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Veröffentlicht am 03.04.2022

Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar! (Astrid Lindgren)

Fräuleinwunder
1

1953 Hamburg. Die 19-jährige Elisabeth „Elly“ Bothsen ist mit ihren Geschwistern wohlbehütet in einer gutbetuchten Kaufmannsfamilie aufgewachsen und soll dem Wunsch ihrer Eltern entsprechend mit einer ...

1953 Hamburg. Die 19-jährige Elisabeth „Elly“ Bothsen ist mit ihren Geschwistern wohlbehütet in einer gutbetuchten Kaufmannsfamilie aufgewachsen und soll dem Wunsch ihrer Eltern entsprechend mit einer Heirat dem Familienunternehmen zusätzlichen Glanz verleihen. Doch Elly ist zwar mit dem ausgesuchten Ehemann Thies gut befreundet, liebt ihn jedoch nicht. Als sie von ihren Eltern vor vollendete Tatsachen gestellt wird, weigert sie sich zu heiraten, weshalb ihr Vater sie des Hauses verweist. Mit gepackten Taschen und ihrer Freundin Ingrid im Gepäck, die ebenfalls von ihren Eltern verstoßen wurde, mietet sie sich in einem Hotel auf dem Hamburger Kiez ein. Peter, den sie durch Ingrid kennengelernt hat und der eine Stelle beim neuen Fernsehsender NWDR hat, nimmt sie dorthin mit, wo sie schnell ein Arbeitsangebot bekommt. Elly arbeitet erst als Tippse und Mädchen für alles, um schon bald als Redaktionsassistentin Karriere zu machen, was ihr auch viel Neid in den eigenen Reihen beschert. Doch mit ihren innovativen Ideen kann sie schnell bei ihrem Programmchef punkten und steigt die Karriereleiter bald nach oben. Und auch die Liebe schneit unverhofft in Ellys Leben, während ihre eigene Familie langsam auseinander bricht…
Stephanie von Wolff hat mit „Fräuleinwunder“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, dessen Handlung den Leser in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entführt, um dort nicht nur die Anfänge des Fernsehens, sondern auch eine mit Familiengeschichte, Liebe und Freundschaft gespickte Geschichte mitzuerleben. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell in der Zeit zurückreisen, um dort Elly, ihre Familie und ihr Umfeld kennenzulernen, die sich in den betuchten Hamburger Kreisen bewegen. So wird auch von Elly, ihrer jüngeren Schwester Kari und dem älteren Bruder York erwartet, sich an die gesellschaftlichen Regeln zu halten, wo vor allem für Frauen eher die Rolle der Hausfrau und Mutter vorgesehen war als eine berufliche Karriere. Die Autorin hat die 50er Jahre sehr schön in ihre Handlung integriert und lässt den Leser die Anfänge des Fernsehens gut miterleben. Da werden sowohl Koch- als auch Tiersendungen mit Hagenbeck entwickelt, aber auch die Übertragung der Krönungsfeierlichkeiten von Elisabeth II. gekonnt in Szene gesetzt, so dass der Leser das Gefühl hat, hautnah dabei zu sein. Ebenso werden aber auch ernstere Themen aufs Tablett gebracht, so geht es um Intrigen und Neid unter Kollegen, illegale Schwangerschaftsabbrüche, aber auch um sexuelle Belästigung. Der Spannungsbogen liegt zwar nicht sehr hoch, doch die Lektüre ist durchaus kurzweilig und lässt ein Stück deutsche Geschichte am Leser vorbeiziehen.
Die Charaktere sind sympathisch und lebendig gestrickt, ihre menschlichen Ecken und Kanten durchaus authentisch, was dem Leser die Möglichkeit gibt, sich als Teil von ihnen zu fühlen und mit ihnen zu fiebern. Elly ist ein kluger Kopf mit vielen innovativen Ideen. Recht selbstbewusst, ehrlich und optimistisch geht sie durchs Leben und ist sich für nichts zu schade, um ein selbstbestimmtes Leben nach ihren Vorstellungen zu haben. Peter ist ein liebenswürdiger und offener Mann, der Ehrgefühl besitzt. Thies ist ein farbloser Kerl, der recht fies werden kann. Ellys Vater sowie Bruder York sind wahre Kotzbrocken. Aber auch Ellys Mutter, Schwester Kari, Ingrid und weitere Protagonisten spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte.
„Fräuleinwunder“ beschert dem Leser mit einer guten Mischung aus Familiengeschichte, Historie, Liebe und Intrigen einige interessante und unterhaltsame Lesestunden sowie eine Reise in die alten 50er Jahre. Ein schöner Schmöker mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.02.2022

Das Schicksal nimmt nichts, was es nicht gegeben hat. (Seneca)

Schicksalszeit
1

Sommer 1914. Das Grandhotel Deutscher Kaiser der Familie Laverne im nahe der französischen Grenze gelegenen Kurort Bad Lichtenberg ist der Hotspot des gesellschaftlichen Lebens und bald mal das Erbe der ...

Sommer 1914. Das Grandhotel Deutscher Kaiser der Familie Laverne im nahe der französischen Grenze gelegenen Kurort Bad Lichtenberg ist der Hotspot des gesellschaftlichen Lebens und bald mal das Erbe der Geschwister Franz, Victoria und Luise. Doch diese haben momentan ganz andere Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben. Während Franz seine Karriere als Hauptmann bei der kaiserlichen Armee absolviert, kreisen seine Gedanken um seine große Liebe Clara. Schwester Luise hat sich vor allem bei ihrem Vater Johannes in Ungnade gestürzt, denn sie hatte in Paris eine skandalöse Affäre mit einem verheirateten Mann und ist nun reumütig in den Schoß der Familie zurückgekehrt, um zu Kreuze zu kriechen. Und das 16-jährige Nesthäkchen Victoria ist in Liebe zu einem russischen Pianisten entbrannt. Der Erste Weltkrieg steht vor der Tür und wird auch das Leben der Familie Laverne gründlich in den Grundmauern erschüttern…
Katja Maybach hat mit „Schicksalszeit“ den Eröffnungsroman ihrer historischen Dilogie um die Familie Laverne vorgelegt, dessen Kombination aus Familiengeschichte und geschichtlichem Hintergrund von der ersten Seite an den Leser zu begeistern weiß. Der flüssige, farbenprächtige und emotionsgeladene Erzählstil lässt schnell das Kopfkino des Lesers anspringen und bringt ihn nicht nur zurück ins vergangene Jahrhundert, sondern lädt ihn auch in die üppige, luxuriöse Umgebung des Grandhotels ein, wo er sich unter die illustre Gesellschaft mischt und die Entwicklungen innerhalb der Eignerfamilie verfolgt. Während im Hintergrund der Pianist dem Klavier Melodien entlockt und die leisen Gespräche der Hotelgäste eine wohlige Atmosphäre schaffen, erhält der Leser über wechselnde Perspektiven Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt einzelner Familienmitglieder. Das Hotel ist ein eigener Kosmos, wo Unbeschwertheit und Sorglosigkeit gepaart mit Eleganz und Laissez-faire herrschen, derweil der Erste Weltkrieg kurz bevorsteht, der die Welt für viele aus den Angeln heben wird. Der Leser erlebt die Machtgewalt des Krieges, der von einem Moment zum anderen das Leben aller verändert und das Hotel zum Lazarett mutieren lässt. Sowohl Luise als auch Franz und Victoria müssen unterschiedliche Schicksalsschläge und Schwierigkeiten meistern, Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen und an diesen wachsen, auch wenn das bedeutet, gegen den Wunsch der Eltern zu handeln und gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen. Maybach hat den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwebt, baut die Spannung mit ihren Protagonisten immer weiter auf und fesselt den Leser so regelrecht an die Buchseiten.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und sprühen voller Leben. Sie wirken realistisch und glaubwürdig, so dass der Leser sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal zu begleiten. Franz sieht seine Zukunft eher in einer militärischen Laufbahn als im Familienhotel. Er sitzt zwischen zwei Stühlen, denn er hat die wahre Liebe gefunden, aber eine alte Affäre will ihn nicht loslassen. Luise wirkt kapriziös und eigenwillig, doch nun muss sie reumütig in den Schoss der Familie zurück, die sie ihren Fehltritt spüren lässt. Victoria ist ein dauerverliebter Backfisch, der einfach kein Glück hat. Gerda ist eine egoistische und rachsüchtige Frau, die anderen das Leben zur Hölle macht, um ihren Willen durchzusetzen.
Mit „Schicksalsjahre“ ist Katja Maybach ein wunderbar fesselnder Einstieg in ihr Familienepos gelungen. Neben akribisch recherchierten historischen Fakten darf der Leser eine ungewöhnliche Familie und deren unterschiedliche Lebenswege und Schicksale kennenlernen. Ein Roman, der von Anfang bis Ende eine Achterbahn der Gefühle beim Leser hervorruft, der nun händeringend und voller Erwartung auf die Fortsetzung wartet! Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!

Veröffentlicht am 04.07.2021

Und jedem Neuanfang wohnt ein Zauber inne (frei nach Hermann Hesse)

Wildblütenzauber
1

Als ihre Mutter Barbara bei einem Autounfall ums Leben kommt, bricht für knapp 30-jährige Sarah eine Welt zusammen. Einzig ihre gleichaltrige Freundin Doreen, mit der sie zusammen aufwuchs und die ihr ...

Als ihre Mutter Barbara bei einem Autounfall ums Leben kommt, bricht für knapp 30-jährige Sarah eine Welt zusammen. Einzig ihre gleichaltrige Freundin Doreen, mit der sie zusammen aufwuchs und die ihr fast wie eine Schwester ist, gibt ihr den nötigen Halt, den Verlust einigermaßen zu verkraften. Auf der Beerdigung trifft Sarah zum ersten Mal auf ihre Großtante Rosa, von der sie bisher nichts wusste und die sie einlädt, sich bei ihr zu melden oder sie in Nürnberg zu besuchen. Die Tage nach der Beerdigung verbringt Sarah bei Doreen an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern, lernt durch das Auffinden des Labradorwelpen Daisy dessen Herrchen Florian mit Tochter Leonie kennen, und wagt zudem mutig gemeinsam mit Doreen den Schritt in die Wohnung ihrer Mutter, um sich um Formalitäten zu kümmern. Dabei findet sie nicht nur einen Grundbuchauszug über ein Haus in Nürnberg, sondern auch das Testament von Barbara, das einige Überraschungen für Sarah bereit hält…
Anne Töpfer hat mit „Wildblütenzauber“ einen berührenden Roman vorgelegt, der nicht nur die Trauerverarbeitung und das Leben nach einem großen persönlichen Verlust sehr authentisch beschreibt, sondern auch optimistisch stimmt für die Zeit danach, wenn sich plötzlich neue Möglichkeiten auftun oder neue Menschen ins Leben treten. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell an die Seite von Sarah und Doreen gleiten, um als unsichtbare Dritte zu verfolgen, wie sich die beiden Freundinnen gegenseitig stützen und Zeit miteinander verbringen. Es ist wunderschön zu beobachten, wie die zwei in alten Zeiten schwelgen, liebevoll über die Tote reden und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Ein Verlust will verarbeitet werden, denn die Wunde, die er hinterlässt, wird immer schmerzen. Umso heilender sind Gedanken an liebevolle Worte und Situationen, bei denen man nochmals die ganze Wärme durchleben kann. Dies darzustellen ist der Autorin mit wunderbarer Empathie sehr gut gelungen, gleichzeitig webt sie neben der Trauerbewältigung interessante Begegnungen mit in ihre Geschichte ein. Die neuen Bekanntschaften sind mal was für enge Freundschaften, aber auch etwas fürs Herz – da spielt der Wink des Schicksals mit. Ein Testament mit explosivem Inhalt sorgt zudem dafür, sich auf alte Familiengeheimnisse zu konzentrieren, um diese ans Licht zu bringen.
Auch mit ihren Charakteren beweist die Autorin ein gutes Händchen. Sie alle wirken authentisch und wie aus dem Leben gegriffen, so dass der Leser das Gefühl hat, einige von ihnen schon länger zu kennen. So folgt er ihnen gern sowohl durch traurige als abenteuerlustige Zeiten und nimmt regen Anteil am Geschehen. Sarah hat gerade einen herben Verlust erlitten, der sie besonders empfindsam und verletzlich macht. Gleichzeitig steht sie an einem Wendepunkt in ihrem Leben und muss Entscheidungen treffen. Doreen teilt Sarahs Verlust, ist ihr eine wahre Stütze und wirkt ausgeglichen und pragmatisch. Mandy ist ein Backtalent, die mit ihren süßen Köstlichkeiten die Seele streichelt. Florian mitsamt Leonie und vor allem Daisy bringen neuen Schwung in Sarahs und Doreens Leben. Nachbar Bernd entpuppt sich als liebenswerter Kerl, der seine eigenen Probleme hat, bei dem ihm die Freundinnen etwas unter die Arme greifen.
„Wildblütenzauber“ ist rundum ein tiefgründiger Wohlfühlroman, der sich nicht nur um Trauer und Verlust dreht, sondern vor allem um neue Freunde, Möglichkeiten und Entscheidungen sowie das Lüften eines Geheimnisses. Sehr feinfühlig und empathisch erzählt, taucht der Leser erst wieder auf, wenn die letzte Silbe gelesen ist. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.07.2021

„Vergib deinen Feinden, aber vergiss niemals ihre Namen.“ (John Fitzgerald Kennedy)

Die fremde Spionin
1

Die 10-jährige Ria wird jäh von ihrer jüngeren Schwester Jolanthe getrennt und sowohl ihrer Familie als auch ihrem Umfeld beraubt, als die DDR-Staatssicherheit ihre Eltern als Volksverräter inhaftiert. ...

Die 10-jährige Ria wird jäh von ihrer jüngeren Schwester Jolanthe getrennt und sowohl ihrer Familie als auch ihrem Umfeld beraubt, als die DDR-Staatssicherheit ihre Eltern als Volksverräter inhaftiert. Sie wächst in einer Pflegefamilie in Ostberlin auf und hat keinerlei Möglichkeit, mit ihrer Schwester in Kontakt zu treten. In Ria wird der Gedanke nach Rache immer größer, vor allem aber möchte sie unbedingt ihre Schwester wiederfinden. Durch einen Wink des Schicksals erhält Ria, die inzwischen im Ministerium für Außenhandel arbeitet, 1961 vom BND die Möglichkeit, als Spionin für den Westen zu arbeiten, wobei sich Ria natürlich auch Unterstützung bei der Suche nach ihrer Schwester erhofft. Die Arbeit als Spionin fordert Rias ganze Aufmerksamkeit, damit sie bei ihrer Arbeit nicht enttarnt wird und in die Fänge des DDR-Regimes gerät. Doch leider gelingt es ihr nicht, unsichtbar zu bleiben, so dass ihr schon bald sowohl die Stasi als auch der KGB mit seinem effektiven Top-Agenten Sorokin auf den Fersen sind. Wird Ria ihre Schwester wiederfinden?
Titus Müller hat mit „Die fremde Spionin“ einen fesselnden Roman als Auftakt für seine neue Trilogie vorgelegt, der nicht nur mit exzellent recherchiertem historischem Hintergrund, sondern auch mit atemberaubender Spannung den Leser von Beginn an in Atem hält. Der flüssige, bildgewaltige und teils recht dramatisch anklingende Erzählstil Müllers lässt keine Wünsche offen und schickt den Leser auf eine Zeitreise zurück in die jüngste deutsche Vergangenheit, wo das Land zwar schon geteilt, die Mauer jedoch noch nicht errichtet war. An der Seite von Ria Nachtmann erlebt der Leser nicht nur originalgetreu das Leben im DDR-Regime mit, sondern wird nahezu hineinkatapultiert in die undurchsichtige und berechnende Welt der Geheimdienste, die ihre Agenten wie auf einem großen Schachbrett hin- und herschieben, um den Gegner matt zu setzen. Durch geschickte Perspektivwechsel lernt der Leser aber auch die Seite von Sorokin kennen, so dass er sich gut in beide Hauptprotagonisten hineinversetzen kann. Müller ist ein wahrer Erzählkünstler, der Fiktion mit Wahrheit so gekonnt verbindet, dass der Übergang fließend ist und den Leser sofort davon überzeugt, dass alles genauso stattgefunden haben kann. Dabei lässt er neben erfundenen Protagonisten damalige politische Größen wie Kennedy, Ulbricht, Schalck-Golodkowski oder Erich Honecker auftreten, was die Geschichte nur noch authentischer macht. Überraschende Wendungen sowie das undurchsichtige Katz- und Maus-Spiel der verschiedenen Geheimdienste machen die Handlung nicht vorhersehbar, so dass der Spannungsbogen auf sehr hohem Niveau bis zum Ende gehalten wird, und der Leser wunderbar miträtseln kann, wie die tiefgründig konzipierte Geschichte wohl enden wird.
Die Charaktere sind sehr facettenreich ausgearbeitet, Ihnen wurde regelrecht Leben eingehaucht. Authentische menschliche Eigenschaften machen sie für den Leser glaubwürdig, der ihnen als unsichtbarer Schatten folgt und dabei Geschichte leibhaftig miterlebt. Ria ist aufgrund ihres Lebenslaufs eine zerrissene Persönlichkeit. Viel zu naiv und unbedarft geht sie an ihre Aufgaben als Agentin heran, bringt sich mehr als einmal in Gefahr, doch wächst sie an ihren Aufgaben und dem Leser immer mehr ans Herz. Sorokin wirkt wie ein eiskalter Killer, der stringent seine Aufträge erledigt, doch auch er ist aus Fleisch und Blut, kann Gefühle zulassen, die man ihm nicht zutrauen würde. Hähner wirkt eher wie ein Mensch denn wie ein Geheimdienstoffizier, denn er zeigt Verantwortung. Die übrigen Protagonisten sind ebenfalls sehr gut gezeichnet und tragen zur Spannung der Geschichte maßgeblich bei.
„Die fremde Spionin“ lässt mit einer sehr gut ausgeklügelten Handlung nicht nur den kalten Krieg wieder lebendig werden, sondern hält den Leser mit rasantem Tempo in atemloser Spannung, während er bei der Lektüre ein Wahnsinnskopfkino sowie eine Achterbahn der Gefühle durchlebt. Absolute Leseempfehlung für alle, die Geschichte leibhaftig miterleben wollen!!!

Veröffentlicht am 06.06.2021

"Eine Reise wird besser in Freunden als in Meilen gemessen." (Tim Cahill)

Die Donauperle
1

Schon als Kind war Susanne Mattner mit ihrem Großvater mit dem Schiff auf der Donau unterwegs, für sie gab es nichts Schöneres. Nun hat sie endlich ihr Kapitänspatent in der Tasche und das Kommando über ...

Schon als Kind war Susanne Mattner mit ihrem Großvater mit dem Schiff auf der Donau unterwegs, für sie gab es nichts Schöneres. Nun hat sie endlich ihr Kapitänspatent in der Tasche und das Kommando über das Ausflugskreuzfahrtschiff „Donauperle“. Bereits am ersten Tag muss Susanne feststellen, dass der 1. Offizier nicht gerade begeistert ist, dass ihm eine Frau vor die Nase gesetzt wurde und er bei der Beförderung übergangen wurde. Dafür freuen sich Hotelmanager Christian sowie die Restaurantkräfte Melanie und Vanessa umso mehr über die neue Kapitänin. Während die Reise die Donau hinauf und hinab führt, immer wieder neue Passagiere an Bord weilen und die Streckenschönheiten nebst Besuchen in Wien, Budapest und der Wachau genießen, hat die Crew nicht nur mit dem Aufspüren eines Stalkers zu tun, sondern Susanne muss sich auch als Kapitänin beim Personal etablieren und ganz nebenbei erwischt sie auch noch Amors Pfeil gleich doppelt, was sie in die Bredouille bringt….
Andrea Valentin hat mit „Die Donauperle“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer Reise an Bord des Ausflugskreuzfahrtschiffes einlädt, um neben der herrlichen Strecke vom österreichischen Melk über Dürnstein, Krems, Tulln, Wien ins ungarische Budapest und zurück auch die zwischenmenschlichen Beziehungen unter den einzelnen Gästen sowie Bordmitarbeiten mitzuerleben. Kleine Ausflüge zu Susanne Familie gibt zudem einen guten Einblick in ihr familiäres Umfeld und ihre enge Bindung an Onkel, Tante und Schwester. Mit locker-flüssigem und gefühlvollem Erzählstil stellt die Autorin den Leser an Susannes Seite und dieser folgt ihr wie ein Schatten durch ihre erste Zeit als Flusskapitänin, während er gleichzeitig den Aufenthalt an Bord genießen darf. Auf dem schwimmenden Hotel geht es hoch her, denn nicht nur unter den Gästen ist einiges los, sondern auch beim Personal gibt es das eine oder andere Abenteuer mitzuerleben. Bildhafte Beschreibungen der Ausflugsziele geben dem Leser zudem das Gefühl, hautnah dabei zu sein und die zauberhafte Landschaft an sich vorbeiziehen zu sehen. Einige aufgeführte Sehenswürdigkeiten in Regensburg und Budapest wandern schnell zusätzlich auf die Reiseliste für zukünftige Besuche in den beiden Städten. Auch die sich anbahnenden Liebesgeschichten sowie die Jagd nach dem Stalker sind gut in der Geschichte integriert und wirken so glaubhaft und nachvollziehbar.
Die Charaktere sind liebevoll und realitätsnah in Szene gesetzt, sie wirken wie Menschen, denen man täglich begegnet, deren Probleme und Reaktionen authentisch sind, so dass der Leser sich schnell in ihrer Gesellschaft wohl fühlt und mitfiebert. Susanne ist eine patente und selbstbewusste Frau, die in ihrem Gefühlsleben etwas impulsiv ist, ansonsten aber gerecht und kompetent ihren Job macht. Christian ist ein Charmeur, freundlich, warmherzig, ehrlich und offen. Der 1. Offizier trägt eine Menge Ballast mit sich herum, dazu hegt er einen gewissen Groll, weil er bei der Beförderung übergangen wurde. Florian ist ein netter Kerl, der man oftmals schwer einordnen kann. Susannes Schwester Katrin ist eher von zurückhaltender Natur, doch auch sie findet endlich das große Glück. Melanie, Vanessa, Steffen und viele andere haben ebenso ihre Auftritte in dieser kurzweiligen Geschichte.
„Die Donauperle“ spendiert nicht nur einen Kurzurlaub auf einem schwimmenden Hotel, um die Schönheiten der Donaugegend zu entdecken, sondern unterhält zudem mit Familiengeschichte, Liebe und interessanten Geschichten von Bord. Genau die richtige Lektüre für alle, die eine Flusskreuzfahrt von Österreich nach Ungarn planen, denn es gibt schöne Geschichten um einige Ausflugspunkte gratis dazu. Verdiente Empfehlung!