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Veröffentlicht am 02.06.2017

Eine ferne Liebe in Kriegszeiten

Die Liebe in diesen Zeiten
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Der Roman ist in 3 Teilen geschrieben (1. Bewahrung, 2. Zermürbung, 3. Wiederherstellung) und erstreckt sich von September 1939 bis Juni 1942. Die Handlung spielt im kriegsgebeutelten London und auf der ...

Der Roman ist in 3 Teilen geschrieben (1. Bewahrung, 2. Zermürbung, 3. Wiederherstellung) und erstreckt sich von September 1939 bis Juni 1942. Die Handlung spielt im kriegsgebeutelten London und auf der Insel Malta, die von britischen Soldaten verteidigt wird.
Als im September 1939 Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, nehmen die Bewohner Londons dies meist gelassen hin. Mary North, aus guter Familie und recht unbedarft, meldet sich voller Euphorie freiwillig für den Kriegsdienst. Entgegen ihrer Erwartungen wird sie „nur“ als Hilfslehrerin eingesetzt und als sie sich bei der Evakuierung der Kinder aufs Land mit ihrer Vorgesetzten überwirft, wird sie als ungeeignet entlassen. Mit ihrem Trotzkopf und einem langen Atem bedrängt sie Tom, der bei der Schulbehörde arbeitet, ihr eine neue Anstellung als Lehrerin zu geben. Tom lässt sich von Mary einwickeln und gibt ihr eine Klasse von Kindern, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder Unzulänglichkeiten auf dem Land nicht aufgenommen und somit in London zurück gelassen wurden. Zu ihnen gehört der kleine, farbige Zachary, dessen Vater in einer Minstrel-Show auftritt. Hilda, Marys Freundin, kann nicht verstehen, dass sich Mary tatsächlich um diese Kinder kümmern und sie unterrichten will. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen Tom und Mary eine Beziehung und so entsteht auch die Idee, sich zu viert zu treffen. Toms Mitbewohner Alistair, der sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatte, soll mit Hilda „verkuppelt“ werden. Doch das Treffen gestaltet sich ganz anders, denn von der ersten Sekunde an, fühlen sich Alistair und Mary unwiderstehlich zueinander hingezogen. Doch Mary hält an Tom fest und Alistair kehrt an die Front zurück. Hilda schreibt Alistair, denn sie hat sich in ihn verliebt. Doch ihr entgeht nicht, dass zwischen Alistair und Mary eine große Anziehungskraft besteht. Das führt nicht nur zu Unstimmigkeiten zwischen Hilda und Mary, sondern überschattet auch die Beziehung von Tom und Mary. Während die Bombardierung von London durch deutsche Kampfflieger beginnt, kümmert sich Mary liebevoll um ihre Schüler und vollzieht eine langsame Wandlung in ihrem Wesen. Von Blitzkrieg ist in der Bevölkerung nun keine Rede mehr und die Flucht in die Schutzkeller, der Fliegeralarm und das Rationieren von Lebensmitteln gehören mit der Zeit zum Alltag. Nur an Marys Familie scheint dies spurlos vorüberzugehen. Ihr Vater kümmert sich um Sitzungen im Ministerium und ihre Mutter versucht den guten Ruf der Familie zu wahren, was nicht ganz leicht ist, wenn die Tochter sich nicht standesgemäß verliebt und verhält. Dann schlägt das Schicksal gnadenlos zu, nimmt Mary während einer Theateraufführung geliebte Menschen und sie erleidet ein schweres Trauma.
In einer ganz anderen Situation findet sich Alistair auf der kargen Insel Malta wieder, wo er sich nicht nur auf die Belagerung durch die deutschen Truppen einstellen, sondern stets als Vorbild für seine Untergebenen stark sein muss. Er kämpft gegen Hunger, Tod, Hass, Verletzungen und den Unwillen der Malteser. Trotz der Grausamkeit des Krieges versucht er, sich seine Nächstenliebe und Menschlichkeit zu bewahren. Nicht zuletzt hilft ihm auch der Briefwechsel mit Mary, den die beiden heimlich angefangen haben.
In seiner Geschichte um Mary, ihre Freundin Hilda, Tom und seinen Freund Alistair verbindet Chris Cleave eine sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte mit dem Drama des 2. Weltkriegs, der über London und auf Malta wütet. Das Augenmerk des Autors liegt dabei mehr auf dem Kriegsgeschehen und dessen Auswirkungen auf die Menschen und deren Beziehungen, als auf eine Liebesgeschichte bzw. Dreiecksbeziehung, wie der Covertext vermuten lässt. Dabei zieht er den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite gekonnt durch, so dass der Leser sich weder dem Geschehen noch den Personen entziehen kann. Es entwickelt sich ein intensiver Roman, der die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung aber vor allem auf die Soldaten in dieser zerstörerischen und grausamen Zeit beschreibt. Der gefühlvolle Schreibstil ist mit feinem Humor – vor allem in den Dialogen – durchsetzt und die Erzählweise wird von Seite zu Seite plastischer und beschwört Bilder von Zerstörung, Hass, Verlust, Angst, aber auch Kameradschaft, Freundschaft und Liebe herauf. Zudem befasst sich Chris Cleave auch mit dem Rassenproblem und Marys Morphium-Missbrauch, der durchaus nachvollziehbar, aber dadurch nicht weniger schlimm ist. Hier begegnen sich Mensch, die in Friedenszeiten gar nichts gemeinsam haben und wachsen – wie Mary und Alistair – über sich hinaus. Überhaupt sind die Charaktere im Buch interessant und lebhaft beschrieben und ihre Handlungen nachvollziehbar. Nur Tom bleibt etwas blass im Hintergrund. Wie sich ständige Alarmbereitschaft, die Bombardierung durch die deutsche Streitmacht, die Belagerung durch den Feind und Hunger aufgrund der Lebensmittelknappheit auf die menschliche Psyche auswirken, wird eindrucksvoll geschildert und wirkt sehr bedrückend. Dazu passt das Zitat ganz hervorragend: „Zentausende waren gestorben, und wer übrigblieb, war krank vor Elend. Dies war eine Eigenschaft des Krieges, vor der einen niemand warnte: dass der Tod die Krankheit der Lebenden war, ein Gift, das sich im Körper sammelte.“ (Seite 342 vorletzter Abschnitt) Am besten gefällt mir die Veränderung von Mary, die als verwöhnte Tochter aus gutem Hause sich gegen ihre Eltern durchsetzt und als Lehrerin ihr Herz für ausgegrenzte Kinder entdeckt. Gerade Zachary steht sie liebevoll zur Seite und das bewundere ich an ihr. Zu jener Zeit war ihr Verhalten undenkbar, vor allem da ihr Vater ungeachtet des Krieges seine politische Karriere unterstützt von Marys Mutter vorantreibt. Marys Mutter stellt für mich die typische Frau von Stand dar, die sich um Haus, Kinder und die Karriere ihres Mannes kümmert und dabei nicht über den Tellerrand blicken kann oder will. Es scheint, als ginge der Krieg spurlos an ihr vorüber. Alistair steht im Gegensatz zu Tom mit beiden Beinen im Leben und versucht, sich sein Mitgefühl und seine Werte auch in den schwierigsten Situationen zu bewahren. Die zarte Liebe zwischen Mary und Alistair steht für mich für die Hoffnung, dass auch in den schlimmsten Ruinen etwas Schönes und Großartiges entstehen kann. Dazu passt auch das Cover mit dem Bild eines zerstörten Gebäudes und der elegant gekleideten Frau im Vordergrund, die auf einen Briefkasten zugeht. Der Titel „Die Liebe in diesen Zeiten“ finde ich etwas holprig. Das Ende des Buches finde ich besonders gelungen. Ein klassisches Happy End wäre für mich unpassend gewesen und auch nicht glaubwürdig.
Insgesamt finde ich das Buch gelungen und es hat mir viele schöne Lesestunden beschert. Die geschichtlichen Fakten zum Krieg in London waren mir bisher unbekannt und daher finde ich den Roman sehr spannend, aber auch die Schilderungen der Verstümmelungen und das Leid der Bevölkerung und der Soldaten wirklich beängstigend. Die Liebesgeschichte zwischen Mary und Alistair ist dabei etwas in den Hintergrund geraten, was ich schade finde. Da hatte ich einfach etwas mehr erwartet.

Veröffentlicht am 04.05.2017

Der Zwillingsmacher

Der Näher
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In Gummersbach werden die beiden schwangeren Frauen, Sandra Galinski und Thea Klein vermisst. Der Fallanalytiker Martin Abel aus Stuttgart wird zur Unterstützung der dortigen Polizei mit dem Fall beauftragt ...

In Gummersbach werden die beiden schwangeren Frauen, Sandra Galinski und Thea Klein vermisst. Der Fallanalytiker Martin Abel aus Stuttgart wird zur Unterstützung der dortigen Polizei mit dem Fall beauftragt – sehr zum Leidwesen des unsympathischen und ignoranten Kommissar Borchert. Abels neue Kollegen haben die beiden Fälle schon fast zu den Akten gelegt, da von beiden Frauen Abschiedsbriefe vorliegen. Sie stehen dem Fallanalytiker recht feindselig gegenüber, was durch Borchert noch geschürt wird. Doch Martin Abel ist sehr hartnäckig und glaubt nicht an eine so einfache Lösung. Als schließlich eine junge Joggerin im Wald von einem Radfahrer verfolgt wird und bei ihrer Flucht in eine Grube fällt, bekommt die Geschichte eine entscheidende und brutale Wendung. In der Grube befindet sich die einbetonierte Leiche einer jungen Frau mit ihrem neugeborenen Kind auf dem Arm. Nun kann auch Abels neuer „Vorgesetzter“ Borchert die Vermisstenfälle nicht mehr ignorieren. Die pfiffige Polizistin Doris Stange unterstützt Abel tatkräftig und setzt sich zum Teil über Borcherts Anweisungen hinweg. Dennoch erweisen sich die Ermittlungen für ihn als sehr schwierig und nur seinem Geschick, sich in Täter hineinzuversetzen, ist es zu verdanken, dass er schließlich dem brutalen Entführer und Mörder näher kommt.
„Der Näher“ von Stefan Löffler ist nichts für Leser mit schwachen Nerven. Wer jedoch gut und schlüssig konstruierte und hochspannend geschriebene Thriller mag, erlebt mit diesem Buch viele aufregende und gruselige Lesestunden mit Gänsehaut und Schockmomenten. Stefan Löffler lässt in seinem Thriller den Näher selbst zu Wort kommen und so erfährt der Leser immer mehr über dessen verkorkste Kindheit, seine kranken Phantasien und seine dunkle Seele. Trotzdem verrät er nie so viel, dass der Leser der Lösung des Rätsels schnell näher kommt. Stattdessen wird das Grauen immer greifbarer und es kommt zu vielen Wendungen und der Leser wird oft in die Irre geführt. So ist für mich das Ende eine große Überraschung gewesen und hat die Geschichte noch besonders bizarr gemacht.
Die beiden vorigen Fälle „Blutsommer“ und „Blutdämmerung“ mit Martin Abel habe ich zwar nicht gelesen, doch ich bin mit dem dritten Teil „Der Näher“ ganz gut klargekommen und habe mich bald eingelesen. Die brutalen und plastischen Details und Beschreibungen der Taten haben mir hin und wieder das Blut in den Adern gefrieren lassen. Unfassbar sind für mich auch die Abgründe, in denen sich der Näher bewegt und wie verdreht seine „Ziele“ sind. Dass sich der Autor auf ein seltenes medizinisches Phänomen, das durch Fachliteratur belegt ist, bezieht, macht die Verbrechen noch intensiver und schauriger, sind sie nicht ausschließlich seiner Fantasie entsprungen. Etwas weniger Blut und Grausamkeit hätte mir auch gereicht, denn als Mutter, konnte ich mich sehr gut in die Opfer hineinfühlen und das machte das Lesen stellenweise schwer. Die Sprache des Autors ist sehr intensiv und zieht den Leser geradezu ins Geschehen mit hinein. Und der Spannungsbogen flacht nie ab, im Gegenteil, denn er erhöht sich am Ende noch einmal gewaltig.
Bei der Punktevergabe habe ich mir schwer getan, denn die blutigen Vergehen an den schwangeren Frauen haben mich doch sehr beschäftigt. Nun muss ich mich aber entscheiden und deshalb ziehe ich einen Punkt dafür ab.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Figuren
  • Atmosphäre
  • Spannung
Veröffentlicht am 21.03.2017

Mord unter hochkarätigen Patienten auf Entzug

Mord auf Entzug
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Der Leiter der Entzugsklinik Katharsis wurde ermordet. Diese Meldung schlägt ein wie eine Bombe, denn in der Klinik werden Promis inkognito behandelt. Deshalb ist bei den Ermittlungen entsprechendes Fingerspitzengefühl ...

Der Leiter der Entzugsklinik Katharsis wurde ermordet. Diese Meldung schlägt ein wie eine Bombe, denn in der Klinik werden Promis inkognito behandelt. Deshalb ist bei den Ermittlungen entsprechendes Fingerspitzengefühl gefordert. Die bisweilen bissige und eigenwillige Kommissarin Irene Rosen übernimmt den Fall samt neuem „Partner“ Polizeianwärter Andrea Popolo. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, denn Popolo ist ein ernster Mann und versteht die schrägen und bissigen Witze seiner Chefin Rosen meist nicht. Doch im Laufe der Ermittlungen beginnen sich Rosen und Popolo zu ergänzen. Allerdings unterlaufen Rosen ein paar recht dumme Fehler, bis sie zu ihrer eigentlichen Höchstform aufläuft. Die exzentrischen Promis, die unter Pseudonymen wie Rotkäppchen etc. im Katharsis logieren, scheinen über den Tod des Klinikleiters nicht besonders erschüttert zu sein und machen sich Sorgen, um ihre Anonymität während der Ermittlungen. Allen voran Lola Ries, einst gefeierte Schauspielerin und nun alternde Diva, erschweren durch Verweigerung ihrer Mitarbeit die Aufklärung des Mordes. Kommissarin Rosen kommt einfach nicht an sie heran. Da hat sie eine zündende Idee: Andrea Popolo soll als verwöhnter Mafioso-Sohn im Katharsis einchecken und sich mit den anderen Patienten „anfreunden“, um somit undercover zu ermitteln. Letztlich tritt er als reicher, italienischer Industriellensohn auf und hat anfangs Mühe, sich in seine Rolle einzufinden. Doch dank seiner großartigen Recherche über sämtliche Patienten der Klinik im Vorfeld und seiner Verehrung von Lola Ries und Tommy Martin, dem abgestürzten Popsänger, gewinnt er schnell das Vertrauen der empfindlichen Prominenten.
Mir gefiel dieser witzige, bissige, spitzzüngige Krimi ganz gut und habe ihn fast in einem Rutsch gelesen. Die überspitzte Darstellung der Promis im Katharsis weißt Parallelen zu lebenden bzw. ehemaligen Promis unserer Zeit auf. Lola Ries erinnert mich stark an Liz Taylor, die für mich immer etwas divenhaftes hatte und sehr um die Aufmerksamkeit ihres Publikums bedacht war. Die Macke der hochkarätigen Patienten, sich mit einem Pseudonym wie „Schneewittchen“ ansprechen zu lassen und auch darauf zu bestehen, ist lächerlich und gibt dem Krimi noch eine ganz besondere Würze. Einzig der Thriller-Autor bleibt recht blass und mir war relativ schnell klar, dass er nicht wirklich ein Suchtproblem hat. Die beiden gegensätzlichen Charaktere Irene Rosen und Andrea Popolo – der Witz mit dem „ch“ am Ende seines Namens hat mich lauf auflachen lassen – machen den Krimi sehr lebendig und unterhaltsam. Dabei kommt die Spannung aber nicht zu kurz, denn es hat schließlich einen Toten gegeben. Die Aufklärung des Mordes übernimmt letztlich Irene Rosen im Alleingang, denn Andrea Popolo ist zu sehr mit seinen Idolen beschäftigt. Man muss ihm zu Gute halten, dass er deren Vertrauen gewonnen hat und somit die Ermittlungen indirekt vorangebracht hat. Er hat Potential, das er sicherlich entwickelt, wenn der Autor ihn lässt. Bis zuletzt tauchten immer wieder verschiedenste Motive auf und ich war hin- und hergerissen, wer denn nun den Mord begangen haben könnte. Ich lag jedes Mal falsch. Der Schreibstil ist locker und leicht zu verstehen. Die Scherze haben Biss und machen gute Laune. Lacher garantiert! Dieser Krimi ist genau richtig für einen gemütlichen, spannenden Leseabend. Ich bin gespannt, ob es einen weiteren Fall für Rosen und Popolo geben wird.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Krimiautor wird selbst zum Opfer

Bitterer Calvados
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Kommissar Leblanc und seine Assistentin haben alle Hände voll zu tun: zuerst sollen sie für eine Lesung während des Krimifestivals “Mord am Meer” ihr Büro räumen, Leblancs Mutter droht der Rausschmiss ...

Kommissar Leblanc und seine Assistentin haben alle Hände voll zu tun: zuerst sollen sie für eine Lesung während des Krimifestivals “Mord am Meer” ihr Büro räumen, Leblancs Mutter droht der Rausschmiss bei ihrer Schwester und es ist zu befürchten, dass sie bei Leblanc einziehen will und dann kommt ihnen auch noch ein Mord dazwischen. Der berühmte, erfolgreichen und gutaussehende Krimischriftsteller Jean-Paul Picard (JPP) wird selbst zum Opfer: er wurde mit Calvados vergiftet. Im Laufe der Zeit wird immer klarer, dass JPP ein sehr unsympathischer Zeitgenosse war und vor allem die Frauen, die seinen Weg kreuzten, schlecht behandelte. Somit haben eine Menge Personen in seinem Umfeld ein mögliches Motiv, ihn aus dem Weg zu schaffen.
Die Nachforschungen zu JPPs Leben fördern unglaubliche Betrügereien zutage und zudem ist auffällig, dass seine erste Frau starb und seine zweite bereits seit vielen Jahren von ihm entmündigt in einer psychiatrischen Einrichtung lebt.
Während Leblanc ermittelt, will seine 70jährige Mutter die vierte Frau eines wesentlich jüngeren Afrikaners werden. Was für Leblanc zuerst undenkbar ist, wird für ihn zum Glücksfall. Er muss sich nicht um seine Mutter kümmern und kann weiter seinen Schwärmereien für die junge Liliane nachgehen. Kommissar Leblanc ist mir sympathisch, wenn mir auch seine „Beziehungen“ zu Frauen im Allgemeinen und zu Liliane und Marie Rätsel aufgeben. Er kommt dennoch ganz liebenswert, aber auch etwas brav rüber. JPP ist das genaue Gegenteil und er hat keine wirklich schönen Wesenszüge an sich. Er ist also ein sehr klar abgegrenzter „Gegenspieler“ von Leblanc.
Das Cover gaukelt eine Idylle vor, die während des Lesens aber zu bröckeln beginnt. Im Laufe der Ermittlungen tauchen immer neue Fährten und Verdächtige auf. Meist verlaufen sie jedoch im Sande und Leblanc steht wieder am Anfang. Vom Spannungsbogen her, ist der Autorin ein wirklich guter Krimi gelungen. Die Auflösung des Falles macht ihn noch einmal richtig spannend und es bleiben keine Fragen offen. Der Schreibstil der Autorin ist ganz unterhaltsam und liest sich wunderbar leicht. Die Geschichte kommt etwas leise daher und die Beziehungen der Charaktere untereinander spielen dabei eine genauso große Rolle, wie die Landschaft, doch es ist stimmig und das Lesen macht Spaß. Ein schöner französischer Krimi!

Veröffentlicht am 25.10.2016

Das Schicksal bestimmt das Leben

Cooper
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In einer teilweise sehr nüchternen und unpersönlichen Sprache erzählt der Autor die Geschichte einer Familie mit den Eltern Lisa und Jakob und den Töchtern Carlotta und Nora. Dadurch entsteht der Eindruck, ...

In einer teilweise sehr nüchternen und unpersönlichen Sprache erzählt der Autor die Geschichte einer Familie mit den Eltern Lisa und Jakob und den Töchtern Carlotta und Nora. Dadurch entsteht der Eindruck, dass es sich um jede x-beliebige Familie handeln könnte. Doch dann bringt er Gedanken über das Schicksal und ein inneres Dossier eines jeden Menschen ein und schon ändert sich die Geschichte.
Lisa und Jakob haben sich ein Wochenendhaus gekauft und fahren mit ihren Töchtern dort hin. An einer verlassenen und heruntergekommenen Tankstelle finden die Mädchen eine schwarze Katze und Jakob trifft auf einen seltsamen Jungen. Dies ist der Beginn eines Unheils, das nun über die Familie kommt und bei dem das Schicksal die Spielregeln bestimmt. Dabei hat der Jungen meiner Meinung nach gar keinen Anteil und die schwarze Katze stellt ein Sinnbild für Unheil dar. Daher finde ich den Klappentext etwas irreführend.

Dieser Roman lässt dem Leser die Gelegenheit zur Interpretation der philosophischen Zeilen über das Leben, die Menschen, das Schicksal und das innere Dossier eines Jeden, das nichts vergisst, zwischen der eigentlichen Geschichte. Denn gäbe es diese Andeutungen und Metaphern nicht, wäre die Geschichte einer Familie schnell erzählt. Der Autor erzeugt eine ganz eigene Dynamik und Spannung mit seinen Vergleichen, z.B. dass die vier Familienmitglieder wie Kugeln auf einem Tuch hin und her rollen, sich aneinander reiben, jeder für sich ein Individuum darstellt und es doch ein Zusammenspiel gibt. Neben dem Schicksal, das über die ganze Familie hereinbricht, steht ein Mann Namens Cooper, der Lisa bei sich aufnimmt, für Klarheit. Er nimmt das Leben so wie es kommt, ist sich seiner Sterblichkeit bewusst und hadert nicht mit den Unwägbarkeiten, auf die er nur geringen Einfluss hat.

Die Tankstelle im Nebel auf dem Cover fängt die Stimmung des ganzen Buches wunderbar ein. Vieles liegt im Unklaren und wird vom Autor nur angedeutet. Letztlich läuft alles darauf hinaus, dass die Familie ihrem Schicksal nicht entkommen konnte. Der Titel bezieht sich auf einen Mann namens Cooper, der erst spät in der Geschichte auftaucht.

Dies ist kein Buch, das einfach mal schnell durchgelesen werden sollte. Der Leser sollte sich seine persönlichen Gedanken und Erfahrungen bewusst machen. Ich habe das Buch immer wieder zur Seite gelegt und ganz langsam gelesen. Denn es steht so viel zwischen den Zeilen und ist auch durch die bildliche Sprache sehr intensiv in meinem Gedächtnis geblieben. Die Idee, dass der Mensch nur begrenzte Möglichkeiten hat, in sein Schicksal einzugreifen, hat mich sehr nachdenklich zurückgelassen.