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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2018

Weltreisende

Weltensammlerinnen
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Frauen ziehen aus, um die Welt zu erobern und ihren Horizont zu vergrößern. In dieser Sammlung waren mir eigentlich nur die Namen von Clärenore Stinnes und Martha Gellhorn ein Begriff. Die anderen Abenteurerinnen ...


Frauen ziehen aus, um die Welt zu erobern und ihren Horizont zu vergrößern. In dieser Sammlung waren mir eigentlich nur die Namen von Clärenore Stinnes und Martha Gellhorn ein Begriff. Die anderen Abenteurerinnen waren mir bis dato ganz ungekannt.
Schön, dass ihnen hier ein kleines Denkmal gesetzt wird und sie nicht ganz in Vergessenheit geraten sind. Die Gründe für den Aufbruch waren ganz unterschiedlich, mal war es schlichtes Kalkül um Geld zu verdienen, mal die Sehnsucht nach dem Unbekannten. Mit großem Mut haben sich aber alle Frauen über die geltenden Regeln hinweggesetzt und haben ihren Traum verwirklicht.
Die Beschreibungen geben nicht nur einen biografischen Abriss der Frauen, ihrer Herkunft und ihrer Lebensumstände, sie schließen auch Beschreibungen und Zitate aus Briefen und Tagebüchern mit ein. Das ergibt ein farbiges und lebendiges Bild der Frauen. Ganz wichtig fand ich auch die historische Einordnung, denn viele der Briefzitate wirken in ihrer Überheblichkeit heute schon etwas befremdlich. Die Vorurteile so mancher Frau gegenüber den Einheimischen, „den Wilden“ wären sonst aus unserer heutigen Sicht unerträglich.
Eine schöne Zusammenstellung die Lust macht, sich mehr mit den Abenteuern der Weltensammlerinnen zu beschäftigen.

Veröffentlicht am 09.07.2018

Das Café am Meer

Hochzeit im Café am Meer
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Nach heftigen Stürmen und Überschwemmung kehrt langsam wieder Ruhe und Normalität in Kilhallon ein. Die Ferienanlage, die Demelza und Cal gemeinsam betreiben, zieht immer mehr Gäste an und Demelzas Café ...

Nach heftigen Stürmen und Überschwemmung kehrt langsam wieder Ruhe und Normalität in Kilhallon ein. Die Ferienanlage, die Demelza und Cal gemeinsam betreiben, zieht immer mehr Gäste an und Demelzas Café am Meer wird immer bekannter. Nach reichlichen Familienturbulenzen scheint es harmonisch zu werden, in diesem kleinen Ort in Cornwall. Doch dann wollen zwei berühmte Filmstars in Kilhallon heiraten und es wird fieberhaft auf den großen Tag hingearbeitet, der den endgültigen Durchbruch für Café und Ferienanlage bringen soll.
Ich habe ohne Kenntnis den dritten Band der „… am Meer“-Reihe gelesen, so sind mir die Ereignisse aus den Vorgängerbänden nur durch kleine Rückblenden klar geworden. Aber das hat mich anfangs nicht gestört, der Fokus liegt ganz auf Cal und Demelza und ihre noch fragile Beziehung. Beide schleppen noch viele Verletzungen mit sich und mit diesem „Gepäck“ ist es nicht so einfach, sich aufeinander einzulassen. So wirkt die Liebesgeschichte eher verhalten.
Spontan hat mich das Titelbild für dieses Buch eingenommen. Es wirkt frisch wie eine Sommerbrise, das Buch selbst hat mich nicht ganz so überzeugt. Ich fand die Story ein wenig überfrachtet. Cals Probleme durch seine Arbeit als Flüchtlingshelfer in Syrien, die wiedergefundenen Halbgeschwister für ihn und Dem, die Familienprobleme usw usw – das fand ich zu viel für eine Geschichte. Ich hatte den Eindruck, dass jetzt alle Handlungsfäden aus den ersten beiden Büchern aufgenommen und zusammengeführt werden, auch wenn die Bücher in sich abgeschlossen sind.
Der Trubel um die Starhochzeit ist mit viel Sinn für Situationskomik geschildert, das ist ziemlich überdreht und temporeich und immer auch für einen Lacher gut. Dagegen bringt die Beschreibung der wunderschönen Location wieder mehr Ruhe in die Geschichte. Wer möchte nicht gerne so erfolgreich ein Café am Meer aufziehen.
Bis zur Hochzeit und einem ganz unerwarteten Happy End gibt es viele Hindernisse und Dem muss all ihr Organisationstalent aufbieten um alle Schwierigkeiten zu meistern.
Die nette Geschichte hat mich allerdings nicht so recht begeistern können.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Liebeswirren und Schulstress

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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Annika lebt wirklich auf der Sonnenseite des Lebens. Einzig, dass sie damals bei „Jugend musiziert“ nur den zweiten Preis gewonnen hat, geht ihr noch nach. Sie unterrichtet am Werther Gymnasium, der Eliteschule, ...

Annika lebt wirklich auf der Sonnenseite des Lebens. Einzig, dass sie damals bei „Jugend musiziert“ nur den zweiten Preis gewonnen hat, geht ihr noch nach. Sie unterrichtet am Werther Gymnasium, der Eliteschule, die sie schon selbst besuchte. Dann kommt der Hammer: sie wird versetzt! Ausgerechnet an eine Hauptschule in einem Hamburger Brennpunktviertel.
Annika ist, wie alle Heldinnen von Petra Hülsmann, eine sympathische junge Frau, die man manchmal schütteln möchte, um sie in der Realität zu erden. Das machen in diesem Fall die Schüler an ihrer neuen Astrid-Lindgren-Schule. Um möglichst schnell wieder eine Versetzung zu erreichen, gründet sie eine Musical-AG um den Hamburger Schulpreis damit einzuheimsen – eine wichtige Voraussetzung um wieder ans Werther Gymnasium zurückzukommen. Aber dann kommt alles ein wenig anders…
Ich lese die unterhaltsamen Romane von Petra Hülsmann sehr gern. Sie haben Charme und punkten mit Hamburg Flair. Gut gefällt mir auch, dass in ihren Büchern immer mal wieder einen Cameo Auftritt von Knud, dem urigen Taxifahrer, gibt. Von ihm stammt auch der Spruch „wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen“, der dem Buch den Titel gibt. Dieses Mal hatte ich aber immer ein Déjà- vue. Ich fand zu viele Anleihen aus den bekannten Kinofilmen um eine renitente Schulklasse und das wirkte nicht sonderlich originell. Auch die Grundkonstruktion ihrer Geschichte variiert das Thema der Vorgängerromane.
Dennoch macht das Lesen Spaß, die Autorin punktet mit Wortwitz und Esprit, ihre Bücher bieten locker-leichte Sommerunterhaltung. Die Figuren sind mit leichter Hand gezeichnet und haben nicht sonderlich viel Tiefgang, ihren Irrungen und Wirrungen, vor allem in Liebesdingen zu folgen, ist aber immer witzig und vergnüglich.

Veröffentlicht am 06.07.2018

Unser Dorf ist schön genug

Landeierforschung
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Eigentlich sollte Anne abgeklärt genug sein um sich nicht ständig von ihrem Ex-Ehemann Oliver provozieren zu lassen. Aber wenn man immer noch gemeinsam in einer Firma arbeitet, gibt es halt auch reichlich ...

Eigentlich sollte Anne abgeklärt genug sein um sich nicht ständig von ihrem Ex-Ehemann Oliver provozieren zu lassen. Aber wenn man immer noch gemeinsam in einer Firma arbeitet, gibt es halt auch reichlich Reibungspunkte. So lässt sich Anne dazu hinreißen, den exotischen Urlaubstrip ihres Ex Mannes mit dessen neuen Freundin mit einer Rundreise durch die deutsche Provinz zu toppen. 5 Dörfer in zwei Wochen, ausgesucht nur nach einem romantischen Namen und möglichst abgelegen. Sie hätte bei der Firmenfeier wirklich nicht so viel Gin Tonic trinken sollen!Begleiten soll sie ihr Cousin Mike, mit dem sie in einer praktischen Kumpel WG lebt. Selbst ihr erwachsener Sohn Max schüttelt sich mit Grausen, als er von ihren Plänen hört. Aber Anne kommt aus der Nummer nicht mehr raus und so macht sie sich auf den Weg.

Natürlich kommt es anders als man denkt. Die „Landeierforschung“ in der tiefsten Provinz bietet so manche Überraschung und neue Erkenntnis für Anne. So schlimm ist es doch gar nicht, es gibt überall knorrige Typen und – welche Überraschung – auch noch attraktive Männer und Frauen, die echte Freundinnen werden können.
Die turbulente, recht komische Sommerkomödie entfaltet ihren Charme, sie ist flüssig zu lesen, Anne hat bald ein wenig Sympathie auf ihrer Seite, auch wenn ich ihre anfängliche Zickigkeit und ihre Naivität etwas überzogen fand. Aber das rückt das Landleben dann bald zurecht. Eine lockere und flüssige Sprache, ein lustiger, ideenreicher Plot runden den herzigen Roman ab.

Natürlich dürfen diverse Klischees nicht fehlen, aber das ist bei diesem Genre quasi Voraussetzung. Der Figurenreigen passt auch zu dieser überdrehten Geschichte. Ob Gutsbesitzer mit blitzenden Augen oder Schützenbruder, dessen Selbsteinschätzung kuriose Blüten treibt – den Vogel schießt aber ein Pärchen ab, der eine der Dorffriseur, der andere der Dorfmetzger – die Annes Leben ganz schön aufmischen.
Eine witzige, flotte Sommerlektüre, genau richtig für Strandbad oder Balkon.

Veröffentlicht am 05.07.2018

Ein dunkles Familiengeheimnis

Wenn wir wieder leben
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Anfang der 60iger in Berlin. Wanda ist eine junge Frau, die behütet und umsorgt von ihrer Mutter und ihrer Tante aufgewachsen ist. Ihr Geburtsort Zopot ist nur ein Name in ihrem Pass. Sie weiß nichts von ...

Anfang der 60iger in Berlin. Wanda ist eine junge Frau, die behütet und umsorgt von ihrer Mutter und ihrer Tante aufgewachsen ist. Ihr Geburtsort Zopot ist nur ein Name in ihrem Pass. Sie weiß nichts von der Vergangenheit und Herkunft ihrer Familie, über die Kriegsjahre wird eisern geschwiegen. An der Uni lernt Wanda den charismatischen Andras kennen, den einzigen Überlebenden einer jüdischen Familie. Andras will das Schweigen an der Uni und in der Gesellschaft nicht akzeptieren. Er engagiert sich bei der Zeugensuche für den Auschwitz Prozess. Er will, dass seine Kommilitonen fragen „was haben meine Eltern in der Vergangenheit gemacht?“ Diese Frage stellt Wanda ihrer Mutter und löst damit ein Drama aus.
Rückblick: Die 20iger und 30iger in Zopot an der Ostseeküste. Gundi ist ein „Goldmädchen“, glücklich und sorglos wächst sie unter der Obhut ihres Großvaters auf. Sie liebt die Musik und mit Freunden spielt sie in einer Band, tritt in den Hotels im Seebad auf. Sie ist spontan, flirtet mit ihren Jugendfreunden Erik und Julius und träumt vom Durchbruch. Als sie auf der „Gustloff“ engagiert werden, scheinen sie am Ziel. Aber die Welt hat sich verändert und Gundi verschließt davor ihre Augen.
In den zwei Zeitebenen steht jeweils eine junge Frau und ihre Suche nach dem Lebensweg im Mittelpunkt. Der historische Hintergrund ist sehr farbig und intensiv geschildert. Besonders interessant fand ich die Atmosphäre 1963 in Berlin. Eine Gesellschaft, die nur vergessen will und keine Auseinandersetzung mit der Geschichte und der eigenen Schuld zulassen will. Das zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten und ein Student wie Andras, der Fragen stellt, nachhakt und nicht lockerlässt, wird schnell als Nestbeschmutzer ausgegrenzt. Sein jüdischer Familienhintergrund verstärkt das nur, denn Antisemitismus nicht verschwunden, er wird nur nicht offen ausgesprochen. Wandas Erwachen aus dem schützenden Kokon ist schmerzhaft. Das wird durch den warmherzigen, interessanten Erzählstil deutlich. Deshalb ist mir die Figur der Wanda auch persönlicher und echter erschienen als Gundi, die mir blass und weniger akzentuiert erschien.
Charlotte Roth versteht es gut, die beiden Teile zu verbinden und ein dunkles Geschichtskapitel über die Lebensläufe zweier Frauen persönlich werden zu lassen. Der Roman ist spannend und auch unterhaltsam geschrieben, aber nie oberflächlich. Ihre Sprache, die Orts- und Zeitbeschreibungen sind lebendig und farbig. Nur manchmal fand ich den ostpreußischen Sprachgebrauch mit den vielen Diminutiven zu sehr in Szene gesetzt. Ich habe den Roman gern gelesen, ich fand ihn anspruchsvoll und die Thematik gut umgesetzt. Das schmerzhafte Erwachen und Erwachsenwerden der jungen Wanda hat mich berührt.
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