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Veröffentlicht am 03.10.2022

Wer würde Hitler töten?

20. Juli
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Bernhard Schlick hat ein sehr kleines aber dafür umso spannendes Zeitstück geschrieben was man auch als Aufführung perfekt umsetzten kann.

"Entscheidungen schaffen Abstand. Zwischen dem Denken und dem ...

Bernhard Schlick hat ein sehr kleines aber dafür umso spannendes Zeitstück geschrieben was man auch als Aufführung perfekt umsetzten kann.

"Entscheidungen schaffen Abstand. Zwischen dem Denken und dem Handeln. Wenn du entscheidest, ist mit Denken Schluss und fängt mit dem Handeln was Neues an." (Seite 72/73)

5 Schüler haben ihr Abi bestanden und planen ihre Zukunft. Ihr Geschichtslehrer hat mir ihnen intensiv über die Nazi-Diktatur gesprochen.

Ihr letzter Tag ist der 20.07 - der Tag als Stauffenberg das Attentat auf Hitler ausübte. Neben den Schülern und Lehrer beginnt auch für den Leser ein interessantes Zeitstück, ein Gedankenspiel.

Mit der Partei DA und ihrem Führer Rudolf Peter beginnt eine rechtnationale Partei immer mehr Boden zu gewinnen. Soll man diesen Menschen stoppen, abwarten, hinnehmen, zusehen?

Wann wäre der "richtige" Zeitpunkt gewesen um Hitler zu töten? Wäre die Welt dann eine andere Welt geworden?

Reichen Zeichen von Widerstand, Aufstehen, Hinsehen und Aufrufen heute noch aus? Oder kann man anders handeln, soll man handeln?

Mit diesem Thema beschäftigt sich dieses kurze aber interessante Gedankenspiel. Und ich selbst bin mehr als einmal ins Grübeln geraten. Heute weiss man was Hitler getan hat, aber war das zu seiner Anfangszeit auch so?

Die Jugendlichen diskutieren und dann geschieht etwas was alles verändert, die Stimmung beim lesen wird plötzlich ganz düster und neu. Und man weiss, dass manche Dinge ihren Lauf genommen haben oder werden. Es ist an jedem selbst aufzustehen oder sitzen zu bleiben.

Ein Gedankenspiel welches mich unglaublich mitgenommen und gefordert hat.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Auf dem Kriegsfeld

Im Westen nichts Neues
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"Er hat recht. Wir sind keine Jugend mehr. Wir wollen die Welt nicht mehr stürmen. Wir sind Flüchtende. Wir flüchten vor uns. Vor unserem Leben. Wir waren achtzehn Jahre und begannen die Welt und das Dasein ...

"Er hat recht. Wir sind keine Jugend mehr. Wir wollen die Welt nicht mehr stürmen. Wir sind Flüchtende. Wir flüchten vor uns. Vor unserem Leben. Wir waren achtzehn Jahre und begannen die Welt und das Dasein zu lieben; wir mußten darauf schießen. Die erste Granate, die einschlug, traf unser Herz. Wir sind abgeschlossen vom Tätigen, vom Streben, vom Fortschritt. Wir glauben nicht mehr daran; wir glauben an den Krieg." (Seite 81)

"Im Westen nichts Neues" gehört zu den Klassikern. Und in meinen Augen sollte man diesen auch gelesen haben.

Denn nicht nur der Zweite Weltkrieg hatte seinen Schrecken, der Erste Weltkrieg steht ihm in nichts nach. Gerade für Menschen die sich authentisch und schonungslos für diesen Krieg, für diese Zeit interessieren, werden hier fündig.

Erich Maria Remarque schreibt nicht nach Schema F. Es gibt keine Chronologie von " Ich bereite mich auf den Krieg vor" über "Jetzt steh ich auf dem Schlachtfeld".

Nein.

Der Autor schreibt wie ihm womöglich die Erlebnisse in den Kopf geschossen sind. Wie ein Flüchtiger, der alles auf das Papier bringen will, bringen muss, damit jeder weiss was er meint und was er erlebt hat. Zu Beginn, das gebe ich zu, fiel es mir etwas schwer. Aber es lohnt sich weiter zulesen und dem Autor durch die Kriegsgeschehen zu folgen.

Der Autor beschönigt null. Zu Beginn ist man noch weit weg vom Schlachtfeld und spürt die Unbekümmertheit der Kompanie. Schulfreunde stehen Seite an Seite zusammen in den Schützengräben und wenn einer fällt fühlt es sich an wie der eigene Verlust.

Junge Männer die kämpfen, ihre Jugend wegwerfen, Ratschläge von Leuten aus der Heimat annehmen sollen weil diese es ja besser wissen. Die Gedanken die sich der Autor macht, wie er selbst verroht und abstumpft, das bewegt, das nimmt einen mit.

Ein Klassiker der zurecht Klassiker genannt wird. Und ganz klar gelesen gehört.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Unsere wichtigsten Herzen

Unsre verschwundenen Herzen
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Amerika lebt neu, lebt anders. Nach jahrelanger wirtschaftlichen Instabilität und daraus entstehenden Protesten und Gewalt müssen sich alle an den "PACT" halten - dieser Verabschiedung sorgt für die Sicherheit ...

Amerika lebt neu, lebt anders. Nach jahrelanger wirtschaftlichen Instabilität und daraus entstehenden Protesten und Gewalt müssen sich alle an den "PACT" halten - dieser Verabschiedung sorgt für die Sicherheit der Amerikaner. Jedoch leiden gerade asiatisch aussehende Menschen und diesem Gesetz, auch der zwölfjährige Bird. Als er Post von seiner Mutter erhält will Bird alles wagen und beginnt seine Suche nach ihr...

"So machte sie es immer, wenn sie ihm Geschichten erzählte. Sie öffnete Welten, durch die Magie einsickern konnte und alles möglich wurde. Nachdem sie weg war, hatte er aufgehört, an solche Fantasien zu glauben. Zarte, falsche Träume, die im Licht des Morgens zerfielen." (Seite 129)

Der Titel " Unsere verschwundenen Herzen" wird noch intensiver und berührender wenn man dieses neue Buch von Celeste Ng gelesen hat.

Der Schreibstil ist wieder einnehmend, bildhaft und berührend. Ich konnte nach kurzer Zeit das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Diese neue Welt, die Celeste Ng hier kreiert hat ist kalt, gefährlich und gefühlt lauern an jeder Ecke Gefahren, gerade für Menschen die asiatische Züge haben, wie der zwölfjährige Bird.

Bird und sein Vater leben alleine, sie versuchen sich durchzuschlagen. Wegsehen, weglaufen, Fall bloß nicht auf Bird - dieses Mantra muss sich Bird täglich anhören, auch ist die Mutter kein Gespräch zwischen Vater und Sohn. Die Postsendung verändert aber alles.

Man könnte jetzt dastehen und sagen dass sowas in unserer modernen Gesellschaft nicht möglich wäre. Aber wer das Weltgeschehen verfolgt und dieses Buch liest weiss - dich, es gibt Dinge die schon so geschehen sind, andere sind erst vor kurzem passiert und wer weiss wie es, mit der aktuellen Lage der Welt, weitergehen wird. Das macht dieses Buch so authentisch und glasklar.

Was genau passierte und wie sich diese Entwicklungen bewegen konnten erfahren wir Leser sehr genau. Und viele Gründe gehen unter die Haut und lassen einen schwer los.

Für mich ist Celeste Ng mit ihrem neusten Werk ein Realitätsbezug gelungen der aktuell oft passiert ist. Brillant.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Entscheidungen

Diese eine Entscheidung
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Alma Revel ist Untersuchungsrichterin. Für die Anti - Terror - Einheit in Frankreich. Hier entscheiden Richter, Anwälte und Ermittler was mit Terrorverdächtigen oder Rückkehrer aus gefährlichen Gebieten ...

Alma Revel ist Untersuchungsrichterin. Für die Anti - Terror - Einheit in Frankreich. Hier entscheiden Richter, Anwälte und Ermittler was mit Terrorverdächtigen oder Rückkehrer aus gefährlichen Gebieten geschehen soll. Aktuell geht es um den Syrienrückkehrer Abdeljalil Kacem. Und Alma muss diese eine Entscheidung treffen...

"Die Wissenschaft schlägt uns Klassifizierung vor, aber ich bin mir sicher, dass es den "idealtypischen Straftäter" in Wirklichkeit nicht gibt, wenngleich alle eines verbindet: der Mangel an Hoffnung." (Seite 93)

Zu Beginn war ich sehr skeptisch wohin mich das Buch führen wird. So einen wirklich roten Faden gibt es nicht, Alma erzählt, holt dann plötzlich weiter aus und man steht vor einem neuen Szenario.

Der Schreibstil an sich ist oft nüchtern und doch packt er recht schnell. Alma gibt einen tiefen Einblick in ihre Arbeit. Nebenher gibt es eine Anhörung zwischen einer Richterin und dem Beschuldigten - Abdeljalil Kacem. Hier eröffnet sich schon die "Mitwirkung" an die Leser - wie würde man selbst entscheiden?

Interessant ist dieser Einblick in Alma ihre Berufswelt allemal. Sie beschreibt ihren Job, was sie beschäftigt, welche hohen Erwartungen man an ihre Behörde hat und eigentlich wird den Lesern sehr schnell klar - dieses Los will man nicht mit Alma teilen.

Obwohl es hier um Terroristen oder Verdächtige geht will und wird Alma jeden einzelnen als Mensch ansehen. Sie verurteilt nicht sondern weiß um die komplexe Thematik die soviele "Rattenschwänze" mit sich zieht, ich habe Alma mehr als einmal meinen Respekt gezollt.

Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt an dem die Leser ebenfalls entscheiden können, wie sie handeln würden. Nach "Sterio" oder mit mehr Menschlichkeit und verschiedenen Blickpunkten.

Ein Buch was in seiner eher "kürzeren" Form trotzdem viele Entscheidungen, Menschen und Geschehnisse auf den Punkt bringt, zum Nachdenken anregt und fesselt.

Für mich auf jeden Fall ein Highlight was seine Aufmerksamkeit verdient.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

An was glaubst du?

Blutvogel
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Taubendorf - ein kleines Dorf an der deutsch-polnischen Grenze. Familie Wolkows leidet unter dem streng gläubigen Vater der die Familie terrorisiert. Jetzt ist Aljona erwachsen, kümmert sich aber um den ...

Taubendorf - ein kleines Dorf an der deutsch-polnischen Grenze. Familie Wolkows leidet unter dem streng gläubigen Vater der die Familie terrorisiert. Jetzt ist Aljona erwachsen, kümmert sich aber um den dementen Vater.... doch ein Anschlag auf Aljona bringt mehr als ein Geheimnis ans Licht....

"Dieses unbekümmerte, unachtsame, beinah gleichgültige, fanatische Verhalten der Gläubigen. Sie bringen auch in Gegenwart ihres Gottes in die bemitleidenswertesten Situationen, weil sie mit aller Gewalt ihre Unschuld schützen wollen, als wären Unschuld und Tugenhaftigkeit ein Schutzschirm gegen die Welt, von der ich weiß, dass sie nicht existiert." (134)

Wieder ein neuer und durchaus sehr spannender Thriller der Autorin Astrid Korten. Alleine das Cover lässt mich wieder neugierig auf die Geschichte werden, und die könnte aktueller nicht sein.

Die Kapitel sind knackig, nicht zu lang und es steht über jedem Kapitel wer gerade das "Zepter" der Geschichte erzählt oder weiterspinnt. Interessant sind die Briefe, die hier erwähnt werden.

Die Familie Wolkows ist gläubig. Nicht freiwillig sondern weil der Vater/Ehemann der Familie diesen Glauben mit harter Hand durchführt. Während die Kinder Esther und Johann sich diesem komplett unterwerfen, sieht es bei Aljona und David ganz anders aus. Nach einem Urlaub kehrt nur der Vater zurück, angeblich ist die Mutter abgehauen.

Um diese Familie baut die Autorin nun ihre Konstruktion und die ist sehr gelungen. Ich bin mehr als einmal fassungslos gewesen über gewisse Verhalten, Scheinheiligkeit und Vertuschungen. Sind die Gläubigen doch nicht immer die Braven die sich an die "Gesetze" der Bibel halten.

Jedes Familienmitglied erhält seinen Raum, wird eingefügt mit seinen Stärken und Schwächen. Man taucht immer tiefer in diesen dunklen Keller und merkt wie einem selbst die Thematik anfängt fertig zu machen. Gekonnt legt die Autorin Spuren und Hinweise, jedoch ist es nicht so klar wie ich ewig dachte.

Der Autorin geht es auch nicht darum den Glauben zu verteufeln. Nein. Aber es gibt einfach zu viel an Menschen die meinen ihr Glaube ist der einzig Wahre und sie müssten alle penetrant bekehren, blenden die Realität komplett aus und sind selbst ganz schwarze Schafe. Und damit trifft die Autorin, für meinen Geschmack, den Nagel sehr genau auf den Kopf.

Jeder soll glauben (oder nicht) woran er möchte, aber er soll es für sich tun und vor allem andere Menschen damit nicht verletzen, bedrängen oder töten, egal um welche Religion es geht!

Ganz klar ein verdammt spannender Thriller mit viel Wahrheitspotenzial.

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