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Veröffentlicht am 17.10.2020

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges

Das Vermächtnis der Winzerin
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1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in ...

1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in Europa. Dort kämpft Neffe Luc in Südfrankreich inmitten des Kriegsgeschehens um das familieneigene Weingut und betätigt sich nebenher als Spion für die französische Infanterie. Währenddessen macht sich seine Halbschwester Adeline im Lazarett nützlich und kümmert sich um die Verletzten. Dort begegnet sie dem deutschen Sanitäter Heinrich, schon bald sind die beiden ein Paar und müssen ihre Liebe geheim halten…
Kristen Harnisch hat mit „Das Vermächtnis der Winzerin“ den dritten Band ihrer historischen Winzer-Reihe vorgelegt, der an Dramatik und Spannung allerdings mit den beiden Vorgängern nicht ganz mithalten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein, wobei dieser sich im Wechsel mal auf amerikanischem Boden, mal in Europa aufhält, um die Geschicke der Lemieux-Familie und ihrer Angehörigen hautnah mitzuverfolgen, während der Erste Weltkrieg tobt. So erlebt der Leser in Amerika die Zeit der Prohibition mit und welche Schwierigkeiten sie den Winzern bereitet. Ebenso taucht er in das Kriegsgeschehen auf dem europäischen Kontinent ein, wo die Lemieuxs nicht nur um ihr Weingut kämpfen, sondern sich auch im Verborgenen politisch engagieren oder sich im Lazarett um die Verwundeten kümmern. Dramaturgisch inszeniert die Autorin den Spannungsbogen auf beiden Schauplätzen, wo die Akteure gebeutelt werden, sich teils bewusst in Gefahr begeben oder durch ihr Handeln diese heraufbeschwören. Doch die sehr detailreichen Kriegsberichte lassen die eigentliche Familiengeschichte in den Hintergrund treten und so Langeweile aufkommen. Bestimmten Liebe, Familienprobleme und Intrigen noch die ersten beiden Teile, so können die ständigen Perspektiv- und Schauplatzwechsel den Leser diesmal leider nicht mehr so fesseln, denn der Spannungsbogen geht dabei leider verloren.
Die Charaktere sind gut in Szene gesetzt und besitzen glaubhafte menschliche Eigenschaften, die den Leser überzeugen. Trotzdem steht er in diesem Roman am Rand als Beobachter des Geschehens. Sara ist eine willensstarke und fleißige Frau, die immer für ihre Familie und das Weingut da ist. Philippe liebt seine Frau und stellt seine eigenen Bedürfnisse immer wieder hinter denen seiner Frau zurück. Luc ist eine Kämpfernatur, der sich nicht nur um das Weingut kümmert, sondern auch für sein Vaterland alles tun würde. Adeline ist eine liebevolle und hilfsbereite junge Frau, die zwischen Freund und Feind keinen Unterschied macht und sich fürsorglich um andere kümmert. Aber auch Pippa, Ondine, Michel, Harriet und andere sorgen in der Geschichte mit ihren Episoden für einigen Input.
„Das Vermächtnis der Winzerin“ ist der letzte Teil der Winzer-Trilogie, die sich über ein ganzes Jahrhundert zieht und das Schicksal der Familie Lemieux erzählt. Geheimnisse, Liebe, Verrat, Hoffnung und Verlust durchziehen diese Familiengeschichte. Man sollte die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen, um den Überblick zu behalten. Dieser Abschlussband ist leider mangels Spannung weniger gelungen als die beiden Vorgänger, trotzdem gibt es eine Empfehlung für unterhaltsame sowie kurzweilige Lesestunden.

Veröffentlicht am 17.10.2020

Süße Verführungen

Die Magie von Schokolade
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Obwohl sie den ersten Platz als Patissière Frankreichs gewonnen hat für ihre exzellenten Tortenkreationen, war das glück nicht auf Catalina Palazzos Seite. Als sie ihr Geschäft in der Bretagne verliert, ...

Obwohl sie den ersten Platz als Patissière Frankreichs gewonnen hat für ihre exzellenten Tortenkreationen, war das glück nicht auf Catalina Palazzos Seite. Als sie ihr Geschäft in der Bretagne verliert, kehrt sie in ihre Heimat Korsika zurück, wo sie von ihrem Großvater nach dessen Tod einen kleinen Laden geerbt hat, mit dem ihr der Neuanfang gelingen soll. Catalina war seit ihrer Kindheit nicht mehr auf Korsika, insofern kennt sie weder ihre Großmutter Elena gut genug, noch weiß sie um die alte Fehde zwischen den Palazzos und den Castellis. Ausgerechnet Luca Castelli hat seine berühmte Schokoladenmanufaktur genau gegenüber ihrer Patisserie, was schon bald zu einem Konkurrenzkampf führt, die der alten Familienfehde geschuldet ist und weder an Catalina noch an Luca spurlos vorbeigeht…
Lucie Castel hat mit „Die Magie von Schokolade“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer unterhaltsamen und tiefgründigen Geschichte punkten kann, sondern mit der Fülle von erwähnten Köstlichkeiten dem Leser regelrecht den Blutzucker nach oben treibt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser abwechselnd an Catalinas oder an Lucas Seite gleiten, um die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden genau mitverfolgen zu können. Die Autorin lässt nicht nur ernste Themen wie Betrug, Kinderlosigkeit und Vertrauensbruch in ihre Geschichte mit einfließen, sondern setzt den Leser auch bildreich über die Aktivitäten in den Küchen der beiden Läden ins Bild. Zudem spielt eine alte Fehde eine doch erhebliche Rolle, wobei der Kleinkrieg zwischen den Familien recht kuriose, teils sogar absurde Ausmaße annimmt, indem es den Ort in zwei Lager spaltet, weil beide Familien recht einflussreich sind. Da wird es Zeit, dass die junge Generation weniger Vorbehalte hat und sich lieber in wirklicher Konkurrenz misst, wer in seinem Fach der Beste ist. Die Namen der vereinzelten Köstlichkeiten sind ebenfalls skurril zu nennen, doch hat man als Leser durch die Beschreibungen diese genau vor Augen und möchte sie am liebsten sofort kosten.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt, mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die sie glaubwürdig und authentisch wirken lassen, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, sie ins Herz zu schließen und Anteil an ihrem Schicksal zu nehmen. Catalina hat schon einiges durchgemacht und hofft, die Vergangenheit mit dem Neuanfang in Korsika hinter sich zu lassen. Aber als gebranntes Kind kann sie nur schwer wieder Vertrauen fassen. Als Patissière ist sie unschlagbar, beweist sie doch viel Einfallsreichtum und Empathie für ihre Mitmenschen. Luca ist von Natur aus ein ehrgeiziger Kerl, der manchmal recht arrogant wirkt. Er lebt für seine Kreationen und sorgt für den Lebensunterhalt seiner Familie. Elena Palazzo ist die Grand Dame und Catalinas Großmutter, die noch in der Vergangenheit verortet ist ebenso wie Luca Castellis Mutter. Die beiden schenken sich nichts und halten mit ihren Rachegedanken das Dorf in Atem. Dom Castelli ist ein sympathischer Teddybär, der nicht nur gutmütig, sondern auch weise wirkt. Aber auch Nebenprotagonisten wie Marc-Antoine geben der Handlung zusätzlich Farbe.
„Die Magie von Schokolade“ ist ein wahrer Pageturner mit tollem Kopfkino, denn ständig ist man in der Erwartung, dass die Lage eskaliert oder die Nebenprotagonisten für einen Knall sorgen. Wunderschön und gefühlvoll erzählt ist hier eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!!!

Veröffentlicht am 14.10.2020

Der Kronprinz und das Mädchen

Das Kaffeehaus - Bewegte Jahre
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1979-1889 Wien. Die junge Komtess Sophie von Werdenfels stammt aus gutem Hause, verbringt ihre Zeit aber lieber im Caféhaus Prinzess ihres bürgerlichen Onkels Stefan Danzer und das nicht nur, weil sie ...

1979-1889 Wien. Die junge Komtess Sophie von Werdenfels stammt aus gutem Hause, verbringt ihre Zeit aber lieber im Caféhaus Prinzess ihres bürgerlichen Onkels Stefan Danzer und das nicht nur, weil sie ihren Stiefvater nicht ausstehen kann, sondern weil sie sich dort wohl und geborgen fühlt. Mary Vetsera ist Sophies engste Freundin, die seit einiger Zeit für den verheirateten Kronprinzen Rudolf, Kaiserin Sissis Sohn, entflammt ist. Als Sophie im Café Prinzess die Bekanntschaft Richard von Löwensteins macht, einem engen Freund des Kronprinzen, werden die beiden bald nicht nur Verbündete gegen die fortschreitende Affäre zwischen Mary und Rudolf, sondern fühlen sich auch immer mehr zueinander hingezogen. Leider ist Richard in der unglücklichen Lage, dass er aufgrund von Geldproblemen einer arrangierten Ehe zustimmen musste, um seiner Familie den Untergang zu ersparen. Aber auch Sophie gerät durch Marys unmögliches Verhalten in große Schwierigkeiten…
Marie Lacrosse hat mit „Bewegte Jahre“ einen fulminanten Start zu ihrer historischen Trilogie rund um ein Wiener Kaffeehaus hingelegt. Die Autorin ist bekannt für ihre akribische Hintergrundrecherche, so bringt sie auch diesmal wieder belegbare geschichtliche Fakten rund um die „Mayerling-Affäre“ mit einer fiktiven Handlung zusammen, die sich nicht nur unterhaltsam lesen lässt, sondern wobei man auch noch Geschichte hautnah miterleben kann. Der flüssig, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil ist der damaligen Zeit wunderbar angepasst und nimmt den Leser schon mit dem Prolog in die Handlung hinein in die österreichische K. u. K. Zeit. Wechselnde Perspektiven geben dem Leser nicht nur einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt von Sophie, sondern lassen ihn auch über Richards Schulter schauen, wenn sich dieser mit Kronprinz Rudolf trifft, um sich über persönliche und politische Dinge auszutauschen. Das tragische Ende der Liaison zwischen Rudolf und Mary konnte leider trotzdem niemand verhindern. Lacrosse hat ein Talent, alte Zeiten wieder aufleben zu lassen, um dem Leser anschaulich die damaligen politischen und gesellschaftlichen Standpunkte zu verdeutlichen. Die farbenfrohen Beschreibungen lassen den Leser nicht nur pompöse Veranstaltungen miterleben, auch die geheimen Treffen von Mary und Rudolf sowie der Informationsaustausch zwischen Sophie und Richard im Caféhaus ziehen vor dem inneren Auge des Lesers vorbei. Während einem imaginär der Duft frisch aufgebrühter Kaffeespezialitäten um die Nase weht, wird dem Leser nebenbei auch noch so manche süßen Schmankerl vor Augen geführt, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Die oftmals erwähnte Mokkaprinzentorte ist eines davon. Der Spannungsbogen ist zu Beginn im Mittelfeld angesiedelt, schraubt sich aber mit jedem weiteren Kapitel in die Höhe.
Die Charaktere sprühen vor Leben und wirken mit ihren glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften sehr authentisch. Der Leser folgt ihnen gern bei ihren Erlebnissen, so manch einer stiehlt sich sogar ins Leserherz. Sophie ist eine liebenswerte, junge Frau, die nicht nur durch Hilfsbereitschaft, sondern auch mit Fürsorglichkeit glänzt. Richard ist dem Kronprinzen ein wahrer Freund, hat aber seine eigenen Finanzen nicht im Griff, was ihn alsbald in Schwierigkeiten bringt. Mary ist eine verzogene und intrigante Göre. Sie denkt nur an sich und schert sich nicht um andere. Marie Louise von Larisch ist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht und weiß lange Zeit, ihre Karten auszuspielen. Kronprinz Rudolf leidet sein Lebtag unter einem lieblosen Elternhaus. Auch er legt einen Egoismus an den Tag, der nicht nur ihn das Leben kostet. Aber auch Sissi, Helena und weitere Protagonisten tragen mit ihren Auftritten zum farbenfrohen Sittengemälde der damaligen Zeit bei.
„Bewegte Jahre“ ist von Anfang bis Ende ein historischer Pageturner mit viel Spannung, Liebesreigen und vor allem miterlebbarer Historie, wie man sie nicht besser an den Leser bringen kann. Absolute Leseempfehlung – ausgezeichnet – Chapeau!

Veröffentlicht am 13.10.2020

"Die Hoffnung führt uns weiter als die Furcht." (Richard v. Weizsäcker)

Die Hafenschwester (2)
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1913 Hamburg. Einige Jahre sind inzwischen ins Land gegangen und Martha führt mit Ehemann Paul eine glückliche Ehe in gesicherten Verhältnissen, die mit drei Kindern gesegnet ist. Ihren Beruf als Hafenschwester ...

1913 Hamburg. Einige Jahre sind inzwischen ins Land gegangen und Martha führt mit Ehemann Paul eine glückliche Ehe in gesicherten Verhältnissen, die mit drei Kindern gesegnet ist. Ihren Beruf als Hafenschwester übt Martha ehrenamtlich aus, um sich auch weiterhin um die Ärmsten der Armen im Gängeviertel kümmern zu können. Auch ihre beste Freundin Milli hat es geschafft und führt in Amerika ein durchaus luxuriöses Leben. Die Einladung zu Annas Hochzeit bringt Martha mitsamt ihrer Familie per Schiff nach New York, um an der Eheschließung ihres Patenkindes teilzunehmen. Kaum zurück im heimischen Hamburg bricht der Erste Weltkrieg aus. Paul wird zum Kriegsdienst eingezogen und Martha muss sich fortan allein um alle und alles kümmern. Als Paul bei einem Granatenangriff schwer verletzt wird, sieht sich Martha großen Herausforderungen gegenüber…
Melanie Metzenthin hat mit „Als wir wieder Hoffnung hatten“ den zweiten Teil ihrer historischen Hafenschwester-Trilogie vorgelegt, der dem ersten Band in punkto Spannung und geschichtlichem Hintergrund in nichts nachsteht. Mit flüssigem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil lässt die Autorin den Leser schnell wieder an Marthas Seite schlüpfen, um hautnah bei ihren kommenden Erlebnissen dabei zu sein. Die Autorin hat wieder einmal akribisch recherchiert und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwoben, wobei ihre bildreichen Beschreibungen im Kopf des Lesers einen Film zum Laufen bringen. So darf der Leser nicht nur mit den Studts auf dem Luxusliner „Imperator“ nach Amerika schippern und das dortige Leben zur damaligen Zeit bestaunen, sondern erlebt auch mit, wie der Krieg ausbricht und das Leben aller auf den Kopf stellt oder findet sich inmitten von Streikenden wieder. Metzenthin schickt den Leser während der Lektüre auf eine Achterbahn der Gefühle, denn die Diskrepanz zwischen Arm und Reich ist frappierend. Martha, stellvertretend für viele Frauen, sieht sich auf einmal der besonderen Herausforderung gegenüber, die Familie während des Krieges irgendwie durchzubringen, wobei es kaum Lebensmittel gibt und auch die Kälte den Menschen sehr zusetzt. Besonders erwähnenswert sind zudem die beschriebenen medizinischen Behandlungsmethoden zur Gesichtsrekonstruktion, die der gefesselte Leser für die damalige Zeit kaum für möglich hielt und eher der Gegenwart zugeordnet hätte. Der Spannungslevel ist zu Beginn im Mittelfeld verankert, steigert sich dann aber bis zum finalen Schluss immer weiter in die Höhe, so dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Die Charaktere sind lebendig und facettenreich ausgearbeitet, ihre glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten überzeugen den Leser und lassen sie ihm nicht nur ans Herz wachsen, sondern auch mit ihnen leiden, hoffen und fühlen. Martha ist eine fleißige, tatkräftige, schlagfertige und mutige Frau, die jedem beisteht und nicht müde wird, ihre Unterstützung und Hilfe zu gewähren. Ehemann Paul ist ein sympathischer Mann, der an seiner Kriegsverletzung fast zerbricht, wäre nicht seine Frau sein Fels in der Brandung. Marthas Bruder Heinrich ist mit Leib und Seele Seefahrer, besitzt Tatkraft und Stärke. Heinrichs Ehefrau Li-Meng muss sich in einem neuen Land erst einmal zurechtfinden, wirkt zu Beginn etwas unsicher, was aber auch ihrer tragischen Vergangenheit geschuldet ist. Doch im Verlauf der Geschichte entwickelt sie Selbstbewusstsein und geht offener auf die Menschen zu. Aber auch Milli, Ella, Fredi, Rudi und einige andere sind wieder mit von der Partie und bereichern mit ihren Episoden die Geschichte.
„Als wir wieder Hoffnung hatten“ ist eine durchweg sehr gelungene Fortsetzung, die sich nach den ersten Seiten zu einem wahren Pageturner entwickelt. Neben wunderbar recherchiertem historischen Hintergrund lassen den Leser auch die Geschicke um Martha und ihre Lieben einfach nicht los. Leibhaftig erlebbare Geschichte, die eine absolute Leseempfehlung verdient und die Vorfreude auf den letzten Teil schürt!

Veröffentlicht am 11.10.2020

„Der Herbst ist die Jahreszeit,in der die Natur die Seite umblättert.“ (Pavel Kosorin)

Wenn es Ahornblätter regnet
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Die 23-jährige Janine Reinhardt ist ungebunden und hat keine Familie mehr. Sie hat lange gespart und will sich nun den Traum einer Kanada-Reise erfüllen, um neben Land und Leuten auch den Indian Summer ...

Die 23-jährige Janine Reinhardt ist ungebunden und hat keine Familie mehr. Sie hat lange gespart und will sich nun den Traum einer Kanada-Reise erfüllen, um neben Land und Leuten auch den Indian Summer zu erleben. Am Flughafen begegnet sie dem Kanadier Philippe Evert, der deutsche Wurzeln hat und ein Geschäftspartner ihres Onkels Moritz ist. Zwischen beiden stimmt die Chemie sofort und je mehr Zeit sie miteinander verbringen, umso mehr verlieben sie sich ineinander. Bei einem Besuch von Philippes Eltern sieht sich Janine nicht nur Ablehnung gegenüber, sie wird sogar des Hauses verwiesen, da Philippes Vater wohl auch nach 70 Jahren eine alte Familiengeschichte nicht vergessen kann. Philippe steht Janine zur Seite und gemeinsam versuchen sie, dem alten Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen…
Elisabeth Marienhagen hat mit „Wenn es Ahornblätter regnet“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur zu einer Reise nach Kanada einlädt, sondern auch eine Zeitreise zwischen den Jahren 1950 und 2019 antreten lässt, während er die Protagonisten der Gegenwart bei der Erkundung eines alten Familiengeheimnisses begleitet und eine unglückliche Liebesgeschichte der Vergangenheit kennenlernt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlsbetonte Erzählstil bietet dem Leser einen schnellen Einstieg in die Geschichte, wo er sich an der Seite von Janine wiederfindet und mit ihr auf eine Abenteuerreise geht, die ihr Leben verändern wird. Die malerischen und farbenprächtigen Beschreibungen der kanadischen Landschaft und ihren Glanzlichtern lassen vor dem inneren Auge des Lesers einen schönen Film ablaufen, während er nicht nur eine junge Liebe beobachtet, sondern auch den Entwicklungen folgt. Mit wechselnden Perspektiven, mal aus der Sicht von Janine in der Gegenwart, mal von Maria in der Vergangenheit, spannt die Autorin den Leser mit ihrem Spannungsbogen auf die Folter und entblättert nach und nach gefühlvoll das alte Familiengeheimnis, wobei sie auch das Rollenbild der Frau zur damaligen Zeit gut in ihre Handlung miteinwebt.
Die Charaktere sind lebendig inszeniert und geben dem Leser mit ihren glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten die Möglichkeit, sich ihnen nahe zu fühlen und mitzufiebern. Janine ist eine junge und begeisterungsfähige Frau, die sich einen langgehegten Wunsch erfüllt. Sie ist offen, freundlich und hat das Herz am rechten Fleck. Maria ist eine fleißige Frau, die an die Konventionen ihrer Zeit gebunden ist. Sie wirkt manchmal recht selbstbewusst, doch im Inneren ist sie unsicher und will es jedem recht machen. Philippe ist ein sympathischer und warmherziger Mann, dem Verantwortungsbewusstsein wichtig ist. Johann Reinhardt ist ein aalglatter und unangenehmer Mann, während Carl Ebnert mit Ehrlichkeit und Wärme punkten kann.
„Wenn es Ahornblätter regnet“ ist ein unterhaltsamer und gefühlvoller Roman, der neben einem alten Familiengeheimnis auch mit zwei Liebesgeschichten punkten kann, die das Herz erwärmen. Schöne Lektüre für einen Herbsttag, der den Indian Summer ins eigene Wohnzimmer bringt. Verdiente Leseempfehlung!