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Veröffentlicht am 02.04.2021

die Domäne des weihnachtlichen TV-Programms

Die Frauen von Tyringham Park
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Familiensagas sind die Domäne des weihnachtlichen TV-Programms. Aber es muss nicht immer nur Fernsehen sein, um sich mit dem dramatischen Leben einer ganzen Familie, welches über mehrere Jahrzehnte hinweg ...

Familiensagas sind die Domäne des weihnachtlichen TV-Programms. Aber es muss nicht immer nur Fernsehen sein, um sich mit dem dramatischen Leben einer ganzen Familie, welches über mehrere Jahrzehnte hinweg dargestellt wird, zu unterhalten. In der Romanwelt sind ebensolche Epen bekannt. Eines davon ist der vorliegende Roman „Die Frauen von Tyringham Park“ der Schriftstellerin Rosemary McLoughlin.

Der zum größten Teil in Irland spielende Roman beginnt während des ersten Weltkrieges im Jahre 1917, als die Suche nach der gerade zweijährigen Victoria in vollem Gange ist. Das kleine Töchterchen derer von Blackshaws ist just verschwunden, nachdem wenige Tage zuvor ein Kindermädchen den Herrensitz verlassen hat. Alle sind zutiefst betroffen vom Verschwinden des Kindes. Selbst die Dienstboten zeigen tiefes Mitgefühl. Die achtjährige Schwester Charlotte verliert sogar ihre Stimme nach diesem Vorfall. Die Leute gehen davon aus, dass sie sich die Schuld an dem Verschwinden von Victoria gibt. Nur ihre Mutter Edwina interessiert sich nicht im Mindesten, wie es ihrer größeren Tochter geht. Für sie hängt Victorias Verschwinden unmittelbar mit dem des Kindermädchens zusammen. Den Vater, der in London im Kriegsministerium arbeitet, macht diese Sache am allerwenigsten aus. Er hat keine Zeit, auf den Herrensitz zurückzukehren und wäre dienstlich sehr stark eingebunden, ließ er seine Frau in einem Brief wissen.

Charlotte ist die Protagonistin dieses Romans, obwohl der Klappentext mit dem Hinweis auf das Verschwinden Victorias leicht in eine andere Richtung weist. Die Spannung des gesamten Romans nährt sich aus der Entwicklung des achtjährigen Mädchens zu einer stattlichen Frau, die viele Höhen und Tiefen durchleben muss. Von dem eigenen Kindermädchen und selbst von der Mutter gehasst, hat sie eine schwere Kindheit. Doch der Leser wünscht ihr, dass sie aus diesem Sumpf von Abscheu herauskommt. Dabei ist Charlotte selbst nicht unfehlbar. So manches Mal, wenn sie ohne Argwohn denkt, auch sie hätte ein Anrecht darauf, ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen, greift sie zu verkehrten Mitteln. Das Desaster kann nur schlimmer werden. Sehr geschickt ist hier die Autorin mit den Konflikten umgegangen. Immer, wenn der Leser denkt, jetzt hat Charlotte es geschafft, gibt es den nächsten Tiefschlag. So müssen spannende Romane sein. Dabei werden die zuvor lose liegengelassenen Fäden zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen. Die Konflikte werden gelöst.

Unwillkürlich wird der Leser an die Erzählungen von James Joyce erinnert. Das liegt weniger an dem Stil dieser Schriftstellerin als an das gesamte Setting. Joyce hat zu der Romanzeit des vorliegenden Romans gelebt und seine Geschichten aus dem Irland Anfang des 20. Jahrhunderts geschöpft. So erscheinen die Straßenzüge, die Freizeitvergnügen der Herrschaften, das Reden der Leute aus der Upper Class sehr bekannt.

Der Verlag zieht auf dem Klappentext den Vergleich zu der englischen Fernsehserie „Downton Abbey“. Dem kann man nur bedingt folgen. Doch genau wie bei den Erzählungen von Joyce stimmt das Ambiente in Zeit (zwischen ersten und zweiten Weltkrieg), Ort (Herrensitz) und Figurenensemble (Adelige, Bürger und Dienstboten) überein. Ein historischer Roman, der nicht im Mittelalter spielt, aber dennoch nichts an Dramatik, Spannung und Unterhaltung vermissen lässt. Es sind nahezu alle Genres in ihm enthalten: Liebe, Abenteuer und Verbrechen. Es macht großen Spaß, ihn zu lesen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Veröffentlicht am 02.04.2021

der zweite Fall des alkoholabhängigen Polizeichefs von Paradise

Terror auf Stiles Island
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Dies ist der zweite Fall des alkoholabhängigen Polizeichefs von Paradise, der aus der Feder des bereits 2010 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Robert B. Parker (auch bekannt durch die Spenser-Krimis) ...

Dies ist der zweite Fall des alkoholabhängigen Polizeichefs von Paradise, der aus der Feder des bereits 2010 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Robert B. Parker (auch bekannt durch die Spenser-Krimis) stammt. Er schließt fast nahtlos an „Das dunkle Paradies“ an.

Es ist ruhig im kleinen Städtchen Paradise. Seit einem Jahr ist Jesse Stone hier Polizeichef. Von seinen Leuten wird er geachtet. Die Lösung seines ersten Falles im vorigen Jahr hat ihm Respekt verschafft. Das heißt aber nicht, dass Detective „Suitcase“ Simpson keine Späße mit seinem Boss macht, nachdem er weiß, dass Jesse nicht nur mit der Rechtsanwältin und mit seiner Ex, sondern auch noch mit einer Immobilienmaklerin techtelmechtelt. Derbe Sprüche und Witze zu seinen Lasten quittiert Jesse mit stoischer Zurückhaltung und wartet nur auf die Gelegenheit für einen Gegenschlag. Die Ruhe im Örtchen scheint aber nur die Ruhe vor dem Sturm zu sein. Noch ahnt Jesse nicht, dass sich James Macklin, ein frisch entlassener Berufsverbrecher in seinem beschaulichen Örtchen niedergelassen hat und an einem großen Raubzug bastelt. Während Jesse damit beschäftigt ist, drei Jugendliche, die das Haus eines schwulen Pärchens angezündet haben, auf den rechten Weg zurückzuholen, sucht sich Macklin seine Crew zusammen und plant, sämtliche Einwohner der zu Paradise gehörenden Insel Stiles Island, auf der nur Villen stehen, mit einem Schlag auszurauben. Er selbst schreckt nicht vor Leichen zurück, aber auch der angeheuerte Crow, der von sich selbst behauptet, Apache zu sein, ist ein kaltblütiger Killer.

Die Jesse-Stone-Romane lesen sich erfrischend anders als herkömmliche Krimis. Als Hardboiled-Krimis mit dem „einsamen Wolf“ als Kämpfer werden dem Leser prinzipiell beide Seiten offengelegt. Die Frage nach dem Täter stellt sich hier nicht, sondern lediglich, ob und wie er vom „Mann für Recht und Gesetz“ geschnappt wird. Damit wird die Sichtweise des Lesers ganz klar auf die einzelnen Figuren im Allgemeinen und dem Hauptprotagonisten im Besonderen gelegt. Der Leser kann also nicht miträtseln, sondern wird immer mitfiebern. Und dies macht mindestens genauso viel Spaß, lernt er doch Figuren viel besser kennen, kann sich mit ihnen arrangieren, sie lieben oder verabscheuen. Im Falle von Jesse Stone ist für mich persönlich das Bild sehr prägnant vorgegeben, denn dessen Bücher wurden mit Tom Selleck (bekannt als Magnum P. I.) verfilmt und zum Teil von ihm produziert. Obwohl die Romane vor den Filmen entstanden, scheint ihm die Rolle des Jesse Stone wie auf den Leib geschrieben. Dieser Polizist steckt voller Probleme und seine Entwicklung ist Stoff, aus dem gute Romane entstehen. Als Leser stellen sich über alle Romane hinweg die Fragen, ob er sein Alkoholproblem und sein Beziehungsproblem mit seiner Ex-Frau Jenn in den Griff bekommt. Der Spannungsbogen für den einzelnen Roman, wie auch dem vorliegenden, ergibt sich aus der Jagd nach den Tätern.

Diesen Roman zu empfehlen, bereitet keine Schwierigkeiten.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

Veröffentlicht am 02.04.2021

»Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert« liest sich wie ein Krimi, aber es ist weitaus mehr.

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
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Wenn man »Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert« von Joël Dicker liest, dann liest man, wie es entsteht. Das ist eine äußerst interessante Konstellation. Dies aber reichte dem Autor nicht. Er machte ...

Wenn man »Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert« von Joël Dicker liest, dann liest man, wie es entsteht. Das ist eine äußerst interessante Konstellation. Dies aber reichte dem Autor nicht. Er machte die Entstehung eines Buches auch noch extrem spannend. Kein Wunder, wenn es in unzähligen Rezensionen heißt: Es liest sich wie ein Krimi, aber es ist weitaus mehr.

Der Schriftsteller Marcus Goldman hatte durchschlagenden Erfolg mit seinem ersten Roman. Er war mit diesem Erfolg ein Jahr lang Stammgast auf allen roten Teppichen. Doch sein Verlag drängt, die Leser erwarten den Folgeroman von Goldman. Doch der kommt nur schwer in Schwung und hat keine Idee für den nächsten Roman. Er hat eine totale Blockade. Um diese zu lösen, begibt er sich in den kleinen Ort Aurora, wo er seinen großen Lehrmeister Harry Quebert weiß. Quebert ist selbst ein hochangesehener Schriftsteller, der vor 33 Jahren einen Riesenerfolg hatte und seitdem als Dozent für kreatives Schreiben an einer Uni tätig ist. An dieser Uni haben sich Goldman und Quebert kennengelernt und angefreundet.

Der ältere Quebert wird väterlicher Freund und Coach für Goldman. Mit Goldmans Erfolg war die Verbindung zwischen beiden gerissen. Goldman war zu sehr mit seinem Erfolg beschäftig. Doch nun erinnert er sich an seinen Freund und Mentor, geht zu ihm, um sich Ratschläge gegen seine Blockade zu holen. Da wird eine Leiche im Garten von Quebert gefunden. Es ist die Leiche von Nola, die als fünfzehnjähriges Mädchen spurlos verschwunden war. Bei der Toten wurde das Manuskript von Harry Queberts Erfolgsroman von 1975 gefunden. Es stellt sich heraus, dass der damals bereits erwachsene Quebert ein Verhältnis mit der Minderjährigen hatte. Für die Leute ist klar: Quebert ist der Mörder von Nola. Seine Aussichten auf den Literaturnobelpreis lösen sich im Nirwana auf. Nur sein Schüler Marcus Goldman hält zu ihm und ist nicht davon überzeugt, dass Quebert der Mörder ist.

Er nimmt zusammen mit einem Polizisten die Ermittlungen auf, um die Unschuld Queberts zu beweisen. Gleichzeitig damit entwickelt sich der Fall Harry Quebert zu einer Idee und einem Stoff für seinen zweiten Roman. Dieser Roman schließlich ist der vorliegende Roman, den man gerade liest.

Dieser Roman erzeugte ein großes „Wow“ bei mir bereits auf den ersten Seiten. Dabei war ich mir gerade am Beginn nicht sicher, warum. Es war ein ganz unbestimmtes Gefühl, dass dies ein ganz besonderer Roman ist. Da die Protagonisten Schriftsteller sind und die Handlung auch das Milieu der Verlagsbranche tangiert, weckte auch dies mein Interesse und ich war erfreut über die zahlreichen „Lebensweisheiten“ für Autorinnen und Autoren. Jedem Kapitel ist ein Gespräch zwischen Schüler und Mentor vorangestellt, in welchem der Mentor den Schüler helfen möchte, die „Schriftstellerkrankheit“ zu bekämpfen. Das Besondere an den Kapiteln: Sie sind rückwärts nummeriert. Da die Protagonisten gelegentlich mit den Ratschlägen durcheinander kommen, klären sie manches Mal im Gespräch, mit welchem Kapitel es gerade weitergeht. Eine nette, humorige Note. Da sich die Ermittlungen auf Vorgänge vor über dreißig Jahren beziehen, wird in dem Roman mit sehr vielen Rückblenden gearbeitet.

Es gibt Rückblenden in die Zeit des Heranwachsens von Marcus Goldman, in die Zeit des Verhältnisses Queberts mit Nola, die Zeit ihres Verschwindens, aber auch Rückblenden in die Zeit davor, das Verhältnis von Nolas Eltern untereinander. Trotz dieser zahlreichen Zeitsprünge verliert man aber nie den Überblick und weiß immer, wo man sich in der Handlung befindet und welche Neuigkeiten diese oder jene Rückblende für die aktuelle Handlung bereithält. Das ist eine ganz besondere Note dieses Romans. Schließlich nicht zu vergessen die ungeheure Spannung.

Mit jedem Satz, den man liest, wird einem das bisher Geschehene immer klarer und plausibler. Man kann alles sehr gut nachvollziehen. Doch dann passiert etwas derart Unerwartetes, so dass alles bisherige wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Als Leser muss man erst Mal Luft holen, bevor man weiterliest. Doch Joël Dicker wäre kein guter Schriftsteller, wenn er den Leser jetzt alleine lassen würde. Es werden Begründungen und Argumente geliefert, so dass man alles wieder auf die Reihe bekommt. Bis zur nächsten Wendung …

Gelesen zum Jahreswechsel legt dieser Roman die Latte sehr, sehr hoch für das Rezensionsjahr 2014. Den Roman kann man ohne Bedenken mehrmals lesen.

Wem dieser Roman gefällt und einen ähnlichen im Schriftstellermilieu lesen möchte, sollte sich „Die Geschichte eines Lügners“ von John Boyne ansehen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Veröffentlicht am 02.04.2021

ein klassischer „Berndorf“

Eifel-Krieg
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Der im vorigen Herbst erschienene Berndorf-Krimi aus der Eifel ist wieder ein klassischer „Berndorf“ und widmet sich dem Thema der rechten Szene. Etwa zehn Stunden Hörmaterial mit der faszinierend dunklen ...

Der im vorigen Herbst erschienene Berndorf-Krimi aus der Eifel ist wieder ein klassischer „Berndorf“ und widmet sich dem Thema der rechten Szene. Etwa zehn Stunden Hörmaterial mit der faszinierend dunklen Stimme des Autors selbst.
Mit einem Toten in der Eifel beginnt auch dieser Roman. Siggi Baumeister, der ermittelnde Journalist, bekommt was auf die Mütze noch ehe der Roman so richtig begonnen hat. Kurze Zeit später wird sein Freund Hauptkommissar Rodenstock nach einem sehr schweren Überfall im Krankenhaus ins Koma gelegt. Seine Überlebenschancen sind extrem gering. Währenddessen ist Rodenstocks Frau Emma mit einer Tante aus Australien in Polen unterwegs. Die Tante ist auf der Suche nach ihren Wurzeln (und nicht abgeneigt, sich bei ihren Verwandten in der Eifel einzunisten). Schützenhilfe bei den Ermittlungen gibt die Staatsanwältin Tessa. Alle Ermittlungsansätze scheinen auf einem Bauernhof, genannt der Eulenhof, zusammenzulaufen. Von außen betrachtet wird er als Hotel für Geschäftsleute und Jagdgemeinschaften betrieben. Doch die Leute in der Gegend glauben, dass es sich bei den Betreibern um Neo-Nazis handelt. So manch ein Nachbar berichtet von unliebsamen Begegnungen. Die blutige Nase, die sich Baumeister dort geholt hat, zeugt auch nicht gerade von guten Manieren. Die auf dem Hof aufwachsenden Mädchen und Jungen sind brutal und schlagen gerne mit einem Baseball-Schläger auf Schulkameraden ein. Aus dem Hinterhalt wird auf Jäger geschossen. Die Kripo und Baumeister sind sich einig: Ein Sniper läuft durch die Eifel. Die Zeit beginnt zu laufen, denn einen weiteren Toten wünscht sich keiner. Doch wird das so einfach sein?
Berndorf hat erneut viele Fährten ausgelegt, die man zunächst nur mühsam zusammenhalten kann. Das organisierte Verbrechen taucht dieses Mal in Form der Neo-Nazis auf, die auf vielfältige Weise an Geld herankommen müssen. Kein Wunder, dass leichte Hiebe auf den NSU-Prozess ausgeteilt werden. Doch weisen einzelne Ermittlungsphasen immer wieder in das private Milieu mancher Figuren. Das macht den Roman spannend und lässt dem Hörer/ Leser Freiraum zum „eigenen“ Ermitteln. Das Hörbuch besticht aber nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch den Vortrag des Schriftstellers selbst. Es gibt diverse Hörbücher zu den Berndorf-Romanen mit unterschiedlichen Sprechern. Doch die Stimme Berndorfs selbst ist die angenehmste von allen.
Gehört zum Jahreswechsel hat es mir viele schöne Stunden bereitet. Ich kann dieses Hörbuch sehr empfehlen. Wiederholungstäter wissen, was sie an Berndorf haben. Und wer bislang noch nicht auf (oder in) die Eifel gekommen ist, kann sich hiermit ein kleines Bild davon machen. Nur geschossen wird nicht so häufig in der Realität.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

Veröffentlicht am 01.04.2021

»Mord in Venedig« mit viel Lokalkolorit

Mord in Venedig
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Auf diesen Roman hatte mich der Klappentext neugierig gemacht. Tatortfotografen als Protagonistin und Ermittlerin ist schon etwas Besonderes. Im Hintergrund dazu die Kulisse von Venedig. Das klang und ...

Auf diesen Roman hatte mich der Klappentext neugierig gemacht. Tatortfotografen als Protagonistin und Ermittlerin ist schon etwas Besonderes. Im Hintergrund dazu die Kulisse von Venedig. Das klang und klingt vielversprechend.

Die in Berlin lebende Cat ist alleinerziehend von 14 jährigen Zwillingen. Sie arbeitet für die Polizei und hat als Fotografin besondere Ermittlungserfolge, weil sie ein besonderes Auge für Fotos hat. Sie sieht etwas auf ihren Fotos, was andere Leute nicht sehen. Und sie hat eine besondere Interpretation dessen, was sie auf ihren Fotos sieht. Ihr Vater, der bei Europol arbeitet, hat sie zur Berliner Polizei und in diesem Roman an die Polizei von Venedig vermittelt. Beziehungen sind halt das halbe Leben. Denn hier in Venedig wurde eine berühmte alternde Filmdiva tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Doch Cat ist mit der Vermittlung nach Venedig gar nicht glücklich, denn schließlich will sie hier mit ihren pubertierenden Kindern Urlaub machen. Aber der Vater duldet keinen Widerspruch. Doch auch die Kommissarin Conti aus Venedig ist wenig begeistert von der Hilfe durch die deutsche Kollegin.

Soweit so gut. Die Leser können sich auf ganz viel Venedig einstellen. Detailreich werden viele herausragende Punkte der Lagunenstadt beschrieben. Zwischen den Terminen bei der Polizei findet die Protagonistin immer wieder eine Gelegenheit, mit ihren Kindern etwas zu unternehmen. Das wird dann ausgewalzt und gibt den venezianischen Flair. Daneben wird er sehr viele Möglichkeiten der Fotobearbeitung beschrieben. Passt zwar zu einer Tatortfotografin, aber als Leser des Romans möchte ich keinesfalls Fotograf werden.

Bei all der Liebe zum Detail war mir persönlich die Spannung etwas auf der Strecke geblieben. Als Liebhaber von Venedig und oder Italien fasziniert der Roman mit den Informationen zu dieser Stadt. Als Liebhaber von Krimis lässt mich der Roman etwas im Stich. Zumindest eine lange Zeit.

Erst die Hinzunahme der Flüchtlingsthematik gibt dem Ganzen dann etwas mehr Schwung. Es werden Möglichkeiten aufgebaut, die Morde aus anderer Sicht zu sehen. Und damit fängt das kriminelle Moment viel besser an zu drehen.

Empfehlenswert und informativ ist der Roman allemal. Auch unterhaltsam, aber als spannenden Krimi sollte man ihn nicht unbedingt erwarten.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

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