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Veröffentlicht am 09.02.2020

Meine Erwartungen wurden übertroffen, eine authentisch-erfrischende RomCom

Happy End für zwei
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Allgemein:

"Happy End für 2" ist der erste Roman der jungen, britischen Autorin Rachel Winters, der beim Heyne - Verlag Ende 2019 erschien und seine Leserschaft in das Leben der Filmagentur-Assistentin ...

Allgemein:

"Happy End für 2" ist der erste Roman der jungen, britischen Autorin Rachel Winters, der beim Heyne - Verlag Ende 2019 erschien und seine Leserschaft in das Leben der Filmagentur-Assistentin Evie katapultiert. Mit Ende 20 sitzt sie seit Jahren in ihrem unterbezahlten, und trotzdem liebgewonnenen Job fest. Ihr Wunsch endlich zu einer Agentin aufzusteigen kommt in greifbare Nähe als sie von ihrem Boss beauftragt wird, dem preisgekrönten Drehbuchautoren Ezra bei der Fertigstellung seines neuesten Werkes unter die Arme zu greifen. Denn Ezra verpasst einen Abgabetermin nach dem nächsten, obwohl er die Zusage zu einer romantischen Komödie abgegeben hat. Evie beschließt mit dem arroganten Drehbuchautor, der nicht an die magischen Momente der Filmwelt glaubt, einen Deal einzugehen und läuft dadurch von einem Fettnäpfchen ins nächste als sie versucht romantische Augenblicke im realen Leben nachzustellen. Wird sie Ezra dazu bringen, das Drehbuch fertig zu schreiben?

Mein Bild:

Natürlich lief mir das Buch bereits auf Social Media über den Weg und die ein oder andere Rezension habe ich auch gelesen. Jedoch stapelte ich meine Erwartungen tief, denn ich rechnete nur damit, dass es ein nettes kleines Wohlfühlbuch zum Lachen sein wird. Manchmal kann das ganz gut sein, denn die Geschichte um dieses typisch aufgemachte Paperback mauserte sich zu einem Überraschungspaket der besonderen Art.
Das ahnte ich beim Cover noch nicht, denn es wirkt wie ein klassisches Liebesromancover ohne den Inhalt wirklich preis zu geben. Hübsch mit Goldprägungen, aber mehr nicht. Da hätte mehr draus gemacht werden können, aber das irritierte mich nicht weiter. Schließlich verriet der Klappentext die Grundidee des Plots.

Der Einstieg zeigt mir gleich den kompletten Aufbau der Kapitel, denn die starten immer wie in einem Drehbuch mit Angabe des Ortes, der Zeit, den Darstellern und des dazugehörigen "Augenblicks". Ein süßes Gadget, da es zudem noch im Schreibmaschinenstil geschrieben wurde bis die Szene in der Ich-Perspektive der Protagonistin Evie weiter erzählt wird. Es war wirklich toll. So konnte ich jederzeit nachvollziehen, wie viel Zeit von einem Kapitel zum nächsten vergeht ohne groß darüber nachzudenken. Weiterhin arbeitete die Autorin mit Mail- und Chatverläufen zwischen Evie, ihren Freunden, ihrem Boss oder dem Drehbuchautor Ezra. Es war so gut! Wer kennt nicht die typischen Whats App - Gruppengespräche oder Mails, deren Betreff dann abgewandelt werden. Ich amüsierte mich köstlich, genau mein Humor.

Generell freute ich mich darüber, dass die Autorin eine sehr modernen Touch an den Tag legte. Sei es mit Musik, der Kleidung, creepy Alltagssituationen, Nerdstuff und allem voran Feminismus in seiner Vielseitigkeit. Natürlich vergaß sie dabei nicht, dass die Frau von heute nach wie vor um Anerkennung kämpfen muss. Rachel Winters gibt damit ein großes Statement ab!

Ohne großes Mühen ließ sie dazu noch die Nachstellung magischer Filmmomente aus beliebten, romantischen Komödien einfließen. Ich gebe offen zu, dass ich kein großer Kenner dieser Filme bin, wobei ich eine Situation aus "Notting Hill" klar erkannt habe. Im Endeffekt sollten es sicherlich nicht haargenau die Filmszenen sein, sondern diese "hach, ist das schön" - Momente, die im realen Leben dann doch nicht so einfach geschehen, wie die Protagonistin Evie beweist.

Ach ja, Evie. Ich mochte sie sehr, obwohl ich dem Mädchen manchmal gern gesagt hätte, dass sie viel mehr drauf hat und sich nicht kriechend vor ihrem Boss oder dem Drehbuchautor bewegen muss. Ich bekam an mancher Stelle echt einen Puls, dass sie sich so ausnutzen ließ, ihre eigenen Träume begräbt und ihr Selbstwertgefühl im Keller liegen lässt. Ich meine, sie ist witzig, smart, talentiert und vollends mit dem Herzen bei der Sache. Doch im Verlauf der Handlung entwickelt sie sich, meines Erachtens, in die richtige Richtung. Schließlich lernt man normalerweise aus Fehlern. Ich konnte jedenfalls fast jede einzelne Katastrophe im Plot mit einem lachenden Auge verlassen und das ist doch etwas.

Doch nicht nur Evie macht dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Es sind ihre Freunde, die ihr beistehen, egal was sie verbrochen hat. Und glaubt mir, das ist so Einiges! Selbst mir stockte dahingehend der Atem und ich fragte mich, ob ich das verzeihen würde. Selbst ihre sehr, sehr offenherzige Mitbewohnerin Jane oder ihre neue Bekanntschaft Steph sind so charakteristisch ausgearbeitet, dass ich manchmal nicht wusste: Stecke ich sie in ein Klischee oder nicht? Einfach herrlich.
Ganz im Gegenteil zu Ben und seiner zuckersüßen kleinen Tochter Anett, die mein Herz Stück für Stück, gemeinsam mit Evie, eroberten und an die ich nichts ran kommen lasse. So schwer Evie an Ben herankam, so sehr mochte ich seine ehrliche, zurückhaltende Art. Wenn man dann Ezra sah... Puuh, wie verschieden Männer doch sein können. Der Drehbuchautor besaß mehrere Facetten, die Rachel Winters gekonnt einsetzte, um Twists zu entwerfen, die mich kurzzeitig aus der Bahn warfen.

Ich wusste tatsächlich nicht, wie die Challenge um die magischen Momente ausgehen würde. Es war eine kleine Achterbahnfahrt. Zudem erwartete ich doch ein Happy End mit dem passenden Partner für Evie. Ich meine, was auch sonst? Es stand fast bis zum Schluss ziemlich viel auf der Kippe. Nur ein paar Einzelheiten habe ich mir richtig ausgemalt. Kurz um, das Ende hat mich happy gemacht!

Fazit:

Nicht nur für Liebhaber romantischer Komödien, sondern Liebhaber von Geschichten über Freundschaft, Familie, Liebe und ein Stück weit Feminismus.

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Veröffentlicht am 20.01.2020

Ein Fantasy-Kriminalroman mit meiner absoluten Lieblingsprotagonistin – Jackpot

Das tödliche Wort
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Allgemein:

Die britische Autorin Genevieve Cogman bestreitet mit „Das Tödliche Wort“ bereits den 5. Band um die Reihe der „unsichtbaren Bibliothek“. Der Erfolg spricht für sich, so dass Bastei Lübbe Ende ...

Allgemein:

Die britische Autorin Genevieve Cogman bestreitet mit „Das Tödliche Wort“ bereits den 5. Band um die Reihe der „unsichtbaren Bibliothek“. Der Erfolg spricht für sich, so dass Bastei Lübbe Ende 2019 erneut die Veröffentlichung in Deutschland übernahm. Nachdem sich die Bibliothekarin Irene Winters von ihrem letzten Abenteuer im New York der 20er Jahre erholt hat, geht sie ihrem Job wie gewohnt nach und jagt in diversen Parallelwelten nach Büchern. Bis sie für einen besonderen Auftrag zurück geholt wird. In aller Verschwiegenheit soll es zu einem Friedensabkommen zwischen den ordnungsliebenden Drachen und den chaosorientierten Elfen kommen, die seit Beginn der Zeit im Krieg stehen. Eine Hoffnung, die die unsichtbare Bibliothek als neutraler Vermittler beaufsichtigt. Jedoch geschieht ein Mord an einem ranghöheren Drachen und es liegt an Irene und ihrem ungewöhnlich zusammengestellten Team den Fall aufzuklären. Wird ihr das gelingen?

Mein Bild:

Ich habe wirklich auf diesen 5. Band hingefiebert, schon allein der Titel klang vielversprechend. Tja, und dann hatte ich diesen dicken Schinken von 500 Seiten Paperback in der Hand. Ich kann euch jetzt schon sagen, keine Seite davon ist zu viel! Bastei Lübbe bleibt dem Stil der bisherigen Bände treu, so dass sie nebeneinander im Bücherregal richtig schick aussehen. Dieses Mal erscheint das Cover in einem violetten Ton mit einer Stadtkarte von Paris und Symbolen, die im Buch eine Rolle spielen. Ich mag diese Art des Covers sehr, weil es auffällt ohne aufdringlich zu sein.

Auch dieses Buch wird als unabhängiger Band zur Reihe beworben. Ich gebe dahingehend recht, dass die Storyline zum Mord eines hochrangigen Politikers, hier in Form eines Fabelwesens, sich auch so verstehen lässt. Genevieve Cogman versucht dem Leser / der Leserin den Start in diese Welt einfach zu machen, indem der Prolog in Form eines Briefes des Drachenprinzen und ehemaligen Bibliothekslehrlings Kai an seinen Vater verfasst wurde. Als ein Charakter, der die Protagonistin Irene Winters von Anfang an durch ihre Abenteuer begleitet, gibt er einen kleinen Rückblick auf die Geschehnisse des letzten Bandes und eine Erklärung zu den aktuellen Verhältnis zwischen den einzelnen Hauptcharakteren. Ein gelungener Einstieg, den ich persönlich nicht gebraucht hätte, aber für alle Neulinge der „unsichtbaren Bibliothek“ praktisch.

Allerdings bin ich der Meinung, um mit den Figuren wirklich auf Tuchfüllung gehen zu wollen, sind die Vorkenntnisse aus den anderen Büchern Pflicht. Ich verstehe die Protagonistin Irene viel besser, weil jede Andeutung zu ehemaligen Feinden, ihrer Familiengeschichte oder ihrer Zuneigung zu Kai für ein anderes Abenteuer steht, das sie geprägt hat und wow, die Frau wird in jedem Buch besser. Ich finde ihre Entwicklung spektakulär. Ihre Bildung, ihr Mut und ihre Loyalität wird inzwischen durch offensichtliche Emotionen, Klarheit und Verletzlichkeit ergänzt. Für viel Spaß sorgt dabei die immer wieder vorkommende Selbstironie. Die braucht sie inzwischen auch, denn sie sah sich bisher nicht als Führungspersönlichkeit.

Doch nun wird sie dazu verdonnert über ihren Schatten zu springen und ein Ermittlungsteam anzuführen, um eine Friedenskonferenz zu retten. Ich konnte ihren Argwohn dagegen so gut nachvollziehen, denn unterschiedliche Seiten unter einen Hut zu bringen ohne, dass sie sich an die Gurgel springen, ist eine gnadenlose Aufgabe. Ich liebte trotzdem alle Mitglieder der Gruppe. Ich genoss Detektiv Vales Anwesenheit, der extra aus seinem Parallel-London angereist war. Er ist so ein typischer Gentleman und bringt mit seiner Professionalität den Charme eines berühmten Meisterdetektivs in die Geschichte. Über ihn würde ich sogar einen Einzelband lesen! Doch er ist nicht der einzige Stereotyp. Auch der Elf-Lord Silver brachte mich mit seiner so verführerischen Art zum Schmunzeln, weil er Irene mit seinen Flirtversuchen einfach nur den letzten Nerv raubte. Zur Erklärung: Die Elfen leben für Geschichten, Dramen und stereotypische Rollen und stiften damit Chaos. Lord Silver hat sich der Rolle eines verführerischen Liternisten angenommen und ist das durch und durch – ich finde es amüsant, da er sehr vorhersehbar ist.
Die Drachenseite hingegen liebt Disziplin, Ordnung und Kontrolle. Sie sind ebenso magisch, vor allem in der Beherrschung der Elemente und an chinesischer Kultur orientiert. So ist auch ihr Drachenäußeres zu bestaunen. Damit sie dennoch nicht auffallen, streifen sie als elegante Menschen durch ihre Welten und stellten für Irenes Team die unabhängige Ermittlerin Mu Dan. Ein Kaliber, die vor allem mit Stolz, Wut und eine gewisse Kälte trotzt.

Selbst die Nebenfiguren wurden so genau beschrieben, dass ich sie mir gut vorstellen konnte. Genevieve Cogman ist in ihrem Weltenaufbau so gut, dass jedes Detail zum anderen passt. Außergewöhnliche Kräfte, wie die der Bibliothekare, die mittels der „Sprache“ Dinge beeinflussen können, sie das aber auch sehr viel Kraft kostet. Oder die plausible Aura der Elfen, sodass sich jeder Mensch in das von Elfen gestrickte Drama fallen lassen muss. Dazu tolle Settings in Form von Weltmetropolen wie hier Paris, aber zu einer anderen Zeit mit anderer Technik als historisch beliefert. Die Autorin nimmt sich die Freiheit heraus, dass Parallelwelten anders sein können und hat ein Händchen dafür, dass es glaubwürdig wirkt.

Ich liebe zudem ihre Wortgewandtheit durch die personale Perspektive von Irene Winters. Es hat Niveau, klingt gebildet, aber nicht altklug und es gibt unzählige, fast schon poetische Zitate, die Gegebenheiten oder Figuren so treffend beschreiben, dass ich einfach nur Spaß beim Lesen hatte. Mir gefällt auch, dass Wörter vorkommen, die ich so selten lese oder noch nie gehört habe, weil sie beispielsweise zur Zeit des Settings bzw. zu einem klassischen Kriminalroman passen. Apopo, der Plot kostete mich so manche Gänsehaut und Spannungsmomente. Es wurde absolut nie langweilig, Selbst seitenlange Verhöre von Zeugen waren sehr abwechslungsreich, dass sicherlich an der Außergewöhnlichkeit der Personen lag. Es gibt Twists mit denen ich nicht rechnete, auch immer schön am Kapitelende, damit ich ja weiterlese und zahlreiche Actionszenen, die mich auf eisglatte Straßen oder in dunkle Kellerräume führte. Zudem erfüllte die Autorin mir mit der ein oder anderen Nebenhandlung, besonders der zwischen Kai und Irene, eine Gefälligkeit, die bereits überfällig war. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Buch, egal wann es erscheint.

Fazit:

Klassischer Kriminalroman meets Fantasy. Actiongeladen, aber niveauvoll, ein Leserausch, der sich sehen lassen kann. Nicht nur für Fans der Reihe!

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Veröffentlicht am 03.01.2020

Das Ende geprägt von Hoffnung, Verlust und ungeahnten Twists

Lodernde Schwingen
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Allgemein:

Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt ...

Allgemein:

Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt wurde. Der Knaur-Verlag übernahm 2019 die Neuauflage der Trilogie, wobei "Lodernde Schwingen" das Finale um die Sonnenkriegerin Alina einnimmt. Nachdem die Schlacht gegen den Dunklen sich in ein aussichtsloses Chaos verwandelte, blieb Alina und ihren Anhängern nur die Möglichkeit in die Arme des Asketen zu fliehen. Ihr Schicksal sieht jedoch nicht vor, sich zu verstecken. Ihre einzige Chance Ravka und alle zu retten, die ihr etwas bedeuten, besteht darin, den letzten Kräftemehrer zu finden. Wird sie ihr Ziel mit einem aufrichtigen Herzen oder mit purer Gier erreichen?

Mein Bild:

Ich bin nach wie vor ein Fan der Taschenbuchcover. Knaur hat uns Lesern einen Gefallen getan, sich an die englischen Vorlagen zu halten. Der letzte Teil besticht durch den rot-orangenen Phönix auf dunklem Grund und dieser wundervoll geprägten und vergoldeten Schrift. Zum Knutschen, wirklich! Auf den Innenseiten strahlte mich erneut die Karte Ravkas und dessen umliegender Länder an. Zu meiner Enttäuschung gab es hier keine Weiterentwicklung wie von Teil 1 zu Teil 2 - keine neuen Orte oder Bezeichnungen. Das war dermaßen schade, weil im Laufe der über 400 Seiten einige Orte eine Rolle spielen, die leider auf der Karte nicht eingezeichnet sind. Das hat mich ziemlich gestört.

Wie in jedem Band arbeitet Leigh Bardugo mit einem Prolog, dem "Davor", und einem Epilog, dem "Danach". Ich habe einen Narren daran gefressen, weil die Form mich an das Erzählen eines Märchens erinnert und das gefällt mir so, so gut. Es trifft genau die richtigen Gefühle, am Anfang zum Beispiel die bedrückende, gar ängstliche Stimmung in einem Versteck unter der Erde. Ich wurde abgeholt in ein ganz neues Setting.
Ja, da wären wir wieder bei dem grandiosen Worldbuilding, dass ohne ausufernde, verschnirkelnde Beschreibungen auskommt und mich trotzdem immer tiefer nach Ravka hineinzog. Ich glaube, die Autorin liebt das Gegensätzliche. Nicht nur in den Charakteren des Dunklen und des Lichts, sondern ebenso im Setting. Denn sie nahm mich nicht nur tief unter die Erde in ausgeprägte, sagenumwobene Tunnelsysteme mit, sondern auch in die schwindelerregende Höhen gigantischer Gebirge. Mal fehlte mir die Luft zum Atmen, mal spürte ich den eisigen Wind. natürlich hält sie sich nicht mit gängigen "Unterkünften" auf, nein, sie kreiert ausgefallene, historisch und mythisch angehauchte, einmalige Bauwerke, die nur Staunen lassen. Die Namen wie "Spinnrad" sind dann Programm - I like!

Die Handlung hatte es ziemlich in sich. Ich meine, die Rettung eines Landes, der eventuelle Aufstieg eines neuen Oberhauptes, der Krieg gut gegen Böse, eine nie enden wollende Liebesgeschichte, sogar mit Liebesdreieck, und die ein oder andere Nebenhandlung bzw. Hintergrundstory sollten noch aufgelöst werden. Ein ziemlicher Batzen, den die Autorin, meiner Meinung nach gemeistert hat, indem sie die Fäden miteinander verwoben hat. Wer sonst kann eine persönliche Rache so diplomatisch lösen, dass lieb gewonnene Nebencharaktere gut wegkommen?
Apopo Nebencharaktere. Ich hatte hier richtig das Gefühl, dass die einzelnen Grisha mehr ins Rampenlicht rücken. Allerdings nicht wegen ihrer Kräfte, sondern wegen der Beziehung zueinander: Wir haben unter anderem Geschwisterpaare, die sich wunderbar ergänzen, zwei Männer, die ähnliche Kräfte besitzen, aber total unterschiedlich sind, zwei junge Frauen, die ich einfach nur drücken will, weil sie ihre Liebe zueinander so dezent und zärtlich präsentieren und vor allem sind sie Alina richtig loyale Freunde geworden.

Unsere Protagonistin kann sich glücklich schätzen, aber ihr ist dementsprechend schmerzlich bewusst, dass sie dadurch angreifbar ist. Ich konnte das sehr gut nachvollziehen und habe mich endlich mit ihr angefreundet. Alina ist über die komplette Reihe als Charakter über sich hinausgewachsen. Am Anfang fand ich sie noch wahnsinnig ängstlich, verloren in ihren Zweifeln und kaum fähig mit ihrem Schicksal umzugehen. Inzwischen ist sie die starke Frau, die ich sehen will - ein bisschen Kick Ass gegenüber ihren Feinden, besticht durch die Anwendung intelligenter Ratschläge und den richtigen Schlussfolgerungen. Alina ist nach wie vor nicht perfekt, hat ihre Schwächen und leidet enorm unter den Verlusten ihres Lebens, aber sie steht immer wieder auf und akzeptiert sich selbst - man, hat das gedauert.

Der Plot, man o man, war schon ein Ding zwischen strategisch, ruhigen Gewässer und wilder Flussfahrt mit Wasserfallabsturzgefahr, um es mal so auszudrücken. Aber der Ablauf war definitiv gut durchdacht! Beispielsweise verstand ich teilweise nicht gleich alle abschließenden Hintergründe zu den Legenden und Mysterien rund um die Kräftemehrer und deren Ursache. Das wurmte mich sehr, aber ich denke, das war Absicht, denn nach und nach mit dem ein oder anderen "Oh nein, das kann nicht sein" - Plottwist schloss sich der Kreis. Ich hatte meinen Spaß, bekam Gänsehaut, wünschte mir, dass sich das Ende nochmal dreht und tatsächlich passierte das sogar, nur auf andere Art und Weise als erwartet. Ich finde es mega, dass Leigh Bardugo es zum Abschluss geschafft hat, die vermeintlich Schwachen zu etwas ganz Starkem zu machen.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss mit zahlreichen gut durchdachten Handlungssträngen, die ideal zueinanderführten, um der Fantasygeschichte ein i-Tüpfelchen zu verpassen. Spannend, kämpferisch, aber auch verlustreich geht Leigh Bardugos Grisha-Trilogie zuende.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Zwischen Piratenabenteuer und Kriegsvorbereitungen, zwischen unvollkommener Liebe und vollkommener Macht - willkommen zurück Alina Starkov

Eisige Wellen
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Allgemein:

Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt ...

Allgemein:

Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt wurde. Der Knaur-Verlag übernahm 2019 die Neuauflage der Trilogie, wobei "Eisige Wellen" als 2. Band Alinas Reise nicht vereinfacht: Nach dem Kampf auf der Schattenflur flüchten Alina und Mal gemeinsam ins Exil, jedoch bleiben sie nicht lange unentdeckt. Ihr Weg zurück nach Ravka ist gespickt mit Gerüchten um Tod, Verderben und der Auferstehung einer Sonnenkriegerin, die Ravka retten soll. Alinas Bestimmung nimmt ihren Lauf, doch kann sie den Krieg für sich entscheiden oder wird ihre Gier nach mehr Macht sie verschlingen?

Mein Bild:

Ich will nicht sagen, dass ich die Bücher durchsuchte, aber sie lassen sich definitiv gut hintereinander weg lesen. Endlich habe ich auch die ausgefallene Covergestaltung mit Hirsch, Seeschlange und Feuervogel auf den einzelnen Bänden verstanden. Ja, es hat eine Bedeutung und manchmal fällt der Groschen eben doch etwas spät. Hin und weg bin ich von diesem wirklich schönen, wie auch stabilen Taschenbuchformat auf jeden Fall. Kleiner Tipp: Vergleicht einmal die Karten Ravkas in Band 1 und 2, ihr werdet sehen, dass es sich im 2. Band um eine umfangreichere Karte handelt.

Das hat natürlich seinen Grund. Denn ich dürfte meinen Blick schweifen lassen, über Ravka und die "Wahre See" hinaussehen, spürte die klimatischen Veränderungen und nahm andere Kulturen wahr. Leigh Bardugo entwickelte das Grisha Verse mit dem 2. Band "Eisige Wellen" um Ellen weiter. Sie geht auf die Völker und Kulturen außerhalb des russisch angehauchten Ravkas ein, auf religiösen Fanatismus, generell auf die unterschiedlichen Schichten einer Bevölkerung und vergaß dabei nicht, in Bewegung zu bleiben.

Die Autorin blieb ihrem Stil treu, sei es im Aufbau der Geschichte, in dem sie beispielsweise mit einem Prolog "Davor" in märchenhafter Erzählperspektive Alinas Leben der letzten Zeit aufgreift, um dann im ersten Kapitel in Alinas Ich - Perspektive im hier und jetzt zu wandeln oder den realistisch, teils düsteren Beschreibungen, die mir klare Bilder in den Kopf zeichneten. Ich mag das. Fantasy ohne gigantische Ausschweifungen zu schreiben und trotzdem ein wahnsinniges Worldbuilding zu bringen ist hohe Kunst.

Leider habe ich weiterhin ein Problem mit der Protagonistin Alina Starkov. Ich komme einfach nicht an sie ran. Mit ihrer Wankelmütigkeit mutiert sie zur tickenden Zeitbombe, besonders durch den Einfluss der Grishamagie, die ihre Gier nach mehr Macht aufflammen lässt. Zudem ist die Liebe zu ihrem Kindheitsfreund Mal im Endeffekt eine Last und das ist Alina schmerzhaft bewusst. Einerseits verstehe ich, dass sie alles versucht, um daran festzuhalten, aber ganz ehrlich, wenn die Bestimmung etwas anderes sagt und das einem nicht gut tut, dann muss man einen Schlussstrich ziehen. Glaubt mir, dieser Teil der Story nervt mich unentwegt. Was ich Leigh Bardugo aber anrechne ist, dass sie diese Eigenschaft für den Plot förderlich ausnutzt, selbst wenn es nur zur Nebenhandlung taugt. So frühstückt die Autorin gleich die ein oder andere offene Frage ab.

Mein persönliches Charakterhighlight ist Stormhond! Ich weiß nicht wieso, aber die gewitzten und unberechenbaren Männer des Grisha Verse haben es mir angetan. Ein Pirat mit 20 Millionen Gesichtern, immer für eine Überraschung gut, listig, risikobereit, sarkastisch - ja, er hat mich ein bisschen an Jack Sparrow, nur in wirklich cool, erinnert. Über 100 Seiten pures Piratenfeeling, in dem mir schleichend bewusst wurde, dass ein Twist folgen wird, der Stormhond in neuem Licht erstrahlen lässt. Absolut großartig.

Allerdings nahm nach dem Seeabenteuer die Geschwindigkeit der Handlung ab, mir wurde quasi der Wind aus den Segeln genommen. Politische Machenschaften, Intrigen, ein familiärer Konkurrenzkampf um den Thron Ravkas und Alina als ungewollt gekürte Sonnenkriegerin mittendrin. Alinas Aufgaben sind gewaltig und die Erwartungen hoch. Ich verfolgte mit Spannung, ob sie dem gewachsen ist oder nicht, und war bis zum Show Down nicht sicher. Der wartete allerdings erst nach endlosen Kriegsvorbereitungen. Damit ich dabei nicht einschlief, baute Leigh Bardugo weiterhin die Mythologie um die sagenumwobenen Grisha, ihren Kräftemehrern und die Leben der neuen und alten Nebendarsteller aus. Zeitweise schockierte oder gruselte mich das sogar, vor allem, weil der Dunkle vielleicht nicht mehr so nahbar auftauchte wie im 1. Band, aber nie vergessen blieb.

Die letzten 50 Seiten hatten es dann so dermaßen in sich, dass ich mich fragte, ob ich damit hätte rechnen sollen oder nicht. Vom Gefühl her, nahm der Show Down Anlauf, um mich dann in Action zittern zu lassen.

Fazit:

Facettenreiche Nebencharaktere, ein weites, teilweise düsteres Worldbuilding mit einer wechselmütigen Handlung und Protagonistin, sowie ziemlich coolen Plottwists. Grisha ist weiterhin eine Reise wert.

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Veröffentlicht am 20.11.2019

düster, magisch und ein kleiner Schnipsel russische Märchenerinnerung

Goldene Flammen
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Allgemein:
Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt ...

Allgemein:
Leigh Bardugo ist mit ihrer Fantasy-Reihe um die russisch angehauchte, magische Elite-Einheit Grisha ein internationaler Erfolg gelungen, der mit weiteren Büchern in den letzten Jahren fortgesetzt wurde. Der Knaur-Verlag übernahm 2019 die Neuauflage der Trilogie, wobei die Geschichte mit "Goldene Flammen" ihren Anfang nahm: Alina Starkov ist Kartografin in der ersten Armee des Zaren und damit immer mitten im Geschehen. Als sie mit ihrem besten Freund Mal in ein monströses Gefecht verwickelt wird, rettet sie ihn unvorhergesehen das Leben. Doch das geschieht nicht mit einer üblichen Waffe, sondern mit einer einer Macht, die nur ein magische Elitekämpferin der zweiten Armee haben kann - eine Grisha. Wie wird sich ihr Leben nun verändern?
Mein Bild:
Ich gebe offen zu, der 1. Hype um diese Reihe ging sang- und klanglos an mir vorbei. Erst als "Das Lied der Krähen" herauskam hatte ich "Grisha" auf dem Schirm. Und dann kam dieser Hingucker von Schuber bei Knaur heraus. Vergoldete Schrift, glatte Aquarellprägungen, die dem originalen, englischsprachigen Covern sehr ähneln und zack man hatte mich. Das jeweilige Taschenbuch glänzt im Inneren des Buchdeckels auch mit einer Karte des Landes Ravkas, in der die Geschichte spielt. Wunderschön, eigen und sehr düster würde ich diese beschreiben - so ähnlich wie die Story des 1. Bandes "Goldene Flammen".
Leigh Bardugo steht anscheinend darauf, ihre Leser zu Beginn ein wenig zu verwirren. Denn sobald man die 1. Seite aufschlägt, bekommt man eine Auflistung der "Grisha-Orden" und der Zuordnung ihrer Begabung bzw. Talent bzw. magischen Fähigkeiten. An die Begriffe musste ich mich teilweise gewöhnen und konnte zu Beginn nur vage etwas damit anfangen. Die dazugehörigen Details musste ich mir Stück für Stück erlesen, genau wie jegliches anderes (historische) Wissen über die Grisha wie beispielsweise ordenseigene Farben. Das gefiel mir, es wurde nie langweilig, auch wenn ich bezweifle, dass ich mir alles richtig gemerkt habe.
Der Einstieg sondert sich komplett vom Rest der Geschichte ab. Es ist die Vorgeschichte von Alina Starkov - ein Blick in ihre Kindheit, die mich erzählerisch total an ein Märchen erinnert hat. Umso heftiger fiel ich danach in ein russisch/mongolisch angehauchtes Land, das sich im Dauerkrieg befand. Der Erzähler wechselte in die Ich-Perspektive von Alina Starkov, die im hier und jetzt in der ersten Armee des Zaren von Ravka ihren Dienst ableistete. Einerseits fand ich gut, dass in diesem Sinne eine Gleichberechtigung herrschte, andererseits fällt auf, dass es in den Führungspositionen nur Männer gab. Unschön.
Zu Alina hatte ich durch die Bank weg ein schwankendes Verhältnis. Sie ist keine Schönheit und auch keine Heldin, macht ihre Arbeit und würde alles für ihren besten Freund Mal geben. Allerdings ist "alles" wirklich so gemeint, weil sie heimlich in ihn verliebt ist und jegliche Sticheleien an sich vorbei gehen lässt. Sie stellt ihr Licht unter den Scheffel, obwohl ein Funke Selbstbewusstsein ersichtlich ist. Da konnte ich manchmal nicht anders als mit den Augen rollen.
Als sie ihrem alten Leben entrissen wird, braucht sie meines Erachtens ewig, um sich damit abzufinden. Natürlich verstehe ist, dass sie gerade an ihren Freund festhalten will und der Reichtum sie anekelt, weil andere dafür hungern, aber ich habe erwartet, dass sie um einiges schneller ihre Chancen erkennt statt sich nur selbst zu quälen. Ihr Werdegang bei den Grisha habe ich trotzdem mehr als fasziniert verfolgt. Schon allein, weil mich der ein oder andere Charakter mit seinen Facetten sehr in den Bann gezogen hat.
Allem voran der Anführer der Grisha, dessen englischsprachiger Name "The Darkling" wohl am meisten im Umlauf ist. "Der Dunkle" ist ein undurchschaubarer Charakter, den ich völlig falsch eingeschätzt habe und der mir unter den vielen kleinen Twist und Wendungen am meisten Streiche gespielt hat. Ist er im Spiel, weiß man nie genau wohin die Reise geht. Habe ich Angst oder Respekt vor ihm? Finde ich ihn verführerisch oder abstoßend? Ich sage euch, so einen Charakter habe ich selten kennenlernt und trotz der vielen Seiten halte ich ihn für authentisch. Er weiß einfach, was er tut, nur ich manchmal nicht.
Der Plot ist logischerweise sehr stark von Alinas neuem Leben und damit einer harten Schule geprägt. Ich liebe so etwas, wenn die Protagonisten Lektionen erteilt bekommen, Verluste und Gewinne einheimsen, mit anderen agieren oder sich gegenseitig in die Quere kommen. Es war mir ein Fest ohne zu viel Tam Tam. Leigh Bardugo ist keine blumige Sarah J. Maas, aber sie hat ein Gefühl dafür, wie viel der Leser braucht um sich selbst kleine Details vorstellen zu können. Natürlich gibt es noch den Höhepunkt auf den alles Weitere aufbaut und meine bis dato angelegten Gedanken um ein "Oh, soweit habe ich nicht gedacht" bereicherte.
Fazit:
Es war Leigh Bardugos Debüt und hat die Neuauflage mehr als verdient. Der Auftakt in die Welt des Zarenreiches Ravka und der Grisha reißt mit und war so noch nie gesehen. Einzig die Informationsflut und das ein oder andere Charakterdetail könnte einem im Lesefluss stören.