Profilbild von Evy_Heart

Evy_Heart

Lesejury Star
offline

Evy_Heart ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Evy_Heart über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2022

Inhaltlich mau, aber toll gelesen

Abschiedstour
0

Christine Prayon kannte ich lange nur aus der Heute Show als "Birte Schneider". Daher freute mich, dass es ein Hörbuch mit ihrem aktuellen Programm gibt. Ich wollte mehr Fascetten dieses Menschen entdecken. ...

Christine Prayon kannte ich lange nur aus der Heute Show als "Birte Schneider". Daher freute mich, dass es ein Hörbuch mit ihrem aktuellen Programm gibt. Ich wollte mehr Fascetten dieses Menschen entdecken. Leider hat es für mich außerhalb der Bühne nicht funktioniert.

Worum geht es?

Unter dem Rahmen "Abschiedstour" präsentiert Prayon Auszüge aus bisherigen Programmen und scheinbar auch neue Texte. Einige davon sind auf Social Media abrufbar. Neben der Frage, was Politik ausmacht und ob man Politikern glauben kann, beschäftigt sich Prayon auch mit der Oberflächlichkeit der Medien, die sogar eine beliebige Uhrzeit bejubeln.

Highlights waren für mich der "GröKotz", ein fiktiver Komiker, dessen Show Prayon nachspielt. Außerdem eine Radiosendung mit dauer-geilen Moderatoren, die sogar in den Nachrichten eine Fake-News-Abteilung haben.

Meine Meinung zum Inhalt

Am besten ist Prayon, wenn sie am Anfang des Buches über die Rolle des Zuhörers referiert und dass dieser u.a. Pausen aushalten kann. Was im Buch auch mehrmals gezeigt wird. Diese Meta-Ebene, die Prayon teilweise in den Texten aufgreift, macht das Buch besonders.

Ansonsten war für mich leider nur wenig dabei. Mir fehlt der rote Faden und manchmal wird die Meta-Ebene so meta, dass sich die Figuren darin verlieren.

Mein Problem war, dass die Spannungsbögen so weit gefasst sind, dass ich den Faden verloren habe. Auf der Bühne klappt das gut, weil man mit Mimik und Gestik eine zusätzliche Ebene hat. Ich habe hier zwischendurch oft abgeschalten. Die Radiosendung und der "Grökotz" waren amüsant, aber langatmig, weil Prayon denselben Gag immer wiederholt.

Ich denke, wer Kabarett als Kunstform mag, wird damit weniger Probleme habe.

Die Präsentation

Prayon liest selbst und man merkt schon nach wenigen Sätzen, dass sie ihre Stimme gut einsetzen kann. Ich fand das "Spiel" abwechslungsreich und die Rhythmnik toll. Ich musste jedoch die Geschwindigkeit erhöhen, weil's etwas langsam war. Dennoch fehlte mir die Tiefe. Es gibt nur wenige Momente, in denen Prayon wahrhaftig klingt, unmerklich aus der Rolle fällt.

Fazit

Ich mag Prayon, aber ich war etwas enttäuscht. Es war stellenweise amüsant, aber etwas Neues lernt man nicht. Irgendwie wurde alles bereits gesagt. Auf der Bühne würde ich es mir wohl angucken, als Hörbuch wollte ich oft vorspulen.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.02.2022

Wenn Potential auf Brache trifft

Wenn Herz auf Zufall trifft
0

Dieses Buch sollte mein erster lesbischer Liebesroman werden - deswegen habe ich ihn anfordert. Leider ist das Buch SO klischeehaft und hölzern, dass ich schnell frustriert war.

Rezi enthält Spoiler.

Worum ...

Dieses Buch sollte mein erster lesbischer Liebesroman werden - deswegen habe ich ihn anfordert. Leider ist das Buch SO klischeehaft und hölzern, dass ich schnell frustriert war.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Eine Buchhändlerin mit toter Mutter und eine Autorin mit Vater-Problem treffen sich - erst digital, später real. Die eine hat einen Laden, die andere will das Haus abreißen, in dem er sich befindet. Stoff für Probleme - wenn man sie ausgeführt hätte.

Was hat mir gefallen?

Der Hund: Buchhändlerin Rosie hat ein Haustier, das oft erwähnt wird und mich von manchem Grummel abgelenkt hat.

Der Konflikt: Ich fand es toll, dass der Konflikt stetig aufflammt, abkühlt, aber im Untergrund weiterschwelt. Wirklich gelöst ist das Problem erst am Ende. Es gibt auch interessante Aspekte, die angesprochen werden.

Was hat mir nicht gefallen?

Rosie: Die Hauptfigur besitzt den Laden, aber was sie macht, ist nicht klar. Für Buchhaltung und Marketing hat sie eine Managerin, meistens steht sie an der Kasse. Die an Krebs gestorbene Mutter spielt eine große Rolle, aber greifbar wirkt das nicht. Immerhin macht Rosie einzigartig, dass sie auf Janes Business-Klamotten steht.

Jane: Die zweite Hauptfigur bringt mehrere interessante Päckchen mit, aber sie werden nur wenig ausgeführt. Oft wird erwähnt, dass sie introvertiert ist - aber es wird nur einmal erklärt, dass sie eine Pause von Menschen braucht. Ein wirkliches Problem ist das nicht, obwohl das real zu Schwierigkeiten führen kann - sowohl für die Person als auch für das Umfeld. Wenn jemand z.B. nach einem mehrstündigen Treffen ein paar Tage Ruhe braucht. Ich finde es gut, dass das Thema nicht aufgeblasen wird, aber es wirkt auch, als hätte das Buch nur einen negativen Aspekt gebraucht, der nicht zu heftig ist. Außerdem wurde Jane in die Immobilienfirma ihres Vaters gedrängt, fühlt sich aber dort nicht wohl. Offen diskutiert wird das selten. Es gibt keine deutlichen Konfrontation. Ganz im Gegenteil: Der Vater nimmt das und ihr Autor:innen-Dasein eher hin, die Mutter und Schwester unterstützen sie. Zuletzt steht die Frage, ob sich Jane ihrer Leserschaft als Brie offenbahren soll oder nicht. Im Buch wird der Eindruck vermittelt, es sei nur eine Frage der Schüchternheit. Aber real gibt es viele Gründe dafür und dagegen. Offen als Autor:in in Erscheinung zu treten, das bedeutet öffentlich zu werden, seine Persönlichkeit als Marketing-Instrument zu begreifen - das kann für introvertierte Persönlichkeiten auch anstrengend sein, dieser ständige Kontakt. Andererseits verkauft man so besser. Auch der Job als Vollzeit-Autor:in wird stark romantisiert. Und: Jane schreibt keine kreativen Storys.

Die Chemie: Wie bei vielen Konstellationen habe ich mich auch hier gefragt, warum die sich mögen. Die beiden sind, obwohl sie Potential haben, so farblos, dass es wehtut. Wenn sie mal nicht über ihre Beziehung reden, dann sind ihre Gespräche über Bucher oberflächlich. Obwohl Autor:innen und Buchhändler:innen viel zu sagen hätten.

Die Erotik: Ich hatte auf ein paar gute Erotik-Szenen gehofft, aber auch hier: Ödniss. Es gibt eine kleine Szene nach der Hälfte und eine größere nach ca. 70 %. Aber weder Orte noch Technik sind besonders kreativ. Es werden zuwenig Körperteile einbezogen und auf mich wirkte es, als ob die Autorin die Leidenschaft nicht gefühlt hat, die sie auf das Papier bannen wollte.

Die Sprache: Der Text ist nicht schlecht, mir fehlte es aber an Fluss. Oft klingt der Text hölzern, technisch und ein bisschen nach einem Protokoll z.B. S. 208 "Beim Küssen rieb Rosie sich sanft mit ihren Hüften an Janes, und obwohl Janes Schenkel in dieser Stellung aneinandergepresst waren, sodass sie Rosie nicht dort spüren konnte, wo es sie nach ihr verlangte, so war es doch derart erotisch, dass
sie es kaum aushielt."

Die Harmonie: Bis auf einen frauenfeindlichen Vermieter mögen sich im Buch alle - wer keine lesbischen Literatur mag, liebt sie nach dem ersten Lesen, alle finden Jane toll, Rosies Freundin toleriert, dass sie wegen Rosies Beziehung ständig Überstunden machen muss und überhaupt ist alles gut. Es ist eine schöne heile Welt, die man mögen kann - die mir aber zu platt ist.

Fazit

Nachdem der letzte Roman, den ich gelesen habe, zumindest ein paar Themen erst nahm und mich in die Geschichte gezogen hat, war dieser Text nur viel verschenktes Potential. Hier war die Liebesgeschichte wohl wichtiger als die Figuren und ihre Probleme.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2022

Nett, aber ungut gelesen

If you believe
0

Ich habe das Buch angefordert, weil ich die Songs des Sängers kannte und er mir immer sympatisch war. Diese Sympatie hat nach dem Lesen nicht abgenommen, aber das Buch war eher spaßig und nicht so tief, ...

Ich habe das Buch angefordert, weil ich die Songs des Sängers kannte und er mir immer sympatisch war. Diese Sympatie hat nach dem Lesen nicht abgenommen, aber das Buch war eher spaßig und nicht so tief, wie ich gehofft hatte.

Ich habe die Hörbuch-Fassung genutzt.

Worum geht es?

Das Buch beschreibt den Lebensweg Saschas, jedoch nicht streng chronologisch, sondern nach Themen geordnet z.B. Party, Frauen usw. Dabei bleibt es aber überwiegend chronologisch, was ich gut finde.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Das Buch hatte eine positive Stimmung, weil auch Sascha ein positiver Mensch ist. Ich fand es total interessant, etwas über seine Kindheit und die ersten Jahre mit seinen Bands zu hören. Ich spürte, dass er dafür gebrannt hat und das wertschätzt. Die Entstehung Dick Braves war spannend.

An manchen Stellen habe ich den kleinen Sascha bildlich vor mir gehabt, der sein Leben bisher sehr genossen hat. Der aber auch diszipliniert war.

Die Einblicke ins Showbiz kannte ich stellenweise, aber es war nochmal schockierend, das zu hören. Weil man als Konsument leicht vergisst, wie stressig es ist, wenn man vier Jahre lang unterwegs ist und keine wirkliche Pause hat. Weil man Erwartungen erfüllen will. Es war gut zu lesen, dass Sascha nie an den Punkt kommen will, an dem das Publikum merkt, dass es nur sein Job ist.

Umso frustrierter war ich, dass das Buch doch an der Oberfläche bleibt. Sein Burn-out wird in ein paar Sätzen abgehandelt, tiefe Einblicke in den Songwriting-Prozess gibt es nicht und irgenwie wirkt das Buch ein bisschen zurechtgestutzt. Natürlich achtet Sascha auf seine Außenwirkung und das verstehe ich. Aber ich hatte am Ende nicht das Gefühl, dass mir dieser Mensch etwas Neues erzählt hat, das mich weiterbringt.

Die Stimme

Das war meine erste Hörbuch-Biografie und gleichzeitig die erste, die der Autor selbst eingelesen hat. Hätte er es lieber gelassen. Sascha hört sich nicht natürlich an, sondern als hätte man ihn in einen Stil gepresst, der nicht zu ihm gehört. Er wirkt immer sehr kontrolliert locker, verkrampft und manche Satzenden taten mir in den Ohren weh. Es gibt mir wenigen Stellen, an denen er natürlich wirkt.

Fazit

Sascha scheint ein toller Typ zu sein und ich weiß jetzt, dass hinter dem Pop-Sänger merkt Persönlichkeit steckt. Aber überwältigend war es auch nicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.11.2021

Und er fährt ... und fährt ... und fährt

Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen
0


Ich hatte oft Bücher der Gebrauchsanleitungs-Reihe gesehen, diesmal habe ich eines über Netgalley gelesen. Leider ist das Buch völlig anders, als ich es erwartet habe. Als leidenschaftliche:r Gelegenheits-Bahnfahrer:in ...


Ich hatte oft Bücher der Gebrauchsanleitungs-Reihe gesehen, diesmal habe ich eines über Netgalley gelesen. Leider ist das Buch völlig anders, als ich es erwartet habe. Als leidenschaftliche:r Gelegenheits-Bahnfahrer:in hatte ich auf eine leichte Lektüre gehofft. Aber das Buch ist ein Informationsgewitter, bei dem ich oft wünschte, es wäre vorbei - und trotzdem weiterlesen musste, weil es irgendwie faszinierend war. Die Leidenschaft für's Zugreisen kommt rüber, aber es gab keinen roten Faden, eher mehrere Fäden.

Worum geht es?

Um Züge. Brückeliebhaber, Tunnelfans, Städte, Strecken, Espresso, Bier, allgemein Essen. Es geht um Menschen. Und Landschaften.

Die Mehrzahl der Reisen spielt sich im Gebiet Tschechien, Polen & Slowakei ab, teilweise Österreich, seltener Nordeuropa, manchmal Italien und Deutschland.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Ich mochte den Text selten. Das Buch ist grob in Reisen gegliedert, aber innerhalb der Strecken springt der Autor zu verschiedenen Orten, Personen, Geschichten. Bevor man sich eine Anekdote reingefunden hat, ist er bereits bei der nächsten. Als einzige Konstante gibt es Zugführer, denen er öfters begegnet.

Das Buch macht Lust auf's Zugfahren und lässt einen vergessen, dass es nicht so einfach ist, wie es klingt - es erfordet Geld und Planung und idealerweise Sprachkenntnisse. Dennoch klingen die Strecken sehr schön.

Eine "Gebrauchsanweisung" ist es nicht, weil es nicht anfängerfreundlich ist. Es wirkt eher, als würde der Autor mit seinen Zugfreunden plaudern und jemand hätte das aufgezeichnet.

Fazit

Für eine lange Zugfahrt ganz nett, aber inmitten all der Infos geht das Flair verloren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2021

Struktur gut, Inhalt mau

Bock
0

Da meine Erfahrungen mit dem Vorgänger „Sie hat Bock“ eher mäßig waren, hatte ich nicht vor, das Buch zu lesen. Bis ich auf Social Media darauf stieß und die zahlreichen Kommentare, die es auslöste. Glücklicherweise ...

Da meine Erfahrungen mit dem Vorgänger „Sie hat Bock“ eher mäßig waren, hatte ich nicht vor, das Buch zu lesen. Bis ich auf Social Media darauf stieß und die zahlreichen Kommentare, die es auslöste. Glücklicherweise hatte Netgalley den Text im Programm.


Worum geht es?


Das Leben eines Mannes, vom Kreissaal bis zur Urne. Fokussiert auf seine Sexualität. Angesprochen werden u.a. Beziehungen, der Stellenwert von Sexualität in verschiedenen Lebensphasen, Verhütung usw.


Wie hat mir das Buch gefallen?


Zu sagen, dass eine Frau sich anmaßt, über Männer zu schreiben und dass das nicht funktionieren könne, das wäre zu einfach. Das Problem ist aus meiner Sicht: Zeit.


„Bock“ hat sich das hohe Ziel gesetzt, das Narrativ des Mannes zu hinterfragen. Das bedingt aber, dass 90 % des Buches aus genau jenem Narrativ bestehen – des taffen Kerles, der seine Persönlichkeit durch seine Sexualität definiert, von dem ständigen Konkurrenzkampf mit seinen Leidensgenossen ausgelaugt ist und an Grenzen stößt, wenn er seine vermeintliche Stärke aufgeben möchte. Ich habe schon einige Bücher zum Thema gelesen und nur wenig Neues erfahren. Paradox ist, dass Lewina auch einige „Standardwerke“ zitiert, aber außen vor lässt, dass dort auch von matriachalen Strukturen in bestimmten sozialen Gruppen die Rede
ist.


Ich fand es sehr schade, dass der (heterosexuelle, weiße) „Mann“ wieder zum „Opfer“ stilisiert wird. Männer leiden von der Geburt bis zum Ende darunter, dass an sie hohe Maßstäbe angelegt und dass sie missverstanden werden. Aber Lewina erzählt nicht, was das mit den Geschlechtern macht. Wenn sich das Rollenbild des Mannes verändert, dann bricht das auch die Erwartungen „der Frau“ auf, die davon
ausgeht, dass das Männchen immer „will“. Weil sie ihren Wert aus ihrer Bereitschaft für Sex beziehen. Das abzulehnen, das überträgt Partnerinnen die Aufgabe, Verantwortung für den Mann zu tragen, von dem man erwartete, dass er seine Probleme selbst löst. So etwas kann die Beziehung verändern. Es bedeutet auch für Frauen, dass sie sich aus ihrer passiven Rolle herausbewegen und Forderungen stellen können. Oder dass Männer fordern, sie als gleichwertig zu betrachten.

Die Autorei begnügt sich an vielen Stellen damit, Bekanntes nachzuerzählen und ihre Gesprächspartner reden zu lassen. Eine Schlussfolgerung, eigene Gedanken, die liest man selten.


Dem gegenüber stellt sie Zitate von Männern, mit denen die gesprochen hat – und die ich sehr interessant finde z.B. zur Frage, wie Männer gemeinsam ihre Sexualität entdecken, ohne sich als homosexuell zu empfinden. Warum manche Männer ins Zölibat gehen. Und warum Männer über Vergewaltigungen durch Frauen eher mit Männern reden sollten als mit
Frauen. Das sind Aspekte, die man hätte hinterfragen können. Beispielsweise erklärt der Pfarrer, dass Masturbation für ihn nur Treibbefriedigung ist – andererseits hinterfragt er, warum ihn das nicht emotional erfüllt. Ich hätte dazu gern mehr gelesen. Auch die Idee, dass
Männer Schutzräume brauchen, weil man untereinander nur selten darüber redet, wenn eine Frau Grenzen überschritten hat, diese wird oft nur belächelt. Weil erwartet wird, dass es Männern leicht fallen würde, ihre „Privilegien“ abzugeben. Auch hier hätte ich gern erfahren, warum Frauen keine sinnvollen Gesprächspartner sein können. Warum es eine Kultur
braucht, in der der Mann jenseits des gesellschaftlichen Drucks existieren kann.


Einen weiteren spannenden Aspekt fand ich am Ende, als es um Sexualität im Alter geht. Angesprochen wird u.a. dass es Kinder schwer fällt, ihre Eltern außerhalb der Eltern-Rolle zu sehen, ihnen eine Sexualität zuzugestehen und zu akzeptieren, dass sie verfallen. Dass Sexualität bei älteren Menschen vorhanden und gut für die Psyche ist, aber gewährleistet
sein muss, dass alles hygienisch abläuft und in gegenseitigem Einverständnis. Dass es manchmal nur Hautkontakt braucht, damit es ihnen besser geht.


Für mich waren das Glanzmomente des Buches, die aber rar gesäht waren.


Probleme


Zwischen „Sie hat Bock“ und „Bock“ liegen zwei Jahre und eine Pandemie. Während als Basis für das weiblichen Pendant die Kolumnen der Autorin dienten, hat sie hier zahlreiche Gespräche mit Männern geführt. Allerdings wollten nicht alle Gesprächspartner ihre Meinung, auch nicht anonym, in einem Buch lesen. Hinzu kommt, dass manche Dinge lieber persönlich erzählt werden als digital über Zoom oder Telefon – was in einer Pandemie nicht einfach ist. Zu manchen Aspekten wurden kaum Studien durchgeführt, weil man das Thema nicht gern behandelt.


Ich denke, der Text hätte besser werden können, wenn man ihm mehr Zeit gegeben hätte. Wenn man mehr recherchiert und journalistische Maßstäbe angelegt hätte.


Außerdem fehlt die Stimme der Autorin. „Sie hat Bock“ hat mich mit seinen persönlichen Erzählungen fasziniert, bei „Bock“ fehlt das oft.


Immerhin wird mit Doppelpunkten gegendert. Mir fiel das jedoch nur an wenigen Stellen ins Auge, ich hatte nicht das Gefühl, dass das durchgängig eingesetzt wird.


Fazit


Als gebundene Fassung zahlt man für 224 Seiten 20 EUR, als E-Book 16 EUR. Gemessen an dem, was ich gelernt und gefühlt habe, ist das zuviel Geld für zuwenig Stoff. Die gleiche Menge Info hätte ich auch bekommen, wenn ich ein paar Männer-Podcasts gehört oder mir Reviews einer Reality-TV angeguckt hätte. Für mich ein Text mit ein paar spannenden Aspekten, aber keine Empfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere