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Veröffentlicht am 28.11.2018

Literarischer Krimi mit leider ein paar Längen

Der Zorn der Einsiedlerin
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Vor Jahren habe ich einmal eine Verfilmung eines Adamsberg-Krimis von Fred Vargas gesehen und war sofort angetan von der einzigartigen Atmosphäre und vom schon sehr eigenen Kommissar Adamsberg.

Danach ...

Vor Jahren habe ich einmal eine Verfilmung eines Adamsberg-Krimis von Fred Vargas gesehen und war sofort angetan von der einzigartigen Atmosphäre und vom schon sehr eigenen Kommissar Adamsberg.

Danach hatte ich einige Bücher der Reihe gelesen und ich mochte den Ermittlungsstil und das Team von Adamsberg, auch Brigade genannt.

Diesmal - anscheinend war die Pause zu lang - habe ich mich schwerer getan, in die Geschichte hereinzukommen. Und zwischendurch hatte das Buch einige Längen. Es gab Mitglieder der Brigade, die mir noch unbekannt waren und deren Handlungen ich zunächst nicht so gut verstehen konnte. Und es gab einige Sackgassen in der Ermittlung, die mir ein wenig die Freude am Lesen genommen haben. Aber wie Vargas ihren Kommissar im Buch sagen lässt: Auch Magellan ist in einige geschlossenen Buchten oder Flussmündungen gesegelt, bevor er die Passage an der Südspitze von Südamerika gefunden hat.

Was mir aber wie immer bei Vargas gut gefallen hat, sind der literarische Touch des Schreibstils und die schrägen Charaktere, die das Buch bevölkern. Jeder im Ermittlungsteam hat einen anderen Spleen - und auch Adamsberg ist alles andere als ein einfacher Mensch - obwohl sein verzwicktes Liebesleben diesmal nicht Thema war.

Der Fall selbst war interessant konzipiert: Eine Reihe von Männern stirbt in Südfrankreich nach dem Biss einer Einsiedlerspinne. Obwohl diese Bisse eigentlich nicht tödlich sein können. Adamsberg beginnt auf eigene Faust zu ermitteln - obwohl es eigentlich keinen Fall gibt. Und er entdeckt immer mehr Zusammenhänge zwischen den Toten. Und es sterben weitere Menschen. Und dann entdeckt Adamsberg noch eine Geschichte in seiner eigenen Vergangenheit, die ihm zeigt, warum ihn die Geschichte um Einsiedler und Einsiedlerspinnen sofort dermaßen in den Bann gezogen hat.

Insgesamt hat mich dieses Buch motiviert, die letzten (mir fehlenden) Bände der Adamsberg-Reihe noch zu lesen.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Diesmal mit recht viel Tiefgang

Kluftinger
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Kommissar Kluftinger wohnt in Altusried im Allgäu und arbeitet bei der Kriminalpolizei im nahen Kempten. Er ist ein recht konservativer, spießiger und manchmal auch sperriger Charakter - aber ...

Kommissar Kluftinger wohnt in Altusried im Allgäu und arbeitet bei der Kriminalpolizei im nahen Kempten. Er ist ein recht konservativer, spießiger und manchmal auch sperriger Charakter - aber ein guter Ermittler. Die Leser dieser Kult-Krimis kennen schon lange eine Vorliebe für Käsespätzle, für faule Abende auf dem Sofa und seine Sparsamkeit. Und seine Zuneigung zu seiner Frau Erika und zu seinem Sohn Markus, dessen Ehefrau Yumiko und der neue Augenstern ist der gerade erst geborene Enkelsohn.

Was man bisher nicht kannte, war der Vorname von Kluftinger. Seine Kollegen nennen ihn Klufti und seine Frau nur Butzele. Aber in diesem Band der Reihe wird das Geheimnis um seinen Vornamen gelüftet. Dieser steht nämlich Allerheiligen auf einem Holzkreuz, das ein frisch aufgeschüttetes Grab ziert - obwohl es gar keine Beerdigung gab. Und Kluftinger selbst steht fassungslos daneben. Hat er Feinde? Trachtet ihm jemand nach dem Leben?

Zunächst wehrt Kluftinger auf seine unnachahmlich grummelig-verstockte Art alles an Nachforschungen ab. Aber seine Kollegen lassen keine Ruhe. Und so muss Kluftinger weit zurück in seine eigene Vergangenheit als junger Bub in Altusried zurückreisen. Und zu einer Sache, die er längst vergessen geglaubt hatte. Die ihn aber immer noch innerlich beschäftigt.

In diesem Band erfährt man eine Menge Neues über Kluftinger. Seine Jugend, seine ersten Schwärmereien, die Gründe für seine Berufswahl und natürlich der Beginn seiner Liebe zu Erika werden geschildert. Danach weiß man zwar immer noch nicht so richtig. warum Kluftinger (trotz gegenteiliger Vorsätze) doch so geizig geworden ist wie sein Vater und warum eine so hübsche und selbstbewusste Frau wie Erika im Endeffekt als Ehefrau und Nur-Hausfrau eines doch recht geizigen Kommissars enden sollte wird - aber zumindest letzteres versteht Kluftinger selbst nicht. Aber Erika und er lieben sich - also alles in Ordnung. Oder Priml - wie Kluftinger sagen würde.

Leider verliert der Kriminalfall (oder die Fälle...) durch diese ganzen Geschichten ein wenig an Struktur. Einiges wird nicht aufgeklärt. Vielleicht im nächsten Band?

Veröffentlicht am 08.11.2018

Eine lange Kneipennacht

Schwabinger 7
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Eine lange Kneipennacht
Die Schwabinger 7 ist eine legendäre Kneipe in Schwabing. Eher Spelunke als schick - und das im ansonsten sehr schicken München.


Hier treffen sich meist die immer gleichen Menschen, ...

Eine lange Kneipennacht
Die Schwabinger 7 ist eine legendäre Kneipe in Schwabing. Eher Spelunke als schick - und das im ansonsten sehr schicken München.


Hier treffen sich meist die immer gleichen Menschen, oft wohnen sie in der Nachbarschaft. Und die Kneipe ist quasi ihr zweites Wohnzimmer. Meist lieber aufgesucht als das Wohnzimmer der eigenen Wohnung. Denn viele der Menschen hier sind einsam. Und fühlen sich nur in der Kneipe wohl und wahrgenommen.

Es kommen immer einmal neue Gäste in die Kneipe - und die können das Gefüge verändern.
So lernen sich an diesem Abend Alphons und Melanassia kennen - zwei verletzte Seelen. Werden sie einander Halt geben können? Und wird Luise, das ewige Mauerblümchen, endlich jemanden finden für die so gewünschte Nähe? Und wird der Sandro, der Frauentyp, auch diesmal erfolgreich sein? Und was hat es mit dem Punk und dem Lodenträger auf sich, die sich nur hier treffen können? Und was ist mit Cordula, der erfolgreichen Karrierefrau, die zunehmend merkt, dass ihr eine Beziehung fehlt?

Alles wird untermalt von der stets passenden Musik des DJs und zusammengehalten von der Kellnerin, die nicht nur das Chaos beherrscht - sondern auch einen Blick für die Befindlichkeiten der Gäste. Und stets das richtige Getränk zur Stimmungslage.

Wer schon einmal eine lange Nacht in einer Kneipe verbracht hat, erst im Morgengrauen nach Hause gegangen ist, mit bis dahin komplett unbekannten Personen über hoch-philosophische Themen an der Theke diskutiert hat und/oder sich in einer solchen Nacht ansatzweise verliebt hat (oder zumindest dachte, dass es Liebe sein könnte...), der wird dieses Buch lieben.
Die Stimmung in einer solchen Kneipe und in einer solchen Nacht wird perfekt eingefangen. Und jeder wird schon einmal jemanden kennengelernt haben, der einem der geschilderten Typen ähnelt.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen - und an manche schöne Nacht in einer Kneipe erinnert.

Veröffentlicht am 02.11.2018

Spannende Jagd nach Gerechtigkeit

Redemption Point
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Ted Concaffey wurde wegen Vergewaltigung einer Schülerin angeklagt. Aber er ist unschuldig. Als die Anklage aus Mangel an Beweisen aufgehoben wird, ist Concaffey trotzdem nicht glücklich, kann ...

Ted Concaffey wurde wegen Vergewaltigung einer Schülerin angeklagt. Aber er ist unschuldig. Als die Anklage aus Mangel an Beweisen aufgehoben wird, ist Concaffey trotzdem nicht glücklich, kann es nicht sein. Seine Frau hat sich von ihm losgesagt, seine kleine Tochter darf er nur noch unter Aufsicht des Jugendamtes sehen und die Öffentlichkeit bleibt bei ihrer Verurteilung. Und seinen Job als Polizist im Drogendezernat von Sydney ist er auch los.

Concaffey flieht in den tropischen Norden Australiens und findet ein kleines, heruntergekommenes Haus am krokodilverseuchten Crimson Lake. Und sein Anwalt, einer der wenigen, die noch zu ihm halten, besorgt ihm einen Job in einer Privatdetektei. Diese wird von Amanda Pharrell, einer als Mörderin verurteilten Frau geleitet.

Die Beiden bilden ein aussergewöhnliches Ermittlerpaar. Aber durch die Erfahrung von Ted bei der Polizei und durch die schon fast "seherischen" Fähigkeiten von Amanda, sind sie erfolgreich. Und seit dem ersten Fall "Crimson Lake" der örtlichen Polizei ein Dorn im Auge.

Wurde im ersten Buch "Crimson Lake" neben dem aktuellen Fall die Geschichte von Amanda bzw. Ihr Mordfall aufgezeigt und "gelöst", so ist diesmal der Fall von Ted dran. Neben einer aktuellen Ermittlung in einem Doppelmord-Fall.
Und es wird Zeit, dass Ted den wirklich Schuldigen für dir Vergewaltigung findet. Denn der Vater des Mädchens steht plötzlich vor seiner Tür. Und sinnt auf Rache.

Im zweiten Band der Reihe um Concaffey und Pharrell bildet das unkonventionelle Ermittler-Duo wieder den Schwerpunkt. Sie sind Aussenseiter der Gesellschaft. Doch auch sie finden so langsam ihren Platz im Leben. Ted renoviert sein Haus und kümmert sich liebevoll um seine Hausgänse (mit den Gänsen fängt jedes der Bücher an) und so langsam gibt es immer mehr Unterstützer, die an seine Unschuld glauben. Wird er den wahren Täter finden? Wäre eine Rückkehr in sein altes Lehen möglich?

Mir hat auch der zweite Band der Reihe sehr gut gefallen. Mir persönlich waren es zwar ein paar zu viele, unmotivierte Schlägereien. Und manche Kurzschlussreaktionen von Ted konnte ich nicht nachvollziehen. Aber natürlich werde ich den nächsten Band der Reihe gerne lesen. Und hoffentlich gibt es einen...

Veröffentlicht am 29.10.2018

Kleiner Roman mit viel Tiefgang

Ein Winter in Paris
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Victor kommt aus eher einfachen Verhältnissen und aus der Provinz. Aber durch viel Fleiß schafft er es in die Vorbereitungsklassen für die berühmten Grandes Ecoles in Paris.
Aber er ist einsam ...

Victor kommt aus eher einfachen Verhältnissen und aus der Provinz. Aber durch viel Fleiß schafft er es in die Vorbereitungsklassen für die berühmten Grandes Ecoles in Paris.
Aber er ist einsam in Paris, er merkt, dass er die "sozialen Codes" nicht kennt, mit denen seine Mitschüler aus reichem Haus aufgewachsen sind.

Nur mit einem Schüler wechselt er manchmal in der Pause ein paar Worte. Als dieser sich umbringt, ist das für Victor ein Wendepunkt. Das Interesse für Victor erwacht bei seinen Mitschülern. Aber vor allem wird Victor offener, er sucht seinen Platz im Leben. Und er denkt darüber nach, wie er leben will.

Blondel entwickelt sich so langsam zu einem meiner Lieblingsautoren. Er braucht nicht viele Worte, um prägende Situationen im Leben darzustellen. Er schreibt leise, zart und präzise. Und mit (leiser?) Kritik an der französischen Gesellschaft. Hier in Bezug auf die harten Auswahlkriterien der Grandes Ecoles, aus denen Frankreich seit Jahrzehnten seine Elite rekrutiert.