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Veröffentlicht am 01.10.2023

Wenig Bilder

Lee Miller
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Ich hatte mich auf das Buch gefreut, weil Miller sowohl als Muse der Surrealisten als auch als Kriegsfotografin bekannt ist, nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wenig als Fotografin arbeitete. Ich wollte ...


Ich hatte mich auf das Buch gefreut, weil Miller sowohl als Muse der Surrealisten als auch als Kriegsfotografin bekannt ist, nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wenig als Fotografin arbeitete. Ich wollte diese Figur erschließen. Dem Buch ist das nur teilweise gelungen.

Worum geht es?

Der Text schildert Millers Herkunft und ihre Zeit als Modell ist Paris. Dann erklärt es, wie Miller zur Fotografie kam, einschließlich des komplexen Verhältnisses aus Betrachtete und Betrachter. Ihre komplizierte Beziehung zu Männer und das Bedürfnis, mithilfe der Kamera etwas gegen den Krieg zu tun. Was danach vermutlich in einem psychischen Problem und der Hinwendung zum Kochen mündete.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Der Schwerpunkt des Textes liegt auf Lee Millers Zeit in Paris, als sie mit Unterstützung Man Rays zur Muse und Künstlerin wurde. Das Posieren wurde Lee als Tochter eines Hobby-Fotografen in die Wiege gelegt und besonders das Verhältnis zum Vater ist nicht unproblematisch. Hinzu kommt ein Kindheitstrauma, das innerhalb der Familie verschwiegen wurde.

Später die Zeit in Paris, der Kontakt mit Fotografen und Förderern. Auf fröhliche Urlaube mit Freund:innen folgt bald der zweite Weltkrieg, den Miller mit ihrer Kamera begleitet. Sie wirkt dabei furchtlos und überschreitet manchmal Kompetenzen. Auffällig ist, dass sie festlegen konnte, welche Bilder erscheinen und dabei oft mit Kontrasten gearbeitet hat. Sie stellte sowohl den Krieg dar als auch das Leben der Menschen danach. Dank des surrealistischen Hintergrund auch oft auf absurde Weise.

Hinzu kommen die teils offenen Beziehungen zu Männern, die sie führt, und die für sie oft eine Flucht darstellen, dann bereichernd, aber bald einengend sind.

Auch wenn sich mir die Faszination für Lee nicht erschlossen hat, schafft es die Autorin, sie als durchdachte und selbstbewusste Frau darzustellen, die mehr sein wollte als ein Model, sondern die Kontrolle über ihre Kunst erhalten wollte. Sie ist aber auch eine Person, die zwischen neuen Reizen und Routine schwankt und sich einerseits wünscht, zur Ruhe zu kommen, dann aber schnell gelangweilt ist. Dieser Charakterzug wird für ihren Ehemann problematisch, weil sie nach dem Krieg umherreist, bis er sie indirekt auffordert nach Hause zu kommen. Dort wiederum versinkt sie so sehr im Kochen, dass ihre Leidenschaft und ihr Esprit verloren geht.

Insgesamt wirkte das Buch für mich aber trocken. Es wird viel über Lee erzählt, aber aus der Distanz. Ein Gefühl für die Person bekommt man selten. Es ist ein Text, der sich mit psychologischen Schlussfolgerungen zurückhält.

Zwei negative Dinge haben mich leider gestört - obwohl die Autorin dafür nichts kann. Es gibt nur wenig Bilder im Buch, obwohl es ein Buch über eine Fotografin ist. Vermutlich liegt das darin, dass die Urheber keine Bildrechte vergeben oder diese zu teuer sind. Manche Bilder z.B. Cover von Zeitschriften, sind möglicherweise nicht digitalisiert. Letztlich führt das dazu, dass die meisten Bilder nur beschrieben werden und man sich als Leser durch viele Erklärungen kämpfen muss. Außerdem ist über Lees Arbeit nach dem Krieg nur wenig bekannt - was daran liegt, dass sie nur wenig gearbeitet hat. Und letztlich liegt es auch an der Nachkommen der Künstler:innen, welches biografische Material veröffentlicht wird. Warum sich Lee von der Fotografie abgewendet hat, ist nicht ganz klar.

Fazit

Lee Miller ist eine interessante Frau, das Buch schafft es aber nur wenig, das darzustellen. Der Übergang vom Model zur Fotografiin war schön, aber es fehlte dem Buch an Bildern und ein bisschen Tiefe.

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Veröffentlicht am 01.10.2023

Ödnis is real

Der gute König
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Ich hatte das Buch angefordert, weil es um Kunst geht und ich die Auseinandersetzung zwischen Kunst und Handwerk interesant fand. Letztlich ist es eine Satire, vor allem auf den Bereich Handwerk, die an ...

Ich hatte das Buch angefordert, weil es um Kunst geht und ich die Auseinandersetzung zwischen Kunst und Handwerk interesant fand. Letztlich ist es eine Satire, vor allem auf den Bereich Handwerk, die an vielen Stellen nicht mein Humor war.

Rezi enthält Spoiler

Worum geht es?

Badinstallateur Fransi lebt ein einfaches Leben in einer Kleinstadt. Sein Chef ist Alkoholiker, der Betrieb kurz vor der Schließung. Er hangelt sich von Saufgelagen zu Jobs bei reichen Menschen, zweifelt an sich, schafft es aber nicht, der Ödnis seines Daseins zu entfliehen. Ein Job für die Installation eines riesigen Kunstwerks Jeff Koons in Paris verspricht Abwechslung, ändert aber nichts.

Wie war hat mir das Buch gefallen?

Die Dramenkurve ist sehr flach. Über weite Strecken schildert das Buch das Arbeitsleben in der Kleinstadt. Es gibt einen Haupt- und ein paar Nebenhandlungsstränge sowie eine Lovestory, die aber nicht genügend Spannung erzeugen. Emotionen spürte ich kaum.

Das Buch lebt von Figuren, die irgendwie durchs Leben kommen und inmitten ihrer Unzufriedenheit resigniert haben. Wer Freude daran hat, dass ständig gesoffen und "gerotzt" wird, wird dieses Buch mögen.

Das Motiv, dass Kunst heutzutage überbewertet wird und sich der Sinn nicht immer erschließt, läuft sich schnell tot.

Interessant fand ich die Begriffe aus dem Handwerk. Mir war nicht immer klar, was gemeint war, aber ich hatte das Gefühl, dass der Autor wusste, worüber er schreibt.

Die Sprache im Buch ist überwiegend umgangssprachlich, ich fand's aber nicht störend.

Fazit

Das peppige Cover verspricht viel, letztlich fühlt man sich inmitten seitenlanger Schilderungen der Ödnis eher gelangweilt. Es gibt einige interessante Gedanken, aber mitgerissen hat es mich nicht. Wahrscheinlich, weil das Buch keinen Helden hat.

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Veröffentlicht am 03.09.2023

Nicht mein Stil

Couple of Men
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Mit diesem Buch habe ich über ein Jahr (!) gekämpft. Ich fand das Cover fröhlich und vor allem die Idee gut, sich dem Thema "queer" in Form eines Reiseblogs zu nähern. Aber der Schreibstil ist nicht meins ...

Mit diesem Buch habe ich über ein Jahr (!) gekämpft. Ich fand das Cover fröhlich und vor allem die Idee gut, sich dem Thema "queer" in Form eines Reiseblogs zu nähern. Aber der Schreibstil ist nicht meins und auch die Fotos hatten für mich nur wenig Charme. Irgendwie fand ich es aber schade, ein Buch von zwei sympatischen, kreativen Menschen abzubrechen. Daher habe ich mich mit ein paar Monaten Abstand nochmal rangewagt. Aber auch diesmal hatte ich das Gefühl, dass ein Blog nicht als Buch funktioniert.

Worum geht es?

Das Buch beleuchtet die Anfänge der beiden Blogger, als Paar und als Autoren, gibt Einblicke in die queere Community und erzählt von den Reisen der beiden rund um den Globus. Bereiste Länder sind u.a. Kanada, Island, Japan, die USA und der Kontinent Südamerika.


Wie hat mir das Buch gefallen?

Die Optik das Buches fand ich schön. Jeder Autor hat ein Sympbol, das in den Kapiteln anzeigt, wer gerade erzählt. Da sich die Schreibstile beider ähneln, ist das praktisch. Ich fand das hübsch gestaltet. Es gibt große und kleine Text-Kästchen mit zusätzlichen Tipps und Verlinkungen, die jedoch manchmal mitten in den Text gefügt sind. Nicht schlimm, hätte man aber besser lösen können. Die Schriftarten haben mir gut gefallen, sie passen zu den eckigen Übersichtskarten.

Außerdem sind die Texte relativ kurz, in konsumierbare Kapitel unterteilt und nicht mit Tipps überfrachtet. Die Werbung für Hotels oder Ausflugsziele beschränkt sich auf wenige.

Die Fotos, meistens Pärchenfotos mit Landschaft, sind schön, aber nicht so überragend. Die Autoren beschreiben sehr detailliert, WIE die Bilder jeweils entstehen, vor allem, was das Timing betrifft, den richtigen Winkel usw. Sie scheinen sehr perfektionsistisch zu sein und das fand ich sympatisch. Auf den Bildern sehe ich das nicht. Aus meiner Sicht hat das mehrere Gründe: Auf dem Handy und selbst als Taschenbuch sind die Bilder zu klein, um die Kraft von Menschen UND Natur darzustellen. Außerdem gibt es pro Reiseziel oft nur ein oder zwei Bilder. Vielleicht wollten die Autoren den Leser oder die Leserin nicht langweilen. Ich konnte mich nicht in die Reiseziele fallen lassen und das hat viel Charme genommen.

Anfangs geht es oft um das Thema "queer" und auch queere Veranstaltungen werden besucht. Später wird das weniger, aber die Orte werden immer auf ihre Queer-Freundlichkeit getestet. Ich fand's toll, noch einmal einen Überblick über die Anfänge queerer Kulur zu kommen und die Lebensgeschichten beider zu lesen.

In einigen Passagen werden auch kurze Dialoge mit Einheimischen geführt. An diesen Stellen wirkt das Buch journalistisch und mir gefiel, dass es weg vom persönlichen Klang des Textes geht. Auch Gespräche zwischen den beiden sind enthalten. Das soll den Text auflockern. Aber leider wirkt beides gekünstelt. Dass Dialoge in journalistischen Texten aufbereitet werden, ist normal. Denn keiner will lesen, wie jemand stammelt oder den Faden verliert. Aber hier wirkten die Passagen nicht authentisch. Die Figuren haben keinen eigenen Stil. Die Gespräche haben wahrscheinlich stattgefunden, aber so nacherzählt liest sich das gekünstelt.

Ohnehin war der Schreibstil nicht meins. Jeder Leser:in hat andere Präferenzen, aber für mich wirkte es holprig. Als hätte man das Erlebte in eine literarische, erzählenden Form gepresst, die aber nicht passt. Ich fühlte mich nicht nah bei den Figuren, sondern als würde mir jemand ständig beschreiben WIE toll etwas ist.

Auch die Schattenseiten, die der Klappentext ankündigt, werden wenig beleuchtet. Dass es frustierend ist, wenn man einen Sonnenuntergang verpasst und das Bild nicht schön wird, verstehe ich. Aber ich hätte mir mehr Konflikte und mehr Einblicke in die Arbeit hauptberuflicher Reiseblogger gewünscht. Das Abwägen zwischen Finanzen und Freizeit, der Kampf um Deadlines und moralische Werte.

Eine der bewegendsten Momente im Buch war für mich, als sich die beiden als Drag-Queens auf einer queeren Kreuzfahrt stylen. Beide waren mit dem Thema in Berührung gekommen, hadern aber damit, das in der Praxis umzusetzen. Diesen Kampf, als Paar und als Menschen, fand ich liebenswert und ich hatte das Gefühl den beiden nahe zu sein.

Fazit

Sowohl das Buch als auch der Blog leben von der Beziehung, die man zu den Autoren hat. Es ist ein queeres Pärchen, das den Traum vom toleranten Leben in schöner Umgebung darstellt, im ein Lächeln auf den Lippen und nur wenig Wolken am Horizont. Ich finde das wichtig. Aber als Buch funktionieren die Texte für mich nicht. Es sind Reiseberichte, die sich leicht lesen lassen, aber sprachlich nicht geschliffen sind. Auch die Anzahl praktischer Infos ist eher klein. Besser ist, die Originaltexte auf dem Blog zu suchen. Auch wenn man dort mit HTML-Codes, englischen Texten und auffälliger Werbung zu kämpfen hat, sind mehr Verlinkungen und Fotos enthalten und andere Medien wie Instagram eingebunden. Dort sind sie besser konsumierbar.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Same old song

Wie Sterne am Horizont
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Für mich ist dieses gefühlt die dritte Liebesgeschichte mit queeren Frauen und gereizt hat mich daran, dass es um Stars und die Schattenseiten des Ruhms geht. Außerdem hat mich der Altersunterschied interessiert. ...

Für mich ist dieses gefühlt die dritte Liebesgeschichte mit queeren Frauen und gereizt hat mich daran, dass es um Stars und die Schattenseiten des Ruhms geht. Außerdem hat mich der Altersunterschied interessiert. Leider war das Buch zu oberflächlich, austauschbar und unkreativ.

Rezi enthält Spoiler

Worum geht es?

Eden Sand steckt in einer Krise: Nach der Scheidung von Ehemann Zach ist sie deprimiert und nach 20 Jahren stagniert die Karriere. Ihr selbst fehlt der "Drive" und junge Künstlerinnen machen ihr den Platz streitig. Als ihre Managerin ein Duett mit der wesentlich jüngeren Anna Moss vorschlägt, willigt Eden nur widerwillig ein. Doch es kommt anders.

Cover und Titel

Für mich sind das deutsche Cover und der deutsche Titel von "Stars collide" total austauschbar. Es hat weder etwas mit Musik zu tun noch bleibt es im Gedächtnis. Das Titelbild sagt nicht mal aus, dass es eine Liebesgeschichte ist. Es könnte auch die Story von zwei besten Freundinnen sein. Auch die Stichwörter "Sterne" und "Horizont" tauchen in SO vielen Büchern auf, dass es wehtut.

Im Gegensatz dazu das amerikanische Original: Das Cover greift die Kleidung beider Figuren auf und vermittelt ein klares Bild - Anna in bunten Klamotten, Eden elegant in Blau. Für mich macht das den Text etwas besser. Auch der Titel ist knackig und bildet ein Wortspiel mit dem finalen Satz des Werkes. Dieser Aspekt geht in der deutschen Übersetzung verloren.

Meine Meinung

Das Thema Ruhm hat mich bewegt und sehr traurig gemacht. Eden steht seit 20 Jahren auf der Bühne, ist aber kaum von "normalen" Menschen umgeben. Außerdem hat sie ständig Angst, von Fans bedrängt zu werden. Als Fan vergisst man leicht, dass Stars kein Computerprogramm sind oder nur dazu dienen, für die Community dazusein. Sie sind Menschen, sie haben mal keine Lust, sie wollen gemütlich einkaufen gehen oder ihren Beruf wechseln. Als Fan bezahlt man den Star mit Geld und Anerkennng, aber damit erkauft man sich nicht das Recht auf die Persönlichkeit und permanente Verfügbarkeit. Außerdem hat mich Eden an Kinderstars erinnert, die sich nicht aus dieser Blase befreien konnten. Eden hatte keine Zeit, sich zu entwickeln und soziale Beziehungen zu trainieren. Daher wirkt sie nicht wie Mitte 30, sondern wie 17. Letztlich spielt der Alterunterschied keine Rolle - das dem Buch einen Konfliktpunkt nimmt.

An einigen Stellen wirkt das Buch ziemlich real z.B. was den Touralltag und den Probenprozess betrifft. Andererseits bestätigt es das Bild vom Künstler, der seine Songs selber schreibt - am Schreiben und der Produktion sind aber sehr viele Leute beteiligt.

Außerdem fand ich es nicht realistisch, dass Eden niemals das Bedürfnis nach Abwechslung hat, keine Zukunftspläne, keine Weiterentwicklung. Sie liest gern Bücher und schaut sich Sonnenuntergänge in ihrer Blockhütte an. Und guckt gern Serien. Aber das war es. Sie hat keine weitere Projekte. Eden wirkt sensible und zurückgezogen, aber insgesamt ziemlich glatt. Trotzdem mochte ich sie als Typ.

Anna als quirliger Gegenpol fand ich anfangs cool. Sie hat eine beste Freundin, mit der sie gut klarkommt und sie ernährt sich vegan. Das wird im Buch manchmal angesprochen, aber nicht über-betont. Sie trägt bunte Klamotten, ist pan-sexuell (was für die Handlung nicht relevant ist) und wirkte offener. Allerdings lebt sie das nicht, sie erklärt nur viel - sie erklärt vor allem Eden, wie sie mit ihrem sexuellen Erwachen umgeht und zeigt Verständnis. Ich fand das sehr nett und sie wirkte an diesen Stellen erwachsen. Trotzdem: Ich spürte so wenig von ihr.

Für mich kippte das Buch, als ich spürte, dass Anna sehr viel Raum als Edens Rettungsanker einnimmt. Anna kam mir oft als perfekte Heldin vor, die alles kann.

Die Autorin gibt ihr einen Konflikt mit der toxischen Ex-Freundin mit, der sich langsam steigert, aber für mich war ihr Leiden nicht glaubwürdig erklärt. Angeblich hat Anna Angst vor Beziehungen mit mächtigen Frauen - ich habe sie aber nie im inneren Konflikt um Eden gesehen. Außderem wirkt das Problem mit der Ex am Ende irgendwie gekünstelt. Abgesehen davon wurde es so dargestellt, als ob die Folgen einer toxischen Beziehung mit Liebe zu bewältigen sind und dass es vollkommen in Ordnung ist, in Panik wichtige Verträge zu brechen. Letztlich ist das ein Thema, das man mit sich selbst und seinem neuen Partner aufarbeiten muss. Dafür ist im Roman aber kaum Platz.

Ich fand beide Figuren miteinander völlig überzeichnet und konnte keine Chemie spüren.

Annas Freundin Zoe spielt im Buch nur am Anfang und am Ende (eher unrühmlich ...) eine Rolle.

Außerdem hab ich das Buch als sehr erklärend empfunden - das kann aber für Leute, die ihre sexuelle Orientierung entdecken, toll sein. Es wird erwähnt, was Pansexualität bedeutet und an einer Stelle wird nach Pronomen gefragt. Das wirkt aber eher gewollt und nicht so gemütlich eingebunden. Man hätte das realistischer machen können. Auch Edens Weg zum Coming Out wird ausführlich beschrieben, wenngleich der Prozess selbst sehr, sehr flott vonstatten geht. Eden entwickelt daraus viel Energie, sodass sie am Ende wieder mehr Raum einnimmt und man spürt, dass sie vorangekommen ist.


Dramaturgisch ist der Roman gut: Es gibt einen kleinen Konflikt als auslösendes Moment, eine Steigerung der Liebe, eine Gegenüberstellung der Eltern beider Frauen, Sonnenuntergänge und Songwriting als positive Aspekte, Fans als negative Momente. Schließlich der Konflikt mit der Ex, der zum dramatischen Höhepunkt führt. Nicht neu, aber gekonnt umgesetzt.

Die Erotik-Szenen sind wenig, aber sehr ausführlich. Die erste wird ca. von 66 bis 76 % geschildert, die zweite, kürzere folgt später. Die zweite ist technisch etwas kreativ, aber es fällt auf, dass die Figuren überwiegend Vulva/Vagina nutzen, obwohl es noch andere Körperteile gibt. An einer Stelle wird das auch angedeutet, aber leider nicht ausgeführt.

Außerdem wird häufig geweint - meistens aus Freude oder Scham, manchmal aus Wut. Weinen ist ok, wirkte hier aber eher wie Füllmaterial.

Ich habe auch kaum Humor gespürt - die Dialoge sind nicht spritzig, sondern eher normal. Anna spricht realtiv locker, sie hat ihren eigenen Sprech-Stil, aber ich hab's nich genossen.

Was mich genervt hat, waren die vielen Wortwiederholungen. Ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, aber der Roman wiederholt einzelne Worte teilweise binnen weniger Absätze z.B. "Wenn du aussteigst, begehst du Vertragsbruch." (S. 265). "Wenn sie Eden wegen Vertragsbruchs verklagte," (S. 266), "Was, wenn du den Vertragsbruch zurücknehmen willst" (S. 270). Manche Wiederholungen sind nicht vermeidbar, aber sie sollten kreativer einbunden werden.

Fazit

Das Buch besticht mit dem Thema und das hat mich festgehalten. Trotzdem war's nach einem Viertel so klischeehaft, dass ich es beenden wollte. Für Fans des Genres geeignet und Menschen, die etwas einfaches, berechenbares lesen wollen. Für mich aber eher Flop.

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Veröffentlicht am 19.08.2023

Plastisch, aber nicht umfassend

Die Liebenden von Bloomsbury – Vita und der Garten der Liebe
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Das ist mein zweites Buch über Vita und Virginia und tatsächlich hat mir dieses besser gefallen, weil ich ein besseres Gefühl für die fiktionale Version der realen Personen bekommen habe. Besonders beeindruckend ...


Das ist mein zweites Buch über Vita und Virginia und tatsächlich hat mir dieses besser gefallen, weil ich ein besseres Gefühl für die fiktionale Version der realen Personen bekommen habe. Besonders beeindruckend war das Nachwort, das den Inhalt nochmals von einer anderen Seite beleuchtet.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Das dritte Buch der Bloomsbury-Reihe beschäftigt sich mit der Adligen Vita Sackville-West und der Schriftstellerin Virginia Woolf. Es deckt dabei den 3. August 1922 bis 26. Oktober 1928 ab. Das entspricht dem Phase kurz vor dem Kennenlernen über den Höhepunkt der Beziehung bis zur langsamen Entfremdung beider Frauen. Den endgültigen Bruch sowie den spärlichen Kontakt bis zum Tod Woolfs erzählt es nicht mehr.

Das Buch beleuchte personal, meist aus Sicht beider Frauen, selten aus Perspektive anderer Charaktere. Dabei vermischt es Erzählpassagen mit Briefen. Auszüge aus den Werken beider gibt es nicht.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Mir fällt eine Beurteilung schwer, denn ich kann nicht sagen, wie viel fiktiv und wie viel real ist. Welche Auswirkungen die Aufbereitung der Autorin auf das Bild hat, das man vom Inhalt bekommt. Da aber bereits die Quellen wie Tagebucheinträge, Biografien usw. eine Auswahl der direkten Angehörigen beider Frauen darstellen, wird man nie die volle "Wahrheit" erfahren.

Für mich ist der Schreibstil gut. Relativ fließend, ein kleines bisschen trocken, aber belletristisch. Es liest sich wie ein Liebesroman mit angezogener Handbremse - alles sehr langsam und nicht immer spannend. Aber: An den Ereignissen kann man wenig ändern. Die Beziehung war tief platonisch, aber über Körperliches haben beide Frauen überwiegend geschwiegen. Außerdem hat die Annäherung sehr langsam stattgefunden.

Das Porträt Woolfs finde ich gelungen. Sie ist eine intellektuelle Person, für die die Schriftstellerei an erster Stelle steht. Sie hat ihre Routinen und vertraut darauf. Die Schreiberei gibt ihr Sicherheit. Für mich war daher verständlich, dass sie in ständiger Angst lebt, ihre psychischen Probleme würden sich verstärken und sie könne nicht mehr schreiben. Aus heutiger Sicht würde man Woolf vielleicht als hochsensibel und mit manisch-depressiven Schüben einordnen. Ich habe aber auch gespürt, dass ihr Mann überfürsorglich ist und dadurch ihre Ängste verstärkt und ihre Entfaltung behindert. Ich vermute, dass er sie beschützen wollte. Mein Eindruck war aber, dass sie erst durch Beziehungen wie der durch Vita neue Seiten an sich entdeckte. Dass sie durch sie aus ihrem intellektuellen Umfeld herauskam, hat ihr gut getan.

Vita Sackville-West fand ich beeindruckend, weil sie - ähnlich des Bloomsbury-Zirkels - ein offenes Verständnis von Liebe hat. Während die Ehe zwischen Woolf und ihrem Mann manchmal wie ein Arbeitsbeziehung wirkte, liebte Vita ihren Mann sehr innig. Wenngleich sie körperliche Beziehungen eher mit Frauen einging. So hat sie z.B. kein Problem damit, dass ihr Mann eine Beziehung zu einen Kollegen führt - sie fand es schlimmer, dass er ihr das verheimtlicht hat.

Allerdings wirkt Vita im Buch auch etwas oberflächlich, nicht so reflektiert wie Virginia. Sie macht sich viele Gedanken um ihr vielseitiges Leben, aber sie schafft es nicht in die Tiefe zu gehen. Die Autorin erklärt das im Nachwort damit, dass Vita versucht hat, den Schein einer guten, anständigen Adligen zu wahren. Ich denke, dass daher auch dem Betrachter manches verborgen bleibt. Und dass sie ihrer narzisstischen Mutter gerecht werden wollte und daher ein unstetes Liebesleben hatte. Sie wollte Kontrolle über die Liebe haben, weil sie von ihrer Mutter nicht so sicher geliebt wurde. Dieser Aspekt wird im Buch nur angedeutet und erst im Nachwort klar. Außerdem gehen die schriftstellerischen Leistungen Vitas etwas unter, im Buch.

Interessant fand ich, dass beide Frauen Ängste haben. Vita wird den geistigen Ansprüchen der Bloomsburys nicht gerecht und auch Virginia lässt sie das spüren. In den Gedanken Virginias kam mir Vita wie ein kleines Kind vor, das in die richtigen Bahnen gelenkt werden muss. Für Virginia Woolf ist Literatur nur dann gut, wenn der Autor das Tiefste seiner Seele ergründet. Sie will vorankommen, mit sich und mit der Kunst des Schreibens. Das hat sie zu einer Vorreiterin in der englischen Literatur gemacht. Aber dass sie die Kunst Vitas nur trivial und schön, aber nicht besonders fand, war frustrierend. Allerdings hat auch Virginia Angst, die Freundin würde sie verlassen und bald für die nächste Geliebte absägen. Einen Ausweg, den ich gut nachvollziehen konnte, war die Literatur. Indem sie Vita künstlerisch festgehalten hat, waren die Taten der realen Vita nicht so schlimm für sie.

Außerdem schafft es die Autorin gut, auch das Umfeld der Bloomsburys einzubeziehen und andere Menschen zu beleuchten. Ich habe manchmal den Überblick verloren, aber ich fand's gut, dass es nicht zu fokussiert war.

Ein bisschen irritiert hat mich, dass das Buch im letzten Kapitel eine Virginia zeigt, die jungen Frauen zeigt, dass sie für Freiheit und Schreiben kämpfen sollen. Dieser Wesesenszug, der Wunsch, der nächsten Generation etwas mitzugeben, klang bis dahin nur vage an.

Fazit

Ich fand das Buch etwas schleppend, hab's aber gern gelesen. Die Schriftstellerinnen wirken sehr plastisch und ich habe viele Denkanstöße bekommen. Für Leute, die eher an der Bedeutung beider Frauen füreinander interessiert sind, ist das Buch gut. Wer eine eher umfassende Biografie Woolfs und Sackville-Wests erwartet und eine kritische Einordnung, der wird ein bisschen enttäuscht.

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