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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.06.2021

Ein ganzes Land liegt im Koma

Der ehemalige Sohn
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Der Teenager Zisk lebt in Belarus bei seiner Großmutter Elvira Alexandrowna, die ihn liebevoll bei allem unterstützt. Bei einer Massenpanik wird er schwer verletzt und fällt für zehn Jahre ins Koma. Als ...

Der Teenager Zisk lebt in Belarus bei seiner Großmutter Elvira Alexandrowna, die ihn liebevoll bei allem unterstützt. Bei einer Massenpanik wird er schwer verletzt und fällt für zehn Jahre ins Koma. Als er aufwacht, wird ihm bewusst, dass sich in Belarus nichts verändert hat. Während die anderen das Leben in Belarus nicht in Frage stellen, findet sich Zisk in diesem Land nicht mehr zurecht. Das ganze Land scheint im Koma zu liegen, aber Zisk will kein weiteres Mal im Koma liegen.

Meinung:

Ich wusste vor diesem Roman nicht viel über das Land Belarus. Doch ich war überrascht, wie Filipenko auf wenigen Seiten ein intensives Bild von Land und Leuten schafft. Beim Lesen war ich mehrmals schockiert und hatte oft Gänsehaut.

Einige Figuren haben mich zur Weißglut gebracht, andere wiederum habe ich sofort liebgewonnen. Vor allem Zisks Großmutter Elvira Alexandrowna ist eine kluge und herzliche Person, die als Einzige daran geglaubt hat, dass Zisk aus dem Koma erwacht. Stassik ist der einzige Freund, der ihn regelmäßig im Krankenhaus besucht und Zisk auch nach dem Koma hilft, sich im Leben wieder zurechtzufinden. Durch diese beiden Nebenfiguren erfahren wir anhand vieler Monologe interessante Informationen über das Leben und die politische Lage in Belarus. Der Roman besteht größtenteils aus Monologen, was mir sehr gut gefallen hat, da sie sehr vielfältig und authentisch sind. Diese Erzählweise passt sehr gut zu diesem Roman.

Beim Lesen war ich oft schockiert, gerade weil das Beschriebene tatsächlich so oder so ähnlich in Belarus passiert ist. Zisks Innenleben wurde ebenfalls sehr eindrücklich beschrieben und ich konnte seine Gefühle sehr gut nachvollziehen.

Der Anhang am Ende, den die Übersetzerin als Hilfe hinzugefügt hat, ist sehr hilfreich. Dort erfährt man einiges über die Geschichte von Belarus und die im Roman beschriebenen Ereignisse. Dies hat das Lesen des Romans erleichtert.

Neben den Figuren und der besonderen Erzählweise fand ich die Darstellung der Hoffnung von Zisk und dem belarussichen Volk und wie diese Hoffnung dann stirbt, sehr beeindruckend. Das offene Ende regt zum Nachdenken an und passt zu der offenen Zukunft des Landes.



Fazit:

Das Buch konnte mich mit der lebendigen Erzählweise sehr beeindrucken. Auf wenigen Seiten lernt man Belarus kennen und ist schockiert, dass das Beschriebene tatsächlich die Realität dieses Landes ist.

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Veröffentlicht am 13.05.2021

Gespräche über die alten Zeiten

Die Geschichte von Kat und Easy
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Kat und Easy waren in den 1970er Jahren beste Freundinnen. Sie haben vieles miteinander erlebt. Doch sie verlieben sich in den selben Mann, Fripp, und ein Unfall setzt ihrer Freundschaft ein Ende. Fünfzig ...

Kat und Easy waren in den 1970er Jahren beste Freundinnen. Sie haben vieles miteinander erlebt. Doch sie verlieben sich in den selben Mann, Fripp, und ein Unfall setzt ihrer Freundschaft ein Ende. Fünfzig Jahre später treffen sich beide auf Kreta wieder und verbringen Zeit miteinander. Sie reden über ihre Jugend, arbeiten die Vergangenheit auf, lernen sich neu kennen und decken Lügen auf.

Meinung:
Das Cover ist wunderschön, verträumt und sanft. So ist auch der Inhalt des Romans. Die Geschichte ist ruhig, man träumt beim Lesen auch vor sich hin und die Geschichte wird sanft erzählt.

Ich hatte beim Lesen das Gefühl, als wäre ich bei den Gesprächen zwischen Kat und Easy auf Kreta dabei. Die Gespräche sind sehr authentisch und auch emotional. Ihre Geschichte zeigt, dass es im Leben Höhen und Tiefen gibt. Dass sie sich wieder neu kennenlernen, hat mir auch sehr gut gefallen. Menschen verändern sich, distanzieren sich voneinander und nähern sich auch wieder an. Ich fand es sehr spannend zu lesen, wie zwei alte Freundinnen sich wieder annähern und die Vergangenheit aufarbeiten. Neben dem Strang auf Kreta gibt es den Erzählstrang aus den 1970er Jahren in Laustedt, der mit den Parties, Bands und dem Jugendzentrum etc. sehr nostalgisch und authentisch ist. Man erfährt immer mehr, was damals wirklich passiert ist. Der Erzählstrang in den 1970er Jahren hat mir am besten gefallen. Es war durchaus interessant zu sehen, wie die beiden sich im Laufe der Jahre verändert haben.
Man erfährt das meiste aus der Sicht von Kat, was ich ein wenig schade fand, weil mich auch Easy's Sicht auf die Dinge interessiert hätte. Dennoch fand ich beide Figuren sehr sympathisch. Ich habe mit ihnen gelacht und getrauert. Es geht um eine besondere Freundschaft, die in die Brüche ging und langsam wieder heilt. Dies wurde sehr feinfühlig beschrieben. Am Ende wird das Geheimnis bzw. die Lüge aufgedeckt.


Fazit:

Den Höhen und Tiefen der Freundschaft zwischen Kat und Easy bin ich gerne gefolgt. Der Roman ist emotional und feinfühlig und versetzt einen in die 1970er Jahre, aber auch nach Kreta. Eine unaufgeregte Geschichte, die tiefgründig ist.

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Liebe und Humor in Georgien

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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Inhalt:

Olga lebt in Deutschland und wird bald Ärztin. Sie ist die Tochter georgischer Migranten und möchte mit ihrem Kollegen und Partner ihr restliches Leben verbringen. Als sie nach Georgien reist, ...

Inhalt:

Olga lebt in Deutschland und wird bald Ärztin. Sie ist die Tochter georgischer Migranten und möchte mit ihrem Kollegen und Partner ihr restliches Leben verbringen. Als sie nach Georgien reist, um ihre Familie zu besuchen, folgt ihr der Lebenskünstler Jack heimlich bis nach Georgien und schafft es, von Olga und ihrer Familie aufgenommen zu werden. Er liebt alles an Olga, auch die Dinge, über die Olga in Deutschland nur ungern spricht.



Meinung:

Dieses Buch hat Liebe, Humor, Kultur, Herkunft und Familie auf eine wunderbare Weise miteinander verwoben. Ich habe mich in das Land Georgien und in Olgas Familie verliebt. Man lernt sehr viel über Land und Leute, was ich sehr spannend fand.

Olgas Familie besteht aus liebevollen und vielleicht auch ein wenig verrückten Mitgliedern, die ich sehr gerne kennengelernt habe. Olga selbst spricht nicht gerne über ihre georgischen Wurzeln und ihre Herkunft. Sie befindet sich in einer Identitätskrise, in der sie das Leben in Deutschland und das in Georgien nicht gut miteinander vereinbaren kann. Doch Jack bringt alles durcheinander und hat kein Problem mit ihrer Herkunft. Olgas Zukunftspläne werden auf den Kopf gestellt und sie muss sich darüber Gedanken machen, was sie im Leben wirklich will.

Obwohl ich Jacks Auftreten sehr merkwürdig finde und ihn auf diese Weise nicht bei mir zu Hause einfach aufgenommen hätte, sorgt er für Humor und Chaos. Generell ist die Geschichte reich an Humor, die mit einer leichten Lovestory sehr unterhaltsam ist.

Das Buch hat es geschafft, Olgas Gedanken über Identität und Herkunft auf eine leichte und erfrischende Weise zu verpacken. Endlich mal ein Buch, dass unterhält und zum Lachen bringt, aber trotzdem wichtige Themen behandelt! Mir war Olga sehr sympathisch und konnte mit ihr mitfühlen und ihre Sorgen nachvollziehen.



Fazit:

Die Geschichte ist erfrischend und humorvoll. Georgien ist ein wunderbarer Schauplatz, der mir sehr gut gefallen hat. Man fühlt mit Olga mit und ich hatte große Freude daran, sie und ihre Familie kennenzulernen.

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Ein Leben voller Gewalt

Mado
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Inhalt:

Die Protagonistin Mado Kaaris ist nach Paris gezogen, um in Freiheit und vor allem ohne Gewalt zu leben. Doch dort lernt sie einen ehemaligen Boxer kennen, der sie einsperrt. Mado sucht eine Möglichkeit, ...

Inhalt:

Die Protagonistin Mado Kaaris ist nach Paris gezogen, um in Freiheit und vor allem ohne Gewalt zu leben. Doch dort lernt sie einen ehemaligen Boxer kennen, der sie einsperrt. Mado sucht eine Möglichkeit, sich zu befreien, und erschlägt ihn letztendlich. Sie kehrt wieder zu ihrer Großmutter und ihrer Mutter in die Bretagne zurück, wo alles leider beim Alten ist. Die Mutter arbeitet in einer Kneipe, wo die Männer Frauen belästigen. Sie geht eine Beziehung mit Thierry ein, der sich in seiner Heimat auch unwohl fühlt. Ihre Großmutter ist die einzige, der schon immer ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben wichtig war. Und nur sie hat eine guten Draht zu Mado.



Meinung:

Der Roman behandelt einen harten Stoff, der mich beim Lesen bedrückt hat. Er zeigt die tiefen Abgründe einer jungen Frau auf, die inmitten von Gewalt und sexuellen Belästigungen aufgewachsen ist. Man erlebt mit, wie Mado auf eine immer schiefere Bahn gerät. Ihre Erfahrungen sind schockierend und ich musste beim Lesen Pausen einlegen. Dafür haben sich die kurzen Kapitel sehr gut geeignet. In diesen werden kurz und knapp, aber sehr intensiv die Schattenseiten der Menschen aufgezeigt. Die Erzählweise sorgte mit den kurzen Kapiteln für ein eindrückliches Leseerlebnis. Die verschiedenen Perspektiven haben mir ebenfalls gut gefallen.

Die Großmutter fand ich am interessantesten. Sie hat in ihrem Leben viel erlebt und hat selbst eine kriminelle Vergangenheit. Ihre Erfahrungen und ihr Umgang mit ihrer Enkelin haben mir am besten gefallen. Man hat das Gefühl, dass Mado in ein tiefes Loch gefallen ist, keinen Sinn in ihrem Leben findet. Der Autor wollte hier Cancel Culture und Me Too vereinen. Cancel Culture war wegen des Sexismus und des Gesellschaftsrandes vorhanden, bei Me Too habe ich nicht viele Verbindungen bemerken können.

Aber man kann hier einen Blick auf Gruppen werfen, die sich am Rand der Gesellschaft befinden. Man kann nicht wegsehen und wird mit den dort existierenden Lebensverhältnissen konfrontiert. Das Buch öffnet einem die Augen und führt zu Entsetzen. Das Lesen war aber sehr beklemmend, sodass ich es nicht mit einem großen Vergnügen gelesen habe.

Am Ende wurden mir die Augen geöffnet. Dennoch konnte ich nicht viel mitnehmen und ich hätte mir gewünscht, dass Me Too und Cancel Culture mehr im Vordergrund gestanden hätten.



Fazit:

Dieser Roman behandelt ernste Themen und erzählt über das düstere Leben einer jungen Frau, die am Rand der Gesellschaft lebt und in ein tiefes Loch fällt. Man erfährt viel Schreckliches und Brutales, sodass das Lesen bedrückend ist, aber einem auch die Augen öffnet.

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Veröffentlicht am 22.04.2021

Intensiv und Aktuell!

Drei Kameradinnen
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Hani, Kasih und Saya sind seit ihrer Jugend eng befreundet. Damals haben sie alles gemeinsam erlebt und sich in einer manchmal fremden Welt nicht ganz allein gefühlt. Jahre später treffen sich die Freundinnen ...

Hani, Kasih und Saya sind seit ihrer Jugend eng befreundet. Damals haben sie alles gemeinsam erlebt und sich in einer manchmal fremden Welt nicht ganz allein gefühlt. Jahre später treffen sich die Freundinnen wieder und es hat sich an dem Fremdsein nichts geändert. Im Gegenteil, sie merken umso intensiver, wie präsent und allgegenwärtig Alltagsrassismus, Diskriminierung und Vorurteile sind.

Als es zu einem Prozess gegen eine rechtsterroristische Gruppe kommt, die muslimische Menschen getötet hat, kommt Hoffnung auf. Die Hoffnung, dass sich mit diesem öffentlichen Urteil etwas ändert, nachdem in den Medien oft nur Muslime beschuldigt werden.

Die Freundinnen sprechen gemeinsam über den von ihnen und von anderen erlebten Rassismus. Die Gespräche sind leicht und dennoch tiefgründig. Was mir besonders gefallen hat, ist, dass die drei Freundinnen unterschiedlich mit ihrem Migrationshintergrund umgehen. Die eine passt sich an, die andere ist extrem wütend auf Rassismus und Diskriminierung in der heutigen Gesellschaft. Die dritte, Kasih, ist die Erzählerin. Aus ihrer Perspektive erfahren wir alles. Es ist interessant zu lesen, wie sie aufgewachsen sind und womit sie konfrontiert werden.

Ich hatte das Gefühl, dass Kasih aber selbst oft mit Vorurteilen um sich wirft und eine Wut auf alle Deutschen hat. Auf der anderen Seite zeigt dies auch, was Rassismus bei Menschen mit Migrationshintergrund im Extremfall bewirken kann. Saya ist wütend und rebellisch, Hani passt sich an.

Spannend ist, dass die Autorin bewusst nichts über die Herkunft der Freundinnen sagt und dies auch sehr gut begründet. Wir wissen auch nicht, wo der Roman spielt. Das soll dazu dienen, die Taten und Erlebnisse nicht in eine Schublade zu packen und sie nur einem Ort zuzuordnen, da solche Fälle überall vorkommen und nicht ortsgebunden sind. So soll es auch mit der Herkunft der Freundinnen sein.

Das Cover ist sehr schön und passt zum Inhalt. Dieser ist brandaktuell, gefährlich, ein harter Stoff und stellenweise auch überspitzt. Teilweise fand ich es doch ein wenig zu überspitzt dargestellt. Die ganze Welt und alle Menschen scheinen böse und rassistisch zu sein. Das hat mich bedrückt. Aber vielleicht ist genau das notwendig, um Veränderungen zu erreichen.

Fazit:
Der Roman ist spannend und greift wichtige sowie brandaktuelle Themen auf. Die drei Freundinnen tragen verschiedene Blickwinkel und Varianten des Umganges mit Migrationshintergrund heran. Die überspitzte Erzählweise war an einigen Stellen zu viel, an anderen aber genau richtig!

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