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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2019

Bunt, vielfältig, abseits der Norm und doch die gleichen Probleme

Fast schon bühnenreif
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Allgemein:

Lisa Rosinskys erster Jugendroman „Fast schon bühnenreif“ erschien Anfang 2019 beim Magellan Verlag und erzählt die Geschichte der 15-jährigen Cadie und ihrer Familie, die Dank ihrer Hippievergangenheit ...

Allgemein:

Lisa Rosinskys erster Jugendroman „Fast schon bühnenreif“ erschien Anfang 2019 beim Magellan Verlag und erzählt die Geschichte der 15-jährigen Cadie und ihrer Familie, die Dank ihrer Hippievergangenheit nicht ganz ins Bild der heutigen Gesellschaft passt. Aber Cadie ist das egal, solange ihr Dad an ihrer Seite ist. Er ist ihr ein und alles. Von daher interessiert sie sich kaum für ihre überarbeitete Mutter oder ihrem Musikgenie von Bruder. Bis zum Abend als der Anruf kam und sich alles veränderte. Ihr Dad hat noch eine Tochter, von einer anderen Frau und keiner wusste davon, nicht mal er selbst. Als Elizabeth von jetzt auf gleich einzieht, bricht für Cadie eine Welt zusammen und das gerade jetzt, wo doch das Theaterstück an der Schule ihre volle Aufmerksamkeit benötigt.

Mein Bild:

„Fast schon bühnenreif“ ist mein 1. Buch aus dem Magellan Verlag. Ich muss sagen, die Cover sind generell mehr als überzeugend. Als hätte man eine neue knallbunte Süßigkeit in der Hand, bei der man noch nicht weiß, ob sie einem schmecken wird. So ging es mir zumindest als ich dieses farbenfrohe, zu einem Theater passende und mit unterschiedlich eingeprägten Lettern kreierte Buch aufschlug.

Ich hatte keine Ahnung, was für eine Geschichte wirklich auf mich zukam. Ich erwartete eine amerikanische, moderne Teenievariante von Cinderella. Schließlich bekommt die Protagonistin Cadie auf einmal eine Halbschwester vor die Nase gesetzt. Doch es war viel, viel mehr und ich weiß nicht, ob ich meinen Eindruck die passenden Worte abgewinnen kann. Ich fühlte mich nicht nur unterhalten, das Buch glänzte durch seine Diversität, mehreren Handlungssträngen, tiefgehenden Emotionen und Humor. Am besten ich geh dazu ins Detail.

Ich mochte die 15-jährige Protagonistin Cadie von Anfang an. Ihre wirbelwindartige, melodramatische und doch so neugierige Ich-Perspektive führte mich durch die ganze Geschichte. Sie neigt zu tiefen Gefühlen, versucht sie in vielen Situationen aber herunter zu schlucken und bleibt vernünftig. Cadie offenbart sich nur denjenigen Menschen, denen sie vertraut und die ihr viel bedeuten. Ich verstand sie soo gut. Trotzdem ist sie ein Teenager, das darf man nicht vergessen und wer einmal verletzt wird, spielt nicht immer fair.

So auch Cadie, als der Mensch, den sie am meisten liebt, sie am meisten enttäuscht. Ihr Dad hat noch eine Tochter. Ihr Dad, der seine „Cadigste“ vergöttert. Auf die Vater-Tochter-Beziehung wird eingangs sehr eingegangen und dieses Zusammenspiel zwischen den Beiden ist einfach ein Traum. Absolut einzigartig und witzig, noch nie von mir gelesen. Und dann kommt der Moment, der die vierköpfige Familie komplett erschüttert. Ich musste einfach mitfühlen.
Der Umgang mit dieser Situation spielt eine wesentliche Rolle innerhalb des Plots. Wut, Zweifel und das Gefühl, sich an etwas gewöhnen zu müssen, das man nicht wollte und es nie wieder so wird wie es mal war.

Natürlich gibt es einige Bücher, die solche Familiendramen ins Auge fassen. Wo ist denn da das Besondere? Die Familie selbst ist es. Eine amerikanische Hippiefamilie, deren 2 Kinder nach Nationalparks benannt wurden, die sich als atheistische Juden sehen und überhaupt jeder seinen Faible ausleben kann, wie er es gern möchte. Die Figuren sind besonders, unerwartet, passen eigentlich nicht zusammen, ergänzen sich aber perfekt.

Vielfältigkeit und Offenheit zeichnet diese Buch aus! Die beste Freundin, die mit einer lebensfrohen Oma und Mutter zusammenlebt. Der Schwarm, der einen orientalischen Touch hat. Die Mutter, die auf spanisch flucht. Die Klassenkameradin, die ihre Liebe zu Frauen offen auslebt. Künstlerische und philosophische Aspekte, die ernst genommen werden. Es gibt zig Situationen, die ein offenes Miteinander und Akzeptanz zeigen. Absolut klasse. Cadie zeigte mir das und selbst, wenn sie Skepsis an den Tag legte, vor allem gegenüber ihrer neuen Halbschwester Elizabeth, was hat sie getan? Sie versuchte es zu verstehen und egal, wie verschieden die Menschen sind, alle haben wir doch die gleichen alltäglichen Probleme.

Die Autorin baute diese Aspekte neben der Familiengeschichte noch in Cadies Schulleben ein. Besonders in die Vorbereitung des Theaterstücks „Viel Lärm um Nichts“. Es ist eben auch ein Selbstfindungstrip, den alle Beteiligten durchmachen, indem man sich der Herausforderung stellt und ehrlich zu sich selbst und gegenüber anderen ist. Irgendwie wurden Klischees hier einfach überraschend umgekehrt: Wenn Eltern sich beispielsweise wünschen, dass ihr Kind ein Künstler wird, das Kind aber etwas Solides mit seiner Zukunft machen möchte. Ich bin geflasht von dieser Geschichte und wünsche mir mehr davon. Ich glaube, jeder findet sich hier wieder, findet einen Lieblingscharakter oder einen Lebensabschnitt, der ihm vertraut vorkommt.

Fazit: Ein Jugendbuch, dass für Vielfältigkeit, einen Schuss Lebensfreude und dem Erfüllen der eigenen Träume steht. Nicht nur für Leser ab 13 Jahren, sondern auch für Erwachsene etwas.

Veröffentlicht am 13.02.2019

Eine Welt voller lebendiger Buchstaben? Bin ich dabei, wäre da nicht der Rest

Letterland - Die Diamantenquelle
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Allgemein:

Ein Bücherwurm wie er im Bilderbuch steht, das ist die 13-jährige Tinka. Sie liebt es, ihre Nase in die Geschichte von Odysseus zu stecken und findet genau in diesem Buch einen Brief, der einen ...

Allgemein:

Ein Bücherwurm wie er im Bilderbuch steht, das ist die 13-jährige Tinka. Sie liebt es, ihre Nase in die Geschichte von Odysseus zu stecken und findet genau in diesem Buch einen Brief, der einen merkwürdigen Hilferuf beinhaltet. Deutet Tinka das Geschriebene richtig? Die Welt der Bücher und Buchstaben ist in Gefahr? Zusammen mit ihrer besten Freundin Isabell und dem Antiquar Antonius beginnt sie eine Reise in eine Welt abseits des Vorstellbaren. Auf nach Grammaton, das Land, indem die Buchstaben LEBENDIG sind. Der Fantasyroman aus der Feder von Johanna Trommer mit Unterstützung von Meryem Natalie Akdenizli erschien 2011 bei Baumhaus. Mit knapp 600 Seiten ist es der 1. Band der „Grammaton-Saga“ und für Kinder ab 11 Jahren geeignet ist.

Mein Bild:

Das dicke Buch lag bestimmt knapp 3 Jahre auf meinem SUB und war schon beim Kauf kein aktueller Bestseller mehr, aber trotzdem sprach mich der Klappentext und das verrückte Cover bei einem großen Buchverkauf an und jetzt hatte ich endlich Lust das Buch in die Hand zu nehmen, weil ich wissen wollte, wie die Welt aus lebendigen Buchstaben aussieht.

Im nachhinein muss ich mir immer wieder vor Augen halten, dass es ein Kinderbuch ist, ein sehr dickes Kinderbuch. Also muss es kurzweilig, spannend, nicht zu komplex, dafür aber wieder logisch erscheinen. Schwierige Kiste und ich finde, die Geschichte packt das leider nicht. Nur warum?

Der Einstieg in die Geschichte klingt vielversprechend. Es gibt kein großes Vorgeplänkel, denn die Protagonistin findet auf den ersten Seiten den Brief, schnappt sich ihre Leute und zack wird versucht nach „Grammaton“ zu gelangen. Dort beginnen allerdings schon die logischen Fehler bzw. die massenhaft Freiheiten, die sich die Autorin genommen hat. Jeder Erwachsene würde das hinterfragen. Zum Beispiel hieß es erst, man kann nur allein und nicht über 18 Jahren nach Grammaton reisen. Aber dann kommt es zu der Ausnahme: Man reist zu dritt und ein Erwachsener ist dabei. Sowas aber auch. Ein weiteres Beispiel betrifft die Aufenthaltsdauer in Grammaton und wie man das den Eltern beibringt. Tja, das braucht man nicht, denn in Grammaton vergeht die Zeit ganz anders. Bei uns vergehen 30 Minuten, in Grammaton 5 Monate und so weiter.
Natürlich kann man sich als Autor beim Erschaffen einer Welt sämtliche Freiheiten nehmen, aber hier ist alles zu einfach und jedes Problem wird bis zur Mitte des Buches wie ein Fingerschnippen gelöst. Man kann sich also vorstellen, dass ich die Reise durch das Land Grammaton recht langweilig und simpel fand.
Noch dazu wird sich viel zu lange an Kleinigkeiten aufgehalten. Keiner braucht die Erklärung einer Reiseroute über 10 Seiten, wenn auf der letzten Seite des Buches eine hübsche kleine Karte hinterlegt ist.

Auch die Charaktere überzeugten mich kaum. Zu wenig Emotionen, zu oberflächlich. Selbst das Einbauen tragischer Geschehnisse aus der Vergangenheit brachte nichts, weil es nicht im Geringsten plotrelevant war oder die Charaktere beeinflusste.
Dafür, dass NUR Tinka unsere Welt und Grammaton vor der Auslöschung sämtlicher Buchstaben retten kann, war sie für mich austauschbar. Nein, sogar unscheinbar, weil sie neben den anderen Charakteren tatsächlich unterging. Zwar zugunsten inniger Freundschaften, die sie schloss oder in denen sie Trost fand (wenigstens ein emotionales Trostpflaster für mich), aber so verstehe ich natürlich nicht, warum nur sie alle retten kann? Soll sie dafür stehen, dass jedes Kind lesen sollte und sich mit ihr identifizieren kann oder wie? Natürlich ist es wichtig, eine klare Botschaft zu senden, nur die geht mit Tinka unter. Ich habe keine Entwicklung gesehen. Ich finde, ihre Freundin Isabell mit dem organisierten und strategischen Tick hatte mehr das Zeug dazu.
Allerdings gefiel mir der ausgeschmückte Schreibstil in Bezug auf das Setting und die Dialoge doch sehr. Manchmal märchenhaft verspielt und übertrieben, dann wieder wohlklingend oder ernst auf den Boden der Tatsachen geblieben. So wurde Grammaton vor meinen Augen lebendig! Ein so kreatives und witziges Worldbuilding habe ich noch nie gesehen bzw. gelesen. Man kann sich die Letterlinge als ca. 2 Meter große Buchstabenkörper vorstellen, an denen Kopf, Arme und Beine zusätzlich vorhanden sind. Jeder Letterling ist andersfarbig, besitzt Verzierungen, Kleidung und natürlich passend zum Buchstaben auch einen Namen. Die Idee ist absolut goldig! Grammaton hat etwas von „Alice im Wunderland“ und Michael Endes Phantasien aus „Die unendliche Geschichte“. Ein Palast, der mich an den Elfenbeinturm erinnert, Papierhäuser und -straßen (ob es dort jemals regnet?), ein Meer aus farbenfrohen Pflanzen, Bäumen und Lebewesen, die mir bisher in keinem Fantasyroman untergekommen sind und zum ständigen Begleiter werden.

Ab der Mitte der Story gab es eine vorläufige Erlösung für mich, indem die Autorin auf mehrere Handlungsstränge und damit Perspektiven überging, so trat der Bösewicht endlich ins Bild, zwar immer noch nicht in den Mittelpunkt, aber immerhin. Durch den Wechselt der Handlungsstränge kam wieder Spannung auf, wie sich wohl diese oder jene Situation auflöst.
Das Ende gefiel mir wiederum gar nicht. Es ist typisch, dass versucht wird, alles aus dem Abschluss rauszuholen. Es verfehlte seine Wirkung bei mir komplett. Aufgesetzte und überladene Plot Twists zogen es unnötig in die Länge statt Spannung aufzubauen. Tja, und eine saubere Auflösung der ganzen „Rettet Grammation“- Mission gibt es für mich auch nicht. Ich bin enttäuscht. Mir ist nicht bekannt, ob der 2. Band je erschienen ist, aber ich würde ihn auch nicht lesen wollen.

Fazit:
Eine Welt voller lebendiger Buchstaben ist eine großartige Idee, allerdings ist der Plot langatmig und die Protagonisten zu einfach gestrickt. Für Leser, die bunte Welten lieben und sich mit einem simplen Abenteuer vergnügen können.

Veröffentlicht am 27.01.2019

Kennt nur ein kleines Mädchen die Antwort auf die Fragen aller Fragen?

Das Mädchen, das die Welt veränderte
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Allgemein:

Der schweizer Riverfieldverlag veröffentlichte „Das Mädchen, das die Welt veränderte“ erstmals 2017. Alfonso Pecorelli schrieb das Buch als Plädoyer an die Menschlichkeit und der Illustrator ...

Allgemein:

Der schweizer Riverfieldverlag veröffentlichte „Das Mädchen, das die Welt veränderte“ erstmals 2017. Alfonso Pecorelli schrieb das Buch als Plädoyer an die Menschlichkeit und der Illustrator Jan Reiser füllte das Buch mit seinen bunten Illustrationen. In der Geschichte trifft der Leser auf das Mädchen Marie, das nach seinem Tod auf Gott trifft. Sie nennt ihn fortan Onkel Elvis und versucht ihn zu überzeugen, dass die Menschen es wert sind am Leben zu bleiben. Doch er lässt sich nicht so leicht überzeugen, denn die Menschen neigen zu Egoismus, Zerstörung und verlieren Stück für Stück ihre Menschlichkeit. Jedoch gibt er Marie eine Chance: Sie soll eine Person innerhalb der menschlichen Geschichte finden, die die Frage aller Fragen beantworten kann, so wie sie es getan hat...

Mein Bild:

Ich fragte mich von Anfang an: Ist das ein Kinderbuch oder ein Roman für Erwachsene? Das Cover sah nach Ersterem aus: Die farbigen Blumen, die Silhouette eines Mädchens, das über eine Wiese läuft. Freude pur! 221 Seiten, teils mit Illustrationen, die die Darsteller des Buches im kinderfreundlichen Stil einfangen und dann beginnt die Geschichte noch mit „Es war einmal...“. Doch ich halte es keineswegs für eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder. Das Buch ist höchstens etwas für Kinder ab12 oder 13 Jahren aufwärts.

Nur warum? Weil es die eindeutige Message vertritt, dass jeder das Leben als etwas Wertvolles betrachten und schützen sollte. Schließlich besitzt man nur ein Leben auf diesem Planeten! Doch die Geschichte hat uns gelehrt, dass nicht jeder Mensch den Umstand zu schätzen weiß. Auf diese Grausamkeit geht das Buch, gerade zum Ende hin, intensiv ein.

Umso schöner ist, dass mich ein leuchtender, unschuldiger Stern durch die Geschichte geführt hat: Marie, ein achtjähriges Mädchen und zu meiner Freude kein typisch blonder Engel, sondern eine PoC. Jedoch beginnt ihre Geschichte ziemlich traurig, denn Marie stirbt. Für mich sah es ziemlich danach aus, dass sie in der Dritten Welt geboren wurde. Armut, Hunger, Unwissen und keine Hilfe. Der Autor bindet die gnadenlose Realität ein.

Doch Marie beantwortet vor ihrem Ableben die Frage aller Frage! Die Frage, die ich erst am Ende des Buches kannte, obwohl es sich im ganzen Plot nur darum drehte. Ich mochte den spielerischen Spannungsbogen trotz meiner Neugier auf die Antwort, was es denn für eine Frage sein soll.

Natürlich spielt „Gottes Gnade“ gegenüber der Unschuld eine tragende Rolle. Aber keine Angst, es wird nicht kitschig! Einfach, weil die kreative und unkonventionelle Darstellung von Gott in Form eines Aborigines absolut spitze ist. Ein so ursprüngliches Volk in die Geschichte einzubinden und sogar auf einen Teil der Sagenwelt dieser Kultur einzugehen, war ein sehr überzeugender Schachzug des Autors.

Ich genoss die märchenhafte Weise des dazu passenden (fast) allwissenden Erzählers, der Marie auf Schritt und Tritt begleitete und immer auf ihre Begegnungen einging. Sie lernte auf ihrer magischen Zeitreise einige weise Menschen kennen! Für mich war es ein reiner Spaß zu lesen, wie sie die großen Ideen bekannter Philosophen ganz offen und unvoreingenommen infrage stellte.

Nur waren allerhand Klischees dabei, die mich störten. So großartig und überraschend die Philosophen und Denker beschrieben wurden, es war keine einzige Frau dabei. Genauso wie die Darstellung des menschlichen Bösen. Jetzt ratet mal, wer geschichtlich gesehen, der böseste Mensch auf den Planeten war? Richtig, es war ein Österreicher.

Weiterhin nahmen Maries Reisen gefühlt kein Ende. Manchmal war mir das viele Gerede der großartigen Männer dieser Welt zu langatmig und theoretisch. Gott sei Dank half mir die wechselnde Atmosphäre der verschiedenen Länder und Kulturen darüber hinweg, die der Autor mit historischen Winks aufzeigte. Dazu kommen noch Jan Reisers zahlreiche karikaturistischen Illustrationen als Sahnehäubchen obendrauf.

Am Ende wurde es noch einmal turbulent, jedoch hat es sich gelohnt darauf zu warten. Marie machte mir erneut bewusst, dass man in seinem Leben nie vergessen sollte, was uns als Mensch aus macht.

Fazit:

Eine Hommage an das Leben, rührend geführt durch Kinderhand. Für Leser, die das Leben gern infrage stellen und zur Abwechslung einfache Antworten bekommen wollen.

Veröffentlicht am 22.12.2018

Drama, Baby, grausames Drama

Sturmhöhe
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Allgemein:

Im Englischen kennt man den literarischen Klassiker unter „Wuthering Heights“, der Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals veröffentlicht wurde. Emily Brontës einziger Roman stieß zu damaliger ...

Allgemein:

Im Englischen kennt man den literarischen Klassiker unter „Wuthering Heights“, der Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals veröffentlicht wurde. Emily Brontës einziger Roman stieß zu damaliger Zeit auf Ablehnung, doch heute gehört er zu den allgemein bekannten Werken dieser Zeit. Es existieren zig Auflagen dieses Buches, wie beispielsweise die 2014 erschienen Sonderauflage aus dem dtv-Verlag. Inhaltlich begleitet der Leser zwei auf dem Land lebende, wohlhabende Familien über mehrere Generationen hinweg. Besonderes Augenmerk bekommen dabei der, von den Earnshows adoptierte, Heathcliff und die Tochter des Hauses Catherine. Von Kindesbeinen an, sind die Beiden die besten Freunde. Bis sie älter werden und beginnen Gefühle füreinander zu hegen. Jedoch entscheidet sich Catherine nicht für den mittellosen Exoten Heathcliff, sondern heiratet den Erben von Thrushcross Grange Edgar Linton. Wird sich Heathcliff damit zufrieden geben oder um Catherine kämpfen?

Mein Bild:

Da lagen sie also vor mir: 450 Seiten Seiten mit klein gedruckter Schrift. Kompakt verpackt in einem von bläulich-goldenen Stoff ummantelten Hardcover. Wirklich hübsch anzusehen dieser Retroschick. Allerdings ist es ein echt dickes Buch. Vielleicht hätte man ein größeres Format wählen sollen, damit es schmaler ausfällt.

Schon mal vorab, ich bin kein großer Klassiker-Fan. Mir war zu Schulzeiten schon „Romeo und Julia“ ein Graus. Ich kann bis heute nicht wirklich verstehen, warum so viele Menschen darauf schwören. Man kann sich also denken, dass ich jetzt nicht freudestrahlend aus dem Buchladen gekommen bin, weil ich „Sturmhöhe“ in meinen Händen hielt. Doch darauf fiel nun mal die Wahl in einem privaten Buchclub. Also, was soll´s. Ich wusste so gut wie nichts über die Story. Ich stellte mir eine schnulzige, langatmige Lovestory im Großbritannien des 19. Jahrhunderts vor, mehr nicht. Kurz gesagt, ich habe mich geirrt.

Dafür, dass das Buch vor knapp 200 Jahren erschien, empfand ich den Schreibstil als recht modern und flüssig zu lesen. Ich verstand alles, Fremdwörter waren kaum dabei und die biblischen Anekdoten wurden sogar über Erläuterungen am unteren Seitenrand erklärt. Ich bin dennoch von der Rechtschreibung irritiert gewesen. Wer die Rechtschreibung noch mit „daß“ kennt, wird hier auf seine Kosten kommen, denn „dass“ gibt es nicht. Es wurde tatsächlich eine Übersetzung mit, ich nenne es mal, einer älteren Varianten der deutschen Rechtschreibung genutzt. Woran das liegt? Wenn ich es richtig deute, hat dtv diese Übersetzung schon einmal 1997 veröffentlicht, noch vor „dass“...

Die Geschichte wird aus zwei Ich-Perspektiven erzählt. Zum einen von dem Pächter Lockwood, einem charmanten, ruhigen Typen, der 1801 die Ruhe auf dem Lande sucht. Und zum Anderen von der Hauswirtschafterin Nelly Dean, die ihr ganzes Leben auf dem Grund und Boden von Wuthering Heights und Thrushcross Grange verbracht hat. Nelly ist übrigens die einzige Protagonistin, die mir sympathisch ist! Sie hat das Herz am rechten Fleck und handelt mit Vernunft.

Im Gegensatz zu den restlichen Protagonisten. Ich sage es frei heraus, die sind alle durchgeknallt. Aggression, Gewalt, Naivität, Überschlagshandlungen und Kaltblütigkeit stehen an der Tagesordnung. Selbst als Kinder sind Heathcliff und Catherine mit allen Wassern gewaschen, haben nur Unfug im Kopf und harmlos ist davon das Wenigste. Ich war schockiert! Im Ernst, zu dieser Zeit ging es doch streng zu, der liebe Gott stand über allem, aber diese Kids machten sich überhaupt nichts daraus.

Catherine ist eine absolut naive und hysterische Person. Sie nervte mich mit ihren Allüren, ich konnte sie nicht ernst nehmen. Es gab nur einen Punkt, an dem ich sie für verantwortungsbewusst hielt und das war, als sie sich klischeemäßig für eine Vernunftheirat entschied. Ansonsten kam bei ihr nicht wirklich Spannung auf, sie ist einfach ein recht oberflächlich gestrickter Charakter.

Das kann man von Heathcliff nicht sagen. Wenn er am Zug war, wusste ich nicht, was passieren würde. Er musste sein ganzes Leben um Akzeptanz kämpfen. Er war ein Außenseiter, schon wegen seines dunkleren Hauttons und der schwarzen Haare. Aber überraschenderweise hat er es geschafft mehr zu sein als alle erwarteten. Klug, in der Öffentlichkeit stets vornehm, jedoch hinter der Fassade voller Wut, Gewalt und Aggression. Seine Kaltblütigkeit verschaffte mir beim Lesen Gänsehaut. Er zieht im Geheimen die Fäden und lenkt das Geschehen. Seinetwegen gab es Plott-Twists, an die ich nie gedacht hätte. Irre, wenn ich bedenke, dass ich den Weg der Beiden über Jahrzehnte begleite.

Die Zeitangaben waren auch so eine Schwierigkeit. Manchmal gab es Jahreszahlen, dann sprach man wieder von diesen und jenen Jahren später oder bezog sich auf Jahreszeiten. Teilweise waren die Zeitsprünge riesig und als die Kinder auch noch wie die Eltern bzw. Verwandten hießen, hatte ich verloren! Ich musste oft nachrechnen, weil ich mir nie ganz sicher war, wie viel Zeit genau vergangen war. Meine Erleichterung war groß, wenn das aktuelle Alter der Protas bekannt wurde oder der am Anfang des Buches abgebildete Stammbaum mir zu Hilfe eilte. Zum Nachdenken gab es dahingehend genug.

Das Ende hat mich teilweise überrascht und war angemessen für dieses Drama! Mal abgesehen von Heathcliff waren die anderen Haupt- und Nebendarsteller einfach zu durchschaubar. Ich bin froh, zu diesem Klassiker jetzt etwas sagen zu können, auch wenn er doch wirklich etwas Verstörendes an sich hat.

Fazit: Spannend, dramatisch und irre kaltblütig. Für Leser, die vom 19. Jahrhundert mehr erwarten als romantische Liebesszenen auf englischen grünen Wiesen.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Ein Hauch weihnachtlichen New Yorker Geschmacks

New York Christmas
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Allgemein:

„NewYork Christmas“ erschien 2015 beim Hölker Verlag und wurde durch das kreative Duett Lars Wentrup und Lisa Nieschlag gestaltet, während die Fotografin Julia Cawley New York mit ihrer Kamera ...

Allgemein:

„NewYork Christmas“ erschien 2015 beim Hölker Verlag und wurde durch das kreative Duett Lars Wentrup und Lisa Nieschlag gestaltet, während die Fotografin Julia Cawley New York mit ihrer Kamera festhielt. Zum Schluss stand ein durchgehend illustrierter Band mit Geschichten, Liedern und vor allem amerikanischen Koch- und Backrezepten, die extra für den europäischen Gaumen abgewandelt wurden. Andere Bücher in diesem Format sind „White Christmas“ und „New York Christmas– Baking“, die ebenfalls beim Hölker Verlag erschienen sind.

Mein Bild:

Ich bevorzugte bisher eher die klassischen Koch- und Backbücher nach den gewöhnlichen Kategorien wie „italienisch“, „mit Schokolade“ oder „nach Hausfrauenart“. Einfach damit ich ungefähr weiß, was dahinter steckt und ich gezielt nach Rezepten suchen kann. Tja, und dann bekam ich „New York Christmas“ geschenkt. Ein riesiges Buch, etwas schwer und so hübsch gestaltet, dass man es kaum in der Küche liegen lassen kann, schließlich könnte ein Fleck alles zerstören. Aber ich fand die Inhaltsangabe auf Anhieb sehr übersichtlich. Von süß bis deftig, von Vorspeisen bis zum Hauptgericht, alles ist dabei. Und alles klang sehr, sehr lecker und war gefühlt durch und durch durchdesigned.

Doch nicht nur das. Beim Durchblättern stieß ich sofort auf Erinnerungenan die namensgebende Stadt. Die Fotografien fangen New York im Winter mit dem Trubel oder selbst der seltenen Stille sehr gut ein. Es wirkt unbefangen, nicht gestellt, und so ehrlich wie Momentaufnahmen des Lebens sein können. Das gefällt mir sehr gut daran. Im heftigen Gegenzug stehen die Fotografien der Gerichte, die Lisa Nieschlag und Lars Wentrup in Deutschland aufnahmen. Mein erster Gedanke „Gott,sieht das lecker aus“, mein Zweiter „Na, ob das so aussieht, wenn ich das mache.“

Gesagt, getan und für euch getestet: „Snowcaps“. Die kleinen Gebäckkugeln trafen auf meinen Schokoholicgeschmack. Das Rezept warin wenigen Absätzen erklärt, die Zutatenliste kompakt und machbar. Zum Schluss sahen die „Snowcaps“ dem Bild auf der Doppelseite des Rezeptes sehr ähnlich. Der beschriebene Aufbau zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch. Bis auf das Ingwerpulver fiel mir keine wirklich exotische Zutat auf, so dass ich davon ausgehe, dass man alles im Supermarkt um die Ecke finden kann. Sehr gut mitgedacht, denn ganz ehrlich, wen schrecken endlos lange Zutatenlisten und eine umfangreiche Anleitung des Rezeptes nicht ab? Zu den typischen Portionsangaben gesellte sich allerdings keine Zubereitungszeit. Meines Erachtens gehört das dazu. Warum diese Angabe hier keinen Platz fand, weiß ich nicht. Ich habe beim Durchlesen der Arbeitsschritte grob zusammenzählen müssen, wie lange ich wohlbrauche. Ja, ich fand das nervig.

Absolut genial waren die Einführungen in das jeweilige Rezept, die alle sehr verschieden waren. Einmal ging es um die Herkunft einer Zutat, einander Mal um Abwandlungen oder Toppings, weiter ging es mit typischen amerikanischen Ritualen oder Tipps wie die Gerichte länger haltbarbleiben können. Zusätzlich ermunterte man den Leser sich einfach was zu trauen, sich vor den Probieren nicht zu scheuen. Mega abwechslungsreich!

Doch das Buch dreht sich nicht nur um Rezepte, sondern auch um Geschichten. So zumindest der Titel. Leider beinhaltet das Buch nur 3 Kurzgeschichten. Allesamt sind sie wunderschön, zeigen förmlich den Geist der Weihnacht und ließen mich inne halten beim Gedanken, worum es an Weihnachten wirklich geht. Jedoch hätte ich mir mehr davon gewünscht. Darüber haben selbst die 2 abgedruckten Weihnachtslieder nicht hinweg geholfen.

Abschließend sei gesagt, das Buch ist trotzdem gelungen und etwas ganz anderes. Die Aufmachung täuscht, denn dahinter befinden sich keine Luxus- und Profirezepte, sondern einfache, lecker Dinge, die sich jeder zutrauen kann.

Fazit:

Ein Geschenk für Städtetrippler & Lesemuffel mit einfachen, aber guten Geschmack und einer Vorliebe für Weihnachten.