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Veröffentlicht am 13.12.2022

Männer

Der längste, strahlendste Tag
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Der längste, strahlendste Tag – Benjamin Myers
Grundsätzlich bin ich eher kein Fan von Erzählungen. An dem neuen Werk des Autors Benjamin Myers kam ich jedoch nicht vorbei. Und tatsächlich haben mir die ...

Der längste, strahlendste Tag – Benjamin Myers
Grundsätzlich bin ich eher kein Fan von Erzählungen. An dem neuen Werk des Autors Benjamin Myers kam ich jedoch nicht vorbei. Und tatsächlich haben mir die Geschichten gut gefallen. Der ruhige, poetische Erzählton, den man bereits aus seinen Romanen kennt, kommt auch hier zum Tragen. Ebenso wie er auch in der kürzeren Erzählform tolle Naturbeschreibungen liefert. Überhaupt ist es auch hier wieder das einfache Landleben in England, das es ihm angetan hat und wo er seine Figuren entwirft. Auch diese in der Mehrheit einfache Leute, Bauern, Wilderer, etc. Auffallend ist, dass die Figuren fast ausschließlich Männer sind. Und hier bildet sich bereits auch ein gemeinsames Thema sämtlicher Erzählungen heraus: Identifikation als Mann, traditionelles Männerbild
Ein zusätzliches Element, das mir in seinen Romanen nicht aufgefallen war, möchte ich noch erwähnen. Trotz der teils poetischen Sprache wird die Handlung in den Erzählungen stärker vorangetrieben. In vielen der Geschichten geschehen brutale, grausame Dinge, die genüsslich detailliert beschrieben werden.
Ein Erzählband, der mir gut gefallen hat. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 13.12.2022

Verräterkind

Verräterkind
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Verräterkind – Sorj Chalandon
Der Autor verarbeitet in diesem Roman seine eigene sehr schwierige Beziehung zum Vater, einem notorischen Lügner und Verräter. Eng verzahnt ist diese Geschichte mit dem Prozess ...

Verräterkind – Sorj Chalandon
Der Autor verarbeitet in diesem Roman seine eigene sehr schwierige Beziehung zum Vater, einem notorischen Lügner und Verräter. Eng verzahnt ist diese Geschichte mit dem Prozess gegen den NS-Verbrecher Klaus Barbie, dem er als Journalist beiwohnt.
Es ist wieder mal grandios geschrieben. Raffiniert und kraftvoll werden die beiden Handlungsstränge vorangetrieben und miteinander verwoben. Der Sohn begibt sich auf eine nervenaufreibende Spurensuche in alten Archiven, denn auf die Aussagen des Vaters ist kein Verlass. Wer ist er überhaupt, dieser Vater? Diesen Teil mochte ich sehr gerne.
Grundsätzlich meide ich Geschichten über Kriege, Folterungen, etc. Diesen Roman wollte ich lesen, da ich den Autor sehr schätze. Die Opferaussagen im Prozess Barbies konnte ich allerdings nur querlesen – und das noch mit Bauchschmerzen. Das ist wirklich heftig. Ein schmerzhaftes Buch, auf verschiedenen Ebenen, und ein wichtiges Werk. Meins war es trotz allem aber leider nicht. 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 11.12.2022

Moderne Weihnachtsgeschichte

Andere Sterne
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Andere Sterne – Ingvild H. Rishoi
Dies ist eine außergewöhnliche moderne Weihnachtsgeschichte. Erzählt wird diese von der siebenjährigen Ronja, die mit ihrem alkoholkranken Vater und der älteren Schwester ...

Andere Sterne – Ingvild H. Rishoi
Dies ist eine außergewöhnliche moderne Weihnachtsgeschichte. Erzählt wird diese von der siebenjährigen Ronja, die mit ihrem alkoholkranken Vater und der älteren Schwester Melissa zusammenlebt. Kurz vor Weihnachten hat der Vater wieder einmal seine Anstellung bei einem Baumverkauf verloren. In ihrer Not springen die Geschwister für ihn ein. Vorübergehend scheint es, dass alles gut werden könnte…
Die Erzählstimme des Mädchens Ronja macht diese Geschichte zu etwas Besonderem. Die kindliche Sichtweise auf die eigene Not ist anrührend und ergreifend. Ronjas Advent lässt niemanden kalt. Trotz der Aktualität wirkt das Werk lange Zeit wie ein typisches Weihnachtsmärchen. Nur leider gibt es kurz vor Schluss einen Einschnitt, den ich nicht nachvollziehen konnte. Hier hat mich die Geschichte ganz plötzlich verloren. Deshalb von mir noch 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Wow - Highlight

Ich bin nicht da
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Ich bin nicht da – Lize Spit
Die breite Palette psychischer Störungen ist auch heute noch unberechenbar und mit Angst und Ablehnung behaftet. Lize Spit, die ja bereits für schockierende, unbequeme Romane ...

Ich bin nicht da – Lize Spit
Die breite Palette psychischer Störungen ist auch heute noch unberechenbar und mit Angst und Ablehnung behaftet. Lize Spit, die ja bereits für schockierende, unbequeme Romane bekannt ist, setzt in diesem großen, beklemmenden Roman genau hier an. Herausgekommen ist ein schonungslos offenes Werk – etwas ganz Besonderes.
Die Beziehung zwischen Leo und Simon ist sehr innig beinahe symbiotisch. Beinahe wieder Willen kommt man als Leser den beiden und ihren Eigenheiten sehr nah – fast zu nah. Eins ist klar: Es ist eine riesige Liebe zwischen den beiden und eine große Abhängigkeit voneinander. Darüber hinaus gibt es nur wenige Menschen, die ihnen etwas bedeuten. Und nun kommt Simon eines Tages nach Hause und ist völlig verändert. Er hat sich ein Tattoo stechen lassen und ist völlig aufgedreht. Dieser Zustand verbessert sich nicht, im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Simon schläft kaum noch, steigert sich in irrwitzige Ideen, entwickelt sogar eine Paranoia. Er rutscht in eine ausgewachsene Manie, aus der er sich nicht mehr befreien kann. Und Leo ist die klassische Co-(Abhängige?) Partnerin. Sie unterstützt, sorgt sich, vertuscht und lügt für ihren Freund. Was sie vor lauter Übermüdung übersieht, ist die Katastrophe, die sich gerade anbahnt.
Dies ist einer der Handlungsstränge, nämlich die Vergangenheit. Beschrieben wird die Beziehung und das Auftreten, die Entwicklung von Simons Psychose. In wesentlich kürzeren Abschnitten wird aus der daraus resultierenden Gegenwart erzählt, in der der panischen Leo noch 11 Minuten bleiben um eine Katastrophe zu verhindern. Diese beiden Zeitachsen nähern sich einander langsam an und erzeugen dabei eine beinahe unerträgliche Spannung.
Ich-Erzählerin ist Leo und das ist großartig gemacht, auch wenn ich Leo fast zu aufopferungsvoll und leidenswillig fand. Dennoch wirkt sie so authentisch und ihr Verhalten von innen gesehen absolut nachvollziehbar.
Vielleicht muss man persönliche Erfahrungen mit psychischen Krankheiten haben, oder sich einfach sehr für das Thema interessieren. Denn der Mammutteil dieses Romans beschäftigt sich mit der Wesensveränderung Simons, den Auswirkungen auf Leo und diversen, wenig erfolgversprechenden Medikationen – fast 600 Seiten lang. Vermutlich muss man das mögen. Ich fand es genial und absolut faszinierend, auf eine negative Art und Weise. Tatsächlich gibt es grausame Szenen, eine unglaubliche Bedrohung liegt das ganze Buch über in der Luft – Lize Spit beherrscht das virtuos. Obwohl ich manchmal die Augen zukneifen wollte, konnte ich den Roman kaum zur Seite legen und das Gelesene hat mich auch darüber hinaus intensiv beschäftigt. Es ist eine besondere Art von Horror, zusehen zu müssen, wie sich der geliebte Mensch unwiderruflich verändert. Die Autorin bringt das hervorragend rüber, mit allen Konsequenzen.
Eine Ausnahmeautorin und ein Roman, der mich extrem berührt und beschäftigt hat. Eins meiner Jahreshighlights 2022.
Natürlich 5 Sterne – kürzer ging das leider nicht….

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Veröffentlicht am 30.11.2022

Jane

Raue Wasser
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Raue Wasser – Rebecca Pert
Jane ist eine recht eigenwillige Protagonistin – nicht unbedingt auf den ersten Blick sympathisch. Tatsächlich brauchte ich auch ein bisschen, bis ich einen Zugang zu ihrer Figur ...

Raue Wasser – Rebecca Pert
Jane ist eine recht eigenwillige Protagonistin – nicht unbedingt auf den ersten Blick sympathisch. Tatsächlich brauchte ich auch ein bisschen, bis ich einen Zugang zu ihrer Figur gefunden habe. Doch wenn man erstmal warm mit ihr geworden ist, ist sie erstaunlich vielschichtig und authentisch, auf ihre ganz eigene Art und Weise. Nach leichten Anfangsschwierigkeiten fand ich diese Geschichte so spannend, dass ich das Buch kaum mehr weglegen konnte. Fast wie ein Thriller. Dabei sollte man vielleicht wissen, dass ein beträchtlicher Teil (geschätzt etwa knapp die Hälfte) dieses Romans in der Vergangenheit, in Janes bzw. Hannahs Kindheit spielt. Dies ist nämlich nicht nur Janes Geschichte, sondern mindestens ebenso die Geschichte ihrer Mutter Sylvia.
Heute lebt Jane relativ abgeschieden in einem Trailer auf den Shetlandinseln. Sie lässt kaum jemanden an sich heran, außer ihren Freund Mike, der ehrlich gesagt in der Geschichte aber kaum eine Rolle spielt. Vielmehr geht es um verdrängte Kindheitstraumata, die nun an die Oberfläche drängen. Jane begibt sich auf Spurensuche und liest die Tagebücher ihrer verstorbenen Mutter um diese und ihre Handlungen zu verstehen und möglicherweise mit der Vergangenheit abschließen zu können.
Es ist eine superspannende und fesselnde Geschichte, die die Autorin hier mit einer tollen Sprache erzählt. Sie hat einen warmherzigen und empathischen Blick auf ihre Figuren und offenbart doch Geschehnisse von großer Tragik. Wunderbare Naturbeschreibungen wechseln sich mit Einblicken in eine trostlose Psyche ab.
Hat mir sehr gut gefallen! Ein tolles Leseerlebnis! 4 Sterne

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