grau/Schwarztöne mit den zwei gelben Initialen I.Q. die auch durch die Haptik hervorgehoben sind, sind ein echter Blickfang.

Veröffentlicht am 11.11.2016

Ein Debüt, dass mich nicht völlig überzeugte

Meer des Schweigens
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Elizabeth Polodny kommt nach zwanzig Jahren zum ersten Mal zurück nach England um an der Beisetzung des Bruders Anthony teilzunehmen. Nach einer Familientragödie hat sie England verlassen und nie mehr ...

Elizabeth Polodny kommt nach zwanzig Jahren zum ersten Mal zurück nach England um an der Beisetzung des Bruders Anthony teilzunehmen. Nach einer Familientragödie hat sie England verlassen und nie mehr mit ihrem Bruder ein Wort gewechselt. Das Schreiben des Anwalts, der die Erbschaftsangelegenheit regelt, war der erste Kontakt nach England nach all den Jahren.
Detektive Collin Brown wird zur Küste gerufen, ein brutal erschlagener junger Golden Retriever wird an die Küste gespült. Das sollte nicht der einzige Fund an der Küste bleiben. Kurz danach folgt ein Mensch, der auf die gleiche Art zu Tode kam.


Brown und sein cornisches Team scheinen von der Komplexität des Falles überfordert. Vor allem, als sich herausstellt, dass Anthony und McFersson, das Mordopfer, Geschäftspartner waren . Anthony starb an Herzversagen, McFersson wurde ermordet – gibt es eine Verbindung? Wer ist die geheimnisvolle junge Frau, die im Umfeld der Beiden auftaucht?


In weiten Kreisen, mit diversen Handlungssträngen, nähert sich der Kriminalroman langsam seinem eigentlichen Fall an. Was haben die beiden Männer gemeinsam, welche Rolle spielt die Familientragödie der Polodnys? Collin Brown tappt lange im Dunkeln und seine Ermittlungen scheinen ihn keinen Schritt einer Aufklärung näher zu bringen, auch wenn er allmählich die Verbindung der beiden Männer entschlüsselt.


Die weit ausholende Handlung konnte mich nicht immer fesseln, auch wenn ein aufmerksamer Leser natürlich ahnt, dass die vielen einzelnen Erzählstränge zum Schluss zusammengehören. Aber mir das Tempo viel zu gemächlich und Spannung wollte einfach nicht aufkommen. Der immer wieder an sich selbst zweifelnde Detektive Brown ist sympathisch dargestellt, sein Team mit den immer wieder thematisierten Marotten ebenso, aber auf die Dauer war mir das zu wenig. Zum Schluss wurden dann die vielen Handlungsstränge zusammengeführt und was in der vorangegangen Handlung an Tempo fehlte, wurde ins letzte Kapitel gepackt.

Veröffentlicht am 08.11.2016

Solider Krimi vor malerische Kulisse

Tödliche Vorstellung
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Monaco – das steht für Jet Set, Autorennen und das berühmte Zirkusfestival. Schlechte Publicity möchte da niemand. Ausgerechnet kurz vor Beginn des Festivals kommt Ärger auf Kommissar Valeri zu. Radikale ...

Monaco – das steht für Jet Set, Autorennen und das berühmte Zirkusfestival. Schlechte Publicity möchte da niemand. Ausgerechnet kurz vor Beginn des Festivals kommt Ärger auf Kommissar Valeri zu. Radikale Tierschützer machen mit Aktionen auf sich aufmerksam, ein Partygirl wird tot aus dem Wasser gefischt und in der Manege stirbt eine Dompteuse durch ihre Raubtiere.
Selbstmord und ein tragischer Unfall, oder steckt womöglich mehr dahinter?
Kommissar Valeri hat zudem noch privaten Ärger, er kann den Seitensprung seiner Frau nicht verwinden. Er fühlt sich in seiner männlichen Ehre gekränkt und das macht ihn nicht unbedingt zu einem angenehmen Partner für Kollegin Coco Dupont.
Dieser Krimi ist ein Ausflug nach Monaco, wo die Kommissarin auch bei Befragungen „monegassisches Wasser“ – sprich Champagner – trinkt und der Kommissar nicht am kleinen Hafenbistro vorbeigehen kann, ohne sich mit einer Portion frischer Austern zu stärken. Auch wenn es den eigentlichen Monegassen immer schwerer fällt, bezahlbare Wohnungen oder Restaurants zu finden. Es ist auch ein Ausflug in der Welt der Artisten, Clowns und Dompteure. Die Zirkusluft ist richtig zu spüren, der Zusammenhalt der Artisten, aber auch Eifersucht und Konkurrenzdenken. Das ist ein guter und solide aufgebauter Krimi, der mich gut unterhalten hat. Er ist flüssig und flott geschrieben, die Figuren sind mir etwas zu klischeehaft geraten. Geschickt eingebaute Rückblenden halten die Neugierde hoch. Es war fast ein Kurztrip in das Fürstentum. Die Figuren Valeri und Dupont sind recht sympathisch und werden – vielleicht in einem weiteren Band – sicher ein erfolgreiches Ermittlerduo. Für meinen Geschmack könnten manche Beschreibungen kürzer ausfallen, ich muss nicht die Zusammensetzung eines Cocktails oder eines Salats erfahren um mediterrane Atmosphäre zu fühlen und brauche auch keine Erklärungen, was Matcha oder ein Bellini ist.

Veröffentlicht am 07.11.2016

Eine Epoche geht zu Ende

Letzte Freunde
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Letzte Freunde ist der abschließende Band der Trilogie um Sir Edward Feathers , Old Filth genannt. Nachdem einmal die Geschichte aus Sicht von Sir Edward erzählt wurde, im zweiten Buch seine Frau Elizabeth ...

Letzte Freunde ist der abschließende Band der Trilogie um Sir Edward Feathers , Old Filth genannt. Nachdem einmal die Geschichte aus Sicht von Sir Edward erzählt wurde, im zweiten Buch seine Frau Elizabeth zu Wort kam, stehen nun alte Freunde und Weggefährten im Mittelpunkt und deren Sicht auf das Ehepaar.
Jetzt habe ich mehr über die lebenslange Fehde zwischen Terry Veneering und Edward Feathers erfahren. Eine Nebenfigur, Fiscal-Smith, wurde ins Rampenlicht gerückt und wurde für mich menschlich, nachdem er in den vorangegangenen Büchern ehe eine Witzfigur abgab.
Für mich war es ein runder Abschluss, aber ohne die Kenntnis der ersten Bücher hätte ich schwer Zugang zur Geschichte, noch zu den einzelnen Personen gefunden, deshalb meine Empfehlung unbedingt die Vorgängerbände zu lesen.
Die Sprache Jane Gardams hat mich auch hier wieder fasziniert. Es ist fantastisch, wie es ihr gelang, ihre Personen darzustellen. Ich schwankte von Sympathie zu Abneigung, je nach Blickwinkel und am Ende bleibt das Verständnis für die menschliche Tragödie, die jede einzelne Figur durchleben muss. Gleichzeitig ist die Trilogie aber auch ein Abgesang auf die große Zeit des englischen Empires. Die Kronkolonie Hongkong fällt an China zurück und die Bedeutung der englischen Oberschicht hat schon in den vergangen Jahrzehnten abgenommen, das wird auch den Protagonisten schmerzlich bewusst.
Jane Gardam ist eine großartige Erzählerin und eine Chronistin dieser Zeit.