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Veröffentlicht am 24.07.2022

Etwas schwermütig und einfach

Yadriel und Julian. Cemetery Boys
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Nach langer Zeit habe ich mich an ein Buch mit einer trans Figur herangewagt und hatte Spaß. Ich habe das Buch mit einem guten, erlösenden Gefühl beendet. Allerdings richtet sich das Buch, aus meiner Sicht, ...

Nach langer Zeit habe ich mich an ein Buch mit einer trans Figur herangewagt und hatte Spaß. Ich habe das Buch mit einem guten, erlösenden Gefühl beendet. Allerdings richtet sich das Buch, aus meiner Sicht, eher an Menschen mit etwas Vorwissen, als an Leute, die komplett neu ins Thema einsteigen.

Worum geht es?

Yadriel hat ein Problem: Er ist Teil einer Brujix-Gemeinschaft in LA, die Santa Muerte verehrt, deren Macht jedoch schwindet. Und deren Geschlechterrollen klar verteilt sind - die (weiblichen) Brujas können heilen, die (männlichen) Brujos durchtrennen den Faden, der die Geister in der realen Welt hält und helfen ihnen, ins Jenseits zu kommen. Yadriel als trans Mann passt dort nicht hinein, die entsprechende Zeremonie zum Brujo wird ihm verwehrt. Also führt er die Zeremonie mit seiner Cousine Maritza selbst durch und beschwört dabei versehentlich den Geist von Julian. Gleichzeitig ist ein anderer Brujix verschwunden. Und so begeben sich Maritza, Julian und Yadriel auf die Suche nach Julians Körper, dem verschwundenen Mann und der Antwort auf die Frage, wie man einen Geist in einer Gemeinschaft von Geister-Sehenden Menschen verstecken kann.

Meine Gedanken dazu

Yadriel als Charakter fand ich schwierig. Er hat Probleme mit sozialen Situationen und fühlt sich in einer Welt unsicher. Die Anerkennung in der Gemeinschaft nimmt einen hohen Stellenwert für ihn ein und er geht ständig davon aus, dass er von anderen abgelehnt wird, weil er trans ist. Auch wenn dieser Kampf die Realität von trans Jugendlichen widerspiegelt, war mir das Thema ein bisschen zu präsent. Allerdings stellt Julian ein gutes Gegenstück dar: Er hat seine Homosexualität akzeptiert und seine Clique besteht aus queeren Menschen. Ein bisschen ZU zufällig, aber ich mag's, dass Julian Yadriel ein erdet und ihm zeigt, dass man nicht stetig kämpfen muss, sondern von manchen Menschen einfach akzeptiert wird. Außerdem hört er gern Musik, verehrt Santa Muerte und vermisst seine tote Mutter, die ihn immer unterstützt hat. Ich glaube, er ist jemand, der gern grübelt.

Ergänzt wird das Kollektiv von Maritza, die ein eigenes Problem hat: Sie ist Vegetarierin und möchte keine Tiere verletzen. Um Rituale durchzuführen, wird jedoch Tierblut benötigt. Sie wird daher trotz ihrer Zeremonie nicht als Heilerin gesehen. Außerdem hat Maritza eine lebhafte Familie und unterstützt das Team auf ihre eigene Weise.

Ich fand Julians Freunde interessant und hätte gern mehr gelesen. Auch das Thema Konflikte der Kulturen böte viel Stoff.

Die Spannung war mittelmäßig. Erst ab 50 % nimmt das Buch wirklich Fahrt auf, viele Konflikte werden aufgebaut, und alles wird stimmig zuende geführt. Allerdings war der Bösewicht ZU vorhersehbar. Ich mochte den Grundkonflikt, hätte mir aber noch etwas mehr Drama gewünscht.

Mein großer Kritikpunkt sind die Beschreibungen. Vielleicht ist das für ein Jugendbuch normal, aber es wird sehr ausführlich erzählt, wer etwas macht und das hat die Handlung ausgebremst. Da das Geschehen aus Yadriels personaler Perspektive erzählt wird, hat das auch die Figur unsympatisch gemacht. Man hätte den Platz für spritzige Dialoge nutzen können, denn daran fehlt es: an Tempo, an Situationskomik. Diese ist durch Julian manchmal vorhanden, insgesamt aber kaum bemerkenswert. Obwohl die Figur Potential hätte.

Im Vorwort deutet der Autor an, dass er das Buch für Menschen wie sich geschrieben hat, und das merkt man. Das Thema "trans" wird nicht aufklärerisch behandelt, sondern fließt nebenbei ein. Die Problematik "Deadname" wird nicht erklärt, aber immer wieder aufgegriffen. Gut ist, dass er tatsächlich nie genannt wird. Eine große Rolle spielt Yadriels Binder, der ihn z.B. beim Laufen einengt und ohne den er sich nackt fühlt. Welches Verhältnis Yadriel zu seinem Körper hat, erfahren wir nicht, die soziale Komponente ist wichtiger. Ich hätte mir mehr Erklärungen gewünscht, verstehe aber, dass "trans" nicht der Schwerpunkt des Buches sein sollte, sondern die Geschichte. Und dass zuviele Informationen leicht triggern können, was bei einem Buch für trans Menschen nicht gut wäre.

Und ich fand's gut, dass spanische Wort nebenbei erklärt wurden, ohne, dass man ständig grübelte, was sie bedeuten. Das ist sehr gut gelöst!

Und die Liebesgeschichte ist dezent.

Fazit

Der Schwerpunkt liegt auf Yadriel und seiner Suche nach seiner Position in der Gemeinschaft. Das fand ich interessant und real, war mir aber zu deutlich. Ich hätte mir mehr Reibereien mit Julian gewünscht und ein bisschen mehr Humor. Die Story selbst ist einfach, funktioniert aber gut und wird stimmig abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 05.07.2022

Große Langweile

Große Gefallen
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Am Buch gereizt hat mich die Dreiecks-Konstellation - eine Frau, die sich als lesbisch identifiziert, und ein heterosexualles Paar, dessen Frau sie begehrt. Das Thema hat mich fasziniert und durchhalten ...


Am Buch gereizt hat mich die Dreiecks-Konstellation - eine Frau, die sich als lesbisch identifiziert, und ein heterosexualles Paar, dessen Frau sie begehrt. Das Thema hat mich fasziniert und durchhalten lassen, obwohl das Buch nach einem Viertel auf der Stelle trat.

Worum geht es?

Eve führt eine glückliche Beziehung und entdeckt sich gerade selbst, als sie von einer Frau angeschrieben und später gefragt wird, ob sie mit ihrem Freund schlafen möchte. Eve beginnt, sich mit beiden zu treffen, schläft mit Nathan, ohne an Olive, die sie eigentlich will, heranzukommen. Als am Ende des Buches Nathans Affären zu Frauen hinterfragt werden, muss sich Eve klarer positionieren.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Ich fand's langweilig und nervig. Eve sieht sich vor allem selbst und erfreut sich daran, die Beziehung zu Nathan und Olive von allen Winkeln zu betrachten, zu sezieren. Voran kommen tut sie dabei jedoch nicht. Sie traut sich nicht, Fragen zu stellen und Antworten einzufordern. Ihre Wünsche einzufordern.

Nathan wird als dominanter Mann beschrieben, wirklich spürbar wird das nicht, weil ihn Eve durch ihre Augen so verklärt darstellt. Ich wusste nicht, ob nicht Olive der präsente Teil der Beziehung ist, weil sie Nathans Wünsche unterstützt. Oder ob auch sie ein Opfer ist. An einer Stelle wird jedoch deutlich, wie manipulativ Nathan ist: Er nötigt Eve zum Sex ohne Kondom und redet ihr ein, sie hätte genau das gewollt.

Eve scheint die platonische Seite der Beziehung zu genießen - dass sie von Nathan scheinbar respektiert wird. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich Eve zu "reinen" Menschen hingezogen fühlt, deren Motive klarer sind als ihre eigenen. Ihre Freundin bewundert sie z.B. dafür, dass sie so gütig und verständnisvoll ist. Olive für ihre Schüchternheit und Ruhe. Vielleicht bleibt sie in all diesen Beziehungen, weil sie ihre dunklen Seiten nicht akzeptieren kann. Vielleicht ist sie überfordert von ihrer Familie, die größeres von ihr erwartet als den Job im Café, den sie ausübt.

Dramaturgisch ist das Buch nett gestaltet - mit Eves Mitbewohnerin Fatima, die die Beziehung kritisch betrachtet, bekommt das Kollektiv einen guten Gegenpol und auch am Ende steigert sich die Spannung.

Eine zentrale Frage im Buch war für mich, warum Eve als lesbische Frau den Sex mit einem Mann genießt - eine wirkliche Antwort habe ich nicht gefunden. Und auch, wie die Beziehung der drei definiert wird, war nicht klar. Ob alle glücklich sind.

Liest man Interviews mit der Autorin, in denen sie erklärt, welche Texte sie zur Vorbereitung gelesen und welche Konflikte sie erläutern wollte, dann war ich enttäuscht. Vielleicht ist all das aber so gut verpackt, dass ich es nicht erkenne.

Fazit

Der Klappentext verspricht viel, das Buch hält wenig. Es tritt seitenlang auf der Stelle und wirklich passieren tut wenig. Wer sich jedoch gern in Gedankenströme fallen lässt und über Probleme philosophiert, wird mit dem Text mehr Spaß haben.

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Veröffentlicht am 04.06.2022

Als Hörbuch gruslig

Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit
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Ich habe das Buch angefordert, weil ich Jovanovic aus dem Fernsehen kenne und ihn sehr charismatisch finde. Er ist ein Mensch, der einen mit seiner aufgedrehten, durchdachten Art einnimmt und über wichtige ...

Ich habe das Buch angefordert, weil ich Jovanovic aus dem Fernsehen kenne und ihn sehr charismatisch finde. Er ist ein Mensch, der einen mit seiner aufgedrehten, durchdachten Art einnimmt und über wichtige Themen aufklärt. Denn auch heute werden Sintizze und Romnja oft nicht als diskriminierte Gruppe wahrgenommen. Allerdings tut sich der Autor mit dem Hörbuch keinen Gefallen, ganz im Gegenteil: Es war eine Qual für mich, die ich nach 91 % abgebrochen habe.

Worum geht es?

Überwiegend chronologisch schildert Jovanovic seine Kindheit, Jugend bis zum Erwachsenenalter. Unterbrochen wird das immer wieder durch Reden gegen Rassismus und Diskreminierung. Der Schwerpunkt liegt auf der Kindheit und der frühen Hochzeit, erst später widmet er sich seinem Entdecken als schwuler Mann.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Inhaltlich fand ich es beklemmend, in welchen Zuständen Jovanovic leben musste, und das, obwohl die Familie unter städtischer Obhut stand. Dass sie in einem Haus leben mussten, in dem es nicht einmal fließendes Wasser gab, war bitter. Dazu Lehrer, die ihm nicht zugetraut haben, dass er die Schule schafft. Eine wichtige Rolle spielt Jovanovics Vater, den er einerseits bewundert und noch immer liebt. Der jedoch auch seine Frau betrog und manchmal wochenlang alleine ließ. Der dachte, Homosexualität könne man mit Pillen bekämpfen. Auch Gewalt wird erwähnt - nicht ausführlich oder sensationsgeil, aber sie war vorhanden. Dann die frühe Heirat, der Erwartungsdruck. Für die Familie sorgen zu müssen, ein guter Ehemann zu sein und sich ausleben zu wollen. Ich spürte, dass diese Zeit nicht einfach für alle Seiten war und dass Jovanovic einiges verschweigt. Ich verstehe, dass er solche privaten Details nicht preisgeben möchte, aber für mich war nicht klar, wie sich diese Konflikte, zu den Eltern und der Ehefrau, gelöst haben. Auch, wie er zu dem starken Mann wachsen konnte, das nimmt nicht soviel Raum ein und ich konnte es nicht nachfühlen.

Obwohl er soviel erzählt, kam ich dem Menschen nicht so nah, wie ich gehofft hatte. Weniger Plädoyers und mehr Geschichten wären besser gewesen.

Trotzdem fand ich es total interessant, diesen Einblick zu bekommen.

Das große Manko war für mich das Hörbuch. Der Text stolpert oft, es gibt viele unnatürliche Sprechpausen, teilweise innerhalb eines Wortes oder Satzes. Oft klingt er arrogant, weil er etwas Wichtiges betonen will, das aber eher steif klingt. Komischerweise dann, wenn es um Rassismus geht. Dann widerum wechselt er in Umgangssprache, kürzt Worte ab, wirkt scheinbar locker, ist es aber nicht. Wirklich gelöst klingt Jovanovic nur, wenn er über seine Zeit als Drag-Queen und mit seinen Freund:innen redet. Manchmal hört man sogar Versprecher. Ich glaube, ich habe hier erstmals gemerkt, dass auch der Tonschnitt nicht sauber ist. Meine Vermutung ist, dass es Jovanovic schwerfällt, Texte abzulesen und dass man diese Probleme nicht bereinigen konnte. Vielleicht war keine Zeit oder man wollte das Unperfekte aus Gründen der Authentizität im Buch lassen.

Für Leute, die mehr Wert auf den Inhalt legen, sollte das kein Problem sein. Ich musste aber oft pausieren und habe mich mehrmals gefragt, ob ich abbreche. Der Inhalt hat mich aber davon abgehalten.

Aufgefallen ist mir auch, dass die Sprache, wenn es um Rassismus geht, oft fachlich ist. Einen Pluspunkt gibt es für die fließende Aussprache von BIPoC und dass das Z-Wort immer abgekürzt wird.

Fazit

Jovanovics Botschaft ist wichtig, aber als Hörbuch empfehle ich es nicht. Als Fließtext ist es gut für eine Zugfahrt geeignet, jedoch fehlen mir inhaltlich einige Dinge. Ich find's besser, ihn in einem Video frei sprechen zu hören.

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Veröffentlicht am 04.06.2022

Am Ende schwach

Die Lüge
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An diesem Text hat mich gereizt, dass es einen Jungen zeigt, der bei homosexuellen Eltern aufwächst und später selbst entdeckt, dass er Männer mag. Beide Themen werde bei großen Verlagen selten behandelt ...

An diesem Text hat mich gereizt, dass es einen Jungen zeigt, der bei homosexuellen Eltern aufwächst und später selbst entdeckt, dass er Männer mag. Beide Themen werde bei großen Verlagen selten behandelt und ich wollte mich hineinstürzen. Das Buch war besonders am Anfang intensiv, handelt die Kernkonflikte dann aber zu schnell ab.

Rezi enthält Spoiler

Worum geht es?

Mikis Mutters stirbt an Krebs und seine Verwandten stehen vor der Frage, ob der Junge beim der konservativen Oma oder dem künstlerischen Onkel Slawa aufwächst. Die Wahl fällt auf Slawa, der mit seinem Freund Lew zusammenlebt. Wir verfolgen Mikis Leben bis zur Pubertät, erleben, wie sich das Verhältnis zu den Eltern und anderen Menschen entwickelt. Bestimmt ist es immer von einem Geheimnis: Dass niemand von der Liebe seiner Eltern erfahren darf.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Besonders am Anfang hat der Autor den kindlichen Gedankengang des jungen Miki gut getroffen - das habe ich in Büchern selten erlebt. Miki versteht manche Dinge nicht, wirkt sozial etwas unerfahren und ich fand das sympatisch. Auch die negativen Töne erspart uns das Buch nicht - ich hatte das Gefühl, dass das Buch viele Fragen stellt, die man sich nicht zu stellen traut. Interessant fand ich das im letzten Drittel, als Miki einen Hass auf Schwule entwickelt und ihm z.B. der CSD zu laut ist. Er fühlt sich zu ihnen hingezogen, erregt und er hat eine körperliche Beziehung zu einem Klassenkameraden. All das wirkt aber masochistisch - eine Selbstkasteiung, weil er mit seinem inneren Widerspruch nicht klarkommt - sein Gefühl lässt das zu, sein Verstand lehnt das ab.

Der Kern ist "die Lüge", die sich durch das ganze Buch zieht, was ich gut gestaltet fand. Denn obwohl seine Eltern schwul sind, zeigen ihm diese, dass es nach außen nicht ok ist. Ich glaube, das Gefühl, etwas nicht zeigen zu dürfen, obwohl es einem wichtig ist, das führt dazu, dass er sich selbst ablehnt. Dass er seine Gefühle verleugnet. Miki gibt vor, er wollte nich das Klischee bestätigen, dass Kinder schwuler Eltern selbst schwul werden, aber ich glaube, dass es der Keim der Ablehnung war, der ihm als Kind unabsichtlich eingepflanzt wurde.

Zu sehen, wie diese Pflanze wächst und wie aus dem sympatischen, durchdachten Miki ein Mensch wird, der wütend durch die Welt stolpert, ohne, dass ihm etwas helfen kann, war bitter.

Ich denke, dass der Autor damit auch manche homophobe Menschen gut trifft und eine Erklärung findet, wie dieser Hass entstehen kann. Allerdings lässt das Buch offen, wie es mit Miki weitergeht, deutet aber an, dass er sich später akzeptieren kann.

Männlichkeit ist ein weiteres Thema des Romans. Bezeichnend war für mich, dass sein (weiblicher) Schwarm ihm vorwirft, nicht männlich genug zu sein, weil er sich nicht prügelt bzw. nicht dazu steht. Obwohl es eine Charakterfrage ist. Ich kann seinen Schmerz gut verstehen.

Schön war auch, wie sich Miki dem eher kühlen Lew annähert und beide Väter ihre Rolle im Leben Mikis einnehmen.

Nach der ersten Hälfte lässt das Buch jedoch in der Struktur nach. Miki empfindet eine dumpfe Wut, die aus seinem inneren Konflikt, der Identitätssuche, aber auch der Leere in sich entsteht. Er versucht, diese mit Boxen zu bekämpfen, bekommt von seinen Eltern einen Hund, der jedoch nach kurzer Zeit keine Rolle mehr spielt. Später sieht er in einem Waisenjungen einen jüngeren Bruder und bittet seine Eltern, ihn zu adoptieren. Ich weiß nicht, ob er darin eine Aufgabe sieht, den eher unbeholfenen Jungen zu unterstützen oder ob er ihn an eine andere Version von sich erinnert. Später nervt er ihn und Miki verfolgt einen schwulen Klassenkameraden über Wochen. Doch auch das löst den Konflikt nicht, es verstärkt ihn. Die Passion gibt ihm Halt, aber als sein Partner eine Entscheidung fordert, rennt Miki sinnbildlich weg. Man kann das als Stilmittel betrachten, aber für mich werden viele Dinge angerissen und nicht gut zuende geführt. Besonders am Ende hetzt der Roman. Auch die Bindung zu den Eltern geht verloren.

Fazit

"Die Lüge" ist ein Text, über den man wundervoll nachdenken kann und der zeigt, dass man trotz guter Voraussetzungen in tiefe Löcher fallen kann. Dennoch schien mir die zweite Hälfte nicht gut geplant, ich konnte vieles nur mäßig nachvollziehen.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Tritt auf der Stelle.

Honey Girl
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Ich hatte das Buch angefordert, weil die Geschichte interessant klang, weil es um Frauenliebe und People of Color geht. Letztlich war es manchmal sehr kuschelig, trat oft aber auf der Stelle.

Spoiler: ...

Ich hatte das Buch angefordert, weil die Geschichte interessant klang, weil es um Frauenliebe und People of Color geht. Letztlich war es manchmal sehr kuschelig, trat oft aber auf der Stelle.

Spoiler: Es geht in diesem Text um Burnout bzw. Depression und das spürt man das ganze Buch lang. Das Thema wird selten deutlich, aber das geringe Selbstwertgefühl, die Zweifel werden oft sichtbar. Das Buch hat mich nicht nach unten gezogen, aber ein dumpfes Gefühl hinterlassen. Leser:innen, die Probleme damit haben, mögen die Leseprobe lesen.

Rezi enthält Spoiler!


Worum geht es?

Grace hat es geschafft: Sie hat in Astronomie promoviert, doch als Person of Color hat sie das Gefühl, dass sie zukünftige Arbeitgeber nicht ernst nehmen, sondern nur ihr Image polieren wollen. Außerdem steht sie vor der Frage, was sie jetzt tun soll und ob sie den Anforderungen ihres Vaters genügt.

Meine Meinung

Graces Freunde sind das Herzstück des Romans: Während die eine Patienten, wie Graces Vater, im Krankenhaus unterstützt, ist die andere psychisch krank, aber freundlich. Eine wiederkehrende Frage ist, ob die beiden etwas miteinander haben. Auch die männlichen Mitbewohner von Graces Love-Interest Yuki sind queer und etwas verrückt. Ich habe mich innerhalb dieser Gruppe wohlgefühlt, wie sie so normal wirken. Die Gags waren nett und obwohl ich Probleme hatte, die Männer auseinander zu halten, war das gut.

Problematisch fand ich den Konflikt mit den Eltern: Ursache für Graces Versagensängste ist der Vater, der vom Militär kommt und der möchte, dass sie mit ihrer Hautfarbe gut Karriere macht. Außerdem hat er eine Kriegsverletzung, die für Frust sorgt. Graces Mutter hat sie verlassen, weil sie um die Welt reisen und sich selbst verwirklichen wollte. Am Ende macht Grace eine Therapie und die Konflikte lösen sich auf. Ich finde das unrealistisch, weil sich Zweifel, die sich über Jahre aufgebaut haben, nicht einfach lösen lassen.

Yuki: Warum Yuki da ist, habe ich nicht verstanden. Was die beiden aneinander finden, auch nicht. Es scheint, als würde Yuki das Träumerische, das in Grace ist, stärker reflektieren. Grace fühlt sich darin geborgen, ist aber auch abgestoßen davon, wie weit sich Yuki in ihre Träume flüchtet, um sich nicht allein zu fühlen. Letztlich sind beide, trotz ihrer Freunde, allein. Ich hatte aber erwartet, dass sich daraus eine interessante Liebesgeschichte entwickelt. Aber letztlich zeigte der Erzählstrang nur, dass auch eine Beziehung eine Depression nicht heilen kann. Manche Rezensenten sehen hier das "Manix Pixie Dream Girl" verwirklicht - das kann ich nachempfinden.

Depression: Gut ist, wie die Erkrankung das Buch durchzieht. Grace kommt kaum voran, ist stets getrieben von den Gedanken an ihren Vater. Daher passiert im Buch auch wenig, wenig Handlung, wenig Entwicklung. Aber das ist irgendwie ein Symptom der Krankheit. Am Ende gibt es eine Reinigung, aber diese ist eher klein.

Rassismus: Ich fand's gut, dass das thematisiert wird. Grace spürt die Auswirkungen, aber es steht für sie nicht im Mittelpunkt. Es ist ein zusätzlicher Stein auf dem Weg. Ich mochte, dass das eher dezent war.

Fazit

Das Cover ist toll und wer sich gerne in einem vielseitigen Charakter-Kollektiv fallen lässt, wird Spaß haben. Menschen, die Action wollen und "große Gefühle", die weden mit diesem Buch Probleme habe. Hier ist noch Luft nach oben.



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