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Veröffentlicht am 28.03.2022

Die Autorin bleibt ihrem Bayview-Schema treu

ONE OF US IS NEXT
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Ein Jahr ist vergangen seit Simon Kelleher gestorben ist. Die Bayview Four haben die High School beendet und gehen ihre eigenen Wege. Zurück gelassen haben sie die nächste Generation an Schülern, die sich ...

Ein Jahr ist vergangen seit Simon Kelleher gestorben ist. Die Bayview Four haben die High School beendet und gehen ihre eigenen Wege. Zurück gelassen haben sie die nächste Generation an Schülern, die sich erneut mit einem anonymen "Spielemacher" auseinander setzen müssen. Wer sich dem Wahrheit- oder Pflichtspiel entzieht, dem blüht die Offenbarung seines dunkelsten Geheimnisses vor der ganzen Bayview High. Wer ist der Drahtzieher? Und warum tut er das? Maeve macht sich auf die Suche bis sie selbst zur Zielscheibe wird.

Natürlich entzog ich mich dem 2. Band der Dilogie nicht, obwohl der 1. Band "One of us is lying" gut für sich allein stehen kann. Der Verlag schenkte den Lesenden übrigens eine kostenlose Vorgeschichte von "One of is next" als hübsche Überbrückungsidee mit an die 30 Seiten. Ihr verpasst jedoch nichts, wenn ihr dieses Zwischenstück auslasst. Mal abgesehen von dem Appetizer-Gedanken bringt es keinen Sinn mit sich, finde ich. Um "One of us is next" vollends zu verstehen, muss man meines Erachtens Band 1 kennen. Es ist zwar eine eigene Handlung mit ähnlichen Prinzip wie in Band 1, jedoch bauen viele Gedankengänge der Hauptcharaktere und das einbringen ehemaliger Figuren auf den Vorgänger. Ich glaube, zwischenmenschliche Beziehungen oder Vorgehensweisen verlieren an Nachvollziehbarkeit ohne die Kenntnisse der Geschehnisse ein Jahr zuvor. Und ganz nebenbei: Die alten Hautpcharaktere werden hier zu Nebendarstellern - fast wie in einem New Adult-Roman.

Wer "One of us is lying" nicht mochte, sollte "One of us is next" nicht lesen. Karen M. McManus greift erneut in die Jugendthrillerkiste, die auf anfänglich klischeehafte Figuren, Gruppenzwang und miese Spielchen mit Mobbingfaktor setzt. Das klingt negativ, nicht wahr? Doch so meine ich das nicht, denn die Oberflächlichkeit bleibt nicht erhalten. Charaktere zeigen Tiefe, entwickeln sich, ebenso wie die Handlung nicht an Spannung und Tempo verliert. Die Autorin setzt sich mit dem Schubladendenken der Menschen, insbesondere jungen Menschen auseinander, spaltet es und gibt Denkanstöße. Sie zeigt beispielhaft das Leben der Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen zweifeln und versuchen damit zu leben. Dabei bleibt die Autorin dem Enträtseln und der Suche nach dem Verursacher des Spiels treu.

Die Geschichte wird aus drei sich abwechselnden Ich-Perspektiven erzählt: Maeve, Knox und Phoebe. Was ich nach wie vor dabei mag, dass abgesehen vom Namen an den Kapitel, ebenso ein Datum und die Uhrzeit dabei steht. Das hat schon ein wenig Aktenfeeling. Darüber hinaus gibt es ein paar Chatverläufe und Medieninformationen, die vor allem dem Prolog auffallend gestalten. Denn ein Teil der Geschichte wird damit bereits vorweggenommen und ich fragte mich nur, wie ist denn das wieder passiert? Um den Lesenden bereits auf Seite 1 Rätsel aufzugeben, existiert eine Favoritenliste mit Namen. Namen, die ich kannte und Namen, die mir neu waren. Stück für Stück wird auch das aufgeklärt. Unsere 3 Protagonisten hingegen waren weniger geheimnisvoll, denn durch ihre Perspektive erfuhr ich alle über sie. Ich wusste, wie sie leben, mit wem sie befreundet waren, wie das Familienverhältnis aussah und was sie in ihrer Freizeit trieben. So waren mir die Charaktere sehr nah und ich mochte sie alle 3. Wobei mir Phoebe besonders im Gedächtnis geblieben ist. Sie erfühlt auf den 1. Blick das Klischee einer sehr freizügig lebenden Schülerin, die sich einfach dem größten Prolltyp körperlich hingibt ohne scheinbar mitzudenken. Ich kam echt ins Stutzen. Doch alles hat seine Gründe. Sie erinnerte mich sehr an Addy aus Band 1. Knox ist der typische Sohn, der seinem erfolgreichen Vater nie gerecht werden kann. Ein Zocker, ein zurückhaltender Junge, der sich ständig mit anderen vergleicht und doch gern so wäre wie... Erneut ein Klischee, der sich behauptet, in dem er ein zuverlässiger Freund ist und mehr auf den Kasten hat als ich zunächst dachte. Dazu ist er Maeves Ex- und jetzt bester Freund (echt coole Idee, finde ich). Maeve. Auf sie freute ich mich total. Das clevere Mädel mit dem ultimativen IT- und Hacker-Know How. Doch sie ging echt unter. Andere stahlen ihr bis zu einem gewissen Moment die Show. Von daher ist sie nicht mein Favorit. Versteht mich nicht falsch. Ihre Geschichte gehört genau in dieses Buch und riss mich emotional mit. Das sei gesagt. Ich mag an der Stelle nicht so viel zu den Handlungssträngen der einzelnen Charaktere abseits des Thrillerformats erzählen, um nicht zu spoilern. Ich hoffe, ihr nehmt mir das nicht krumm.

Bezüglich der Idee des Wahrheit- oder Pflichtspiels. Ich musste mich unvermeidlich fragen, was ich gemacht hätte, wenn ich die SMS bekommen hätte, die mich zwingt mich zu entscheiden und je nach Wahl, das zu tun, was von mir verlangt wird oder alle Welt erfährt etwas, was niemand wissen sollte/könnte/dürfte. Ich weiß es bis jetzt nicht. Die Schilderungen des Alltags der Bayview High mit diesem Spiel glaubte ich sofort. Menschen, die sich feiern, weil sie voll cool die Aufgabe gerockt haben, Mobbing von allen Seiten, wenn das Geheimnis raus kommt. Der Druck spürbar bis in die letzte Faser und bekommt teilweise in seinen Plottwists noch actionreiche Upgrades. McManus Stil ist authentisch, nah, doch nicht so tiefgreifend geschrieben, dass es sich zog. Sicherlich verdanke ich das auch der Übersetzerin Anja Galic. Es ist ein Jugendbuch und genau so fühlt es sich an. Allerdings musste ich trotzdem aufpassen, dass ich nicht irgendein Detail vergesse. Im Buddyread zum Buch gingen die Vermutungen schnell in bestimmte Richtungen, wer der Drahtzieher sein könnte. Die Antwort kam wirklich erst zum Schluss und brachte mich zum Nachdenken, was ich mit dieser Erkenntnis gemacht hätte. Die Autorin endete mit der Eröffnung einer Debatte durch die Lesenden. Das muss man erstmal bringen.

"One of us is next" kommt an "One of us is lying" gut heran. Beide laufen nach einem ähnlichen Schema ab, unterhalten, arbeiten mit Klischees, die Entwicklungspotenzial besitzen. Das Ende hat mir hier allerdings besser gefallen - es war überraschender.

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Veröffentlicht am 01.02.2022

Die Queen of Emotions hat es wieder geschafft

Bis zum Mond und zurück
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Meine persönliche Queen of Roman-Emotions veröffentlichte wieder ein Buch. Natürlich bei Knaur, der Verlag, der zuverlässig jedes Jahr das aktuelle Buch der britischen Autorin veröffentlicht. Ich sehne ...

Meine persönliche Queen of Roman-Emotions veröffentlichte wieder ein Buch. Natürlich bei Knaur, der Verlag, der zuverlässig jedes Jahr das aktuelle Buch der britischen Autorin veröffentlicht. Ich sehne jede ihrer Geschichten herbei, selten empfand ich die Story als ok, sehr viel öfter packte mich die Story emotional und ich fühlte mich den Figuren sehr verbunden. Das gelang mit der Übersetzung von Simone Jakob und Anne-Marie Wachs erneut.
Dani Atkins nahm dieses Mal die Thematik der Trauerbewältigung, nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern auf. Das allein prägte die Geschichte jedoch nur zur Hälfte, denn die Thematik der Organspende beschäftigte die Autorin mit Änderung eines Gesetzes in Großbritannien ebenso. So begann die Geschichte mit dem Verlust einer liebenden Mutter und Ehefrau, deren Tod, wie so viele, sinnlos scheint. Lisa war eine frische, lebenslustige, kluge und begabte Frau, die in ihrer Berufung als Astronomin mindestens genauso aufging, wie als Partnerin an Alex Seite und Mummy des 6-jährigen Connors. Was Alex bis zu ihrem Verlust nicht wusste, Lisa erklärte sich bereits zu Lebzeiten bereit, ihre Organe nach ihrem Tod zu spenden. Sein letztes Wort zu dieser Entscheidung lässt 4 Menschen erneut ein normales Leben führen. Überraschenderweise nehmen alle Empfänger Kontakt mit Alex auf. Insbesondere der Draht zu Molly, die Lisas Herz in sich trägt, wird zu einer besonders unerklärlichen Verbindung...

Ich gebe zu, dass ich das Buch, als es Mitte Dezember in meinem Briefkasten lag, nicht sofort lesen konnte. Ich ahnte einfach, dass mich Alex, Connors, Mollys und auch die Stränge sämtlicher Nebenfiguren mitnehmen würden, im glücklichen wie im traurigen Sinne. So war es auch. Ich mag sie alle, alle mit ihrer herzerfüllenden Wärme, ihrer Verzweiflung, ihren Fehlern und ich wünschte ihnen nur das Beste auf Erden. Es kam zu einem völligen Lesesog, der sich besonders durch den Erzählstil auszeichnete. Dani Atkins lullte mich in jede Situation ein, das kannte ich. Ich befand mich an allerlei persönlichen Orten, traf auf verschiedene Menschen und ja, ich war hautnah dabei - im Herzen, wie im Kopf. Authentisch, realistisch und ja liebevoll, nie zu derb, nie zu viel, sondern genau richtig. Für mich auffällig waren dabei die Perspektiven. Es wurde so gut wie abwechselnd aus der Perspektive von Molly und Alex geschrieben. Das ist jetzt nicht die Auffälligkeit, sondern die Art: Molly lernte ich über ihre Ich-Perspektive kennen, Alex über die personale Perspektive bzw. 3. Person. Das war eingangs merkwürdig, im Verlauf habe ich mich aber schnell daran gewöhnt. Trotzdem habe ich bis jetzt keine Ahnung oder ein Gefühl, warum Dani Atkins das gemacht hat. Denn beide holten mich vollends ab.

Es gab verschiedene Handlungsstränge, die zum nachdenken und Mitfühlen förmlich einluden. Zum einen der Aspekt des Verlustes und wie geht es danach weiter. Die leere Bettseite, die andere Hälfte elterlicher Pflichten, aus dem "Wir" ein "Ich" machen sind nur einige Dinge, mit denen sich Alex konfrontiert sieht. Überforderung, Traurigkeit und Angst Fehler zu machen gehen dabei einher. Wie sagt man seinem Sohn nach etlichen Monaten, dass Mummy nicht wirklich wieder kommen wird? Ich sag es euch, die Augenblicke, als der Fokus auf seinen 6-jährigen Sohn gelegt wurde, ließen mein Herz zerspringen. Ein Junge, der so klug , so lieb und einfach nicht mehr Kind ist, nachdem er seine Mummy verloren hat.

Zum Lichtblick in Alex und Connors leben werden die Organempfängerinnen. Ich finde, die Beleuchtung und die Gedanken, was sich alles vor und nach einer Organspende abspielen kann, sehr realistisch. Zum einen, weil ich Molly begleiten dürfte. Ich bekam Einblicke, wie sich das Leben der Mitte 30-Jährigen in kürzester Zeit veränderte. Wie Alltag und Träume verschwanden, wie abhängig sie von der Hilfe anderer wurde und wie die Möglichkeiten, die Chancen, ebenso wie die Risiken, durch die Transplantation erneut alles änderten. Zum anderen, weil ich Alex begleiten dürfte, der sich fragte, warum diese 4 Menschen? Lebt Lisa durch sie weiter? Ich glaube, die Suche nach etwas Höherem, ist nichts Neues. Es gibt Menschen, die versuchen genau dadurch den geliebten Menschen wieder nahe zu sein. Das Für und Wider zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte, begleitet von Nebenfiguren, die Einfluss nehmen.

Eine davon ist die reizende, alte Dame Barbara. Eine der Empfänger
innen. Man kann sie nur lieben. Ich wollte genau so viel über sie wissen, wie über Molly und Alex. Die Autorin tat mir den Gefallen. Zwar nicht als Mittelpunkt der Handlung, doch ich hatte das Gefühl, sie gut zu kennen. Genauso wie die anderen, deren Leben durch Lisas Spende verändert wurden. So verschieden sie sind, jede Person weckte mein Interesse. Es kam nie Langeweile auf und war trotzdem nicht übertrieben. Mit Alex Familie ging es mir auch so. Und nein, ich war von der "Fülle" der Personen nicht überfordert. Es war einfach nie einsam. Liebe, Hoffnung und Zuversicht verdrängen negative Gedanken vor allem, wenn sie von jemanden anderen ausgesprochen werden, den man zugeneigt ist.

Ich gebe zu, der einzige Knackpunkt war der Showdown. Ich weiß zwar, dass die Autorin dem Ganzen gern etwas Mystisches einhaucht, aber die Dramatik und ich nenne es mal Spiritualität hätte es nicht gebraucht. Um es bildlich zu erklären: Die Achterbahnfahrt endete in einem zu hohen Bogen, um den Ausklang noch genießen zu können (obwohl ich den Ausklang sehr mochte).

Alles in allem empfehle ich den Roman auf alle Fälle. Thematisch, charakteristisch und emotional super erzählt. Ein Pageturner, der Gefühle und Gedanken weckt, mitfiebern lässt, nie langweilig wird und nahe geht. Ich freue mich schon auf das nächste Buch!

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Veröffentlicht am 26.11.2021

ehrlich, bildreich, märchenhaft - typisch Grimm

Die Gänsemagd und ihr treues Pferd Falada
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"Die Gänsemagd und ihr treues Pferd Falada" kannte ich bisher nicht vom geschriebenen Wort, sondern als Film. Um so mehr freut es mich, dass das Märchen dieses Jahr im Rahmen der Reihe "Unendliche Welten" ...

"Die Gänsemagd und ihr treues Pferd Falada" kannte ich bisher nicht vom geschriebenen Wort, sondern als Film. Um so mehr freut es mich, dass das Märchen dieses Jahr im Rahmen der Reihe "Unendliche Welten" im Wunderhaus als illustriertes, großformatiges Buch erschienen ist. Innerhalb der rund 60 Seiten lernen wir die Prinzessin Helena, ihr treues Pferd Falada und ihre Zofe Serena kennen. Helena ist bereits als Kind überaus behütet aufgewachsen und in ihren Talenten gefördert wurden. Noch dazu besitzt sie die Gabe den Wind befehligen zu können. Ihr bester Freund Falada ist übrigens kein normales Pferd, sondern ein sehr kluges und erfahrenes Geschöpf, das mit Helena sprechen kann. Selena hingegen kommt trotz ihrer Schönheit und Freundschaft zu Helena nicht an deren Status heran. Ihre Eifersucht erreicht den Höhepunkt als sie auf der Reise zu Helenas Bräutigam diese dazu zwingt, den Platz mit ihr zu tauschen... Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, das sollt ihr gern selbst erlesen.
Ich finde, gerade zur Weihnachtszeit sind Märchen ein absolutes Muss. Ob als Geschenk, Hörbuch, Film oder Buch, seit frühester Kind verfolgen Kinder, wie auch Erwachsene, die wundersamen Abenteuer bekannter Figuren. Und das in vielen verschiedenen Auslegungen und Varianten. Wer sich bereits mit den Gebrüder Grimm und deren Stories befasst hat, weiß, dass die nicht so ohne daher kommen. Mord, Blut, Bosheit, Gier, Armut, Krankheit, Verlust - die ganze Range der Tragödie findet Platz, um schlussendlich durch Mut, Hoffnung, Magie, Liebe, Freundschaft und Hilfsbereitschaft in einem Happy End zu landen. So ähnlich ist es in Helenas Geschichte natürlich auch. Doch jeder kann sich jetzt denken, dass ich es nicht für kleine Kinder empfehlen würde. Erst recht nicht für junge Pferdefreunde, die sensibel reagieren, wenn es dem besten Freund nicht gut ergehen könnte. Das als Wink mit dem Zaunspfahl. Der Verlag hält sich hier einfach an das Original. Das fand ich gut. Es wird nichts beschönigt, aber ich litt definitiv mit und wünschte mir sehr oft, dass die Handlung bitte anders verlaufen möge. Natürlich passierte das nicht.
Mich überraschte das ein oder andere Detail, das mir bisher nicht bekannt war und empfand den Handlungstrang als geradlinig und passend. Textlich kam ich beim Lesen nie ins Stocken, jedoch gibt es an einigen Stellen diesen etwas altbackenen Dialogstil, der mich in das mittelalterliche Umfeld schoss. Ich hatte, obwohl es so wenig Seiten sind, das Gefühl in mancher Situation festzuhängen, die im Endeffekt sogar kürzer abgehandelt werden könnte. Stieg ich jedoch in die nächste Etappe der Geschichte ein, zog mich der Bann der Gänsemagd wieder zu sich. Ich durchlebte also meine kleine persönliche Leseachterbahn. Das Durchhalten lohnt sich jedenfalls, denn sobald die hübsch verzierten Kapitelüberschriften mir den Weg weisten, Verse herausstachen, um mich zu verzaubern und jede Illustration das Gesamtbild untermalte.
Apropos, die Zeichnungen besitzen eine klassische Attraktivität und zeichnen sich nicht durch zart übergehende Farbverläufe und Aquarelloptik aus. Ich finde es schwer zu beschreiben. Mir gefällt der Stil überaus gut. Es erinnert mich tatsächlich an ältere Trickfilmserien ohne es böse zu meinen. Ich bin Mitte 30 und falle damit einfach in Kindheitserinnerungen zurück. Es ist verrückt wie viele "Striche" in jedem Bild gezogen wurden. Jede Haarsträhne ist ersichtlich, jede Falte eines Kleides. Klare Farben, die im Bild eindeutige Gefühle und Eigenschaften der Charaktere offenlegen, prägen zahlreiche Seiten. Die lettische Illustratorin Līga Kļaviņa scheint eine Perfektionistin zu sein.
Der Abschluss ließ mich übrigens verwirrt zurück. Es gab einen Epilog, der fast schon nach einem 2. Band schreit. Allerdings ist mir nicht bekannt, dass es diesen gibt.
Fazit:
Ein Grimm-Märchen, das man selten zu Gesicht bekommt, in einer schön illustrierten Ausgabe. Ich empfehle es für die größeren Leseratten unter uns, die auf klassische Erzählweise mit kleinen Längen und spannenden Etappen, sowie unverschleierte Märchen stehen.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Eine queere Lovestory, die mit Klischees romantischer Komödien aufräumt und eine Familiensituation, die nur das Leben schreiben kann

Küsse im Sommerregen sind auch nur nass
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Der Klappentext des wundervoll abendsommerlichen Hardcovers, dessen Farben mich ein bisschen an die Regenbogenfahne erinnert, klingt eher nach dem Beginn einer süßen Jugendliebe. Denn die 18-jährige Protagonistin ...

Der Klappentext des wundervoll abendsommerlichen Hardcovers, dessen Farben mich ein bisschen an die Regenbogenfahne erinnert, klingt eher nach dem Beginn einer süßen Jugendliebe. Denn die 18-jährige Protagonistin Saoirse liebt Horrorfilme, aber ganz sicher nicht romantische Komödien. Schließlich vermitteln diese ein sehr unrealistisches Bild von Liebe (was Horrorfilme nicht tun) und im Endeffekt ist doch jede Beziehung zum Scheitern verurteilt. Sie weiß das, denn das Leben hat ihr das oft genug bewiesen. Doch dann trifft sie die quirlige Ruby, die jegliche verfilmte Schnulze aus dem FF kennt. Saoirse Interesse an Ruby ist schnell geweckt, doch es geht nur um den Spaß, nicht um die großen Gefühle. Ruby ist einverstanden und beide gehen über eine Diskussion den Deal ein typische RomCom-Dates nachzustellen, um so den letzten Sommer nach der High School gemeinsam genießen zu können - unverbindlich und mit Enddatum.

Doch, ich kenne die Jugendtitel aus dem Magellanverlag. Es steckt immer mehr dahinter als das bisschen Inhaltsangabe erzählt. Ich wurde dahingehend nicht enttäuscht. Nur Saoirse, die glücklicherweise, gleich zu Beginn erwähnt, dass ihr Name "Sier-scha" ausgesprochen wird, machte mir das Leben echt schwer. Ihre Perspektive zeigt eine ganz raue Schale. Gegenüber ihrem Vater, ihren Mitschülern, sogar sich selbst gegenüber verhält sie sich abweisend, ja, richtig ruppig. Ok, zickig, stur und furchtbar wütend trifft es genauso. Es gab ziemlich viele Fragezeichen für mich. Warum verhält sie sich so? Warum lebt sie mit ihrem Vater allein? Was ist mit ihrer Mutter? Warum ist sie nicht mehr mit ihrer Freundin zusammen? Was hat ihre beste Freundin angestellt, um sie vollends zu ignorieren? Saoirse reagierte für mich sehr oft über. Für eine 18-Jährige kam sie mir anstrengend rüber und das blieb lange so bis sie in kleinen Schritten eine weichere Schale entwickelte. Sie legte dennoch keine komplette Wandlung hin. Das ist gut so und authentisch, nur beste Freundinnen werden wir wohl nie. Ich mag einfach mehr Charaktere, die nicht dauer-impulsiv reagieren.

Was ich ziemlich mochte war ihre Schlagfertigkeit. Saoirse ist nicht auf den Kopf gefallen. Gerade mit Ruby oder Ruby´s Cousin Oliver, mit dem sie öfter textete, machten die Dialoge Spaß. Beide Figuren schloss ich schnell in mein Herz. Ruby verkörperte das Gegenteil von Saoirse - Hoffnung, Freude und Liebe, obwohl sie auch ihre Geheimnisse hat, wie Saorise ebenso. Allerdings log Saoirse an vielen Stellen und mir gefiel, dass die Autorin schön darin rum stocherte, dass Lügen eine Beziehung nur verkomplizierten. Denn kein Schutzpanzer der Welt kann das rechtfertigen. Für Ablenkung von den persönlichen Themen sorgte der RomCom-Deal. Beide Mädels gingen sehr kreativ damit um, Szenen nachzustellen und damit unvergessliche Erinnerungen zu schaffen. By the way erschufen sie ein neues Genre. Denn wenn ich so drüber nachdenke, wie viele queere RomComs gibt es denn? Genau auf diesen Zahn fühlen die beiden konstruktiv und nachdrücklich.

Zu den Geheimnissen gehörte übrigens nicht die Sexualität. Es ist keine Coming Out - Geschichte, falls ihr euch das fragt. Saoirse erzählt am Rande von ihrem Coming Out, doch es steht absolut nicht im Mittelpunkt. Die Gefühle zu verschiedenen Personen in ihrem Leben schon.

Und damit komme ich zu ihren Geheimnissen. Ich möchte nicht spoilern, daher versuche ich einen weiteren wichtigen Inhalt nur zu umschreiben, weil der Fakt mich so oft um die Frage gehen ließ "Wie würde ich damit umgehen?" und ich hab bis jetzt keine Antwort. Saoirse Familiensituation beschreibt sich als kompliziert. Ihre selbst auferlegte Gefühlsabstinenz und Bindungsangst beruht auf Erfahrungen und Wahrscheinlichkeiten, die ihr widerfahren könnten wegen einer Erkrankung innerhalb der Familie. Puuh, ich will mich nicht aus dem Fenster hängen. Das solltet ihr selbst lesen. Im Gegensatz zu Saoirse konnte ich definitiv viel Empathie gegenüber ihrem Vater aufbauen, der versucht sein Bestes zu geben, zu lieben und Harmonie einzubringen. Trotz, dass ihn die Situation genauso trifft - er lebt weiter. Saoirse nicht.

Bis Ruby kam. Bis Saoirse sich öffnete, anderen und sich selbst gegenüber. Ein schwerer Gang. Spürbar für mich und die Aufarbeitung, so gebe ich zu, besaß einige Längen. Notwendig war es trotzdem. Die Autorin besitzt ein Gespür dafür Gefühle für eine jugendliche Leserschaft genau richtig auszudrücken, Szenen von himmelhochjauchzend in die Traurigkeit zu verfrachten, aus Verzweiflung im nächsten Moment Hoffnung zu gewinnen. Die Übersetzung durch Jessika Komina und Sandra Knuffinke möchte ich hier hervorheben. Wer "Gefühlsvölkerball" und "Glibbertittchen" einbauen kann ohne, dass es fremd erscheint, hat alles richtig gemacht. Die gehörige Prise Humor fehlt dabei nicht, ebenso wie Gastauftritte eines knuddeligen alten Herrn, der der Liebe immer wieder eine Chance geben würde, und einer Brautmodenverkäuferin, die ein Superheldencape gebrauchen könnte. Abschließend sei gesagt, es gibt kein klassisches Ende, keine Liebesmontage aus einer romantischen Komödie, sondern das Leben. Anders, aber gut..

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Veröffentlicht am 10.08.2021

Trauerbewältigung, Humor, Romance, Tierliebe, Prickeln und doch auch eine "typische" Rockstargeschichte

Wenn in mir die Glut entflammt
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Ich habe wirklich, wirklich auf dieses Buch gewartet, weil ich bereits im 1. Band die beste Freundin der Protagonistin Kristen super sympathisch fand. Im Gegensatz zur direkten Art von Kristen schien Sloan ...

Ich habe wirklich, wirklich auf dieses Buch gewartet, weil ich bereits im 1. Band die beste Freundin der Protagonistin Kristen super sympathisch fand. Im Gegensatz zur direkten Art von Kristen schien Sloan fast engelsgleich und verdiente ihr Schicksal absolut nicht. Ja, ihr lest richtig. Hier gibts das typische NA-Schema, dass Mitglieder der "Clique" in den Folgebänden zu den Protagonisten werden. Ich empfehle auch, dass ihr fein der Reihe nach lest, weil "Wenn in mir die Glut entflammt" den 1. Band schon in einiger Hinsicht spoilert, einfach weil er "danach" spielt. Mir persönlich gefiel das sehr zu sehen, wie es Kristen nach "Wenn aus Funken Flammen werden" erging. Ich freute mich riesig für sie und fand es cool, dass die Autorin ihre Entwicklung hinein gewoben hat. Es ist und bleibt immer noch Kristen, aber eine Kristen, die neue Erfahrungen gesammelt hat. Ihre Nebenrolle als beste Freundin von Sloan begleitete mich bis zum Schluss. Und ich feiere diese Freundschaft enorm, weil sie nicht nur die Höhen zeigt, sondern ebenso die Tiefen einer Freundschaft, wenn sich ein Part abkapselt, dicht macht, es seinen Freunden nicht leicht macht. Das gehört dazu und fügte sich gut in die Handlung.

Franka Reinhart übersetzte das freche und humorvolle Mundwerk der Autorin erneut gekonnt, so dass die Frische, der Humor, das seufzende Gefühl einer Szene voller Zweisamkeit und das Nicken meines Hundehalterinnen-Ichs mich permanent begleitete. Dazu kam der Kapitelaufbau. Die abwechselnden Ich-Perspektiven von Jason und Sloan bilden nichts Neues in diesem Genre, aber die Songtitel, die jedem Kapitel eine zusätzliche Untermalung bieten, machen etwas her. Die komplette Palylist findet man online oder bei einem bekannten Streaminganbieter. lediglich die letzten Songs habe ich nicht gefunden. Schadeeee, so schade, denn es sind Jaxon Waters Titel, also vom männlichen Charakter Jason höchstpersönlich. Das wäre genial gewesen, wenn diese Lieder wirklich existierten. Doch manchmal bekommt man nicht jeden Marketing-Gag zum Buch, den man sich wünscht.

Zur Handlung selbst machte ich mir unendlich viele Notizen. Das pdf ist riesig. Der Beginn zeigte ein Bild von Sloan, das ich erwartet habe. Sie weiß, dass sie nicht mehr sie selbst ist, nur fällt es ihr sehr schwer zurückzufinden. Erst mit der Zufallsbegegnung des entlaufenen Tuckers taut sie auf. Die Autorin zeigt damit auf ein wahres Bild. Tiere helfen dir über die schlimmste Zeit hinweg und sie beschreibt wunderbar, wie Sloan auf einmal wieder lächeln kann, wie ungewohnt das ist und Dank Tucker erlaubt sie es sich. Der Vierbeiner spielt immer wieder im Alltag innerhalb der Handlung eine Rolle und wird nicht nur als Einstiegshilfe genutzt.

So richtig lerne ich Sloan erst kennen als Jasons neugierige Nachrichten sie förmlich wecken. Es war ein heiden Spaß, ihre Chatverläufe zu lesen, ihre Gedankengänge, Zweifel und wartenden Blicke zu verfolgen während sie auf eingehende Nachrichten hofften. Ihre Gespräche verliefen schlagfertig, aber immer in einem empathischen Ton. Ich lernte Jason als jungen Künstler, Naturburschen, kompromissbereiten, aber auch hart arbeitenden und unter Druck stehenden Star kennen. Das Witzige ist, beide verbindet ihre Kreativität, nur auf unterschiedliche Weise, die ich nicht spoilern möchte. Diese Verbindung zieht sich durch ihre Berufe, ihr Privatleben und ihre Vergangenheit. Mich störte an ihrer Beziehung später nur der Fakt, dass sich beide ziemlich klettenhaft verhielten. So ein bisschen wie Teenager. In Ihrem Alter (Mitte/Ende 20) und mit ihrer bisherigen Erfahrung fehlte mir der Sinn darin.

Ich lernte natürlich neue Charaktere kennen: Eine Familie, die ich nur lieben konnte und zu der ich gern ziehen würde. Einen Manager, der mit offenen Karten spielt. Eine Assistentin, die zur Freundin wird und ein Starlet, deren Erfolg ernstzunehmende Folgen mit sich bringt. Abby Jimenez versuchte einige persönliche Probleme einzuarbeiten. Ich empfand gerade Sloans Trauma und ihre Trauer sehr authentisch. Kein Wunder, denn eine Freundin der Autorin erlebte Ähnliches, wie ich im Nachwort nachlesen konnte. Dagegen fielen die Klischees der Musikbranche eher negativ ins Gewicht. Ja, natürlich stehen Musiker*innen unter Druck abzuliefern, werden ausgenutzt und gehen zum Teil daran zugrunde. Doch hätte die Geschichte diesen Aspekt gebraucht? Ich sage nein. Sloans und Jasons Beziehung mit seiner und auch ihrer Karriere in Einklang zu bringen, ohne das viele Bomburium, hätte völlig gereicht. Auch um Jasons Part "mehr Inhalt" zu geben. Er ist natürlich ein super Gesamtpaket als Mann und Person. Ein Typ zum Dahinschmelzen. Dieser Stereotyp wurde gemildert durch kleine Feinheiten, zum Beispiel, dass er sich für den ein oder anderen Spaß nicht zu schade ist. Das passte für mich, das wollte ich auch, um ehrlich zu sein.
Der Höhepunkt und Schluss erfüllte in jeglicher Hinsicht meine Vorhersehung - so soll es sein. Erwartet also nichts Umwerfendes. Nur zwei, drei kleine Give Aways waren überraschend.

Fazit:

Ich liebe Tucker, ich mag Sloan und Jason als Paar. Auch Band 2 dieser Reihe enthält eine Story fürs Herz, für die Lachmuskeln, ein NA-Roman, wie ich ihn mir wünsche. Lediglich der Rockstar-Part hätte ein paar Prozent weniger Klischee gut verkraftet.

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