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Veröffentlicht am 02.05.2022

Wenn Physik auf Gefühle trifft

Gleichung mit zwei Unbekannten
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Mit diesem Buch bekommt man erst einmal eine riesige Portion Hamburg-Flair! Jedem Wort spürt man die Liebe der Autorin zu dieser Stadt an, und sie versteht es meisterhaft, Hamburg zwischen zwei Buchdeckel ...

Mit diesem Buch bekommt man erst einmal eine riesige Portion Hamburg-Flair! Jedem Wort spürt man die Liebe der Autorin zu dieser Stadt an, und sie versteht es meisterhaft, Hamburg zwischen zwei Buchdeckel zu bringen. Es ist quasi so, als ob einem beim Öffnen des Buches schon ein Klang-Duft-Bilder-Teppich der Hafenstadt entgegenkommt. Ich habe es wirklich geliebt!

Ein wenig schwerer habe ich mir mit der Protagonistin Cate getan, aber die wiederum tut sich wohl auch schwer mit sich selbst. Cate ist eine brillante Physikerin und in einer Führungsposition bei der Bank angestellt. So genial ihre fachliche Kompetenz ist, so groß sind ihre Defizite im zwischenmenschlichen Bereich. Man könnte sie fast als einen weiblichen Sheldon Cooper bezeichnen. Allerdings wäre Komik hier fehl am Platz, denn Cate hat eine wirklich traurige Kindheit durchlitten, die sie geprägt und zu dem Menschen gemacht hat, der sie heute ist. Mit der Sicherheit, die ihr Zahlen und straffe Zeitpläne geben, ist es von heute auf morgen vorbei, als ihre bis dahin unbekannte irische Cousine Joanne unverhofft in ihr Leben stolpert und damit eine wahre Flutwelle auslöst. Auf der Flucht vor Joanne und auch vor ihrer Vergangenheit läuft Cate Matthis in die Arme. Bis Eisprinzessin Cate soweit zu schmelzen beginnt, dass sie Matthis und Joanne in ihr Leben lassen kann, läuft noch einiges schief, und plötzlich steht Cates ganzes bis dahin wohlgeordnetes Leben völlig auf dem Kopf.

Die Geschichte ließ sich wunderbar lesen. Schmerzhaft war es immer nur, wenn Cate so gar nicht aus ihren inneren Zwängen herauskonnte und in alte Verhaltensmuster zurückgefallen ist. Das tat beim Lesen regelrecht weh. Andererseits war Cates Not gerade dadurch spürbar und verständlich. Mehr Schwierigkeiten hatte ich mit dem nahezu übermenschlich verständnisvollen Matthis, der mir persönlich dann doch zu unrealistisch perfekt gestaltet war. Dies wurde allerdings mehr als wettgemacht durch Joanne, die wunderbar Wind in die Story gebracht hat. Da Joanne im Mittelpunkt der geplanten Fortsetzung stehen wird, freue ich mich auf diese schon ganz besonders.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Ganz viel Liebe für diese neue Wohlfühlreihe

A Place to Love
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Normalerweise lege ich großen Wert auf eine gut formulierte und wohlbegründete Rezension. Bei „A place to grow“ möchte ich stattdessen am liebsten einfach in euphorisches Fangirl-Geschrei ausbrechen und ...

Normalerweise lege ich großen Wert auf eine gut formulierte und wohlbegründete Rezension. Bei „A place to grow“ möchte ich stattdessen am liebsten einfach in euphorisches Fangirl-Geschrei ausbrechen und einfach nur ganz viel Liebe über dieses Buch ausschütten! Badewannen voller Buchliebe!

Ich bin ja ein bekennendes Green-Valley-Fangirl und gebe offen zu, dass ich mir Sorgen gemacht habe, ob die neue Reihe dem Vergleich mit den cozy Wohlfühlvibes der New-Reihe standhalten kann...

Sie. Kann. Definitiv.

Lilly Lucas ist es erneut gelungen, mit der Cherry Hill-Farm bei Palisade im Westen Colorados ein wunderbares Setting zu erschaffen und dieses mit der Familie McCarthy mit liebenswerten Bewohnerinnen zum Leben zu erwecken. Im Mittelpunkt dieses ersten Bandes steht die Lovestory von Juniper und Henry, aber die Geschichte lebt auch vor allem vom Verhältnis der drei Schwestern Juniper, Lilac und Poppy, die nach dem plötzlichen Tod des Vaters vor 3 Jahren nun mit ihrer Mutter die riesige Obstfarm betreiben, wobei vor allem auf Juniper Arbeit und Verantwortung lasten. Lilly Lucas hat die besondere Gabe, mit ihren Geschichten ein Gefühl von Zuhause auszulösen. Schon nach den ersten Seiten fühlt man sich angekommen auf der Farm und bei den McCarthy-Schwestern und schließt den Ort Palisade und seine Bewohner sofort in sein Herz, auch weil die herrliche Landschaft so anschaulich geschildert und jede noch so kleine Nebenfigur liebevoll beschrieben ist. Die Geschichte entfaltet einen wunderbaren Lesefluss, und ich mag neben den Komponenten Lovestory und Familie auch besonders die Passagen in der Farmervereinigung, in der Juniper Frauenpower beweisen darf.

Das wichtigste: Man hat kein einziges Mal den Eindruck, einen Aufguss der New-Reihe zu lesen, sondern kann sich neugierig und freudig auf diese ganz neue Geschichte einlassen. Lilly Lucas ist es gelungen, eine Tür zu einer weiteren Wohlfühlwelt aufzustoßen – und ich kann jetzt schon kaum erwarten, die McCarthy-Schwestern weiter begleiten zu dürfen. Und trotz aller Eigenständigkeit der Geschichte habe ich mich über das ein oder andere Green-Valley-Easter-Egg gefreut, das ich im Buch gefunden habe!

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Veröffentlicht am 25.04.2022

„Ich bin eine Perle, die sich vor irgendwelche Säue wirft“

Morgen kann kommen
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Eine Frau findet im Papierkorb eines Fotoautomaten ein zerrissenes Foto. Was sie dort sieht, lässt sie Hals über Kopf aufbrechen, zurück an einen Ort ihrer Vergangenheit, zurück zu einer Person aus ihrer ...

Eine Frau findet im Papierkorb eines Fotoautomaten ein zerrissenes Foto. Was sie dort sieht, lässt sie Hals über Kopf aufbrechen, zurück an einen Ort ihrer Vergangenheit, zurück zu einer Person aus ihrer Vergangenheit.

Es ist eine Ansammlung ungewöhnlicher Menschen, die dort in der Villa im Ohnsorgweg aufeinandertrifft: Zwei Schwestern, deren Wege sich vor vielen Jahren nach einem entsetzlichen Verrat getrennt hatten. Die Frage ist nur, wer in Wirklichkeit wen verraten hat? Und da sind noch Rudi, der gute Sozi mit dem bösartigen Hirntumor, Erdal mit seiner unerschütterlichen Selbstliebe sowie dessen Cousine Fatma mit dem geheimnisvollen Kermit als Freund.

Die Geschichte beginnt überstürzt und scheinbar verworren, nimmt sich dann aber Zeit, um diese gar so unterschiedlichen Charaktere einander begegnen zu lassen, miteinander reden und miteinander tanzen zu lassen, Ansichten auszutauschen oder auch einmal aufeinanderprallen zu lassen. Dies zu lesen, war eine wahre Freude, und auch die ganz wunderbaren Illustrationen im Buch lassen die Ereignisse nur weniger Tage bunt und voller Leben erscheinen. In diesem Roman tummeln sich starke Frauen mit starker Haltung, aber auch opferwillige, unterwürfige mit schwachem Selbstwertgefühl, und so manche stellt sich früher oder auch sehr spät die Frage: Ist mein Partner gut genug für mich oder habe ich mich als Perle wieder einmal vor irgendwelche Säue geworfen? Da prallen Welten und Ansichten aufeinander und so manche stellt fest, dass sie anstelle des sittsamen Veilchens aus dem Poesiealbum lieber doch zur stolzen Rose erblühen würde. Gewürzt ist diese Mischung nicht zuletzt dank des unvergleichlichen Erdal mit einer ordentlichen Prise Humor. Vor allem geht es immer wieder um die Solidarität unter Frauen, die allzu gern einmal am geringeren Gewicht des Gegenübers scheitern will. Mit Klischees wird gespielt, aber die Charaktere bleiben keineswegs eindimensional, sondern zutiefst menschlich und teilweise innerlich unsicher und zerrissen, und so wachsen sie einem beim Lesen dieses wunderbaren Romans rasch ans Herz.

Letztendlich werden überraschende Zusammenhänge auf einmal klar, fügen sich vermeintlich lose Enden plötzlich zusammen, Lügen werden enttarnt und der Lügner bestraft. Am Ende wird ein Bett ordentlich gemacht, und Morgen kann kommen.

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Veröffentlicht am 22.04.2022

Ein Buch wie eine Diagnose

Ein Stern macht noch keinen Himmel
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Dieses Buch hat mich – auch wegen des Fehlens einer Triggerwarnung – völlig getäuscht (Achtung: Nicht enttäuscht, sondern getäuscht!):

Das Cover kommt fröhlich bunt daher, ein lustiger Titel und ein Klappentext, ...

Dieses Buch hat mich – auch wegen des Fehlens einer Triggerwarnung – völlig getäuscht (Achtung: Nicht enttäuscht, sondern getäuscht!):

Das Cover kommt fröhlich bunt daher, ein lustiger Titel und ein Klappentext, der auf eine lustige Landärztin in der schwäbischen Provinz hinweist. Genau so beginnt auch der Roman, in dessen Mittelpunkt die patente Ärztin Janne Helmkamp steht. Es entfaltet sich eine charmante Geschichte rund um das Team und die Patienten ihrer Landarztpraxis mit viel authentischem schwäbischem Gebabbel und Gebruddel. Dazu kommt eine hinreißende Lovestory mit dem liebenswerten und einzigartigen Leon Bloomdale, dem charmantesten Engländer seit James Bond. Wobei er eindeutig die Lizenz zum Viel-Unsinn-Reden hat. Soweit so gut. Sogar sehr gut.

Doch plötzlich gerät die ganze Erzählung genauso wie Jannes Leben völlig aus den Fugen. Und hier kommen wir zu der fehlenden Triggerwarnung, denn es sind nicht etwa lediglich ein paar literarische Komplikationen, die der Heldin in den Weg gelegt werden. Nein, wir sprechen hier über schwerwiegende psychische Erkrankungen, schwerst traumatisierte Kinder, hilflose Angehörige. Das ist schon heftig und komplex, von der Autorin jedoch hervorragend und realistisch geschildert in all seiner Eindringlichkeit und Schwere. Im Zentrum der Aufarbeitung steht Jannes Mutter mit einer bipolaren Störung und manisch-depressiven Phasen, die sehr realitätsnah dargestellt werden. Die Autorin hat äußerst gründlich recherchiert und lässt den Leser an Jannes Hilflosigkeit ganz nah teilhaben. Während die Erinnerungen an schlimmste Erlebnisse in der Kindheit wieder an die Oberfläche drängen, beginnt sich die ansonsten so gefestigte Janne nämlich völlig aufzulösen und droht sich zu verlieren.

So gesehen ist dieser Roman selbst wie eine manisch-depressive Diagnose mit seinem heiter leichten Beginn und dem völlig zerstörenden Fortschreiten, ehe sich am Ende so etwas wie Versöhnung einstellt. Eine sehr intensive Geschichte. Genau genommen hätte man daraus sogar zwei großartige Bücher machen können, einen liebenswert-lustigen Landarztroman und ein ernstes Psychodrama. Aber gerade der Kniff, beides in einem Buch zu vereinen, macht die Diagnose in ihren gegensätzlichen Zuständen erst völlig anschaulich und erlebbar. Ich bleibe aber dabei: Eine Triggerwarnung wäre sinnvoll gewesen.

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Veröffentlicht am 13.04.2022

Ein Elefant im Buchladen

Der große Fehler
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Ich gebe es offen zu – nach den ersten paar Seiten dieses Romans habe ich mich ernsthaft gefragt, ob nicht dessen Lektüre ein „großer Fehler“ sei?

Ein Lesefluss wollte sich zunächst so gar nicht einstellen. ...

Ich gebe es offen zu – nach den ersten paar Seiten dieses Romans habe ich mich ernsthaft gefragt, ob nicht dessen Lektüre ein „großer Fehler“ sei?

Ein Lesefluss wollte sich zunächst so gar nicht einstellen. Eher fühlte es sich an wie ein mühsamer Kletterweg über einen Berg voller im Weg stehender Wörter und Sätze. Wer sich jedoch über den anstrengenden Anstieg hinweggequält hat, wird mit einem ganz außergewöhnlichen Roman belohnt. Erzählt wird die Geschichte von Andrew Haswell Green, dem Erbauer u.a. des Central Parks in New York. Die Story steigt ein am Tag seiner Ermordung im Jahr 1903 und erzählt dann abwechselnd von der Aufklärung des Mordes und in Rückblenden Andrew H. Greens Leben. Geschildert wird nicht nur dessen Kindheit in einfachen Verhältnissen auf einer Farm, sondern auch sein frühes Scheitern in New York, die Flucht nach Trinidad und die fulminante Rückkehr als nach außen hin selbstbewusster Mann, der Zeit seines Lebens unter seiner unterdrückten Homosexualität zu leiden hat.

Die Geschichte spielt grob in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und Autor Jonathan Lee passt seine Sprache perfekt dieser Zeit an. Da erwarten den Leser schwurbelnde Aufzählungen, es wird sich in epischer Breite über Nebenhandlungen ergossen und der Autor beweist seine unbändige Freude an scheinbar endlosen Sätzen und detaillierten Beschreibungen nebensächlicher Kleinigkeiten. Die dichterisch angereicherte Sprache dient der Schaffung einer historischen Atmosphäre und lässt das Zeitgeschehen auferstehen. Der Leser erfährt dabei interessante Hintergründe zur Geschichte New Yorks und speziell zur Entstehung des Central Parks.

Fazit: Ein intensiver Lesegenuss, der jedoch nicht über inhaltliche Schwächen hinwegtäuschen kann, wenn etwa nicht alle Handlungsstränge konsequent zu Ende geführt werden.

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