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Veröffentlicht am 30.04.2019

Wenn Schönheit zur Gefahr wird

Und ewig sollst du schweigen
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Im Ungeheuersee in der Pfalz wird bei einer Feuerwehrübung ein Auto aus dem See geborgen. Zum Entsetzen der Einsatzkräfte befindet sich eine stark entstellte Frauenleiche im Fahrzeug. Kriminalhauptkommissarin ...

Im Ungeheuersee in der Pfalz wird bei einer Feuerwehrübung ein Auto aus dem See geborgen. Zum Entsetzen der Einsatzkräfte befindet sich eine stark entstellte Frauenleiche im Fahrzeug. Kriminalhauptkommissarin Emma Hansen wird zum See gerufen und sie nimmt mit ihrem Kollegen Matthias die Ermittlungen auf. Recht schnell stellt Emma fest, dass es sich bei der Toten um die Erzieherin ihres Sohnes Luiz handelt. Zudem erinnert sie die Tote an eine ähnlich entstellte Frauenleiche, die vor einiger Zeit gefunden wurde. Während Emma und Matthias nach dem Täter suchen und verschiedenen Spuren folgen, geht es in ihrem Privatleben ebenfalls turbulent zu. Matthias trauert immer noch um seine verstorbene Frau und Emma fühlt sich zu einem Kollegen aus Dänemark hingezogen.
Vorweg möchte ich anmerken, dass ich Band 1 – 4 um Emma Hansen bisher nicht gelesen habe. Doch der Einstieg in die 5. Folge fiel mir nicht schwer. Jörg Böhm hat das Privatleben von Emma Hansen zu Anfang recht ausführlich behandelt. Mir war es etwas zu viel, denn ich musste lange auf die Szene des Klappentextes warten. Allerdings war das Lesen bis dahin nicht langweilig, da auch die späteren Verdächtigen bereits Einzug ins Geschehen hielten. Die Spannung nahm im zweiten Teil des Buches merklich zu und damit auch die vielen Fährten, die so manches Mal ins Leere führten. Jörg Böhm hat den Leser ganz schön an der Nase herumgeführt, bevor er zum Schluss die verschiedenen Handlungssträng zueinander geführt hat. Die Entlarvung des Täters war für mich eine große und gekonnt inszenierte Überraschung! Seinem flüssigen und eindringlichen Schreibstil konnte ich leicht folgen und durch den Aufbau des Krimis konnte ich mich gut in die handelnden Personen hineinversetzen. Die Charaktere sind so gut herausgearbeitet, dass ich sie mir bildlich vorstellen konnte. Auch wenn die Denkweise des Täters noch so verquer zu sein scheint, kann ich mir gut vorstellen, dass seine Motive gar nicht mal so selten in der Realität zu ähnlichen tödlichen Verstrickungen führen können. Damit fehlt es dem Plot also nicht an Glaubwürdigkeit und wenn auch die Spannung auf sich warten ließ, hat sich der Spannungsbogen zum Schluss erheblich gesteigert. Letztlich ist Jörg Böhm ein spannender und glaubwürdiger Krimi gelungen, der ein großes Augenmerk auf das Privatleben der Protagonisten legt.

Veröffentlicht am 18.04.2019

Ein "Thriller" mit einem spannenden Thema

Die Wiege der Schuld
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Als der Adrenalinjunkie und Fallschirmspringer Marc Steinfäller nach einem Autounfall im Krankenhaus untersucht wird, staunen die Mediziner nicht schlecht. In seinem Brustkorb befinden sich ausgeheilte ...

Als der Adrenalinjunkie und Fallschirmspringer Marc Steinfäller nach einem Autounfall im Krankenhaus untersucht wird, staunen die Mediziner nicht schlecht. In seinem Brustkorb befinden sich ausgeheilte Knochenbrüche, die er unmöglich überlebt haben kann. Zudem zeigen die Aufnahmen seiner Brust, dass diese Heilung vor langer Zeit erfolgt sein muss – also älter sind als er selbst. Trotz seiner Trauer um seine Frau/Freundin Biggy, die beim Unfall starb, packt Marc die Neugier. Er möchte dem Rätsel seiner „alten“ Verletzung auf den Grund gehen und er lässt sich vom Psychologen Santori in Hypnose versetzen. Dabei kommt er einem noch viel größeren Rätsel auf die Spur, das ihn nach Schottland und weit in die Vergangenheit führt.
Mit Marc Steinfällers Sarkasmus und seinem Gerede vom Schicksal musste ich mich erst anfreunden. Anfangs ging er mir ziemlich auf die Nerven, denn er vertrat die Ansicht, er würde sterben, würde er das Schicksal nicht immer wieder aufs Neue herausfordern. Marc wird im Laufe der Zeit ganz schön vom Schicksal herausgefordert und gebeutelt. Mit der Zeit konnte ich mich in Marcs Situation hineinversetzen und am Ende des Buches wurde auch deutlich, was ihn zu seiner Einstellung brachte. Überhaupt finden sich in der Geschichte ganz interessante Charaktere, die nicht immer leicht zu verstehen sind. So sind z.B. die Unterhaltungen der Krankenschwestern mal lustig und mal dunkel vor schwarzem Humor. Dieser Berufsgruppe tut es sicherlich gut, nicht alles so ernst zu nehmen. Der Aufbau und die Einführung der verschiedenen Personen zu Anfang des Buches haben mir gut gefallen und auch die Spannung schlich sich ganz langsam, aber auch unheimlich in die Zeilen ein. Die Leseabschnitte waren gut gewählt, dass ich nicht aufhören wollte zu lesen und recht schnell zu den nächsten Seiten übergegangen bin. Marcs Rückführungen unter Hypnose hat der Autor absolut gelungen geschildert und werfen neue Fragen auf. Die Spannung reißt nie ab und ich bin froh, dass auch die Charaktere ihre Ecken und Kanten hatten. Mit dem Schreibstil bin ich prima zurechtgekommen. Auch die teils mystisch anmutenden Elemente der Geschichte in homöopathischer Dosis fügten sich gut ein. Erwähnen möchte ich zudem noch, dass mir der bissige, bisweilen rabenschwarze Humor in der Geschichte sehr gut gefallen hat. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber ich kann damit gut umgehen. Die Beschreibung der schottischen Landschaft hat mich so angesprochen, dass mein Wunsch, das Land zu bereisen, jetzt noch größer geworden ist.
Das Buch stellt sich der Frage, ob wir mit all unserem Wissen sämtliche Rätsel dieser Welt lösen können. Über das Genre Thriller lässt sich hier streiten. Ich halte es eher für einen tiefgründigen Krimi mit interessanten Charakteren und meist schlüssigen Handlungen und Wendungen.
Schade finde ich, dass Ungereimtheiten und lose Enden in der Geschichte das Buch nicht ganz rund machen. Deshalb vergebe ich gute 3 Punkt – 3 ½ sind ja nicht möglich.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Kulturunterschiede und Vorurteile

Dönerröschen
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In diesem überspitzt geschriebenen Roman geht es um den 16jährigen Jonas, der aus Oberhaching ins „Münchner Ghetto“ nach Neuperlach gezogen ist. Es war nicht seine Entscheidung, sondern die seiner Eltern ...

In diesem überspitzt geschriebenen Roman geht es um den 16jährigen Jonas, der aus Oberhaching ins „Münchner Ghetto“ nach Neuperlach gezogen ist. Es war nicht seine Entscheidung, sondern die seiner Eltern und er ist alles andere als glücklich darüber. Mit von der Partie ist auch der Mops mit dem großartigen Namen Napoleon. Wenigstens gibt es in Neuperlach einen Bolzplatz – auf dem tummeln sich aber hauptsächlich türkische Jungs. Einzig Schnauze, der zwar aus Franken kommt, aber sich der vermeintlichen Ghettosprache bedient, sticht aus der Gruppe heraus. Dann ist da noch Sibel, ein hübsches, türkisches Mädel, in das sich Jonas verliebt. Wenn da nur nicht diese Vorurteile gegenüber türkischen Familien wären. In der Presse ist von so oft von Familienmorden etc. zu lesen und bald schon macht sich Jonas deswegen total verrückt.
Das Buch lässt sich recht leicht und schnell lesen, aber mit der Sprache hatte ich so meine Probleme. Mit Jonas wurde ich nicht richtig warm und ich tat mir schwer an der Geschichte dran zu bleiben. Natürlich gibt es ganz lustige Situationen, doch mir wurde es bald zu viel. Ich muss zugeben, dass ich das Buch nicht bis zum Ende gelesen habe. Es war mir einfach zu viel an Vorurteilen, Klischees und ich konnte mich mit niemandem in der Geschichte richtig anfreunden. Die Idee mit einer Liebesgeschichte unter Jugendlichen über zwei Kulturkreise hinweg war ganz gut, jedoch die Umsetzung meines Erachtens nicht sonderlich gelungen.

Veröffentlicht am 08.03.2019

Kurzweiliger, stimmungsvoller Piemont-Krimi

Lago Mortale
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August am Lago D’Orta: Es ist drückend heiß und viele Menschen suchen Abkühlung im See. Simon Strasser, ehemals Polizei- und Gerichtsreporter, hat sich in den kleinen Ort Ronco zurückgezogen. Ausgerechnet ...

August am Lago D’Orta: Es ist drückend heiß und viele Menschen suchen Abkühlung im See. Simon Strasser, ehemals Polizei- und Gerichtsreporter, hat sich in den kleinen Ort Ronco zurückgezogen. Ausgerechnet bei einer gemütlichen Tasse Cappuccino auf seiner Terrasse beobachtet er eine führerlose Segelyacht. Als er mit seinem Kajak näher kommt und schließlich das Segelboot betritt, entdeckt er die Leiche des bekannten Unternehmersohnes Marco Zanetti. Von seinem Instinkt geleitet beginnt er selbst, Ermittlungen anzustellen und stößt auf gut gehütete Geheimnisse und Familientraditionen, die um jeden Preis gewahrt werden müssen. Die tatkräftige Maresciallo Carla Moretti bezieht ihn zunächst in die Ermittlungen ein, doch bald schon werden ihr Simons Alleingänge zu viel.
„La famiglia è sacra per noi.“ ist nicht nur der Werbeslogan der Familie Zanetti, sondern wird auch von den Familienmitgliedern gelebt. Dieser Satz hat sich mir richtig ins Gedächtnis gebrannt. Er passt so gut zum Plot von „Lago Mortale“ und steht für den Wert der italienischen Familie, aber auch für falsche Loyalität und engstirniges Denken, das zu großem Unglück bis hin zum Tod führen kann.
Simon hat einen recht eigenwilligen Charakter, wobei er nicht unsympathisch, sondern eher gewöhnungsbedürftig ist. Die Konstellation mit seiner Ziehtochter unter einem Dach und einer italienischen Freundin in Frankfurt passt da herrlich ins Bild des sperrigen und im menschlichen Umgang eher zurückhaltenden Journalisten Simon.
Die wundervolle, bildlichen Landschafts- und Ortsbeschreibungen machen sofort Lust auf einen Urlaub in Italien. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Autorin ihre bildhaften, schönen Beschreibungen in einem Roman sehr gut einsetzen könnte. Ihre Reiseberichte sind bestimmt wunderbar zu lesen und machen Lust auf das jeweilige Land. In diesem Krimi tritt das für meinen Geschmack etwas zu sehr in den Vordergrund und der eigentliche Krimi damit in den Hintergrund, was sehr schade ist. Simon Strasser mit seiner Intuition und seinen Alleingängen gefällt mir durchaus und er hat Potential. Allerdings bleibt er bisher oberflächlich und für mich zu wenig greifbar. Sein Wesen ist recht wechselhaft und ich wünsche mir für seinen 2. Fall, dass er sich weiterentwickelt und seine Person mehr Tiefe bekommt. Auf den letzten 50 Seiten nimmt die Geschichte endlich Fahrt auf und gewinnt an Spannung. Ich finde es schade, dass erst so spät wirklich Bewegung in den ganzen Plot kommt. Das Ende ist gelungen und hat mich überzeugt, auch noch den nächsten Teil mit Simon Strasser und der kühlen Carla Moretti zu lesen. Ich hoffe sehr, dass Giulia Conti dann etwas früher auf Spannungsmomente setzt.

Veröffentlicht am 15.02.2019

Wenn gleichgeschlechtliche Liebe verboten ist

Allein unter seinesgleichen
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Wie sähe Deutschland aus, hätte Hitler den Krieg gewonnen? Der Autor Christian Kurz hat darauf eine Antwort und diese in einen bedrückenden Roman gepackt.
Im Großdeutschen Reich gibt es zwar keinen Hitler ...

Wie sähe Deutschland aus, hätte Hitler den Krieg gewonnen? Der Autor Christian Kurz hat darauf eine Antwort und diese in einen bedrückenden Roman gepackt.
Im Großdeutschen Reich gibt es zwar keinen Hitler mehr, aber seine Ideologien leben weiter. Die Partei vertritt die einzig gültige Wahrheit und sie steckt ganz enge Grenzen für sämtliche Mitbürger. Die Menschen haben zu funktionieren und nichts zu hinterfragen, das Gedankengut der Partei sieht keine Schwulen vor bzw. hat diese angeblich gänzlich ausgerottet. Doch im Geheimen gibt es diese Männer sehr wohl, auch wenn sie damit täglich ihr Leben riskieren. Sei es der kleine Autor Karl, der heimlich Geschichten für und über Männerliebe schreibt oder der Drucker, der sie als so genannte Winkel-Literatur herausgibt. Der junge Wolfgang lebt in diesem streng reglementierten Reich und wundert sich, dass er sich zu seinem Mitschüler und Kumpel Nils hingezogen fühlt. Doch er kann mit niemanden darüber reden und wird sich erst über seine „Neigung“ bewusst, als er bei seinem Lehrherrn, einem Buchhändler, auf Schwulenmagazine aufmerksam wird. Auch wenn er nun weiß, dass es noch mehr Männer gibt, die sich zueinander hingezogen fühlen, so packt ihn die Angst, denn sein Leben steht auf dem Spiel. Die Staatspolizei verbreitet Angst und Schrecken und ein selbstbestimmtes Leben ist für niemanden unter diesem System möglich.
Was wäre, wenn …? Dieser zentralen Frage geht Christian Kurz mit einer sehr derben, obszönen Sprache und ohne große Gefühle nach. Das war zunächst ganz ungewohnt für mich und ließ mich zweifeln, ob ich auf Dauer damit klar kommen würde. In einem System, das die Menschen im Allgemeinen und „Nicht-Arier“ im Besonderen nur verachtet und in ihrer Lebensweise einschränkt und jede Kleinigkeit maßregelt, kann die Sprache wohl kaum liebevoll sein. Es ist erschreckend, wie die Welt nach einem Sieg Hitlers aussehen würde. Lebenswert? Wohl kaum! Als ich das für mich begriffen habe, kam ich auch mit der Sprache besser klar. Womit ich allerdings immer wieder meine Schwierigkeiten hatte, waren die gebetsmühlenartigen Wiederholungen von Gedanken und Bedenken bzgl. der Vorgaben der Partei. Das unterbricht den Lesefluss und langweilt auf Dauer.
Der Schreibstil kam mir manchmal sehr unbeholfen vor und die Rechtschreib- und Grammatikfehler fielen mir unangenehm auf. Mit der Zeit habe ich mich jedoch auf die Geschichte eingelassen und die Charaktere nahmen immer mehr Gestalt an, wurden glaubhaft und verdienten sich immer mehr mein Mitgefühl. Vor allem mit Wolfgang konnte ich mich anfreunden. Wie muss es für diesen jungen Mann sein, wenn er feststellt, dass er keine Chance hat, sich in diesem Reich zu entfalten? Der keine Zukunft für sich in Großdeutschland sieht und sich nicht einmal seinen Eltern anvertrauen kann? Und Karl, der in eine prekäre Situation gerät und unter Druck gesetzt wird? Wie sehr kann sich ein Mensch verbiegen und selbst verleugnen, bis er daran zerbricht? Die Entwicklung, die Wolfgang im Laufe des Romans durchmacht, ist schön zu beobachten, absolut nachvollziehbar und gibt ein wenig Hoffnung. Als in einem von Karl geschriebenen Werk eine Alternativwelt, angelehnt an unsere, auftaucht, wird erst das Ausmaß der Schreckensherrschaft sicht- und spürbar. Die Vorstellung, dass Hitler den Krieg gewonnen hat und sein „Lebenswerk“ fortgeführt wird, ist beängstigend. Großdeutschland, D-S-A, Deutsch als Weltsprache und die Verbreitung der alleinigen Wahrheit der Partei stehen hier im Mittelpunkt. Erschreckend ist zudem der Drill in der Kompanie und wie die Kadetten einen Mann auf Befehl totschlagen als wäre er ein Stück Holz. Die Menschlichkeit kommt hier völlig abhanden und das Denken wird den Menschen sowieso abgenommen. Für mich eine absolute Horrorvorstellung! Immer mehr zeigt sich, was passiert, wenn die Mächtigen den Untergebenen ein Leben vorgeben und alles verbieten, was ihnen nicht in den Kram passt. Volkslieder, die langweilig und abgedroschen sind; immer gleiche Handlungen in Heimatfilmen; Verachtung für jegliche andere Lebenseinstellung; absolute Gleichheit und Hörigkeit der Partei gegenüber; Einschränkungen, Reglementierungen und eine einzige Kultur; Auslöschen der Vergangenheit, sogar der eigenen; Gehorsam bis zum Tod und vor allem kein selbständiges Denken. Für mich eine absolut grauenvolle Vorstellung! Das Buch lässt mich betroffen und traurig zurück, denn auch wenn es sich um eine fiktive Geschichte handelt, ist der Bezug zur heutigen Zeit durchaus gegeben. Immer wieder wird die Freiheit und Gleichheit aller Menschen eingeschränkt und verleugnet. Auch heute noch kann es gefährlich sein, gegen den Strom zu schwimmen oder seine Meinung ernsthaft zu vertreten. Der Titel „Allein unter seinesgleichen“ ist absolut passend gewählt. Das „Anderssein“ macht einsam, auch neben all den anderen, die sich verstellen und eine Fassade aufrechterhalten müssen.