Wenig Bilder
Lee Miller
Ich hatte mich auf das Buch gefreut, weil Miller sowohl als Muse der Surrealisten als auch als Kriegsfotografin bekannt ist, nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wenig als Fotografin arbeitete. Ich wollte ...
Ich hatte mich auf das Buch gefreut, weil Miller sowohl als Muse der Surrealisten als auch als Kriegsfotografin bekannt ist, nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wenig als Fotografin arbeitete. Ich wollte diese Figur erschließen. Dem Buch ist das nur teilweise gelungen.
Worum geht es?
Der Text schildert Millers Herkunft und ihre Zeit als Modell ist Paris. Dann erklärt es, wie Miller zur Fotografie kam, einschließlich des komplexen Verhältnisses aus Betrachtete und Betrachter. Ihre komplizierte Beziehung zu Männer und das Bedürfnis, mithilfe der Kamera etwas gegen den Krieg zu tun. Was danach vermutlich in einem psychischen Problem und der Hinwendung zum Kochen mündete.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Der Schwerpunkt des Textes liegt auf Lee Millers Zeit in Paris, als sie mit Unterstützung Man Rays zur Muse und Künstlerin wurde. Das Posieren wurde Lee als Tochter eines Hobby-Fotografen in die Wiege gelegt und besonders das Verhältnis zum Vater ist nicht unproblematisch. Hinzu kommt ein Kindheitstrauma, das innerhalb der Familie verschwiegen wurde.
Später die Zeit in Paris, der Kontakt mit Fotografen und Förderern. Auf fröhliche Urlaube mit Freund:innen folgt bald der zweite Weltkrieg, den Miller mit ihrer Kamera begleitet. Sie wirkt dabei furchtlos und überschreitet manchmal Kompetenzen. Auffällig ist, dass sie festlegen konnte, welche Bilder erscheinen und dabei oft mit Kontrasten gearbeitet hat. Sie stellte sowohl den Krieg dar als auch das Leben der Menschen danach. Dank des surrealistischen Hintergrund auch oft auf absurde Weise.
Hinzu kommen die teils offenen Beziehungen zu Männern, die sie führt, und die für sie oft eine Flucht darstellen, dann bereichernd, aber bald einengend sind.
Auch wenn sich mir die Faszination für Lee nicht erschlossen hat, schafft es die Autorin, sie als durchdachte und selbstbewusste Frau darzustellen, die mehr sein wollte als ein Model, sondern die Kontrolle über ihre Kunst erhalten wollte. Sie ist aber auch eine Person, die zwischen neuen Reizen und Routine schwankt und sich einerseits wünscht, zur Ruhe zu kommen, dann aber schnell gelangweilt ist. Dieser Charakterzug wird für ihren Ehemann problematisch, weil sie nach dem Krieg umherreist, bis er sie indirekt auffordert nach Hause zu kommen. Dort wiederum versinkt sie so sehr im Kochen, dass ihre Leidenschaft und ihr Esprit verloren geht.
Insgesamt wirkte das Buch für mich aber trocken. Es wird viel über Lee erzählt, aber aus der Distanz. Ein Gefühl für die Person bekommt man selten. Es ist ein Text, der sich mit psychologischen Schlussfolgerungen zurückhält.
Zwei negative Dinge haben mich leider gestört - obwohl die Autorin dafür nichts kann. Es gibt nur wenig Bilder im Buch, obwohl es ein Buch über eine Fotografin ist. Vermutlich liegt das darin, dass die Urheber keine Bildrechte vergeben oder diese zu teuer sind. Manche Bilder z.B. Cover von Zeitschriften, sind möglicherweise nicht digitalisiert. Letztlich führt das dazu, dass die meisten Bilder nur beschrieben werden und man sich als Leser durch viele Erklärungen kämpfen muss. Außerdem ist über Lees Arbeit nach dem Krieg nur wenig bekannt - was daran liegt, dass sie nur wenig gearbeitet hat. Und letztlich liegt es auch an der Nachkommen der Künstler:innen, welches biografische Material veröffentlicht wird. Warum sich Lee von der Fotografie abgewendet hat, ist nicht ganz klar.
Fazit
Lee Miller ist eine interessante Frau, das Buch schafft es aber nur wenig, das darzustellen. Der Übergang vom Model zur Fotografiin war schön, aber es fehlte dem Buch an Bildern und ein bisschen Tiefe.