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Veröffentlicht am 19.02.2021

"Gleichheit ist die Seele der Freundschaft." (Aristoteles)

Goldener Mohn
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1894 Amerika. Als ihre ehemalige afroamerikanische Amme Mattie im Sterben liegt, möchte Lisbeth ihre engste Vertraute aus der Kindheit noch einem sehen. So macht sie sich mit Tochter Sadie auf den Weg ...

1894 Amerika. Als ihre ehemalige afroamerikanische Amme Mattie im Sterben liegt, möchte Lisbeth ihre engste Vertraute aus der Kindheit noch einem sehen. So macht sie sich mit Tochter Sadie auf den Weg nach Chicago, wo sie neben Mattie auch auf deren Tochter Jordan und Enkelin Naomi treffen. Nach Matties Tod siedelt Jordan mit Tochter Naomi nach Oakland über in die greifbare Nähe zu Lisbeth Sadie und deren Familie. Jordan und Sadie fühlen sich eng verbunden und schon bald kämpfen sie Seite an Seite in einer Frauenbewegung gegen Rassen- und Klassenunterschiede, wobei Sadie immer mehr in Gefahr gerät…
Laila Ibrahim hat mit „Goldener Mohn“ die Fortsetzung von „Gelber Krokus“ und „Eine Handvoll Senfkörner“ vorgelegt, der die Geschichte von Lisbeth, ihrer Familie und Verbundenen fortsetzt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ans Ende des 19. Jahrhunderts ein, um in einem Amerika zu landen, in dem die afroamerikanische Bevölkerung immer noch unterdrückt wird und die Weißen sich überlegen fühlen, obwohl die amerikanischen Bürgerrechte für alle gelten und in der Verfassung festgeschrieben sind. An der Seite der hellhäutigen Lisbeth erlebt der Leser die tiefe Verbundenheit und Liebe zu ihrer dunkelhäutigen Amme. Für Lisbeth macht die Hautfarbe keinen Unterschied, es ist fast so, als würde sie diese gar nicht sehen. Diesen Wesenszug hat sie auch auf ihre Tochter Sadie übertragen, die sich sofort mit Matties Tochter Jordan anfreundet und deren Beziehung sich schnell recht innig entwickelt, so wie es ihre Mütter vorlebten. Das Engagement der beiden Frauen in der Frauenbewegung ist nicht nur Sadies Ehemann ein Dorn im Auge, was Sadie aber nicht davon abhält, sich weiter einzubringen. Ibrahim beschreibt mit viel Gefühl und Empathie die Freundschaft zwischen Jordan und Sadie, lässt sich aber auch deutlich über die damals herrschenden Zustände in der Bevölkerung und die Benachteiligung von Frauen aus, die sie gut recherchiert hat.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich skizziert, authentische menschliche Eigenheiten machen sie für den Leser glaubwürdig, der sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal eine Weile zu begleiten. Lisbeth ist eine warmherzige und fürsorgliche Frau, die sich nicht um Hautfarben schert, sondern ihre innige Freundschaft lebt. Ihre lange enge Vertraute Mattie ist ebenfalls eine Frau, die man so schnell nicht vergisst, ausgestattet mit einem großen Herzen und viel Liebe für diejenigen, die ihr anvertraut waren. Sadie ist ihrer Mutter Lisbeth sehr ähnlich, sie ist eine Kämpferin. Jordan ähnelt ihrer Mutter Mattie ebenfalls, sie setzt sich mit Sadie für Gleichheit und Gerechtigkeit, vor allem aber für die Gleichstellung von Frauen gegenüber Männern ein.
„Goldener Mohn“ unterhält mit einer gefühlvollen und gleichsam spannenden historischen Geschichte über eine Freundschaft, die sich über Rassenunterschiede hinwegsetzt und für die Abschaffung jener kämpft. Ein Tipp für jeden Interessenten: erst die Vorgängerbände lesen! Verdiente Empfehlung!

Veröffentlicht am 14.02.2021

Weniger Biografie als Wahlpropaganda

Söder
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Man merkt, die Bundestagswahl ist nicht mehr fern und die Kandidaten müssen in Stellung gebracht werden. So rührt auch Spiegel-Journalistin Anna Clauß die Werbetrommel, deren Buch über Dr. Markus Söder ...

Man merkt, die Bundestagswahl ist nicht mehr fern und die Kandidaten müssen in Stellung gebracht werden. So rührt auch Spiegel-Journalistin Anna Clauß die Werbetrommel, deren Buch über Dr. Markus Söder sich rechtzeitig in den Bücherlisten wiederfindet, hatte sie doch den Vorteil, den bayerischen Ministerpräsidenten für lange Zeit begleiten und beobachten zu dürfen.
Mit geübter Schreibe und einigem Humor versucht sie, dem interessierten Leser mit „Söder“ den Politiker, aber auch den Privatmann näher zu bringen. Doch hier verzettelt sie sich leider, denn eine Biografie kann man dieses Büchlein nicht nennen. Privates wird eher außen vor gelassen, vielmehr bekommt man den Mann präsentiert, den man schon genügend durch Funk und Medien erlebt, wo er nicht nur polarisiert, sondern den Deutschen mit seiner manchmal arroganten Pathetik und ständigen Bevormundungen mit aller Macht seinen Stempel aufdrücken will. Dabei ist man sich als Leser manchmal nicht sicher, ob Clauß Freund oder Feind von Dr. Markus Söder ist, denn aus ihrer Schreibe lässt sich auch so manche Kritik entnehmen.
Auszüge aus seinem politischen Terminkalender sind eher uninteressant, lieber möchte man sich mit dem Menschen Söder auseinandersetzen und mehr über ihn erfahren.
Nach der Lektüre von „Söder“ weiß man auch nicht mehr als vorher, also Zeitverschwendung - keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 14.02.2021

Neuanfang in der Provence

Das zauberhafte Weingut in der Provence
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Avas Leben ist momentan nicht das Gelbe vom Ei. Mark, ihr Schuft von Ehemann hat sie nicht nur nach Strich und Faden betrogen, sondern ist auch Schuld daran, dass sie plötzlich ohne ein Dach über dem Kopf ...

Avas Leben ist momentan nicht das Gelbe vom Ei. Mark, ihr Schuft von Ehemann hat sie nicht nur nach Strich und Faden betrogen, sondern ist auch Schuld daran, dass sie plötzlich ohne ein Dach über dem Kopf dasteht, und das nach 23 Jahren Ehe. Wie gut, dass sie bei ihrer besten Freundin Emilia unterkriechen kann, denn auch ihre verwöhnte Tochter Sophie distanziert sich von Ava. Der Brief eines französischen Notars birgt für Ava einige Neuigkeiten, in denn mit dem Tod ihres geliebten Grandpapas ist Ava die Erbin seines Hauses nebst Weinberg in der Provence. Während Sophie sie drängt, das Erbe so bald wie möglich zu verkaufen, erinnert sich Ava an die wunderschönen Sommer ihrer Kindheit, die sie dort verbracht hat und beschließt, die Chance für einen Neubeginn beim Schopf zu packen und nach Frankreich zu reisen. Dort angekommen muss Ava feststellen, dass ihr Erbe ziemlich heruntergekommen ist und einiges vonnöten ist, um sowohl Haus als auch Weinberg wiederherzustellen. Die Hilfe von Jacques kommt da wie gerufen…
Ruth Kelly holt mit ihrem Roman „Das zauberhafte Weingut in der Provence“ schon einmal den Sommer ins heimische Wohnzimmer und präsentiert eine luftig-leichte Geschichte, die zum Träumen einlädt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil platziert den Leser schnell an Avas Seite, um mit ihr nicht nur schwierige Zeiten zu durchleben, sondern auch alte Erinnerungen und die Chance auf etwas Neues zu begleiten. Avas Privatleben ist gerade eine ziemliche Baustelle, mit den ihr am nächsten stehenden Lieben hat sie wirklich Pech. Ihr Ehemann ist ein unzuverlässiger Mistkerl, der aufgrund von Fehlspekulationen seit Monaten die Raten fürs Haus nicht mehr bezahlt hat und Ava mit der Situation ganz allein lässt, während er auf irgendeinem Auswärtsjob verharrt, nur um ihr nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Aber auch ihre Tochter lässt sie schmählich im Stich. Ihre Freundin Emilia avanciert zur Ersatzfamilie, denn sie ist die Einzige, die sich wirklich um Ava kümmert. Die Autorin lässt nicht nur verschüttet geglaubte Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen und enthüllt nach und nach ein altes Geheimnis, sondern lässt sich Neuanfang Avas sich langsam entwickeln. Farbenfrohe Beschreibungen der Provence brennen schöne Bilder in den Kopf des Lesers, während er in Avas Spuren wandelt.
Die Charaktere sind bunt gestrickt und mit menschlichen Ecken und Kanten versehen, so dass es dem Leser leicht fällt, ihnen durch die Geschichte zu folgen. Ava ist eine fürsorgliche Frau, die sich leider viel zu lange von ihrer Familie an der Nase hat herumführen lassen. Mit Hilfe ihrer warmherzigen und selbstsicheren Freundin Emilia gewinnt sie den Mut, nicht nur Abstand zwischen sich und ihre Familie zu bringen, sondern sich auch auf ein Abenteuer einzulassen. Tochter Sophie ist eine verzogene und verwöhnte Göre, die Vater Mark fast den Rang abläuft in punkto Arroganz und Egoismus.
„Das zauberhafte Weingut in der Provence“ ähnelt zwar vielen anderen Geschichten mit vergleichbaren Titeln, doch sorgt das Buch für unterhaltsame Lesestunden, die nicht nur eine Auszeit vom Alltag gewähren, sondern auch vom nächsten Urlaub träumen lassen. Kurzweilig und empfehlenswert!

Veröffentlicht am 13.02.2021

Ein schmerzfreier Rücken kann durchaus entzücken!

Wenn der Orthopäde Rücken hat
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Wer kennt es nicht, das Ziehen und Stechen im Rückenbereich, das sich entweder entlang der Lendenwirbelsäule bemerkbar macht oder sich bis hinauf in den Halsbereich ausdehnt? „Ich habe Rücken“ ist bereits ...

Wer kennt es nicht, das Ziehen und Stechen im Rückenbereich, das sich entweder entlang der Lendenwirbelsäule bemerkbar macht oder sich bis hinauf in den Halsbereich ausdehnt? „Ich habe Rücken“ ist bereits ein geflügeltes Wort für mehr als 80% der Deutschen, die immer mal wieder oder immer öfter (gerade jetzt zu Home Office-Zeiten) darunter leiden.
Dr. med. Matthias Manke ist seit vielen Jahren als Orthopäde und Unfallchirurg in Bochum tätig, wo er auch als Revierdoc bekannt ist. Nun hat er mit seinem Buch „Wenn der Orthopäde Rücken hat“ nicht nur seine eigenen Erfahrungen als Patient mit einem Bandscheibenvorfall verarbeitet, sondern gibt dem interessierten Leser auch viele nützliche Anregungen, was dieser zur Vorbeugung oder im Schmerzfall unternehmen kann. Obwohl als Sachbuch konzipiert, schildert Manke mit pointiertem Humor, wie er kurz vor der Behandlung eines Patienten selbst nicht mehr in der Lage war, sich von der Stelle zu rühren. Als geplagter Leser leidet man regelrecht mit bei seinen Beschreibungen, um dann neugierig darauf zu warten, welche Empfehlungen er hat, die man vielleicht selber noch nicht kennt.
Oberstes Gebot ist natürlich: Bewegung und die eigenständige Mitwirkung des Patienten, um eine gute Behandlung und eine Schmerzbefreiung zu ermöglichen. Hat es einen erst einmal erwischt, gibt es Erste-Hilfe-Maßnahmen zur akuten Schmerzerleichterung. Gleichzeitig gibt der Doc aber auch einige Tipps zur Vorbeugung, damit der Rücken gar nicht erst zur Baustelle wird.
Das Buch ist gut durchdacht gegliedert und liefert neben Checklisten und Tests viele Informationen rund um den menschlichen Stabilisierungsapparat – die Wirbelsäule, wobei er auch die Ernährung und alternative Heilmethoden nicht außer Acht lässt. Daneben gibt es spezielle Seiten mit praktischen Übungen für die Beckenbodenstabilisation, Muskeldehnung und als Erste-Hilfe-Maßnahme, wenn der Schmerz schon da ist. Die Übungen kann man jederzeit und ohne viel Aufwand im eigenen Zuhause durchführen. Seine 10 Rückenregeln sind als gut gemeinter Rat zur Vorbeugung gedacht, damit es erst gar nicht zum „Ich habe Rücken“ kommt.
Revierdoc Manke hat mit „Wenn der Orthopäde Rücken hat“ genau den richtigen Nerv getroffen. Das Buch ist eine wahre Fundgrube an guten Tipps und Anregungen, die den Leser zum Nachahmen animieren. Absolute Empfehlung!

Veröffentlicht am 13.02.2021

Von der Freiheit in die Abhängigkeit

Miss Marie
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1916 Norwegen. Die Bäckerei von Thea Marie Thoresens Vater kämpft im Krieg ums Überleben, denn überall sind die Lebensmittel knapp und die Leute haben kaum Geld. Dies macht auch den Traum von Thea Marie ...

1916 Norwegen. Die Bäckerei von Thea Marie Thoresens Vater kämpft im Krieg ums Überleben, denn überall sind die Lebensmittel knapp und die Leute haben kaum Geld. Dies macht auch den Traum von Thea Marie zunichte, als Älteste von sechs Geschwistern das Geschäft eines Tages fortführen zu können. Die Einladung ihrer vor Jahren nach Amerika ausgewanderten Tante Augusta, zu ihr in den USA zu kommen und eine Stelle bei einer reichen Familie anzunehmen, bedeutet vielleicht die Rettung der familieneigenen Bäckerei. Thea Marie macht sich auf die Reise und landet als Dienstmädchen im Haushalt der Vanderbilts, wo auch Tante Augusta als Köchin angestellt ist. Schon bald muss Thea Marie feststellen, dass sie als Dienstbotin nicht nur unsichtbar und fehlerfrei zu sein hat, sondern bei den Gästen der Hausherren auch als Freiwild gilt. Das will sie sich nicht gefallen lassen…
Ellen Vahr hat mit „Miss Marie“ einen historischen Roman mit ernstem Hintergrund vorgelegt, denn die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und zeigt schonungslos neben den großen Standesunterschieden auch die Rechtlosigkeit von Frauen in der damaligen Zeit auf. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser schnell eintauchen ins vergangene Jahrhundert, um sich dem Schicksal von Thea Marie anzunehmen und mit ihr eine folgenschwere Reise anzutreten. Nicht nur der Krieg, sondern vor allem die finanziellen Nöte lassen die junge Frau ihre Heimat verlassen in dem Glauben, mit dem im Ausland verdienten Geld die Familie und das Geschäft zu retten. Doch einmal in Amerika angekommen, wird sie nicht nur ihres Vornamens beraubt, sondern auch zu einem Nichts degradiert. War sie in Norwegen noch eine freie Frau mit eigenen Entscheidungen, die den Zusammenhalt von Familie und Freunden genoss, so muss sie sich nun unterordnen und für sich selbst kämpfen, einzig Tante Augusta und deren Schwester Hulda sind ihre Vertrauten. Vahr zeigt offen die damalige Ungleichbehandlung von Frauen in den USA sowie den Konkurrenzkampf unter den Dienstboten auf. Auch Übergriffe durch die Dienerschaft und geladene Gäste des Hauses sind an der Tagesordnung, wobei die Frau als einzig Schuldige angeprangert und für ihre Schande bestraft wird. Die Zustände sind so plastisch geschildert, dass der Leser alles hautnah miterlebt und durch ein wahres Gefühlsbarometer schreitet ob der Ungerechtigkeit und des Machtmissbrauchs sowohl im Kreis der Dienstboten, aber auch der Herrschaft.
Die Charaktere sind mit gutem Augenmaß gestaltet und bestechen durch Glaubwürdigkeit und Authentizität. Der Leser fühlt sich Thea Marie schnell verbunden und kann so mit ihr hoffen, bangen und fiebern. Thea Marie ist eine offene, selbständige, junge Frau, die sich um ihre Familie sorgt und dafür ein großes Opfer bringt. So tauscht sie ihre Freiheiten ein für ein unselbständiges Leben am unteren Rand der Gesellschaft verbunden mit ständiger Angst. Doch sie ist eine Kämpfernatur, die sich nicht alles gefallen lässt und sich zur Wehr setzt. Augusta ist eine warmherzige Frau, die mit ihrer Schwester Hulda allerdings ein Geheimnis hütet. Aber auch Consuelo Vanderbilt hat mit ihren Handlungen einen Einfluss auf Thea Maries Entscheidungen.
„Miss Marie“ fußt auf wahren Begebenheiten und überzeugt mit einer spannend sowie gefühlvoll erzählten Geschichte, die nicht nur das Kopfkino des Lesers anwirft, sondern auch die Entwicklung der Frauenrolle aufzeigt. Verdiente Leseempfehlung!