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Veröffentlicht am 24.04.2020

Der Tomatenrebell

Der Tomatenrebell
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Inhalt:

Hinter den Hügeln, in einer wunderschönen Landschaft, die romantischer nicht sein könnte, liegt das Dorf Paradull. In diesem Idyll leben die Paradullis. Hier in einer Welt voller Lebenshunger ...

Inhalt:

Hinter den Hügeln, in einer wunderschönen Landschaft, die romantischer nicht sein könnte, liegt das Dorf Paradull. In diesem Idyll leben die Paradullis. Hier in einer Welt voller Lebenshunger und Naturschönheit weht einem der Duft von köstlich frischen Tomaten entgegen. Aber das war nicht immer so …

Vor einer Weile, berichtet der alte Paradulli, erschien ein Fremder in dem kleinen Dorf. Bissl Bissi nannte sich der Mann, der auf seiner Obstkiste große Reden schwang. Ja, große Reden schwingen, das konnte der Fremde gut. Er berichtete von einem Wundermittel namens Unkrautnix, das in der Lage sei, die Arbeit der Paradullis auf den Tomatenfeldern unglaublich zu erleichtern. Kein Unkraut jäten mehr und dafür viel mehr Tomaten, die die Pflanzen fortan tragen würden. Die Menge an Gemüse würde sich nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen!

Die Paradullis waren allesamt neugierig und lauschten den Worten des Fremden mit großer Begeisterung. Nur einer von ihnen verzog skeptisch das Gesicht. Der wilde Paradulli, der ständig Mittagsschlaf hielt, und immer ein wenig aus der Reihe fiel, traute dem Versprechen des Fremden nicht. Irgendwas war an diesem Angebot doch faul.

Aber so skeptisch der wilde Paradulli auch blieb. Die anderen Dorfbewohner waren von Bissl Bissis Versprechen ganz angetan. Was sollte da schon schief laufen? Schließlich versprach der Händler dieses Wundermittels auch, dass er keinerlei Forderung stellen würde, dass er ihnen das Unkrautnix sogar schenken würde, wenn er sein Versprechen nicht halten könne.



Meinung:

Beim ersten Blick aufs Buch fällt bereits das wunderschöne Cover auf. Auch für den Innenteil des Buches hat der Illustrator, Alex Nemec, liebevolle Zeichnungen gestaltet. Passend zur Thematik hat er sich hier für Schwarz-Weiß-Illustrationen entschieden, bei denen einzelne Elemente in einem knalligen (Tomaten-)Rot hervorgehoben werden.

Kindgerecht erzählt der Autor die Geschichte der Paradullis. Den Einwohnern eines kleinen Dorfes, das sich hinter den Hügeln fern am Horizont versteckt. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Eine Vielzahl exotischer Vögel fliegen umher, es duftet nach frischen Tomaten. Die Bewohner von Paradull nehmen jeden Besucher sehr herzlich in ihrer Gemeinschaft auf. Hier gibt es eine Tomatensaft-Bar, es gibt eine Tomatenschule und einen Versammlungsplatz. Empathie und die Sehnsucht nach Harmonie und Frieden sind hier Trumpf.

Doch das war nicht immer so. Der Leser wird Teil der Aufarbeitung des dunklen Kapitels der Dorfgeschichte.

Als kleine Belohnung erhalten jüngere Leser am Ende des Buches von Autor und Illustrator noch ein kleines Geschenk: Hier finden sich zwei Ausmalbilder. Eines vom wilden Paradulli und eines von Herrn Bissl Bissi.



Fazit:

Mit „Der Tomatenrebell“ hat Michael Beisteiner ein intelligentes Kinderbuch geschrieben, das auch für Erwachsene ein Lesevergnügen ist. Zugleich rettet er die fast ausgestorbene Literaturtradition der Dorfgeschichte für nachwachsende Leser.

Michael Beinsteiner gelingt es mit seiner Geschichte wachzurütteln. Immer höher, schneller, weiter. Wie lange geht das noch gut, insbesondere angesichts begrenzter Ressourcen?
Wachstumskritik heißt für Beisteiner nicht, die Dinge nur anders zu machen, sondern auch manche Bedarfe fallen zu lassen. Manchmal sollte man sich einfach auf das besinnen, was man hat. Die schönen Dinge im Leben, die man vielleicht gar nicht mehr richtig zu schätzen weiß.

Die derzeit so viel beschworene Achtsamkeit ist hier für Kinder erlebbar. Das Buch ist ein Appell sich rücksichtsvoll und achtsam gegenüber der Natur und anderen Menschen zu verhalten. Es regt zum Nachdenken und Diskutieren an.

Von mir gibt es hier eine klare Empfehlung für kleine und große Leser/innen.

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Watercolor fein & floral

Watercolor fein und floral
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Inhalt:

Schon beim Blick auf das Cover fällt die unverkennbare “Handschrift”der Autorin, Malin Lammer, ihr äußerst filigrane Zeichenstil, der sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, auf.
In ihrem ...

Inhalt:

Schon beim Blick auf das Cover fällt die unverkennbare “Handschrift”der Autorin, Malin Lammer, ihr äußerst filigrane Zeichenstil, der sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, auf.
In ihrem Buch „Watercolor fein & floral“ finden sich allerhand Motive für jede Jahreszeit. Zusätzlich finden sich im hinteren Teil des Buches Projekte für weitere Anlässe wie Geburtstag, Hochzeit, Ostern und Weihnachten.

Doch bevor es mit dem Zeichnen losgehen kann, erfährt der Leser nach einem kurzen Vorwort erst einmal mehr über Materialien, die er fürs Watercolorzeichnen benötigt. Es folgen einige Worte zu Grundtechniken, die man zuvor verinnerlichen sollte. Wie stellt man verschiedene Farbintensitäten her, welche Arten von Strukturen und Formen verwendet die Autorin gerne? Mit der Beigabe von Rot-, Braun- und Gelbtönen lassen sich Grüntöne für Blätter individuell abändern. Es gibt allerhand Möglichkeiten eine Schattierung vorzunehmen. Damit kannst du z.B. einer Blüte und/oder einem Blatt mehr Tiefe verleihen.

Nach dieser kurzen Einführung kann es dann aber auch schon losgehen. Es folgen jeweils fünf Motive für jede Jahreszeit und siebzehn Bilder für allgemeine Anlässe jeweils mit entsprechender Anleitung. Jede Anleitung besteht aus vier bis fünf Schritten. Auf der rechten Seite kannst du das fertige Motiv in voller Größe bewundern.



Eigene Meinung:

Das Cover eines solchen Buchs muss auf den ersten Blick ansprechen. Der offenbart hier sofort, dass Malin Lammers einen Zeichenstil verfolgt, der mir unglaublich gut gefällt. Auf den ersten Seiten des Buches wird klar, dass die Autorin zwei Lieblingsmotive hat: Blumenmädchen und Blumenkränze.

Vor den eigentlichen Projekten erfährt der Leser noch ein paar grundlegende Details, die ihm beim Umsetzen behilflich sein könnten. Hier werden Materialien vorgestellt, die man benötigt. Es ist nicht viel, was man braucht, und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch günstigere Marken als die hier empfohlenen, durchaus empfehlenswert sind.
Leicht und verständlich geht die Autorin auf verschiedene Methoden ein, die dem Zeichner helfen können, sein Motiv zu perfektionieren. Gerade, was die Möglichkeiten der Schattierungen angeht, habe ich noch einiges dazugelernt. Die Tipps, die Malin Lammers im Vorwort verrät, empfand ich als sehr hilfreich.

Bereits vor den eigentlichen Projekten werden dann auch die beiden Lieblingsmotive der Autorin noch einmal vertieft. Der Zeichner findet hier verschiedene Posen für das Blumenmädchen und konkrete Tipps für den Blumenkranz. Außerdem erfährt er, wie er Kränze als auch Blumenmädchen individuell abwandeln kann.

Die folgenden Seiten mit Projekten sind methodisch-didaktisch durchdacht aufgebaut und fallen durch farbintensive und filigran gezeichnete Resultate ins Auge. Unter den einzelnen Schritt-für-Schritt-Abbildungen findet sich immer eine kurze, verständliche und hilfreiche Anleitung, die sich gut umsetzen lässt.

Folgende Motive befinden sich in diesem Buch:

Unter der Überschrift Frühling: Ein Frühlingsblüher, Vasen mit Blumen, ein Blumenmuster, ein Frühlingskranz, ein Frühlingsmädchen

Unter der Überschrift Sommer: Lavendel, ein Strohhut, Zitronen, ein Sommerkranz, ein Sommermädchen

Unter der Überschrift Herbst: ein Pilz, ein Igel, Blätter, Herbstkranz, Herbstmädchen

Unter der Überschrift Winter: Mistelzweig, Kränze, Wintermuster, Winterkranz und Wintermädchen

Folgende Motive für besondere Anlässe finden sich im Buch:

Zur Geburt: Ein Fuchs, ein Kinderwagen

Zum Geburtstag: Luftballons mit Blumen, Geburtstagsmuffin, eine Wimpelkette

Zur Hochzeit: Blütenringe, eine Hochzeitstorte

Zur Taufe: Ein Segelboot

Zu Ostern: Ein Osterhase, ein eiförmiger Blumenkranz

Zu Weihnachten: Ein Nikolaussack, eine Weihnachtsgirlande.

Bei dieser Aufzählung und auch beim Betrachten der Motive fällt auf, dass jede Jahreszeit mit den beiden Lieblingsmotiven der Autorin, einem Blumenkleid und einem Blumenmädchen abschließt. Die Leidenschaft für Blüten und Blätter sieht man den Projekten deutlich an. Auch Motive wie z.B. der Fuchs, der Kinderwagen oder der Strohhut erhalten noch eine kleine Blüte oder ein paar Blätter als kleine Randverzierung.

Malin Lammers erwähnt, dass die schönen Bilder nicht nur zum Aufstellen geeignet sind. Man kann damit z.B. auch selbstgemachtes Geschenkpapier, Anhänger oder Tischkärtchen verzieren.



Fazit:

Mit großem Talent gestaltete Malin Lammers bereits das frische und optisch ansprechende Buchcover von „Watercolor fein & floral“; fraglos ein Eyecatcher.

Der erste Blick hinter den Buchdeckel hat meine Begeisterung nur noch schüren können. Malin Lammers zeigt in ihrem Buch wunderschöne Motive. Ihr filigraner Zeichenstil ist deren Hauptmerkmal. Solch Kunstfertigkeit eher selten zu finden.

Die Leidenschaft der Autorin für Blumen und Blätter findet sich in fast jedem Projekt wieder.

Die Tipps und Anregungen der Autorin empfand ich als wertvoll und hilfreich. Die Projekte lassen sich einfach umsetzen und sind mit einer leicht verständlichen Anleitung versehen. Demnach würde ich dieses Buch sowohl an Anfänger als auch fortgeschrittenen Zeichner/innen weiterempfehlen.
Ich bin verzaubert! Nicht nur von den einzelnen Motiven, sondern auch von den didaktisch‐methodischen Fähigkeiten der Autorin.

Für mich ist dieses Buch ein kleiner Schatz im Buchregal, den ich auf jeden Fall noch öfters für schöne Verzierungen auf Geschenkpapier, selbstgebastelte Postkarten oder für Bilder zum Hinstellen und Verschenken zur Hand nehmen werde.

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  • Cover
Veröffentlicht am 31.03.2020

Spielend leicht wunderschöne Motive aufs Papier bringen

Happy Spring
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Inhalt:

Happy Painting bedeutet Spaß haben, kreativ werden und dem inneren Künstler möglichst viele Freiheiten einräumen. Dieses Prinzip verfolgt Clarissa Hagenmeyer mit ihrem neuen Buch „Happy Spring“ ...

Inhalt:

Happy Painting bedeutet Spaß haben, kreativ werden und dem inneren Künstler möglichst viele Freiheiten einräumen. Dieses Prinzip verfolgt Clarissa Hagenmeyer mit ihrem neuen Buch „Happy Spring“ weiter. In vier Schritten avanciert so manche Skizze zum Kunstwerk.

In Happy Spring findet der Nutzer viele schöne Frühlingsmotive wie Schmetterlinge, Blumen in Vasen oder Gieskannen, einen Ostereierkranz, Erdbeeren in verschiedenen Formen und Farben, ein Vogelhaus oder auch den klassischen Osterhasen.
Mit Hilfe der bebilderten und leicht verständlichen Anleitungen gelingen Zeichnungen spielend leicht.



Eigene Meinung:

Bereits auf den ersten Seiten ihres Buches erklärt die Autorin das Prinzip von Happy Painting. Vier Schritte sind es, die der Anwender verinnerlichen muss, um sein Talent zu entfalten. Clarissa Hagenmeyer wird nicht müde zu betonen, dass man sich beim Malen nicht allzu viele Gedanken machen sollte. Wichtig ist der Spaß am Hobby. Der Erfolg stellt sich schnell ein, wenn man einfach loszeichnet. Im Nachgang ist immer noch Zeit einen Strich oder ein kleiner Farbklecks zu ergänzen. Komplettieren ist hier jederzeit erlaubt, ja sogar ausdrücklich erwünscht.

Die vier skizzierten Schritte sind leicht zu verinnerlichen. Nach dem Fertigen einer groben und einfach gehaltenen Bleistiftskizze, beginnt man schon mit dem ersten Schritt. Schnapp dir einen einfachen Tuschkasten oder - für mehr Farbintensivität - gerne auch hochwertigere Aquarellfarben. Male die Felder deiner Bleistiftskizze aus. Nun greife zu schwarzen und weißen Feinlinern. Hiermit werden Umrandungen nachgezeichnet. Arbeite hier gerne etwas grob. Schnörkel, Schleifen und Unebenheiten verleihen dem Bild einen gewollten Messy-Style. Mit den Finelinern können auch kleine Spielereien wie Punkte, Kreise oder sonstige Verzierungen vorgenommen werden. Dann kommen die Buntstifte ins Spiel. Der ein oder andere Farbklecks verleiht dem Bild seinen ganz besonderen Charme. Ganz zuletzt kommt der vierte Schritt. Nun dürfen alle drei Materialien Fineliner, Farbstifte und Tusche noch einmal eingesetzt werden. Wo fehlt noch was? Welches kleine Detail macht das Bild perfekt?

Durch diese Methode wird wirklich jedes Bild zu einem Unikat. Heraus kommen kleine, individualisierbare Kunstwerke, die jede Ecke im Zimmer verschönern können, als Kartenmotiv lieben Menschen eine Freude bereiten oder als Beigabe zum Geburtstagsgeschenk ein Lächeln auf die Lippen zaubern.



Fazit:

Happy Spring ist mein zweites Buch von Clarissa Hagenmeyer. Bereits Happy Christmas wusste mich mit schönen Motiven zu überzeugen. Erneut beweist die Autorin, dass es gar nicht schwer ist, Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zur Kunst zu ermöglichen.

Happy Painting ist eine Methode, die spielend einfach umzusetzen ist. Mit Hilfe der vier Schritte Aquarellspielerei, Fineliner-Fun, Farbstifte-Flow und Mix it! Finish it! wird jedes Motiv zu einem kleinen Kunstwerk, dass sich gut verschenken, oder als Dekoration aufstellen lässt.

Mit Happy Spring habe ich mir ein kleines Stück Frühling ins Haus geholt. Dafür musste ich nicht mal vor die Tür gehen. Beim Zeichnen hatte ich eine Menge Spaß. Ich kann dieses Buch an große und kleine Künstler/innen empfehlen, die ihr Talent entfalten oder weiter ausbauen wollen.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Nichts für schwache Nerven

Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland
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Inhalt:

Aus Anlass des 16. Geburtstags ihrer Freundin Dor beschließen Alice und ihre Freundin gemeinsam in der Alten Stadt zu feiern. Dort prägen Arbeitslosigkeit, städtische Verwahrlosung und Gewalt ...


Inhalt:

Aus Anlass des 16. Geburtstags ihrer Freundin Dor beschließen Alice und ihre Freundin gemeinsam in der Alten Stadt zu feiern. Dort prägen Arbeitslosigkeit, städtische Verwahrlosung und Gewalt den Alltag. Urbane Ausschreitungen sind an der Tagesordnung.

An diesem Tag geschah etwas Schreckliches, soviel ist Alice klar, als sie zwar ohne Erinnerungen, dafür aber mit einem Schnitt quer über ihrem Gesicht, in einem Kleid, das nicht das ihre ist, blutüberströmt zu sich kommt. Dor scheint die Alte Stadt im Gegensatz zu Alice nie verlassen zu haben.

Ein einziger Gedankenfetzen ist Alice geblieben. Nämlich der, einem Mann mit langen Ohren begegnet zu sein. Alice kann nicht anders, als immer wieder die Worte, „das Kaninchen, das Kaninchen“, zu wiederholen. Es dauert nicht lange, bis sie sich in der Alten Stadt wiederfindet. Grund hierfür ist ihre unfreiwillige Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung.

Zehn Jahre vergehen, die Alice dort verbringt. Solange dauert es, bis ihr endlich die Flucht gelingt. Hilfe bekommt sie von ihrem Zellennachbarn, dem Axtmörder Hatcher. Gemeinsam wollen sie das Kaninchen ausfindig machen.



Meinung:

Christina Henry steigt düster und brutal in ihre Märchenadaption ein. Alice, die sich an den schrecklichsten Tag ihres Lebens nicht mehr erinnern kann, fristet seit zehn Jahren ihr Dasein in einem Irrenhaus in der Alten Stadt. Die Pfleger gehen hier nicht zimperlich mit den Insassen um. Alice, die mehr und mehr verroht, lebt nunmehr in einer Welt, in der Gewalt zu einem probaten Mittel wird.

Nicht einmal ein Fenster befindet sich in der kahlen Zelle. Als das Mädchen eines Tages eine Stimme hört, fragt sie sich, ob sie endgültig dem Irrsinn verfallen ist. Doch bald stellt sich heraus, dass der Zellennachbar durch ein Mauseloch in der Wand Kontakt sucht.

Nach und nach entwächst aus diesen ersten Gesprächen eine fragile Freundschaft. Alice ist es egal, dass ihr Nachbar ein gefürchteter Axtmörder ist. Sie weiß, dass Hatcher ab und an durchdreht. Auch kennt sie seine Ängste vor dem Jabberwock, der ihm, so berichtet er, des öfteren auflauert.

Als eines Abends ein Feuer ausbricht, gelingt Alice und Hatcher die Flucht. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Kaninchen. Dicht gefolgt vom Jabberwock.

Während des Lesens habe ich mich viele Seiten lang gefragt, wer denn diese Verkörperungen des Bösen wie das Kaninchen, der Jabberwock, das Walross oder der Zimmermann überhaupt sind.
Viele kleine erzählerische Mosaiksteine ergeben hier langsam ein Bild. Dabei scheut sich Christina Henry nicht, Abgründe auszuleuchten. Der Leser begegnet Ungeheuer, die in einem Pfefferminzstangenhäuschen leben oder Rosenhecken, deren Ranken in die Körperöffnungen eines Menschen hineinwachsen und ihn von innen zu ersticken und zu zerreißen drohen.

Dass es sich bei "Die Chroniken von Alice" um eine Märchenadaption handelt, verrät nicht nur der Titel. Auch bei Figuren wie Grinser oder Raupe stellten sich unmittelbar Assoziationen ein.
Jedoch sollte man auch hier gewarnt sein. In der Geschichte von Christina Henry ist wirklich nichts lieb und nett. Alles ist finster, bitterböse und grausam. So betreibt Raupe zum Beispiel ein Bordell, in dem seine Mädchen sich so ziemlich alles von den Freiern gefallen lassen müssen. Einem seiner Lieblingsobjekte wurde, alleine zum reinen Vergnügen des Freiers, mehrfach die Beine gebrochen und Flügel am Rücken angenäht.
Neben den Figuren gibt es aber auch andere Elemente, die an das bekannte Märchen erinnern. So gibt es beispielsweise Fläschchen mit einer Flüssigkeit, die einen wachsen lässt. Kuchen, von dem man nur einen Bissen nehmen muss, damit der eigene Körper von einer Sekunde auf die andere schrumpft.

Sehr gefallen hat mir, neben den vielen fantastischen Elementen, dem düsteren und gruseligem Setting und den interessanten Figuren aber auch die Beziehung der beiden Protagonisten.
Alice und Hatcher sind ein Paar, wie man es wohl selten trifft. Von ihrer Art her sind sie unterschiedlich und dennoch ergänzen sie sich perfekt. Hatcher ist bereit alles zu geben, um Alice Schutz zu geben. Und Alice würde alles tun, um Hatcher zu helfen, wenn er mal wieder in seine düstere innere Welt abtaucht.



Fazit:

"Die Chroniken von Alice – Finsternis im Wunderland" ist ein Buch, das nichts für schwache Nerven ist, das von Spannung, Nervenkitzel und Abgründen geprägt ist. Präzise zeichnet Christina Henry die „Alte Stadt“ als eine Hölle auf Erden: Ein urbaner Mix aus Verbrechern und Verrückten.

Bis zum finalen „Showdown“ ist es letztlich unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen oder nicht auf dessen Ende zu schielen. Starke Nerven sind vonnöten für das Durchstehen der Seiten und Kapitel. Aber: Es lohnt sich.



Buchzitate:

„Ich hatte nie die Chance zu werden, wer ich wirklich bin. Ich hab mich schon vorher verlaufen.“
(Alice zu Hatcher)

„Die meisten Männer geben ihrem Mädchen einen Ring, weißt du, statt ihr damit zu drohen, sie zu töten.“ Hatcher legte seine Hände um ihr Gesicht, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. „Ein Ring würde dich nicht vor den Männern retten, die dich benutzen und zerstören wollen ...“

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Veröffentlicht am 19.03.2020

Eine etwas andere Dystopie

Vront - Was ist die Wahrheit?
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Inhalt:

Stan wächst wohlbehütet auf. Seit etwa zwanzig Jahren trägt er, wie alle anderen in seiner Umgebung, einen Chip der Firma LongLife, der seine Körperfunktionen überwacht. Der Mikroprozessor analysiert ...

Inhalt:

Stan wächst wohlbehütet auf. Seit etwa zwanzig Jahren trägt er, wie alle anderen in seiner Umgebung, einen Chip der Firma LongLife, der seine Körperfunktionen überwacht. Der Mikroprozessor analysiert laufend die Blutströme, reguliert den Herzschlag, und ist in der Lage die geringsten Anzeichen für eine Infektion zu erkennen. Ja, der Chip kann sogar anhand einer Hormonanalyse erkennen, wenn ein Träger gewalttätig wird oder ob ihm gerade Gewalt angetan wird.

All diese Funktionen schätzt Stan. Er ist nicht unglücklich. Er ist aber auch nicht besonders glücklich. Dann kommt der Tag, an dem sein Bruder inhaftiert wird. Scott wird vorgeworfen die Systeme von LongLife angegriffen zu haben. Es kommt heraus, dass Stans Bruder der Anführer einer subversiv agierenden Organisation namens Vront ist, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Systemfrage zu stellen.

Für Stan bricht eine Welt zusammen. Zugleich ist seine Neugierde geweckt. Was hat es mit Vront auf sich?

Während Stan sich auf eine gefährliche Mission begibt, hat Scott im Gefängnis ganz andere Probleme. Sechs Monate lang muss er sich mit den schlimmsten Verbrechern arrangieren. Jeder weitere Tag in Haft wird zu einem Spießrutenlauf. Denn sein Ruf als Hacker, dem es gelungen ist, die Systeme von LongLife auszutricksen, ist ihm längst vorausgeeilt. Wenn er nicht kooperiert, dann drohen ihm Schläge oder Schlimmeres. Und bald schon ist nicht mehr nur sein eigenes Leben in Gefahr, sondern auch das seiner Familie.



Meinung:

Yves Grevet entwirft in seinem Roman „Vront – Was ist die Wahrheit?“ eine Horrorvision orwellscher Qualität und mixt dieses mit Thriller- und Krimielementen.

Ein Chip der Firma LongLife hilft dabei das Leben eines jeden Menschen zu verbessern. So verspricht es zumindest die Werbung, die immer wieder in Medien eingespielt wird.
Nach einem Scan erhält jeder Träger eines Chips, schon am Morgen eine Auswertung auf einem passenden Gerät, welche Medikamente er präventiv gegen festgestellte Krankheitssymptome einnehmen kann. Verbrechen wird durch das System frühzeitig vorgebeugt. Die Lebenserwartung eines Menschen kann drastisch erhöht werden.

Der Preis des Fortschritts ist hoch: Jeder Chipträger wird rund um die Uhr überwacht. Regelverstöße können schnell unterbunden werden. Kinder lernen früh, dass das Rennen auf dem Gehweg nicht erwünscht ist, indem sie einen kleinen Stromstoß erhalten. Eltern können festlegen, wie weit sich ihr Kind vom Haus entfernen darf. Überschreitet der Chipträger die festgesetzte Grenze, wird er von Übelkeit und einem erhöhten Herzschlag heimgesucht.

Yves Grevet gliedert seinen Roman in drei Abschnitte auf. Der Leser bekommt somit die Geschichte einmal aus der Sicht von Stan erzählt, einem Jungen, der in dem System aufgewachsen ist und es niemals hinterfragt hat. Die Spannung wird in diesem Abschnitt aufgebaut, als Stan erfährt, dass sein Bruder Scott sich über längere Zeit hinweg heimlich einer rebellischen Organisation namens Vront angeschlossen hat. Stan beginnt zu ermitteln und das System zu hinterfragen. Er möchte wissen, was sein Bruder über die Jahre getrieben hat und warum er sich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis so distanziert und merkwürdig verhält.

Der nächste Abschnitt widmet sich Scott. Hier erfährt der Leser mehr über Vront und Scotts Zeit in Gefangenschaft. Scott gerät immer weiter auf die schiefe Bahn. Seine Situation spitzt sich immer mehr zu. Auf diesen Seiten des Buches wird die Spannung weiter vorangetrieben. Die Geschehnisse in seinem Leben lassen die Situation nahezu ausweglos erscheinen. Nicht selten hatte ich Mitleid mit Scott. Er ist eher Opfer der Umstände denn williger Teilnehmer.

Der dritte Abschnitt ist mit der Überschrift „Vront“ versehen. Aus Sicht einzelner Mitglieder der Rebellengruppe wird die Geschichte schlüssig zu einem Ende gebracht.



Fazit:

„Vront – Was ist die Wahrheit?“ ist meiner Meinung nach keine klassische dystopische Geschichte.
In vielen Dystopien ist die Technik das Mittel aus dem die fiktionalen Gesellschaften zu dystopischen werden. Das ist gar nicht selbstverständlich, schließlich begleitet Technik den Menschen seit seinen Anfängen. In Vront ist nun der Mensch die Sollbruchstelle, die eine ursprüngliche Technik-Utopie kippen lässt.

Yves Grevet lädt hier zu einer Reise in menschliche Abgründe ein.

Empfehlen kann ich dieses Buch daher an Leser/innen, die eine dystopische Geschichte suchen, die ihren Fokus auf die Vermessung menschlicher Innenwelten legt.

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