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Veröffentlicht am 15.09.2016

Boesherz in Höchstform

Im Augenblick des Todes
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Hauptkommissar Severin Boesherz erholt sich gerade bei einem Spaziergang am Berliner Schlachtensee, als er von einem Unbekannten zu einem Ausflug eingeladen wird. Boesherz‘ Neugier lässt ihn die Einladung ...

Hauptkommissar Severin Boesherz erholt sich gerade bei einem Spaziergang am Berliner Schlachtensee, als er von einem Unbekannten zu einem Ausflug eingeladen wird. Boesherz‘ Neugier lässt ihn die Einladung annehmen und so landet er im Haus eines Arztes, der auf brutalste Weise ermordet wurde. Vor allem die Ausführung des Mordes macht Severin zu schaffen, erlebt er doch eine Art Déjà-vu, es ist eine genaue Kopie eines Tatortes, den er vor 16 Jahren schon einmal gesehen hat und den einzigen Fall, den er nie lösen konnte. Schon bald gibt es einen zweiten und einen dritten Toten und Severin sitzt mit seinem Ermittlungsteam ohne eine wirkliche Spur da. Als dann Spuren von Boesherz an einem der Tatorte gefunden werden, wird Severin von seinen eigenen Kollegen verhaftet. Wer will ihm da etwas unterschieben? Wird der wahre Täter diesmal endlich gefasst?
Vincent Kliesch hat mit seinem Buch „Im Augenblick des Todes“ den zweiten Roman um seinen Ermittler Severin Boesherz vorgelegt, der sich aber in punkto Spannung und Unterhaltung hinter dem ersten Teil keinesfalls verstecken muss. Der Schreibstil ist flüssig, rasant und fesselnd. Schon nach den ersten Seiten ist man als Leser an der Seite von Severin unterwegs und begleitet den etwas seltsamen Kommissar zum Tatort und bei den Ermittlungen. Der Spannungsbogen wird recht schnell aufgebaut und steigert sich innerhalb der Handlung immer weiter bis zum großen Finale. Vincent Kliesch versteht es hervorragend, seine Leser zu verwirren und gleich einer Schnitzeljagd Spuren zu legen, die oftmals in einer Sackgasse enden. Auch die Rückblenden in Boesherz‘ Vergangenheit erzählen erst einmal nur, was damals vorgefallen ist und geben keinen genauen Aufschluss darüber, welche Verbindung zu dem neuen Fall besteht. Häppchenweise erfährt der Leser dann Stück für Stück die Wahrheit dieses perfiden Spiels. Die Charaktere sind detailliert gezeichnet und vermitteln dem Leser das Gefühl, einige der Protagonisten persönlich zu kennen. Severin Boesherz ist hochintelligent, eher ein Einzelgänger, mit einem etwas merkwürdigem Humor. Er hört sich selbst gern reden und ohne bösartig zu sein, vermittelt er seinen Mitmenschen oftmals das Gefühl, ihm vom Intellekt her nicht gewachsen zu sein. Trotzdem muss man den Mann einfach mögen, denn er wirkt bei aller Abgehobenheit doch sehr menschlich und recht normal. Seine Kollegen sind ein bunter Mix aus Freund und Feind, die sich alle eher wie alltägliche Menschen verhalten und denen es oft schwer fällt, Boesherz Gedankengängen zu folgen.
„Im Augenblick des Todes“ ist ein sehr gut durchdachter und exzellent umgesetzter Thriller, der seinesgleichen sucht. Die Handlung ist so gut konstruiert und in sich schlüssig, dass man am Ende wieder einmal staunt, was sich ein Autor so alles ausdenken kann und dabei noch halbwegs glaubwürdig wirkt. Ein absolutes Thrillerhighlight, das jedes Krimileserherz begeistern wird. Absolute Leseempfehlung und spannungsgeladene Erwartung auf den nächsten Band mit Severin Boesherz!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kopernikus' Weitsicht verführt zu Mord und Totschlag

Das Geheimnis des unendlichen Raums
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1543. Die beiden Benediktinermönche Tolosani und Alanus sind von der Inquisition entsandt, um sich mit Kopernikus zu treffen und sein neues Manuskript zu untersuchen. Doch als sie in Freudenberg eintreffen, ...

1543. Die beiden Benediktinermönche Tolosani und Alanus sind von der Inquisition entsandt, um sich mit Kopernikus zu treffen und sein neues Manuskript zu untersuchen. Doch als sie in Freudenberg eintreffen, ist Kopernikus nicht mehr in der Lage, mit ihnen zu sprechen, denn er hatte kurz vorher einen Schlaganfall. Das Manuskript befindet sich derweil schon in Nürnberg bei einem Drucker. So machen sich die beiden Mönche auf, die umstrittene Schrift in Nürnberg unter die Lupe zu nehmen. Kurz nach ihrer Ankunft wird ausgerechnet in der Druckerei ein Mann ermordet und das Kopernikus-Manuskript ist ebenso verschwunden wie drei wertvolle Bücher der Kaufmannstochter Julia Fugger. Da Julia Fugger in den frühen Morgenstunden den Toten aufgefunden hat, ist sie für den die Ermittlungen leitenden Bürgermeister Leitner die Hauptverdächtige. Da der Ermordete zudem kurz vor seinem Ableben von einem Mönch in brauner Kutte gesprochen hat und auch noch mit seinem Blut Zeichen auf dem Boden malen konnte, gerät auch der Mönch Alanus unter Verdacht. Kurzerhand flieht Julia Fugger mit Alanus an der Hand, um den Mord und den Diebstahl selbst aufzuklären. Gleichzeitig tut sich der Mönch Tolosani mit Leitner zusammen, um mehr herauszufinden. Wer hat ein Interesse an Kopernikus‘ Manuskript, dessen Veröffentlichung das Weltbild aller gläubigen Christen auf den Kopf stellen würde?
Christoph Andreas Marx hat mit seinem Buch „Das Geheimnis des unendlichen Raums“ einen spannenden, historischen Kriminalroman vorgelegt, der seinesgleichen sucht. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und entführt den Leser bereits mit einem spannenden Prolog ins 16. Jahrhundert. Der Autor hat sehr gut recherchiert und unterlegt seine gut durchdachte und erzählte Handlung belegten Fakten, die Geschichtsliebhaber zu schätzen wissen werden. Die ständig wechselnden Erzählperspektiven und Schauplätze bringen Tempo und Abwechslung in den Roman und lassen den Leser rätseln, wer wohl alles verdächtig ist. Der Spannungsbogen ist schön angelegt und steigert sich während der Geschichte immer mehr, um in einer rasanten Jagd sein Finale zu finden. Die Beschreibungen der Gebäude und der Umgebung sind so detailliert, dass man als Leser das Gefühl hat, den Protagonisten auf Schritt und Tritt zu folgen. Die Charaktere sind sehr authentisch skizziert und wirken lebensecht und jeder auf seine eigene Art interessant, oftmals sogar tiefgründig. Erst im Verlauf der Handlung wird dem Leser bewusst, dass viele Personen etwas zu verbergen haben und wer alles ein Interesse an diesem Manuskript hegt. Julia Fugger ist eine impulsive junge Frau, die eine große Verantwortung trägt. Dabei ist sie sehr sympathisch und setzt alles daran, den wahren Mörder und Dieb zu finden, damit sie von dem Verdacht reingewaschen wird und dem Name Fugger kein Makel anhaftet. Alanus ist ein gelehrter Mann mit einer Vorliebe für die Astrologie. Für ihn ist das Studium des Kopernikus-Manuskripts wichtiger, als welchen Schaden es wohl anrichten könnte. Als er mit Julia Fugger flieht, gründen die beiden eine Art Zweckgemeinschaft, um sich der Auflösung des Verbrechens zu widmen. Dabei entspinnen sich zarte Bande zwischen ihnen, die Alanus in einen Konflikt bringen, ist er doch ein Mönch. Tolosani ist bereits ein alter Mönch, der schon viel gesehen und erlebt hat. Er ist eher still und nachdenklich, verfolgt eigene Spuren und teilt sein Wissen nur insoweit mit, wie es ihm von Nutzen erscheint. Auch die anderen Protagonisten sind interessant gezeichnet und beleben die Handlung mit ihrem Verhalten und ihren Ansichten immer wieder aufs Neue.
Christoph Andreas Marx ist mit seinem Buch „Das Geheimnis des unendlichen Raums“ ein wirklich sehr unterhaltsamer historischer Kriminalroman gelungen, der bis zur letzten Seite Spannung nicht nur verspricht, sondern sie auch hält. Absolute Leseempfehlung, denn hier wurde auf sehr schöne Weise an alles gedacht! Chapeau!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wie ein Licht in dunkler Nacht die Herzen erhellt

Unter dem Polarlicht
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Ausgerechnet kurz vor Weihnachten verliert die 22-jährige Chiara Kilian einen Tag vor Ende ihrer Probezeit ihre Stelle in einer Bank in Freiburg aufgrund von betriebsbedingten Kündigungen. Patrick, der ...

Ausgerechnet kurz vor Weihnachten verliert die 22-jährige Chiara Kilian einen Tag vor Ende ihrer Probezeit ihre Stelle in einer Bank in Freiburg aufgrund von betriebsbedingten Kündigungen. Patrick, der Ehemann ihrer erst vor kurzem verstorbenen besten Freundin Mia, verhilft ihr unvorhergesehen zu einem Job als Schreibkraft für einen Schweizer Autor, der sich beide Hände gebrochen hat. Chiara nimmt die Chance als Abenteuer und Überbrückung, bis sie einen neuen Job gefunden hat, an und reist kurzerhand nach Kanada, wo ihr zukünftiger Arbeitgeber sehr abgeschieden und fernab von jeglicher Zivilisation in einer Holzhütte am See lebt. Schon die Begrüßung fällt ziemlich knapp und bündig aus und Chiara wundert sich, wie ein so junger attraktiver Mann die Einsamkeit für sich gewählt hat. Während sich die beiden auf engstem Raum an die Arbeit für Florians neues Buch machen, gelingt es Chiara, Florians harte Schale immer mehr zu knacken und hinter seine Fassade zu blicken. Welches Geheimnis versucht Florian zu verbergen?
Elisabeth Büchle hat mit ihrem Buch „Unter dem Polarlicht“ einen wunderbar einfühlsamen und feinsinnigen Roman vorgelegt, der eine ideale Lektüre für dunkle Wintertage ist und einem das Herz erwärmt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, gespickt mit humorvollen Dialogen und sehr eindringlich. Bei der Lektüre wird der Leser regelrecht als stiller Beobachter in die verschneite Holzhütte in den Rocky Mountains versetzt, um Chiara und Forster bei ihrer Arbeit, ihrem Zusammenleben und ihrer beider Entwicklung zu beobachten. Die Landschaftsbeschreibungen sind so schön formuliert, dass man die Bilder richtig vor Augen hat, sei es der Blick von der Terrasse auf den zugefrorenen See und das Gebirge, oder der kleine Laden von Rose, der vollgestopft ist mit allerlei schönen Dingen und der an jeder Ecke offen zur Schau gestellten Weihnachtsschmuck beherbergt. Alles wirkt mit Blick auf die Details liebevoll in Szene gesetzt und unterstreicht die aufkommende romantische Stimmung des Buches.
Auch die Charaktere sind von Elisabeth Büchle mit Bedacht gewählt und ausgearbeitet worden, so dass man das Gefühl hat, sie schon lange zu kennen. Sie wirken sehr authentisch und wie aus dem Leben gegriffen, gerade deshalb fühlt man sich mit ihnen beim Lesen auch sehr wohl, weil man sich mit ihnen identifizieren kann. Chiara ist eine sehr sympathische junge Frau, die sich ihrer nicht perfekten Figur durchaus bewusst ist, aber auch ihre Stärken gut reflektiert und einsetzt. Leider mangelt es ihr aufgrund vergangener Erfahrungen an Selbstwertgefühl, dabei ist ihr Selbstbewusstsein gut ausgeprägt, und sie ist schlagfertig und weiß sich durchzusetzen. Florian ist ein ebenso sympathischer wie geheimnisvoller Mann, der für sich die Einsamkeit gewählt und vollkommen von den Menschen zurückgezogen hat. Zu groß sind die Verletzungen der Vergangenheit und seine Angst, die daraus resultierenden Schmerzen niemals mehr loswerden zu können. Dabei hat er durchaus einen guten Humor und eine blühende Phantasie, wenn er einen Gesprächspartner hat, der die richtigen Knöpfe bei ihm drückt.
Die Autorin lässt, während sie ihre wunderbare Geschichte dem Leser entgegen bringt, auch den christlichen Aspekt der Nächstenliebe, dem Gottvertrauen und der Vergebung aufblitzen. Die kurzen Gebete vor dem Verzehr der Mahlzeiten lassen einen schmunzeln, aber auch die Gefühle und Gedanken der Protagonisten vermitteln dem Leser ihre Haltung zu Gott und seinem Tun und stimmen einen selbst nachdenklich.
„Unter dem Polarlicht“ ist eine romantische und feinfühlige Liebesgeschichte, die mit dem eingeschneiten kanadischen Holzhaus als Hintergrundkulisse sehr schön in die Winterzeit passt. Allen Lesern, die noch an den weihnachtlichen Gedanken glauben und ein stimmungsvolles herzanrührendes Buch lieben, kann man dieses zauberhafte Buch absolut empfehlen. Einfach wunderbar!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Scheinehe

Die Bastardtochter
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1362 Koblenz: Die uneheliche Tochter des Grafen Johann von Manten, Enneleyn, wurde von ihrem Vater anerkannt und wächst liebevoll umsorgt bei ihm und seiner Frau Elisabeth in deren Haus auf, obwohl sie ...

1362 Koblenz: Die uneheliche Tochter des Grafen Johann von Manten, Enneleyn, wurde von ihrem Vater anerkannt und wächst liebevoll umsorgt bei ihm und seiner Frau Elisabeth in deren Haus auf, obwohl sie eine Bastardtochter ist. Eines Tages lernt Enneleyn den Ritter Guntram von Eggern kennen, der ihr fortan den Hof macht. Schon bald läuten die Hochzeitsglocken. Kurz nach der Eheschließung lernt Enneleyn das wahre Gesicht ihres Gatten kennen und zieht sich immer mehr von ihren Freunden und Verwandten zurück, so dass keiner erfährt, wie es wirklich um ihre Ehe bestellt ist, denn Gruntram macht ihr das Leben zur Hölle. Inzwischen kehrt der Kaufmann Anton Bongart nach Jahren in Mailand mit seinem Ziehsohn Palmiero und seiner Wegebekanntschaft Wulfhard de Berge nach Koblenz zurück. Er und Enneleyn kennen sich schon seit der Kindheit. Als Anton und Enneleyn sich endlich nach langer Zeit wieder gegenüber stehen, wird sich Enneleyn ihrer lieblosen Ehe erst recht bewusst, während Anton Gefühle spürt, die er bisher nicht hatte. Doch all dies versucht Enneleyn zu verdrängen, ist sie doch an diesen gewalttätigen Mann gekettet, der ihre Familie und all ihre Freunde vernichten will. Aber warum? Welchen Grund hat Guntrams Zorn?
Petra Schier hat mit ihrem Buch „Die Bastardtochter“ den abschließenden Band ihrer „Kreuz-Trilogie“ vorgelegt, wobei man das Buch ohne Weiteres für sich lesen kann, ohne die Vorgänger zu kennen, denn die Geschichte ist in sich abgeschlossen. Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar bildhaft und sehr flüssig zu lesen, der Leser reist direkt mit dem spannenden Prolog in das vergangene Jahrhundert und sieht sich durch die lebhaften Beschreibungen des damaligen Treibens, Handelns und den täglichen Gepflogenheiten sowie den verschiedenen gesellschaftlichen Stellungen gegenüber und erlebt alles hautnah mit. Ebenso vermittelt die Autorin durch die Verwendung von Wörtern aus dem damaligen Sprachgebrauch ein sehr reales Weltbild der vergangenen Zeit. Der Spannungsbogen wird gleich mit dem Prolog aufgebaut und steigert sich im Laufe der Handlung immer weiter, um in ein fulminantes Finale zu münden.
Die Charaktere sind wunderbar gestaltet und ausgeformt, dabei wirken sie sehr authentisch, glaubhaft und lebensecht. Sie verleihen der gesamten Handlung eine eigene Dynamik und lassen den Leser gedanklich nicht los, leidet man doch mit ihnen oder freut sich und teilt ihre Sorgen und Nöte. Enneleyn ist eine sehr sympathische und liebenswerte Frau, die es jedem recht machen möchte, denn sie ist sich ihrem Geburtsmakel als Bastardtochter sehr bewusst. Sie muss viel ertragen und versucht diejenigen zu schützen, die ihr lieb und teuer sind. Dabei unterdrückt sie ihre eigenen Sehnsüchte und heimlichen Wünsche, hat sie doch das Gefühl, ihren Vater sonst zu enttäuschen. Anton ist ein richtiger Kerl mit einem manchmal losen Mundwerk, aber gerade das macht ihn besonders sympathisch. Er ist integer und kann Unrecht nicht ausstehen. Dazu hat er ein großes Herz und kümmert sich sehr um die Menschen, die ihm am Herzen liegen. Guntram ist ein eiskalter, egoistischer Tyrann, der seinen Spaß daran hat, Menschen zu quälen und ihnen Unglück zu bringen. Palmiero ist ein kleiner italienischer Straßenjunge, der mit Diebstahl und kleinen Botengängen allein und ohne Familie auf der Straße überlebt hat und seine Chance wittert, als Anton sich auf den Weg nach Deutschland macht. Auch alle anderen Protagonisten beleben diese wunderbare Geschichte um Enneleyn mit ihren spritzigen Dialogen und mit ihren Eigenschaften und Nebengeschichten, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag.
Petra Schier ist mit ihrem Buch „Die Bastardtochter“ wieder einmal ein herausragender historischer Roman gelungen, der sowohl kriminalistische wie auch leicht mystische Züge in sich vereint und die Handlung umso fesselnder macht. Jedes Historienherz wird an diesem Buch seine Freude haben, hier ist eine absolute Leseempfehlung auf jeden Fall angebracht. Einfach nur TOLL!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Dornheims Erbinnen

Sterne über der Alster
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Hamburg 1918. Als sich Viktor Dornhain, der Patriach und das Familienoberhaupt der Reederfamilie Dornhain in der schwierigen Nachkriegszeit das Leben nimmt, hinterlässt er seiner ältesten Tochter Ellionor ...

Hamburg 1918. Als sich Viktor Dornhain, der Patriach und das Familienoberhaupt der Reederfamilie Dornhain in der schwierigen Nachkriegszeit das Leben nimmt, hinterlässt er seiner ältesten Tochter Ellionor neben dem Erbe, die Reederei zu leiten, einen Brief mit brisantem Inhalt. Großmutter Charlotte, die ebenfalls vom Inhalt des Briefes weiß, möchte mit allen Mitteln verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kommt und überredet Ellionor, Stillschweigen zu wahren. Während Ellionor sich mit den vielen Schwierigkeiten der Reederei vertraut macht, die durch die andauernden politischen Unruhen und die Regressansprüche der Siegermächte entstanden sind, erhält sie Unterstützung durch ihren alten Jugendfreund Christian, der davon überzeugt ist, sie bald zu heiraten. Aber auch ihr Schwager Konrad, der zwar mit Ellionors jüngsten Schwester Lavinia verheiratet, doch mit Schwester Nele in wilder Ehe zusammen ist, reist aus der Schweiz an und greift ihr ebenfalls unter die Arme. Nele verheimlicht ihrer Familie etwas, solange die Beziehung zwischen Konrad und ihrer Schwester Lavinia nicht geklärt ist. Als Lavinia endlich vom Kriegsdienst nach Hamburg zurückkehrt, werden die Karten auf den Tisch gelegt. Was hat Viktor verheimlicht?
Micaela Jary hat mit ihrem Buch „Die Sterne über der Alster“ den Nachfolgeband zu ihrem Roman „Das Haus am Alsterufer“ vorgelegt und lässt die Leserschaft am weiteren Verlauf des Lebens der Reederfamilie Dornhain teilnehmen. Der Schreibstil ist herrlich flüssig zu lesen, dabei unterhaltsam und fesselnd, der Leser findet sich schon mit den ersten Seiten im Dornhainschen Haushalt wieder, sowohl in der Belle Etage als auch bei den Dienstboten im Souterrain. Der Spannungsbogen wird gut aufgebaut und zieht sich wie ein Faden durch die Familiengeschichte. Der geschichtliche Hintergrund zeigt die Unruhen nach dem ersten Weltkrieg auf mit allen Sorgen und Nöten der Menschen, deren Land zerrissen ist und nach einer neuen Richtung sucht, damit es endlich wieder aufgebaut und man zur Normalität zurückkehren kann. Die politischen Querelen und die damit verbundenen Schwierigkeiten zur damaligen Zeit wurden von der Autorin sehr schön in die Handlung mit eingeflochten und verdeutlichen einmal mehr die Schwierigkeiten der Nachkriegszeit. Die Charaktere sind sehr verschieden angelegt, dabei liebevoll, authentisch und detailliert skizziert und lassen dem Leser freien Lauf, seine Sympathien zu verteilen. Ellionor ist die Vernünftige, auf deren Schultern nun das Erbe der Reederei ruht. Sie ist eine eher nachdenkliche und pragmatische Frau, die sich für den Fortschritt interessiert und auch ihre Familienangehörigen möglichst schonend auf Veränderungen vorbereiten will. Nele sitzt in einer Zwickmühle, da sie mit dem Ehemann ihrer jüngsten Schwester in wilder Ehe lebt und kann diesen Zustand kaum mehr ertragen, ist sie doch auf das Wohlwollen von Lavinia abhängig, um endlich ein normales Leben zu führen. Lavinia ist das Nesthäkchen, sie ist egoistisch und selbstsüchtig, hängt ihr Fähnchen nach dem Wind. Doch in schwierigen Situationen zeigt sie ihre praktische und zupackende Seite, die man ihr gar nicht zutrauen mag. Großmutter Charlotte ist eine Matrone erster Güte, die nur darauf achtet, dass der Ruf der Familie keinen Schaden nimmt, dabei ist es ihr letztendlich egal, wen sie damit verletzt.
Mit „Die Sterne über der Alster“ ist Micaela Jary ein würdiger Nachfolgeroman gelungen, der ebenso spannend wie unterhaltsam ist. Die Familiengeschichte der Dornhains lässt den Leser nicht los, und so muss man einfach hoffen, dass es noch ein drittes Buch gibt, um die Protagonisten noch einmal begleiten zu dürfen. Absolute Leseempfehlung!