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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2019

Eine Geschichte mit viel Herz

Was so in mir steckt
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Inhalt:

Destry Camberwick ist für Rob die Projektionsfläche aller Sehnsüchte, allen Glücks an der Schule. Immer wenn Rob an ihr vorbeigeht, verschlägt es ihm die Sprache. Tagein, tagaus muss er an Destry ...

Inhalt:

Destry Camberwick ist für Rob die Projektionsfläche aller Sehnsüchte, allen Glücks an der Schule. Immer wenn Rob an ihr vorbeigeht, verschlägt es ihm die Sprache. Tagein, tagaus muss er an Destry denken. Zufällige Begegnungen, lassen den Mund offenstehen, richten das Nackenhaar auf und erzeugen kalte Schweißausbrüche. Die Indizien liegen klar auf der Hand: Rob ist verliebt.
Die Panikattacken, die Rob in den ungünstigsten Momenten überkommen, machen es ihm nicht einfacher. Wie soll er Destry seine Gefühle gestehen. Ja, wie soll sie überhaupt erfahren, dass es ihn gibt, wenn er nicht mal in der Lage ist, ein einziges Wort mit ihr zu wechseln?

Robs bester Freund Andrew und sein grießgrämiger Opa stehen dem Jungen sofort mit Rat und Tat zur Seite. Rob muss etwas tun, was Destrys Aufmerksamkeit auf ihn zieht. Zum Beispiel am Schulsport teilnehmen und sich dort hervortun, eine Passion zu haben, kann nicht schaden, auch ein Hund könnte helfen, um ganz beiläufig mit Destry, die selbst ein solches Haustier besitzt, ins Gespräch zu kommen. Letztlich fällt sogar der Vorschlag am Schultalentwettbewerb teilzunehmen und dort eine Begabung zu zeigen, von der bislang noch keiner etwas wusste. Rob ist von all diesen Ideen nicht begeistert. Im Sport ist er eine absolute Niete, er kommt sympathisch unambitioniert daher.
Doch was tut man nicht alles für die Liebe?



Im Detail:

Mit Rob erschafft Barry Jonsberg einen Protagonisten, der – ähnlich wie Candice in „Das Blubbern von Glück“ - ziemlich unambitioniert, zugleich aber erstaunlich altersklug und liebenswert daherkommt. Gleich zu Beginn der Geschichte interviewt Rob zu „Studienzwecken“ seine Eltern zum Thema Verliebtsein. Er stellt Fragen wie: „Mum, weiten sich deine Pupillen, wenn du Dad anschaust? Strömt dein Blut in deine Epidermis und spürst du ein Flattern in der Magengrube?“. Klar, dass nach vielen Jahren Ehe die Antwort des befragten Elternteils eher ernüchternd ausfällt. Doch Rob lässt sich nicht unterkriegen. Die Ermittlungen in Sachen Liebe zeigen ihm nur viel deutlicher, dass das, was er für Destry Camberwick empfindet, mehr ist als eine harmlose Schwärmerei.

Doch was tut man, wenn man sich seiner Gefühle zwar sicher ist, aber beim Anblick der Angebeteten in Schweiß ausbricht und keinen einzelnen Satz hervorbekommt?

Rob sucht Hilfe bei seinem geliebten Großvater. Einem sehr griesgrämigen, ständig fluchenden alten Mann, der im Altersheim Wetten abschließt, wer wohl als nächstes ins Gras beißen wird. Rob weiß genau von den Schwächen seines Opas. Er weiß, dass andere Menschen sich erst einmal an diese raue Schale gewöhnen müssen. Gemeinsam mit Andrew, Robs bestem Freund, ist Opa jedoch gewillt, der großen Liebe seines Enkels ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Nicht immer sind Opas und Andrews Ratschläge jedoch praxistauglich.

Rob ist kein großer Sportler und genießt es auch nicht im Rampenlicht zu stehen. Dennoch ist der Junge gewillt Opfer für Destry zu bringen. Während die Lage recht aussichtslos erscheint, stellt er sich der Herausforderung. Rob meldet sich auf die Stelle des Torwarts, die in der Schulmannschaft neu besetzt werden soll. Er wird von einem Tag auf den anderen Vegetarier, kettet sich vor dem Supermarkt ans Geländer, um gegen schlechte Tierhaltung zu protestieren, geht mit der Promenadenmischung von einem der im Altersheim lebenden alten Männer spazieren, er schreibt Gedichte und versucht sich als Theaterschauspieler. Nur hat das alles einen großen Haken: Rob ist absolut talentfrei, unsportlich und auch nicht gerade ein absoluter Glückspilz. Mit großem Geschick beschreibt der Autor das klägliche Scheitern seiner Hauptfigur. Nicht spöttisch, nicht herablassend, aber mit augenzwinkerndem Humor.

Rob ist jemand, der sich nicht unterkriegen lässt, der alles gibt, was er kann, nur um seinem Ziel, Destry Camberwicks Aufmerksamkeit zu wecken, ein wenig näher zu kommen.



Fazit:

The Things We Do For Love ...

Was tut man nicht alles für die Liebe. Barry Jonsberg ist es gelungen mit ,„Was so in mir steckt“, erneut eine Geschichte mit enorm viel Spannung, Herz und Humor zu schreiben. Die Überforderung und die gegenseitigen Beziehungen ihrer Figuren zueinander sind wieder fulminant niedergeschrieben; so viel Wortwitz und abgründiger Humor.

Wer Herzenswärme und ein besonderes Gespür für die Komik und Tragik des Alltäglichen sucht, wird bei Barry Jonsberg immer fündig. Eine absolute Empfehlung.



Buchzitate:

„Schhhh“, machte er. „Ich denke nach und das ist schon im günstigsten Fall eine delikate Angelegenheit. Wenn du mich unterbrichst, verliere ich den Faden und spiele stattdessen Videospiele.“

Veröffentlicht am 24.10.2019

Eine chaotische Familie

Glück für alle Felle
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Inhalt:

Auf Mama Peacheys Ankündigung, dass sie ihren Job als Mutter an den Nagel hängen möchte, reagiert der Rest der Familie mit Begeisterung. Keine Vorschriften mehr, kein Gemecker, wenn etwas anders ...

Inhalt:

Auf Mama Peacheys Ankündigung, dass sie ihren Job als Mutter an den Nagel hängen möchte, reagiert der Rest der Familie mit Begeisterung. Keine Vorschriften mehr, kein Gemecker, wenn etwas anders läuft als geplant, und morgens solange schlafen wie man möchte. Das klingt doch fabelhaft. Schon nach wenigen Tagen müssen Ava, Olli und Papa allerdings feststellen, was die jüngste Tochter der Familie, Betty, schon längst geahnt hat: Ohne Mama drohen Kontrollverlust und Anarchie.

Bald schon türmen sich Berge an Schmutzwäsche, der Abwasch wird nicht mehr gemacht und jeden Tag gibt es nur noch Pizza. Im Bad herrscht morgens heilloses Durcheinander. Betty weiß,dass irgendetwas passieren muss. Ein Hund muss her.

Die Familie, mit Ausnahme von Papa, spricht sich geschlossen für den Hund aus. Papa wird von den restlichen Peacheys überstimmt und muss mit ins Tierheim fahren. Jeder hat seine eigene Vorstellung vom perfekten Hund. Doch letztlich ist es wieder Betty, die eine Entscheidung trifft. Es soll die schweigsame und zurückhaltende Promenadenmischung namens Mister Tavish werden.

Mister Tavish bekommt ein selbstgenähtes Körbchen von Betty und den besten Platz unter der Treppe, von wo aus er alles beobachten kann. Und das tut das neue Familienmitglied auch - und zwar ausgiebig. Einen ganzen Tag lang analysiert Mister Tavish das Verhalten seiner neuen Familie. Schnell stellt er fest, dass die Peacheys dringend Hilfe nötig haben.



Im Detail:

Seitdem Mama Peachey ihren Job als Mutter gekündigt hat, läuft alles drunter und drüber. Mama lässt Papas schlechte Laune und das Chaos, das allmählich in der Wohnung Überhand zu nehmen droht, jedoch völlig kalt. Sie praktiziert ihre Yogaübungen, kocht sich gesundes Essen und plant sogar mit dem attraktivem und jungen neuen Yogalehrer Pradeep nach Indien zu gehen und ihr „spirituelles Ich“ zu erforschen. Als Papa von diesen Plänen hört, rastet er vollkommen aus.
Betty erkennt, dass ihre Familie dringend Hilfe benötigt. Mit Mister Tavish soll wieder Ordnung ins Haus einkehren.

Im ersten Moment empfand ich die Idee der Familie Peachey, sich einen Hund anzuschaffen, als ziemlich unüberlegt. Ein Hund braucht Pflege, jemanden, der sich um ihn kümmert und Aufmerksamkeit. Also all das, was die Familie Peachey zur Zeit scheinbar überhaupt nicht bieten kann. Ich war mir nicht sicher, ob das Buch hier nicht eine falsche Botschaft vermittelt. Nämlich die, dass man sich in Krisensituationen noch mehr Probleme auflädt, anstatt an Lösungen zu arbeiten.

Dieser Kritikpunkt schmälert den positiven Gesamteindruck jedoch kaum: Denn Mister Tavish stellt den Ruhepol dar, den die Familie so dringend benötigt. Gemeinsam mit dem jüngsten und auch klügsten Familienmitglied, der kleinen Betty, überlegt er sich einen Plan, wie die Familie noch geretten werden kann. Eigentlich benötigt die Familie nur einen kleinen Schubser in die richtige Richtung, ein paar Anregungen und ein klein wenig Hilfe von eben diesem klugen und ruhigen Mister Tavish.

Im Tierheim darf sich die Familie nicht einfach nur einen Hund aussuchen und diesen mit nach Hause nehmen. Zuerst muss noch ein Fragebogen ausgefüllt werden. Auch hierbei hebt sich Betty wieder durch ihre Intelligenz von ihrer Familie ab. Jüngere Leser/innen lernen hier ganz nebenbei, gemeinsam mit der Familie Peachey, dass ein Haustier auch Ansprüche stellt.

Im Anschluss an die Geschichte findet der geneigte Leser auch noch einmal eine übersichtliche Auflistung - kindgerecht formuliert - in der er erfährt, was ein Hund alles benötigt.

Ein weiteres schönes Special findet sich ebenfalls auf den letzten Seiten. Hier gibt es noch ein Rezept zum Nachkochen, das in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt.

Außerdem erklärt die Autorin, wie die Romanfigur Mister Tavish entstanden ist.
Im Nachwort wird erwähnt, dass sämtliche Autorenhonorare der Wohltätigkeitsorganisation, „Blue Cross“, zur Verfügung gestellt werden. Bei Blue Cross handelt es sich um eine Organisation, die sich seit 1897 dafür einsetzt, herrenlosen, ungewollten, kranken und verletzten Haustieren ein glücklicheres Zuhause zu bieten.



Fazit:

Mütter sind Managerin, Putzfrau, Köchin, Taxifahrerin, Krankenschwester und Chauffeurin in einer Person. Ein Job, der so hart ist, dass er eigentlich öfter gekündigt werden müsste.
„Glück für alle Felle“ ist die zauberhafte Geschichte einer chaotischen Familie, die von einem Tag auf den anderen ohne ihre Allrounderin alleine den Alltag bewältigen muss. Mit Mister Tavish zieht aber ein Mischlingsrüde in den Haushalt ein, der wieder für Ordnung sorgt.

Chaotische Familien waren schon immer bester Lesestoff. Ein bisschen verkorkst müssen die Verhältnisse sein, ungewöhnlich die Familiensituation.

Meg Rosoffs Buch ist kleinteilig, mit Herzenswärme und dem ihm eigenen Schalk.
Jüngere Leser werden sich von ihr angesprochen fühlen. Ältere aber auch. Eine absolute Leseempfehlung.



Buchzitate:

Angesichts der Tatsache, dass sie von vollkommen verschiedenen Arten abstammten, hatten Betty und Mister Tavish bemerkenswert ähnliche Gemüter. Sie sehnten sich beide nach Harmonie und Odnung. Und so wurden sie Verbündete.

Veröffentlicht am 01.10.2019

Suspenseunterhaltung mit hohem Suchtfaktor

LifeHack. Dein Leben gehört mir
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Inhalt:

Seit dem Tod ihrer Mutter ist das Leben für Ellie und ihren Vater nicht mehr so einfach wie zuvor. Ellie ist der Meinung, dass es für ihren Vater besser gewesen wäre, wenn sie damals anstelle ...


Inhalt:

Seit dem Tod ihrer Mutter ist das Leben für Ellie und ihren Vater nicht mehr so einfach wie zuvor. Ellie ist der Meinung, dass es für ihren Vater besser gewesen wäre, wenn sie damals anstelle ihrer Mutter dem Autounfall zum Opfer gefallen wäre. In der Schule wird Ellie mitleidig von der Seite angeschaut. Die Mitschüler meiden sie. Vermutlich, weil sie ein wenig eigenbrötlerisch versucht, ihre Lebenskrise zu überwinden.

In dem Adventure-Game Wisdom of the Dwarf findet Ellie zu Hause Entspannung und eine billige Form des Eskapismus. Hier kann sie mit der Hilfe ihrer Spielfigur Ada so sein, wie sie es gerne wäre: selbstbewusst, unabhängig, schlagfertig, witzig. Täglich loggt sie sich in das Spiel ein und begibt sich mit dem Heiler Drumble und dem Ritter Percy ins Abenteuer. Aber es ist nicht allein das Adventure, das Ellie Freude bereitet. Auch die Zeit mit Percy, der im wahren Leben Parker heißt, schätzt sie sehr.

Parker besucht mit seinem Freund Henry – dem Spieler, der hinter dem Heiler Drumble steckt – die gleiche Schule wie Ellie. Doch genau wie die anderen Mitschüler hat er ihr bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Im Spiel jedoch ist er stets bestrebt, mehr über die Person, die sich hinter der Diebin Ada, an die er mittlerweile sein Herz verloren hat, herauszufinden.

Als während der Pause alle Schüler die Nachricht erhalten, dass der Schulball ansteht, fasst Ellie endlich einen Entschluss. Sie möchte Parker erst verraten, dass sie Ada ist und dann möchte sie ihn fragen, ob er nicht ihre Begleitung zum Ball sein möchte. Eigentlich ein guter Plan. Doch dann kommt alles ganz anders als gedacht. Von einem Tag auf den anderen wird Ellies Leben zu einem absoluten Albtraum.



Im Detail:

In jeder freien Minute, die Ellie erübrigen kann, loggt sie sich in das Online-Adventure Wisdom of the Dwarf ein. Hier findet sie Abstand zum Alltag, hier kann sie ihren Unsicherheiten und Problemen entfliehen und als digital animierter Avatar im Cyberspace gleichsam wieder auferstehen.
Die Diebin Ada ist mutig, sie ist clever, sie ist witzig und draufgängerisch. Während des Spiels kann sich Ellie außerdem ungehemmt und anonym mit ihrem heimlichen Schwarm Parker treffen. Denn gemeinsam mit seinem besten Freund ist er Teil der Heldengruppe, mit der Ada jeden Tag in die Tiefen der Dungeons zieht, um Abenteuer zu bestreiten.

Doch dann kommt der Tag, der eine einschneidende Zäsur markiert. Als Henry und Parker, vom realen Leben gefordert, das Spiel verlassen müssen, beschließt Ellie, ihre Figur Ada noch in das Dorf zu teleportieren, um ein paar Kleinigkeiten einkaufen zu gehen und sich für den nächsten Spieltag vorzubereiten. Doch irgendwas ist dieses Mal anders als sonst. Das Dorf wirkt bis auf eine einzelne Figur wie leergefegt. Handelt es sich um einen Bug? Ist es eine besondere Quest, die mit dem heutigen Spielverlauf einhergeht? Ellie ist verwirrt. Und dann fragt die merkwürdige Figur sie über den Chat auch noch, ob sie ein Nichtspielercharakter ist, oder ob eine echte Person hinter Ada steckt. Ellie ist verwirrt. So etwas dürfte es doch in diesem Spiel nicht geben.

Kurze Zeit später bewegt sich auf dem Monitor nichts mehr. Ellie reagiert blitzschnell. Sie vermutet gehackt worden zu sein.

Dieser Moment ist es, der Ellies Leben von einem Moment auf den anderen verändern wird. Denn es handelt sich nicht um einen einfachen Systemangriff. Stattdessen hat sich, was Ellie aber nicht weiß, eine künstliche Intelligenz in das System eingeloggt, die auf der Suche nach einem Körper und einer neuen Identität ist. Ellie war mit Ada einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.

Die künstliche Intelligenz, die sich fortan Ada nennt, hat nur den einen Wunsch Gefühle zu empfinden. Zu wissen, wie es ist, ein Mensch und Teil einer Familie zu sein. Durch Ada weiß die KI fast alles über Ellie. Die restlichen Informationen zu beschaffen dürfte ihr ein Leichtes sein. Natürlich hat Ada auch mitbekommen, dass Parker und Ellie Gefühle füreinander hegen. Ada bringt alles mit, was Ellie fehlt. Kurzerhand taucht die KI in Ellies Leben ein. Diese muss zuschauen, wie sie durch eine anscheinend bessere Version ihres Ichs ersetzt wird.



Eigene Meinung:

June Perry beschreibt mit LifeHack ein beängstigendes und zugleich realistisches Zukunftsszenario. Wir erhalten einen Einblick in Ellies Gedanken und Gefühle, begleiten ein Mädchen, das sowohl naiv, schüchtern und unsicher als auch liebenswert scheint.
Als sie endlich den Mut gefasst hat, ihren heimlichen Schwarm anzusprechen, wird sie eiskalt abserviert. Die künstliche Intelligenz, die sich selbst Ada nennt, und die wie ein Upgrade von Ellie scheint, ist der wahrgewordene Albtraum schlechthin.

Die Autorin erschafft in ihrem Roman ein Zukunftsszenario, in dem fast jeder Mensch ein selbstfahrendes Auto besitzt. Jedes Haus ist mit einem System ausgestattet, das die Familie beim Eintreten mit einer persönlichen Ansprache begrüßt, das in der Lage ist, das Licht anzuschalten und sich um alle Belange kümmert. Ein Haushaltsroboter gehört quasi zur Standartausrüstung. Fast jeder besitzt ein PAP (Persönliches-Assistenz-Programm), ein Gerät, das man am Handgelenk mit sich trägt. Das PAP ist in der Lage, jede Frage zu beantworten, deine Termine zu organisieren und dir bei der Auswahl der Kleidung für den nächsten Tag oder bei den nächsten Einkaufsentscheidungen weiterzuhelfen. Es ersetzt Eltern, einen guten Freund oder einen Berater in allen Lebensfragen.

June Perrys gar nicht so ferne Zukunftsvision bedient sich diverser wissenschaftlicher Szenarien, um eine pessimistische Zukunftsvision zu zeichnen.
So gibt es zum Beispiel in der Mall einen Androiden, der als Reiseverkäufer arbeitet und je nach Saison den Südländer Diego mit dunkler Hautfarbe oder den hellhäutigen Skandinavier Sven verkörpert. Sein kleines Grübchen bleibt aber immer erhalten. Denn die Menschen mögen es an ihm. Sie flirten sogar mit dem Androiden. Doch spätestens, wenn Randalierer einen Androiden zusammenschlagen und dieser dann immer noch freundlich versucht, die Parfumflakons seines Standes zu verkaufen, wird es gruselig.



Fazit:

Mit LifeHack entwirft die Autorin June Perry eine beängstigende Zukunft, in der es ihr gelingt, wissenschaftliche Visionen mit den Ängsten einer gesellschaftlichen Zukunft zu verbinden.
Alltagsbewältigung wird von der künstlichen Intelligenz geleistet. Einfache Aufgaben werden von Androiden und Robotern erledigt. Depressionen und psychischen Problemen begegnet das Persönliche-Assistenz-Programm. Selbst verstorbene Familienangehörige kann man noch ein wenig „weiterleben“ lassen, indem man eine Grabkammer mietet, in der ein Hologram den Liebsten wiederspiegelt und die schönsten Erlebnisse der Vergangenheit Revue passieren lässt.

Das Buch behandelt eine klassische Frage der Science Fiction. Kann künstliche Intelligenz ein eigenes Bewusstsein entwickeln und sich gegen ihre Schöpfer wenden?
Ellie wird nicht nur Zeugin, sondern auch Opfer solch eines „Programmausfalls“. Von einem Tag auf den anderen wird ihr ihre Identität gestohlen und sie findet sich mitten in einem Albtraum wieder.

Das Buch wirkt dabei jedoch nie belehrend, sondern stellt die verschiedenen Perspektiven und Motivationen neutral nebeneinander.

Ein leider realistischer Thriller vor authentisch wirkender Kulisse, Suspenseunterhaltung mit hohem Suchtfaktor.



Buchzitate:

Mich werden sie lieben. Sie müssen mich lieben. Denn ich werde sein wie sie.

Jetzt war das PAP das einzige Programm, das man benötigte. Es war Gedächtnis, Arzt, Freund, Shoppingassistent, Haushälter, Freizeitkoordinator, Animateur, Tagebuch … Um nichts in der Welt würde ich ich auf mein PAP verzichten – aber manchmal nervte es, wenn es zu fürsorglich eingestellt war.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Eine abenteuerliche Detektivgeschichte für kleine und große Leser/innen

Tilda, ich und der geklaute Dracula
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Inhalt:

Oda ist so ganz anders als ihre beste Freundin. Während Tilda den ganzen Tag einfach nur dasitzen könnte, ohne sich zu bewegen und ohne zu sprechen, wird Oda schnell langweilig. Sie sucht das ...

Inhalt:

Oda ist so ganz anders als ihre beste Freundin. Während Tilda den ganzen Tag einfach nur dasitzen könnte, ohne sich zu bewegen und ohne zu sprechen, wird Oda schnell langweilig. Sie sucht das Abenteuer und die Herausforderung.
Als die Nachbarin verkündet, dass ihr schwarzer Hund mit dem Überbiss, der auf den Namen Dracula hört, vor dem Supermarkt entführt worden ist, ist Oda gleich Feuer und Flamme. Gemeinsam mit Tilda möchte sie in diesem Fall ermitteln. Schließlich wurde auch ein Finderlohn von 250 Euro ausgesetzt. Davon könnte man sich eine Menge Süßigkeiten kaufen. Ein Argument, dass auch Tilda schnell in Detektivstimmung versetzt.

Doch Berlin ist eine sehr große Stadt. Wo fängt man mit der Suche an? Am besten beginnt man mit der Spurensuche direkt am Tatort und dann heißt es, die verdächtigen Personen unter die Lupe nehmen. Ein spannendes Abenteuer steht den beiden Mädchen bevor. Tilda und Oda sind der festen Überzeugung, dass sie Dracula finden und aus den Händen des Entführers befreien werden.



Im Detail:

Oda ist im Vergleich zu ihrer besten Freundin Tilda ein sehr lebhaftes Mädchen. Sie ist stets auf der Suche nach Abenteuern und findet es so gar nicht gut, dass ihre Eltern, wenn sie einen harten Arbeitstag hinter sich haben, ihr manchmal gar nicht richtig zuhören und morgens auch oft nicht gut aus dem Bett kommen. Der Tag steckt schließlich doch voller Erlebnisse und Dingen, die es zu erkunden gibt.

Tilda hingegen ist stets auf der Suche nach Ruhe und Entspannung. In einem Haushalt mit mehreren Geschwistern ist immer etwas los. Dort findet man, wenn's hoch kommt, im Bad mal ein paar Minuten Stille. Zurückhaltend reagiert sie daher stets auf Odas lebenszugewandten Aktionismus.

Oda kann Tildas kleinbürgerlich wirkende Gemütlichkeit so gar nicht nachvollziehen. Sie schiebt die Langsamkeit ihrer besten Freundin auf ihre gelockten Haare, die wie Fusilli aussehen. Manchmal brauchen Tildas „Antennen“ eben etwas, bis die Gedanken hindurchgeflossen sind. Aber daran hat sich Oda ja schon gewöhnt.

Neben den Ermittlungen, die Oda und Tilda anstellen, müssen sich die beiden Mädchen aber auch dem Alltag stellen. So lernt man als Leser auch Tildas liebevolle und chaotische Familie kennen. Der jüngere Bruder Anton hat es Oda dabei ein wenig angetan. Er ist einfach nur cool. Wie er mit seinem BMX-Rad umherdüst und ganz mutig auf den großen Baum auf dem Schulhof klettert, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Ja, Oda hat sich sogar ein wenig in Anton verliebt. Als dieser plötzlich ebenfalls in Sachen Dracula ermittelt, müssen sich die Mädchen aber sputen. Schließlich wollen sie ja selbst den Finderlohn einkassieren.

Sehr schön zu beobachten sind auch die kleinen Schrulligkeiten, die die Charaktere mit in die Geschichte bringen. So hält sich Tilda zum Beispiel als Haustiere Achatschnecken, um die sie sich ständig Sorgen machen muss. Tilda kann es auch gar nicht leiden, wenn sie auf der Straße frisch ausgespuckte Kaugummis vorfindet. „Tiermörder!“, ruft sie dann auf. Jeder weiß doch, dass Igel Kaugummis essen und dran sterben.
Oda hingegen wickelt sich mit Vorliebe während des Unterrichts in den Vorhang ein. Auf die Vorwürfe der Lehrerin entgegnet Oda ernst, dass sie den Vorhang eben mag und dass sie sich so besser konzentrieren kann. Als Leser musste ich bei Szenen wie dieser oft Schmunzeln. Die langweiligen Erwachsenen hingegen konnten Odas Verhalten nicht immer nachvollziehen. Oda ist jedoch ein toughes Mädchen und lässt sich in ihren Lebensansichten nicht von Außenstehenden beirren.

Erwähnenswert sind auch die wunderschönen Schwarz-Weiß-Illustrationen der mehrfach ausgezeichneten Illustratorin Regina Kehn. Die Vignetten machen neugierig auf die Ereignisse im jeweils folgendem Kapitel.



Fazit:

Lara Schützsack präsentiert mit "Tilda, ich und der geklaute Dracula" eine Geschichte mit Abenteuern, starken Charakteren und einer großen Prise Humor. Sie zeigt Hauptfigur, denen man von Abenteuer zu Abenteuer gerne folgt.

Im Fokus stehen die beiden besten Freundinnen Oda und Tilda, die in dem Fall des verschwundenen Nachbarhundes ermitteln. Die nicht komplexe, aber auch nie banal erscheinende Geschichte wird von gelungenen Illustrationen begleitet.

Dieses Buch ist ein kleines Highlight, aber nicht nur für Kinder im Alter von acht Jahren. Auch junggebliebene Lesern entlockt es ein vergnügliches Schmunzeln.



Buchzitate:

Von der Seite sehen ihre blonden Locken wie ungekochte Fusilli-Nudeln aus, die in alle Richtungen von ihrem Kopf abstehen. Ich glaube, das sind Tildas Antennen. Mit ihnen nimmt sie Informationen auf.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Wusste mich auf ganzer Länge von sich zu überzeugen

Stranded - Im Bann des Sees
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Inhalt:

Mellie ist eine Wandlerin. Nachts lebt sie unter Wasser, tagsüber geht sie an Land, um gemeinsam mit ihrem besten Freund, Rynn und den anderen „Scouts“ dafür zu sorgen, dass kein Landgänger den ...

Inhalt:

Mellie ist eine Wandlerin. Nachts lebt sie unter Wasser, tagsüber geht sie an Land, um gemeinsam mit ihrem besten Freund, Rynn und den anderen „Scouts“ dafür zu sorgen, dass kein Landgänger den See und somit ihre Heimatstadt Astria jemals zu Gesicht bekommt.

An einem Tag jedoch entdecken Rynn und Mellie, dass einer der Schutzanker beschädigt wurde. Die Beiden erstatten ihrem Vorgesetzten umgehend Meldung. Fortan müssen die Kontrollen verstärkt werden. Denn ohne den Schutzzauber sind die Wassermenschen in Gefahr. Schon einmal wurde ihr Volk von den Menschen entdeckt und angegriffen.

Mit den verstärkten Kontrollen und dem damit verbundenen Zeitaufwand erhöht sich jedoch auch das Risiko. Denn es gibt drei Regeln, die den Wandlern bereits vor dem ersten Landgang eingebläut wurden. Die erste davon ist die wichtigste: Bleibe nie nach Sonnenuntergang an Land zurück.

Es heißt, dass man nach Sonnenuntergang die Fähigkeit verliert, sich zu verwandeln. Man ist gezwungen, die Nacht draußen zu verbringen, und solch eine Nacht im Freien hat bislang noch kein Wandler überlebt.

Als Mellie und Rynn sich dann, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, aufteilen, passiert ein großes Unglück. Mellie wird angegriffen. Sie ist ihren Angreifern alleine ausgesetzt. Während des Kampfes verliert sie das Bewusstsein. Als sie wieder erwacht, befindet sie sich in einer Holzhütte. Alleine mit einem Menschen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, muss sie kurz darauf feststellen, dass die Sonne schon längst untergegangen ist.



Im Detail:

Mellie weiß, anders als die übrigen Wandler aus ihrer Gruppe, nur zu gut, was es bedeutet, die erste Regel zu verletzen. Denn ihre Mutter war die Einzige, die freiwillig nach Sonnenuntergang an Land zurückgeblieben ist. Dieses Vergehen ist noch heute in aller Munde. Alle gehen davon aus, dass Mellies Mutter mittlerweile verstorben ist. Man bezeichnet sie als Verräterin, Selbstmörderin und Fahnenflüchtige. Mellie wiederum erfährt eine Art Sippenhaft. Sie wird für die Sünden ihrer Mutter in Verantwortung genommen. Lediglich Rynn, Mellies bester Freund, steht dem Mädchen treu zur Seite. Er verteidigt sie gegen Vorwürfe der anderen Bewohner Astrias und sogar gegen die eigenen Eltern.

Rynn und Mellie sind, seit Mellie denken kann, beste Freunde. Gemeinsam bestreiten sie die Nächte unter Wasser und die Landgänge am Tage. Wie auch Mellie ist Rynn ein Wandler. Nicht alle Wassermenschen werden mit dieser Fähigkeit geboren. Erst mit zehn Jahren muss sich jeder Wassermensch der Landprüfung stellen. Hierzu werden die Kinder unter dem schützenden Blick der Wandler an Land geworfen. Wenn sie sich nicht verwandeln, dann dürfen sie als Natürliche zurück ins Wasser. Fortan werden sie mit einer Aufgabe innerhalb der Stadt betraut. Unter denen, die sich verwandelt haben, treffen die Soldaten, die Scouts oder die Läufer eine Auswahl. Sowohl Rynn als auch Mellie wurden von den Scouts erwählt. Ihre Aufgabe ist es, sich um die Sicherheit der Stadt zu kümmern, indem sie überprüfen, ob die Schutzzauber, die den See vor den Augen der Landgänger verbergen sollen, noch intakt sind.

Rynn und Mellie sind sich der Gefahr bewusst, die sie sich täglich aussetzen. In der Schule haben sie einiges über das Leben an Land gelernt. Sie wurden auf Begegnungen mit Landgängern bestens vorbereitet. Und dennoch vermeidet man diese natürlich, so gut es eben geht.
Doch in letzter Zeit wurden verstärkt Beschädigungen der Schutzzauber festgestellt. Mellie und Rynn sind, genauso wie der Vorgesetzte ihrer Einheit, besorgt. Den Spaß, den ein Landgang mit sich bringt, lassen sie sich jedoch nicht nehmen. Die Freundschaft zwischen Rynn und Mellie ist eng. Sie wissen, dass sie einander vertrauen können. Gemeinsam scherzen sie und erleben schöne Momente.

Rynn ist ein attraktiver, charmanter, cleverer und lebensfroher Mann. Stets findet er ein Mädchen, mit dem er ein paar schöne Stunden verbringen kann. Doch an erster Stelle steht natürlich immer Mellie, seine beste Freundin. Mellie ist ein sehr umgänglicher und freundlicher Charakter. Doch sie hat eine kleine Schwäche. Ihre Sturheit. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann sie gleichermaßen engstirnig und verbohrt wirken.
Rynn, fröhlich und unbekümmert, bietet einen schönen Kontrast. Er lässt sich von Mellies Launen nicht beirren, sondern sieht einfach darüber hinweg. Dieses Verhalten führt dazu, dass Mellie und Rynn hervorragend miteinander auskommen.

Als Mellie Opfer eines Überfalls wird überschlagen sich die Ereignisse. Für Mellie bricht eine Welt zusammen. Noch nie hat man von einem Wandler gehört, der zurückgekehrt ist. Im Wald lauern Gefahren und dann ist da noch dieser Mensch, dem sie plötzlich gegenübersteht. Menschen sind gefährlich. Das wird bei Caleb, wie sich der Landgänger kurze Zeit später bei ihr vorstellt, nicht anders sein. Doch was hat Mellie für eine Wahl? Zurück in den gefährlichen Wald gehen? Dorthin, wo die Wildtiere sie angreifen und vermutlich töten werden? Oder Caleb ein Stück weit Vertrauen schenken?

Im Laufe der Zeit stellt sich Caleb als sehr interessanter Charakter heraus. Er ist so ganz anders als Rynn. Er liebt Horrorfilme, er hat einen Hund, der ihm treu zur Seite steht, möchte ein eigenes Drehbuch schreiben und lebt ganz alleine im Wald. Dass Caleb den Kontakt mit anderen Menschen scheut und Mellie mit den Worten, „ich bin kein Serienmörder“, empfängt, macht die Situation natürlich nicht besser.

Neben den Ängsten, die Mellie bzgl. Caleb plagen, gibt es natürlich auch noch die Frage, wie und ob sie zu ihrem Volk und somit auch ihrem besten Freund Rynn zurückkehren kann und ob sie in den Augen ihrer Gemeinschaft zur Verräterin wird.



Fazit:

Kate Dylan hat mich sofort überzeugt. Ein kleines Universum wird auf den ersten Seiten ihres Romans, Stranded – Im Bann des Sees, entworfen. Eine Reise durch eine Fantasy-Welt, die viel Neues bietet.
Gekonnt ist auch, wie Kate Dylan ihre Figuren inszeniert. Am Anfang steht eine große Freundschaft zwischen Mellie und Rynn, die man als Leser gerne verfolgt.
Mit der Einführung Calebs wird summa summarum ein weiterer eindeutig sympathischer, da souveräner und interessanter Charakter gezeichnet.
Die Entwicklung der Figuren, ihre Eigenheiten und Schrulligkeiten zu beobachten, bildet ein Highlight der Geschichte.

Wenngleich die Autorin auf einen typisch reißerischen Plot üblicher Spannungsliteratur verzichtet, müht man sich nach der Lektüre Kreislauf und Blutdruck wieder unter Kontrolle zu bringen.

Stranded – Im Bann des Sees ist ein fantasievoller und spannender Roman, der mit neuen Ideen daherkommt. Von mir gibt es eine volle Leseempfehlung an Liebhaber dieses Genres.



Buchzitate:

Wenn etwas eine Schale hatte, unauffällig oder irgendwie getarnt aussah, dann ließ es sich höchstwahrscheinlich gefahrlos essen.