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Veröffentlicht am 23.05.2018

Der 3. Band toppt nicht den Vorgänger

Das Reich der sieben Höfe − Sterne und Schwerter
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Allgemein:

Sarah J. Maas' Erfolgssaga erreicht 2018 mit „Das Reich der sieben Höfe – Sterne und Schwerter“ ihren Höhepunkt. Wie auch die Vorgänger erschien der 3. Band in Deutschland bei dtv.
Inhaltlich ...

Allgemein:

Sarah J. Maas' Erfolgssaga erreicht 2018 mit „Das Reich der sieben Höfe – Sterne und Schwerter“ ihren Höhepunkt. Wie auch die Vorgänger erschien der 3. Band in Deutschland bei dtv.
Inhaltlich kehrt Feyre zwangsläufig, nach dem Vorkommnissen in Hybern, an den Frühlingshof zurück. Sie spioniert Tamlin aus, der das Volk Prythians verraten hat und damit Feyres Rachsucht anfeuert. Der Krieg ist nicht mehr zu verhindern und Feyre versucht alles um die, die sie liebt zu beschützen. Wird sie einen Ausweg finden oder werden sich die Klauen des Feindes erneut auf Feyre stürzen?

Mein Bild:

745 Seiten, 3 große Leseabschnitte und zig Kapitel lagen vor mir. Sarah J. Maas hatte anscheinend noch viel zu erzählen. Es gab auf jeden Fall genügend offene Fragen, schließlich haben sich die Ereignisse zum Ende des 2. Bandes förmlich überschlagen und die Zukunft des ganzen Landes stand auf dem Spiel.
Ein Prolog aus Rhys´ Vergangenheit, wie gewohnt in Ich-Perspektive, eröffnete den 3. Band der der Reihe. Notwendig war das allerdings nicht. Im Gegenteil, die Vertrautheit der bisherigen Geschichte stellte sich erst ein, als Feyre mich in die Gegenwart zog. Der Pageturner hatte mich wieder in seinen Bann gezogen. Feyre verkörperte am Frühlingshof zunächst eine eiskalte Autorität, die ihre Rachelust zu zügeln versucht. Ein Spiel aus Intrigen, Verrat und Vertrauen begann. Einerseits bin ich total erschrocken wie Feyres harte Seite zur Schau gestellt wird, andererseits bin ich von ihren Plänen und der Rafinesse fasziniert gewesen. Sarah J. Maas hat damit brillante Wendungen schon allein durch Charakterzüge geschaffen.
Der Hauptteil befasste sich im Grunde mit dem Suchen und Finden von Verbündeten und dem Entwerfen von Kriegsstrategien. Dabei blickte ich durch Feyres Augen auf das vermeintliche Ende und bemerkte schnell ihre Entwicklung zur wirklichen High Lady, die sowohl falsche als auch richtige Entscheidungen trifft. Zwei Dinge sind mir in diesem Bezug aufgefallen: Zum einem lernt sie sich so zu akzeptieren wie sie ist und akzeptiert dadurch auch andere in ihrem Sein. Eine wahnsinnig wichtige Message! Und zum anderen ist Rhys immer an ihrer Seite. Er und ihre Familie, der Hof der Nacht. Sie ist nie allein. Mir fehlte allerdings die Ruhe zwischen Rhys und Feyre. Man könnte es auch mit inneren Frieden vergleichen. Ich muss als Leser den Augenblick genießen können und ich hatte kaum Gelegenheit dazu. Ok, der Krieg steht an, aber ich habe mich im letzten Band an himmlische Momente gewöhnt, die Beide so selbstverständlich erlebten.
Das bedeutete jedoch auch, dass sie unabhängig voneinander handelten und dem Leser wiederum die ein oder andere Überraschung erwartet. Ein weiterer Clou ist der Familienzuwachs. Zu Mor, Azriel und Cassian gesellen sich nun Feyres Schwestern. Eine explosive Mischung, die mich zum Lachen brachte oder mein Gemüt sichtlich erhitzte.
Apopo, ich finde die anzüglichen Szenen in diesem Band nicht gut umgesetzt. Trostsex während andere um ihr Leben kämpfen oder um nahestehende Personen zu verletzen, ist echt geschmacklos.
Doch es gab keine Zeit um darüber nachzudenken, denn Feinde werden zu Freunden, Freunde werden zu Feinden. Mein Blickwinkel auf diverse Nebendarsteller änderte sich und das teilweise nicht nur einmal. Ein wahrer Strom, bei dem sich neue Wege öffneten oder alte sich schlossen, kam mir entgegen. Über kurz oder lang ist mir der „Freund-Feind-Wechsel“ dennoch unnatürlich vorgekommen. Effekthascherei, um alles noch mehr zu dramatisieren? Beispielsweise vergessen instinktgetriebene Fae ihre bisheriges tödliches Dasein. Schon merkwürdig, obwohl die Detailverliebtheit solcher Schachzüge absolut bestechen.
Ebenso wie meine Freude, endlich die Gesichter der bisher stiefmütterlich behandelten Höfe zu erblicken und die Herkunft von Feyres elementarer Magie kennenzulernen. Die atemberaubende Beschreibung der High Lords, die so prägnant charakterisiert werden, dass ich sie malen könnte, haute mich wirklich um. Helion hatte es mir besonders angetan, High Lord des Tages, strahlend schön wie ein Pharao und mindestens so gewitzt wie Rhys. Meine Erwartung, den Rest Prythians endlich serviert zu bekommen, wurde erfüllt. Die Karte vervollständigt sich, wortwörtlich, wenn man die Einbände der 3 Bücher vergleicht.
Zum Schluss konnte ich aufatmen. Nicht aufgrund super gewitzter Einfälle innerhalb der Story, nein, sondern durch „glückliche“ Zufälle. Man hat es sich am Ende tatsächlich einfach gemacht. Vielleicht um 200 Seiten mehr zu vermeiden? Wer weiß.

Fazit:
Ein spannungsgeladener, wendiger Abschluss von einer der besten Fantasytrilogien. Aber Vorsicht, durchatmen kann man erst am Ende.

Veröffentlicht am 09.05.2018

So dufte gestaltet, nicht nur für klein, sondern auch für groß

Die Duftapotheke (1). Ein Geheimnis liegt in der Luft
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Allgemein:

„Die Duftapotheke - Ein Geheimnis liegt in der Luft“ ist der 1. Band einer Kinderbuchreihe der Autorin Anna Ruhe. Veröffentlicht wurde das Hardcover im Januar 2018 durch den Arena – Verlag, ...

Allgemein:

„Die Duftapotheke - Ein Geheimnis liegt in der Luft“ ist der 1. Band einer Kinderbuchreihe der Autorin Anna Ruhe. Veröffentlicht wurde das Hardcover im Januar 2018 durch den Arena – Verlag, bei dem unter anderen auch „Seeland – Per Anhalter zum Strudelschlund“ der Autorin erschienen ist. In ihrem neuesten Werk taucht der Leser mit der dreizehnjährigen Luzie in die Geheimnisse der Villa Evie ein. Denn Luzies Familie, die Alvensteins, sind in die charmante Bruchbude im Nirgendwo eingezogen. Anfangs nicht gerade darüber begeistert, packt es Luzie dann doch, die Villa mit ihrem kleinen Bruder Benno und dem Nachbarsjungen Mats zu erkunden. Sie will wissen, warum es überall so merkwürdig riecht, wie tausend Gerüche und doch anders. Woher kommt das? Hat der mürrische Gärtner des riesigen Gewächshauses etwas damit zu tun? Welches Geheimnisse birgt das alte Gebäude?

Mein Bild:

Für mich war schon Ende letzten Jahres klar, dass ich dieses Schmuckstück unbedingt im Bookshelf stehen haben möchte. Schon allein das Cover mit einer Illustration der Diplom-Designerin Claudia Carls ist ein Kunstwerk, das seinesgleichen sucht. Noch dazu kommen die knalligen Farben und geprägte Silberpünktchen, die das Buch zum Leuchten bringen. Wundervoll, genau wie der Inhalt, der neben der Geschichte noch mehr Illustrationen zu bieten hat.

Meine Erwartungen waren hoch, da die Autorin selbst Mutter ist und das Buch für Kinder ab 10 Jahren geeignet sein soll. Und Kinder in diesem Alter brauchen Spiel, Spaß und... ein mitreißendes Abenteuer!

Unsere Protagonistin, die dreizehnjährige Luzie, führt mich aus der Ich-Perspektive durch das über 260 Seiten dicke Buch. Ich mochte sie von Anfang an. Eingangs noch schüchtern und etwas sauer darüber, dass sie von der Großstadt ins Dorf ziehen musste, packt sie schnell die Neugier und andere Charaktereigenschaften treten hervor: Ehrlichkeit, Cleverness und ein Verständnis, das man in diesem Alter nicht erwartet, machen es mir leicht ihr zu folgen. Anna Ruhe hat eine spielerische Mischung zwischen jugendlichen Sprachstil und dem „normalen“ Umgangston gefunden - eine ideale Kombination zum Vorlesen oder um einfach selbst durch die Seiten zu fliegen.

Auch wird die Familie charmant beschrieben. Frau Alvenstein, die in ihrer Leidenschaft für alte Dinge aufgeht und ihr Mann, der jeglichen Spaß mitmacht und das Familienleben koordiniert. Von einer klassischen Rollenverteilung kann man hier nicht ausgehen, aber das wäre auch langweilig. Mein absoluter Favorit ist allerdings Benno, Luzies fünfjähriger Bruder. So etwas drolliges erlebt man nicht alle Tage. Offen, freundlich und tapfer folgt der Kleine seiner großen Schwester in ungeahnte Abenteuer. Ich habe so oft gelächelt, als er Dinge berührt, die er nicht berühren soll oder einfach den Nachbarsjungen fragt, ob er nicht mit ihm spielen möchte. Ja, Benno erobert definitiv die Herzen aller. Selbst das des skeptischen Nachbarsjungen Mats, der sich wie manch anderer auf dem Grundstück der Villa geheimnisvoll gibt.

Natürlich erahnt man schnell, dass die Kinder zu einem Team zusammenwachsen, um die Geheimnisse der viktorianischen Villa Evie zu erkunden. Die Autorin hat wirklich brillant den roten Faden um das Setting gestrickt. Und die Düfte. Es riecht erdig, nach Minze oder Rosen, ganze Duftmixe werden erwähnt, die bei den Protagonisten und dem Leser Erinnerungen hervorrufen oder Fragen nach der Herkunft stellen. Gezielt wurden vielfältige Bilder in meinem Kopf gesetzt, während die Kinder das Haus samt historischen Inhalt auf den Kopf stellten. Stück für Stück näherten sie sich dem Ziel: Die Duftapotheke, ebenso wie dem Grund für diesen außergewöhnlichen Ort.

Schlussendlich ist es die Kombination aus einer zauberhaften Schatzsuche in einer verfallenden Villa und einem Rausch durch Zeit und Duft, die mich die Duftapotheke nicht so schnell vergessen lassen. Das Ende lässt nichts offen, doch der Leser erahnt, welche Ideen im 2. Band umgesetzt werden könnten.

Fazit:

Ein Abenteuer mit Schatzsucheratmosphäre und entzückenden Charakteren. So schnell vergisst man die Duftapotheke nicht.

Veröffentlicht am 28.04.2018

Der Tod als emotionales Thema wird leider zur Nebensache

Splitterlicht
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Allgemein:

„Splitterlicht“ ist ein Jugendroman der Amerikanerin Megan Miranda, der 2015 durch Ravensburger in Deutschland veröffentlicht wurde. Die Autorin schreibt nicht nur Jugendbücher, sondern auch ...

Allgemein:

„Splitterlicht“ ist ein Jugendroman der Amerikanerin Megan Miranda, der 2015 durch Ravensburger in Deutschland veröffentlicht wurde. Die Autorin schreibt nicht nur Jugendbücher, sondern auch Thriller, wobei Splitterlicht eines ihrer beliebtesten Bücher ist. Es umfasst die Geschichte der siebzehnjährigen Delaney, die einen Unfall überlebt. Es ist ein Wunder. Denn niemand zuvor blieb 11 Minuten unter eiskaltem Wasser gefangen und überlebte! Doch nichts ist wie vorher, etwas hat sich in Delaney verändert. Der Schock ist groß, als sie erkennt, dass sie ein Gespür dafür entwickelt hat, welche Menschen bald sterben werden. Wie soll sie diese Fähigkeit deuten? Gabe oder Fluch?

Mein Bild:

Und wieder war es ein unwiderstehlicher Coverkauf bei einem großen Aktions-Buch-Verkauf. Das Cover glitzert zart blau, so wunderschön winterlich mit einem hübschen weiblichen Gesicht dazu. Der Klappentext klang nach Drama und Spannung, obwohl ich mir die Frage stellte, in welches Genre man das Buch wirklich stecken sollte. Einfach nur Jugendbuch? Schließlich scheint die Protagonistin eine übermenschliche Gabe zu besitzen. Auch nach dem Lesen des Buches blieb bei mir ein Fragezeichen.
319 Seiten verbrachte ich im winterlichen Maine. Die Beschreibungen der Autorin reichten aus, um das Setting bildlich darzustellen. Nichts war übertrieben blumig ausgeschmückt und trotzdem hatte ich eine Vorstellung darüber wie Straßen verliefen oder Delaneys Familie lebte.
Sicherlich lag das auch an der Ich-Persepektive der Protagonistin. Das Hauptaugenmerk lag auf ihr und die Zeit nach dem dramatischen Unfall. Megan Miranda versuchte darzustellen, dass für Delaney, nach der Nahtoderfahrung, alles anders ist. Durchaus nachvollziehbar, Nur bissen sich angeblich vorhandene Eigenschaften mit ihrem Verhalten „danach“. Delaney sei „davor“ eine gut organisierte Musterschülerin gewesen, eine Mitläuferin innerhalb ihrer Clique, die aber sonst nie ein Risiko eingeht, eine Tochter, die umsetzt, was man ihr sagt und nachdenkt, bevor sie spricht. Jetzt verhält sie sich sprunghaft, ist überladen mit Gefühlen, gibt sich rebellisch gegenüber Freunden und Eltern, stößt andere vor dem Kopf. Wenn sie versuchte, ihr altes Verhalten an den Tag zu legen, passte es einfach nicht zusammen. Sollte der Kern des Charakters nicht erhalten bleiben? Mir fehlte die Authentizität. Ich kam damit nicht zurecht.
Dennoch fand ich die Grundidee aufregend: Delaney spürt körperlich, wer als nächstes sterben würde. Ich stellte es mir spannend vor, wie sie versucht damit umzugehen, eine Lösung zu finden, damit zu leben, vielleicht sogar zu helfen. Leider plätscherte die Idee vor sich hin. Schade, dass ein so emotionales Thema nicht komplett in den Mittelpunkt gestellt wird.
Erst in den letzten 100 Seiten widmet sich Delaney ausschließlich ihrer Gabe. Zu kurz, aber das Konstrukt wird trotzdem sauber aufgelöst. Doch warum erst dann? Tja, der Fokus richtet sich im Hauptteil der Geschichte auf mehrere Probleme: Überforderte Eltern, der beste Freund, der einen liebt, ein geheimnisvoller Typ, der auf einmal auftaucht und die Clique, die auf einmal mehr Interesse zeigt. Das ist zu viel für 300 Seiten. Dabei spielen die Vergangenheit der Beteiligten, Erinnerungen und nicht ausgesprochene Worte eine Rolle. Dinge, denen man glatt extra Bücher widmen könnte. Das ein oder andere hätte man weglassen und sich stattdessen auf eine Sache „spezialisieren“ sollen. Einen Vorteil hat die Verzweigung des Plots allerdings: Es verleiht der Story zusätzliche Spannungsbögen mit dramatischen Szenen, die mitfiebern lassen oder einfach unerwartet daher kommen.
Das ließ den Verlauf nicht vorhersehbar werden, auch wenn die Nebendarsteller stereotypisch sind. Decker, der beste Freund, der immer da ist und auf dem man sich immer verlassen kann. Im Gegenzug, der plötzlich auftauchende Troy, so undurchsichtig und anziehend. Delaney hat die Wahl der Gegensätze. Trotz Klischees sind die Jungs gut gelungen. Sie sind in ihrem Verhalten einfach selbstsicher. Der Leser fühlt bei den Beiden das, was er fühlen soll. Bei Decker fühlte ich mich geborgen und vor Troy hatte ich irgendwie Angst.
Das Ende war definitiv packend umgesetzt und ein Cliffhanger blieb mir erspart, obwohl ich der Meinung bin, dass man daraus noch mehr Bände spinnen könnte.

Fazit:
Abwechslungsreich, nicht vorhersehbar, aber sprunghaft und wenig fokussiert. Für Leser, die es lieben, wenn ein Jugendoman handlungsübergreifende Punkte anspricht.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Ein wahrhaftiger Jugendroman, für alle, die einen Funken Hoffnung suchen

Die Stille meiner Worte
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Allgemein:

„Die Stille meiner Worte“ ist ein Jugendroman der deutschen Bloggerin und Autorin Ava Reed. Veröffentlicht wurde die berührende Geschichte im März 2018 durch den Verlag Ueberreuter. Inhaltlich ...

Allgemein:

„Die Stille meiner Worte“ ist ein Jugendroman der deutschen Bloggerin und Autorin Ava Reed. Veröffentlicht wurde die berührende Geschichte im März 2018 durch den Verlag Ueberreuter. Inhaltlich begleitet der Leser die siebzehnjährige Hannah, die seit dem Verlust ihrer Zwillingsschwester Izzy kein Wort mehr hervor bringt. Hannah ist gefangen in der Stille ihrer Worte. Nur der Kater Mo und die geschriebenen Worte an Izzy, die sie wie ein Ritual verbrennt, geben ihr noch Halt. Als ihre Eltern nicht mehr weiter wissen, schicken sie Hanna nach Sankt Anna, einem Ort für kaputte Dinge. Es soll sich etwas ändern, doch wird der Schmerz je vergessen sein? Und was möchte der fremde Junge Levi von ihr?

Mein Bild:

Ich gebe offen zu, dass ich sowohl Angst als auch Vorfreude verspürte als ich das ansprechende, in blau gehaltene, Hardcover in der Hand hielt. Die ersten Leserstimmen waren sich alle einig, dass die Geschichte berührt und Tränen kullern lässt. Ich bin normalerweise nicht der Mensch, der beim Lesen weint. Mitfiebern ja, aber weinen?
Natürlich wollte ich keine Story, in dem das trauernde Mädchen einen Jungen kennenlernt, der ihr allen Schmerz nimmt und sich beide unendlich ineinander verlieben. Das wäre ein Klischee, davon gibt es genug. Daher bin ich unendlich dankbar, dass die inhaltliche Zeitspanne von wenigen Wochen nicht mit einer puren Liebesgeschichte gefühlt wird.

Über die 312 Seiten lernte ich Hannah kennen. Aus ihrer Ich-Perspektive zeigte sie mir ihren Schmerz, ihre Schuldgefühle und einen Funken, der nur noch schwach leuchtete. Sie ist einfach nicht mehr sie selbst. Wie würde es dir gehen, wenn du deine zweite Hälfte verlierst? Wahrscheinlich genauso wie Hannah. Izzy war ihr Vorbild, ihr Leben, diejenige, die ihr Mut gegeben hat. Und jetzt ist sie weg. Es ist so traurig, dass sich jetzt noch ein Kloß in meinem Hals bildet, wenn ich daran denke.
Hannah ist zudem seit Izzys Tod stumm. Ich kann mich an keine Geschichte erinnern, die ich gelesen habe, in der der Hauptcharakter nicht spricht. Doch Hannah kann es einfach nicht mehr, als hätte sie es verlernt. Ich glaubte ihr, dass die Worte da sind, aber eine Mauer sie umgibt. Es sind keine Gedanken, es sind Worte! Und genau solche Details brachte Ava Reed auf so vielfältige und doch unkomplizierte Weise wieder, ich konnte nicht anders als mitzufühlen.

Trotzdem war Hannahs Loch der Traurigkeit, für mich, von Anfang an kein Loch ohne Boden. Dank dem Kater Mo. Er war das Licht in der Dunkelheit, war genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ich als Leser wiederum froh, dass Hannah nicht ganz allein war. Er sorgte für eine Leichtigkeit, die sich durch das ganze Buch zog, ein Nebendarsteller, den ich sehr lieb gewonnen habe.

Unerwartet traf mich allerdings das Setting. Ich rechnete fest mit einem Internat, doch die Autorin nutzte ihre Freiheiten und verfrachtete Hannah, ebenso wie mich, in die „Natur“ - mehr will aber nicht verraten sein. Eine clevere Idee, denn es lockerte die Stimmung auf.

Damit kam auch die zweite Ich-Perspektive ins Spiel: Levi. Tätowiert, gepierct und geplagt von Zukunftsängsten wirkt er wie ein Standardbeispiel für einen Schüler an einem „Ort für kaputten Dinge“. Doch Levi ist so viel mehr und damit mein Lieblingscharakter. Auf keiner Seite kommt ihm eine Lüge über die Lippen, der Junge ist vom Grundsatz her ehrlich und einfühlsam. Ich finde es beispiellos wie Hannah und Levi zueinander finden:Zwei Puzzleteile unter Tausenden. Zwar war es eingangs ein wenig unbefriedigend nicht zu wissen, was sie zueinander zog, aber es wirkte absolut natürlich und außerdem gefiel es mir, dass Levi Hannah so nahm wie sie war.

Levi war schlussendlich der rote Faden und der Grund für meine Tränen. Er setzte unerbittlich die Informationen um Hannahs „Päckchen“ Stück für Stück zusammen. Ihr Funken wurde dadurch spürbar größer. Eine Hoffnung, die sie sich selbst nicht erlauben wollte. Ich habe sehr mitgefiebert und gehofft, dass sie ihre Mauern einreißen kann.

Doch nicht nur Hannahs Schicksal berührte mich tief, auch das der anderen Schüler von Sankt Anna, die ihr Päckchen zu tragen hatten und damit zurecht kommen müssen.
Zum Schluss stand die passende Botschaft, die sich jeder im Laufe seines Lebens zu Herzen nehmen sollte: Kaputte Dinge kann man nicht einfach reparieren oder so tun als wäre nie etwas passiert, doch man kann aus den alten Dingen Neues erschaffen und die Erinnerung daran bewahren.

Fazit:

Eine hochsensible Geschichte so tiefsinnig ohne schwer zu wirken, so berührend ohne dramatisch zu sein. Für Leser, die Gefühlen statt Worten den Vorzug geben.

Veröffentlicht am 05.04.2018

Geheimnisse machen einen Menschen immer angreifbar

Die Regeln des Schweigens
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Allgemeines:
Die Geschichte um den „Klub“, der Geheimnisse hütet, ist der 2. Jungendroman des deutschen Autors und Fernsehproduzenten Tino Schrödl. Veröffentlicht wurde das Buch 2015 durch den Verlag ueberreuter. ...

Allgemeines:
Die Geschichte um den „Klub“, der Geheimnisse hütet, ist der 2. Jungendroman des deutschen Autors und Fernsehproduzenten Tino Schrödl. Veröffentlicht wurde das Buch 2015 durch den Verlag ueberreuter. Innerhalb der Handlung begleitet der Leser den Jugendlichen Phil, der seinem Schwarm Mona näher kommen möchte. Um sein Ziel zu erreichen, willigt er ein, in einen Klub einzutreten, in dem Mitschüler Geheimnisse sammeln und hüten. Doch er stellt sich im Nachgang mehr Fragen als vorher und wird den Gedanken nicht los, dass die Mitglieder des Klubs etwas vor ihm verheimlichen. Nur was soll das sein? Hat es etwas mit dem Brand in der Schule zu tun?

Mein Bild:
Der Roman fiel mir letztes Jahr bei einem größeren Bücherverkauf in die Hände. Das Cover war mal wieder ausschlaggebend für den Kauf - ein rot - grün geteiltes Bild mit zwei starrenden, gespiegelten Gesichtshälften hatte etwas von einem Thriller. Der Klappentext klang vielversprechend, nur schon mal vorab, dieser könnte gut als Zusammenfassung der halben Geschichte herhalten. Aber ich will mal nicht sooo vorgreifen.

Der Schüler Phil führte mich aus der Ich-Perspektive durch die Handlung. Er ist ein lockerer intelligenter Typ, weder besonders beliebt noch ein Mitläufer. Seine dezente sarkastische Ader machte ihn noch einen Wink sympathischer und dementsprechend leicht kommt der Schreibstil daher. Das Setting ist eine überschaubare Kleinstadt in Deutschland, an sich hätte der Plot überall spielen können, es gibt dahingehend keine originellen Besonderheiten.

Zu Beginn wird der Leser auf einen Brand in Phils Schule aufmerksam gemacht und natürlich ist der Brandstifter unbekannt. Ich brauche jetzt niemanden zu sagen, dass hier schon klar war, dass die Suche des Brandstifters einen Teil der Geschichte darstellen wird. Weiterhin werden der Versuch der unnahbaren Mona näher zu kommen, die Schikane durch seinen Geschichtslehrer Herr Walter, der Klub und dessen undurchdringlichen Mitglieder thematisiert.
Vom Klub selbst habe ich mir wirklich viel versprochen: Eine erbarmungslose Einheit, die Geheimnisse sammelt und ihre Nutzen daraus zieht. Das war zumindest meine Vorstellung. Es schien zunächst auch so, da Phils Aufnahme in den Klub mich wirklich zum Schwitzen brachte, so unangenehm wurde es beschrieben. Aber kurze Zeit später kam die Erkenntnis: Es ist nur ein zusammengewürfelter Haufen von Stereotypen in Form eines reichen Snobs, eines Rebellen, des Mitläufer, einer Prinzessin und so weiter, die zusammen eher wie eine Zwangsgemeinschaft wirken. Und die Geheimnisse? Der Nutzen daraus? Unspektakulär, denn die eiserne Regel besagt: Man mischt sich in nichts ein. Dennoch hat ein Verstoß gegen die Regel keine Konsequenzen. Es fehlt an Aktionismus und Rückgrat. Wahrscheinlich ist das glatt realistisch und ich habe mir einfach zu viel Drama gewünscht...

Phil dachte anscheinend ähnlich wie ich, aber auch er handelt innerhalb der Geschichte kaum. Er stellt die richtigen Fragen: Wie ist die Gruppe entstanden? Warum erzählt keiner etwas? Doch er macht nichts draus, stellt kaum Nachforschungen oder verleiht dem Nachdruck. So dümpelt der Hauptteil nur vor sich hin. Die Nebendarsteller bleiben undurchsichtig, obwohl jeder sein Päckchen zu tragen hat. Es werden Themen wie Armut, Magersucht und Überforderung angesprochen, doch in die Tiefe gehen? Fehlanzeige. Phil hätte mehr Interesse zeigen müssen! Wo wächst der Protagonist bitte über sich hinaus? Was ist mit Freundschaft? Der Klub hängt zwar häufig zusammen, aber es gibt selten Augenblicke, in dem ich an „Stand by me“ dachte.

Umso positiver ist mir das Ende aufgefallen, dass auf den letzten 40 Seiten noch einmal Fahrt aufgenommen wird, zwar weniger aufgrund Phils Handeln, dennoch lösen sich die die Stricke sauber auf und hielten ein kleinen Plot Twist bereit. Übrigens bekam ich durchweg ein gutes „Zeitgefühl“. Egal ob Tage, Wochen oder Monate benannt wurden, ich wusste immer ungefähr wie viel Zeit vom Anfang bis zum aktuellen Zeitpunkt vergangen war. Das hinterließ einen realistischen Eindruck.

Fazit:
Die Geschichte benötigt mehr Rückgrat. Trotzdem rettet ein sauberer Ausgang die Story. Für Leser, die Jugendromane ohne große Dramatik mögen.