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Veröffentlicht am 06.12.2019

Die Welt aus Sicht eines vorwitzigen Katers

Kater Anton und der Weihnachtsengel
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Mit Kater Anton war ich schon im letzten Jahr in der Weih-nachtszeit unterwegs. Der kleine graue Rabauke mit den bernsteinfarbenen Augen hat es faustdick hinter den Ohren und weiß sich in jeder Situation ...

Mit Kater Anton war ich schon im letzten Jahr in der Weih-nachtszeit unterwegs. Der kleine graue Rabauke mit den bernsteinfarbenen Augen hat es faustdick hinter den Ohren und weiß sich in jeder Situation zu helfen. Seinem Lieblingsmensch Ella steht er immer mit Rat und Tat und Trösteschnurren zur Verfügung, wenn in ihrem Leben mal wieder Chaos herrscht. So auch diesmal, als sie – zurück aus Frankreich – in München versucht ihre kleine Firma voranzubringen.

In einer Nebenhandlung lernen wir den elfjährigen Samuel, kurz Sam, kennen. Er und Anton teilen sich ein Versteck, einen alten Geräteschuppen. Anton, um in Ruhe Mäuse und sonstige Beute bei einem Nickerchen zu verdauen, Samuel, um eigene „Beute“ zu verstecken. Was es damit genau auf sich hat, wird hier nicht verraten.

Ich bin bei diesem Roman ein bisschen hin und her gerissen. Einerseits fand ich die aus Sicht von Anton geschriebenen Kapitel äußerst süß, witzig und – das muss ich als Katzenbesitzer sagen – voll aus dem Leben gegriffen. Wenn mein Kater sprechen könnte, ich glaube, er würde das Gleiche erzählen

Andererseits muss ich aber auch sagen, dass ich den Plot der Geschichte nicht überzeugend fand. Es werden zwei Geschichten parallel erzählt, deren einziger Schnittpunkt dieser Geräteschuppen ist. Ich hätte ja (Achtung, Spoiler!) zumindest gedacht, dass Samuel durch irgendwas auch Ella kennenlernt – weit gefehlt. So hatte ich am Schluss das etwas unbefriedigende Gefühl, dass die erzählte Geschichte nicht rund ist. Darüber hinaus habe ich mich bis etwa 15 Seiten vor Schluss gefragt, wer der im Titel benannte Weihnachtsengel sein soll. Dieses Geheimnis wird erst ganz zum Schluss gelüftet, es hat aber mit der Handlung auf den vorigen 240 Seiten kaum etwas zu tun… auch das empfand ich als unbefriedigend.

Dennoch – es ist einfach eine niedlich erzählte Geschichte, auch wenn ich mich lange Zeit gefragt habe, wo sie hinwill. Besonders Anton wird super liebenswert dargestellt und man schmunzelt bei seinen „Überlegungen“ auf fast jeder Seite. Besonders sein Unverständnis gegenüber dem kleinen „Piepskasten“, den sein Mensch ständig bei sich trägt und ständig mit den Fingern betatzt, hat mich amüsiert. Aber auch sein Kampf mit dem „Futterautomatenkollege“, mit dem er sich anfreunden will, um nie mehr einen Anflug von Hunger verspüren zu müssen, ist lesenswert. Das hat mich letztlich auch bewogen, 4 statt 3 Sterne zu vergeben. Anton ist einfach zu süß!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.12.2019

Der Fluch der Wassernixe

Winterfeuernacht
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„Winterfeuernacht“ beschwört schon allein durch sein Cover eine rauhe skandinavische Winternacht herauf. Am 13.12.1987 geschah in einem schwedischen Feriendorf ein Unglück, welches das Leben von 5 Teenagern ...

„Winterfeuernacht“ beschwört schon allein durch sein Cover eine rauhe skandinavische Winternacht herauf. Am 13.12.1987 geschah in einem schwedischen Feriendorf ein Unglück, welches das Leben von 5 Teenagern völlig veränderte und ein Mädchen das Leben kostete. Doch so recht weiß keiner, was da bei dem Brand genau passiert ist und vor allem: warum.

Hedda, der die Ferienanlage gehörte ist mittlerweile betagte 72 Jahre alt und hat von lange nichts mehr von den Menschen gehört, die damals bei dem Unglück dabei waren – z. B. ihre Nichte Laura. Voller Wehmut erinnert sie sich an ihre kleine Prinzessin, die jeden Sommer und Winter die Ferien bei ihr verbrachte. Hedda ist dem Alkohol zugetan und auch einem Joint nicht abgeneigt. Außerdem neigt sie dazu, die guten Ratschläge ihres Arztes in den Wind zu schlagen, der ihr verbieten wollte, im Winter zu saunieren und anschließend in den kalten See zu steigen mit ihrem schwachen Herz…

So überrascht es kaum jemanden, als Hedda tot am See ge-funden wird, ein Handtuch um einen Fuß geschlungen. Sie hat ihrer Nichte Laura das heruntergekommene Feriendorf vermacht – aber wieso, wo sie doch kürzlich zwei lukrative Angebote hatte, um es zu verkaufen?

Laura hat zwar immer noch mit den Nachwirkungen des Brandes zu kämpfen und sträubt sich zunächst dagegen, in die damals so vertraute Gegend zurückzukehren. Doch bei der Abwicklung der Erbschaft stößt sie auf Ungereimtheiten und kann nicht anders, als dem nachzugehen. Damit beschwört sie allerdings Geschichten herauf, über die eigentlich schon Gras gewachsen war und die nun erneut zu eskalieren drohen.

Anders de la Motte gelingt mit diesem Kriminalroman ein atmosphärischer Roman, der einen nicht mehr loslässt. Er ist nicht so düster geschrieben, dass man Angst haben muss, nach der Lektüre nicht mehr einschlafen zu können. Aber er ist so spannend, dass man das Buch auch schlecht aus der Hand legen kann. Genau so wie Laura immer tiefer in diese alte Geschichte hineingezogen wird, kann man sich auch als Leser dem Sog dieses alten Geheimnisses nicht entziehen.

Der Autor erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. Aktuell begleitet man die 45jährige Laura bei ihren Nachforschungen. Zwischendurch eingeschoben sind Kapitel, die die Vorkommnisse im Dezember 1987 erzählen, so dass sich dem Leser nach und nach ein Bild erschließt.

Und trotzdem ist die Auflösung sehr überraschend. Auch wenn ich bezüglich einer bestimmten Person so meine Vermutungen hatte und mich schon diebisch gefreut hatte, die Auflösung zu ahnen – auf den zweiten Winkelzug des Autors war ich nicht vorbereitet und so war es schließlich auch für mich ein erstaunliches Ende, was er da aus dem Hut zauberte.

Anders de la Motte hat mich mit diesem Krimi von sich überzeugt und ich werde mit Sicherheit auch seine anderen Bücher noch lesen!

Veröffentlicht am 28.11.2019

Mit großen Schritten zur Medizin der Neuzeit

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Im zweiten Teil dieser spannenden historischen Reihe beglei-ten wir die Ärztin Rahel Hirsch auf ihrem Lebensweg. Das Buch beginnt, als Rahel gerade ihr Examen hinter sich hat und eine Stelle an der renommierten ...

Im zweiten Teil dieser spannenden historischen Reihe beglei-ten wir die Ärztin Rahel Hirsch auf ihrem Lebensweg. Das Buch beginnt, als Rahel gerade ihr Examen hinter sich hat und eine Stelle an der renommierten Charité bekommt – nicht selbstverständlich für eine Frau in der Männerdomäne des Arztberufs.

Rahel hat es nicht leicht und muss am Anfang ziemlich kämpfen, um sich durchzusetzen. Gegen viele Vorurteile, aber auch gegen die Herausforderungen, die Arztberuf physisch und psychisch mit sich bringt. Doch Rahel gibt nicht auf und wird zur ersten Frau, die einen Professorentitel erhält. Ihre Freundschaft zu Barbara, die aus einfachen Verhältnissen stammt, gibt ihr eine gewisse Bodenständigkeit.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und fand es an der einen oder anderen Stelle schon recht ausführlich, insbesondere als es um die medizinischen Forschungen zu Beginn von Rahels Karriere ging. Aber später wurde das Buch wirklich kurzweilig und sehr interessant.

Besonders gefallen hat mir Barbara, die von der Sprecherin mit einer herrlichen „Berliner Schnauze“ gesprochen wurde. Sie hat dem Buch eine besondere Note gegeben und trotz der oft schwierigen Themen eine gewisse Leichtigkeit. An sie werde ich mich bestimmt noch lange gerne erinnern.

Rahel wirkte auf mich sympathisch und zielstrebig, ohne verbissen zu sein. Es hat mir Spaß gemacht, sie auf ihrem beruflichen und privaten Weg zu begleiten.

Das Buch endet 1938 – als es für die Jüdin Rahel, die mittlerweile schon zur älteren Generation gehört, eng wird und sie vor der Entscheidung steht, aus Deutschland zu fliehen.

Nun bin ich sehr gespannt, ob es eine Fortsetzung geben wird, die die Geschichte der Charité zu Zeiten des 2. Weltkriegs – vielleicht mit einer neuen Hauptfigur – beleuchtet. Ich wäre gern wieder mit dabei!

Veröffentlicht am 23.11.2019

Voller Liebe zu Afrika!

ÜBERLEBEN
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„Die Atmosphäre auf dem Fluss ist unbeschreiblich. Die Stimmung, das intensive Licht des Sonnenuntergangs, die Spiegelung auf dem Wasser… Fast unvorstellbar, dass diese Farben echt sind.“ Man liest diese ...

„Die Atmosphäre auf dem Fluss ist unbeschreiblich. Die Stimmung, das intensive Licht des Sonnenuntergangs, die Spiegelung auf dem Wasser… Fast unvorstellbar, dass diese Farben echt sind.“ Man liest diese Worte und hat sofort das Bild von Afrika im Kopf, das Sebastian Hilpert erzeugen möchte. Ein Bild von einer grandiosen Natur, die abgerundet wird von den wunderschönen, stolzen Wildtieren der Region.

In einer persönlichen Krise hat es Sebastian Hilpert nach Afrika gezogen und er hat – im Gegensatz zu vielen, die „nur gucken, aber nicht anfassen“ wollen – sofort dort angepackt, wo Hilfe dringend gebraucht wurde: in Wildtier-Auffangstationen. Dass das Leben und Arbeiten dort kein Zuckerschlecken ist, beschreibt er mit Humor und vielen Anekdoten. Aber immer spürt man die tiefe Zuneigung, die Hilpert bei seinen Aufenthalten in Südafrika und Namibia zu diesem Teil der Welt entwickelt hat. Besonders angetan haben es ihm Raubkatzen und Nashörner. Er schließt Freundschaften mit ihnen, muss aber gleichzeitig versuchen, Abstand zu wahren. Denn er möchte ihnen die Chance auf Auswilderung und damit ein natürliches Leben in Freiheit nicht kaputt machen. Man merkt seine Tierliebe in jeder Zeile und auch seinen Respekt vor der Tierwelt Afrikas – egal ob es sich um ein seltenes Spitzmaulnashorn handelt, oder um Impalas (das sogenannte Fast Food Afrikas).

In Gesprächen mit einheimischen Farmern, Wildhütern und Jägern versucht er das komplexe Gefüge zu verstehen, das irgendwo zwischen Tierschutz, kontrollierter Jagd und Wilderei liegt. Und sowohl er als auch der Leser merken schnell: mit Schwarz-Weiß-Denken kommt man hier nicht weiter. Die Medaille hat hier nicht nur zwei Seiten – sondern gefühlt mindestens vier…

Ich selbst war erschrocken, als ich gelesen habe, was für schonungslose Kriege um Elfenbein, Horn und die Schuppen der Pangoline geführt werden. Ich war aber auch erstaunt zu erfahren, was alles bereits für den Tierschutz getan wird in Namibia und Südafrika und wie viele Leute Geld und Herzblut in dieses Unterfangen stecken. Ich war verwirrt, als ich las, dass die Einnahmen aus dem Safari-Tourismus kaum ausreichen, um über die Runden zu kommen geschweige denn einen strukturierten Naturschutz zu betreiben. Und ich war immer wieder fasziniert von diesem wunderbaren Teil der Erde und seinen Bewohnern, die Sebastian Hilpert mit unverhohlener Liebe beschreibt. Auf deutsch gesagt: mir ging das Herz auf bei diesem Buch!

Auch wenn ich einige seiner Aktionen doch recht gewagt und leichtsinnig fand – es war eine Freude, Sebastian bei seinen Abenteuern in Afrika begleiten zu dürfen. Ein kleiner Wer-mutstropfen war für mich, dass das Ende des Buches nicht offenbart, welchen Weg Sebastian nach seinen Afrika-Abenteuern für sich eingeschlagen hat. Alles blieb sehr offen und ich hatte leider das Gefühl, dass er immer noch nicht wusste, wie sein Weg weitergehen soll. Damit endete das Buch für den Leser ohne einen wirklichen Abschluss, den man doch bei einer Sinnsuche irgendwo erwartet…

Aber das war nur ein kleines Manko in einem für mich wunderbaren Buch, bei dem ich von Anfang bis Ende mit dem Herzen dabei war. Und nun sitze ich hier und würde am liebsten gleich selbst die Koffer packen… Danke für dieses Buch, es war eine echte Bereicherung für mich!

Veröffentlicht am 17.11.2019

Eine Frage der Moral

Das Erbe
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Mona ist ein Gutmensch. Sie hat immer ein paar Münzen für Obdachlose in der Tasche, sie vergewissert sich, dass gefun-dene Dinge im Fundbüro ankommen – auch wenn sie dafür den Beginn einer Familienfeier ...

Mona ist ein Gutmensch. Sie hat immer ein paar Münzen für Obdachlose in der Tasche, sie vergewissert sich, dass gefun-dene Dinge im Fundbüro ankommen – auch wenn sie dafür den Beginn einer Familienfeier verpasst, sie hat einen sogenannten „moralischen Kompass“. In ihrer Familie ist sie damit aus der Art geschlagen. In ihrer geltungssüchtigen, auf Prestige bedachten und zum Teil hasserfüllten Familie ist sie das schwarze Schaf. Ab und zu zweifelt sie daran, wirklich mit diesen Personen verwandt zu sein. Als Erbtante Klara ausgerechnet ihr ein Mietshaus in München vermacht, das mehrere Millionen Euro wert ist, kochen die Emotionen hoch.

„Versteht ihr euch noch oder habt ihr schon geerbt?“ lässt Ellen Sandberg augenzwinkernd den hinlänglich bekannten Spruch in ihren Roman einfließen und auch in diesem Buch tun sich durch den Nachlass Abgründe auf. Aber auch ein viele Jahre lang gut gehütetes Geheimnis drängt ans Licht. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Geschichte des Hauses sorgt dafür, dass die moralisch gefestigte Mona ins Trudeln kommt. Schon durch wenige Nachforschungen stellt sie fest, dass beim Kauf des Hauses im Jahr 1938 durch ihren Vorfahr, einen Staatsanwalt, irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Das Haus war schon damals sehr wertvoll. Es gehörte einem jüdischen Kaufmann. Und wurde an ihren Vorfahren für einen Spottpreis verkauft. Hat er sich im Rahmen der Judenverfolgung das Haus unter den Nagel gerissen und seine jüdischen Freunde verraten?

Mona ist die Geschichte suspekt und ihr Erbe, um das sie alle beneiden, erscheint ihr zunehmend als Last. Sie kann sich nicht vorstellen, eigenen Reichtum auf dem Unglück - viel-leicht dem Tod - anderer aufzubauen. Ihr starkes Unrechtsbewusstsein sorgt dafür, dass sie immer weitere Nachforschungen anstellt und so nicht nur einem Geheimnis, sondern letztlich auch einem Verbrechen auf die Spur kommt.

Ellen Sandberg alias Inge Löhnig versteht es auch in diesem Roman wieder, eine spannende Familiengeschichte zu erzäh-len, die nicht nur Historisches und Aktuelles miteinander verbindet, sondern den Leser auch zum Nachdenken anregt. Denn über eines sollte man sich bewusst sein, wenn man dieses Buch liest: es wird Fragen aufwerfen. Und es wird vielleicht auch unbequem sein, wenn man merkt, dass der eigene „moralische Kompass“ vielleicht nicht so genau ausgerichtet ist wie der von Mona.

Mir hat das Buch einiges zum Überlegen mit auf den Weg gegeben und so wirkt es auch noch nach, wenn man es nach knapp 500 Seiten zugeklappt hat. Wie hätte ich selbst in dieser Situation reagiert? Was hätte ich anders gemacht? Wieviel moralisches Dilemma hätte ich verkraftet? Und hätte das ausgereicht, um die gleiche Entscheidung treffen zu können wie Mona?

Spannende Fragen, die das Buch zu mehr werden lassen als nur zu spannender Unterhaltungslektüre. Deshalb habe ich meine zunächst vorgemerkten 4,5 Sterne auch aufgerundet und vergebe nun mit gutem Gewissen 5 Sterne.