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Veröffentlicht am 06.04.2022

Tolles Buch

Schallplattensommer
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Seit Scherbenpark bin ich ein Fan von Alina Bronsky. Ich mag ihren knappen Stil, ihre eindrucksvollen Figuren. Mit Maserati, dem lakonisch-tapferen Teenager, die sowohl die immer dementer werdende, agile ...

Seit Scherbenpark bin ich ein Fan von Alina Bronsky. Ich mag ihren knappen Stil, ihre eindrucksvollen Figuren. Mit Maserati, dem lakonisch-tapferen Teenager, die sowohl die immer dementer werdende, agile Großmutter, als auch das Landbistro fast alleine jongliert und deshalb nicht mehr zur Schule gehen kann, ist ihr wieder ein Original gelungen, das man einfach lieben muss. Maseratis Vergangenheit ist dunkel und das gilt auch für die Jungs, die sie trifft. Jeder schleppt etwas mit sich, das es schwierig macht sich unbeschwert zu verlieben.
Es liegt viel Wortwitz in den Dialogen und durch Weglassen wird viel gewonnen.
Mein Lieblingscharakter ist Georg, der mit den Augen und mit Gesten spricht und viel zu gut für diese Welt ist.
Wieder ein supergelungenes Buch der Autorin. Nur schade, dass es so kurz ist. Aber wahrscheinlich muss das genau so sein.

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Veröffentlicht am 09.03.2022

Bravo

Eine Frage der Chemie
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Elisabeth Zott ist großartig. Eine kluge, bodenständige Frau mit Humor und wenig Talent zum Selbstmitleid. Als begabte Chemikerin muss sie sich mit den haarsträubenden Vorurteilen eine patriarchalen Gesellschaft ...

Elisabeth Zott ist großartig. Eine kluge, bodenständige Frau mit Humor und wenig Talent zum Selbstmitleid. Als begabte Chemikerin muss sie sich mit den haarsträubenden Vorurteilen eine patriarchalen Gesellschaft herumschlagen, aber sie nimmt sich den Rat ihres Mannes zu Herzen: du kannst sie nicht verändern, du musst sie überlisten. Und das tut sie. Urkomisch, bewegend, hinreißend, genial. Ihre Kochshow wird zur nationalen Institution. Ich mag Kochsendungen, finde die meist männlichen Köche aber häufig wenig sympathisch. Diese Chefin de la cuisine habe ich geliebt. Und ich wünsche dem herrlichen Roman viele begeisterte Leser:innen und der Autorin, dass sie noch mehr solcher wunderbaren Themen findet. Bücher über geniale Frauen kann es gar nicht genug geben. Es steckt so viel Weisheit und Liebe drin. Eben alles eine Frage der Chemie.

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Veröffentlicht am 05.03.2022

Umwerfend komisch

Einatmen, ausrasten
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Gerade habe ich ein deutsches „Frauenbuch“ um das Älter-und Unsichtbarwerden von Frauen nach der Menopause gelesen. Und jetzt „einatmen-ausrasten“, das im Original mal schon deutlich mehr Wortwitz verströmt ...

Gerade habe ich ein deutsches „Frauenbuch“ um das Älter-und Unsichtbarwerden von Frauen nach der Menopause gelesen. Und jetzt „einatmen-ausrasten“, das im Original mal schon deutlich mehr Wortwitz verströmt ( Woman of a certain rage). Es sind kolossale Unterschiede. Wo bei Georgie Hall eine Fünfzigjährige echten Witz und Mut zur Selbstkritik und Selbstliebe entwickelt, bleibt die deutsche Version in kümmerlichen Schenkelklopfplatitüden stecken, ohne lesenswerte Erkenntnisse.
Der englischen Autorin gelingt, was so typisch ist für den berühmten Humor der Briten. Eine Leichtigkeit mit Tiefe.
Die erfolglose Schauspielerin Eliza, Mutter von drei Kindern und Gewinnerin einer absolut obskuren Trophäe ( ein Pokal in Lippenform für die beste Vorleserin erotischer Romane) hat es schwer: der ehemals sehr geliebte Paddy weckt keine erotischen Gefühle mehr in ihr, die Familie fordert viel und gibt zu wenig, die Wechseljahre machen sie zu einer reizbaren, hitzigen Tigerin, das autistische Nesthäkchen wird wohl bis ans Ende ihrer Tage Extrapflege brauchen und mit dem Geld passt es hinten und vorne nicht. Da kommt ein italienischer, Komplimente und glutvolle Blicke um sich werfender Gastwirt doch gerade recht. Aber nicht er hilft Eliza, zu sich zu finden. Es ist ein Trip mit dem Boot durch die Kanäle und Schleusen derWasserwege von London, der ihr die Augen öffnet für den eigenen Wert.
Dabei bleibt der Blick auf Frausein, Mannsein, Jungsein, Älterwerden, Behinderung und Familie durchgehend liebevoll, ohne kitschig zu sein.
Auch die Beziehung zu ihrer siebzehnjährigen Influencer-Tochter hat großen Charme. Es gelingt Eliza die Parallelen zu eigenen Jugend zu erkennen und damit ein großes Mitgefühl mit Ohnmacht und Erkenntnis, mit der naiv-klugen Summer und gleichzeitig mit sich selbst, zu verknüpfen.
Das Beste an der Lektüre aber war, dass sie umwerfend komisch ist. Ich habe oft laut gelacht. Ein absolutes Must-Read in diesen Zeiten.

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Veröffentlicht am 07.02.2022

Hinreißend

Abgegeben
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Der dritte Gedichtband von Steffi Steenken mobilisiert auch in mir, die ich so gar keine Poetin bin, den Drang zum Dichten.

So auf dem Punkt, so schnörkellos echt, so ehrlich und klar:

Gänsehaut, Tränen, ...

Der dritte Gedichtband von Steffi Steenken mobilisiert auch in mir, die ich so gar keine Poetin bin, den Drang zum Dichten.

So auf dem Punkt, so schnörkellos echt, so ehrlich und klar:

Gänsehaut, Tränen, Lächeln und tiefe Freude, alles dabei. So muss Poesie.

Auch Menschen, die sonst keine Gedichte lesen, werden sich wiedererkennen und staunen, welche Kraft die Sprache haben kann. Nicht laut und pathetisch sondern leise und doch voller Kraft.

Wunderschön passend die Bilder der Künstlerin Heike Niderehe.

Ein Buch zum mehrmals lesen, vorlesen, weitergeben, verschenken.

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Veröffentlicht am 27.01.2024

Söldner im hundertjährigen Krieg

Essex Dogs
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1346 war keine romantische Zeit. Und schon gar nicht als Söldner im blutigen Feldzug der Engländer gegen Frankreich. Die Essex Dogs, eine abgehalfterte Schar kampferprobter Raubeine unter der Führung von ...

1346 war keine romantische Zeit. Und schon gar nicht als Söldner im blutigen Feldzug der Engländer gegen Frankreich. Die Essex Dogs, eine abgehalfterte Schar kampferprobter Raubeine unter der Führung von Fitz Talbot, genannt Loveday, ziehen mit. Ihr Brotgeber, Sir Robert, ist ein aufgeblasener Popanz aber das spielt keine Rolle. Die Hierarchien werden nicht hinterfragt. Ritter ist Ritter und Soldat bleibt Soldat. So lassen sich die Essex Dogs verheizen, nehmen unsinnig-gefährliche und schier aussichtslose Aufträge entgegen und schlagen sich durch. Ein jeder mit dunkler Vergangenheit im Gepäck, abgehärtet bis abgestumpft, drogensüchtig oder gar völlig verrückt wie der der ehemalige Priester, den alle Father nennen. Romford ist der Jüngste und nicht schlecht mit dem Bogen. Er lernt sogar einen Prinzen kennen, der sich jedoch nicht durch besonderen Edelmut auszeichnet. Es ist kaum auszuhalten, mit welchem Gleichmut sich die Männer dem Stumpfsinn und der bodenlosen Grausamkeit des Krieges ergeben. Ist eben so und war nie anders. Irgendwann geht es auch nicht mehr um Ruhm, Ehre, Sold oder Beute. Sie machen einfach weiter, weil es kein Zurück gibt. Und dennoch bleiben die Essex Dogs bis zuletzt zutiefst solidarisch und loyal.

Für mich war der sehr gut recherchierte Roman, der Zeitgenossen wie Lord Northampton, den Prinzen von Wales oder Lord Warwick nachzeichnet, ein Ritt durch Schlamm und Blut, den ich ungern ein zweites Mal machen möchte. Nicht weil es eine schlechte Lektüre war. Dan Jones schreibt flüssig und entwickelt glaubhafte Charaktere. Mir fehlt aber jegliches Faible für Schlachten und da es hier so überaus realistisch zugeht, hat sich das nicht gebessert. Ich finde es dennoch gut, dass der Autor, der sich wirklich mit der Historie auskennt, versucht, ein echtes Sittenbild zu zeichnen. Es nimmt dem Krieg jegliche Glorie, zeigt ihn als das, was er ist: ein Wahnsinn ohne Sinn, Herz und Verstand. Gut so.

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