Profilbild von Farraige

Farraige

Lesejury Profi
offline

Farraige ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Farraige über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2018

Als der Krieg die Kleider stahl

Ich bin das Mädchen aus Aleppo
0

Bana ist sieben Jahre alt zu Beginn des Buches, wobei es einen kurzen Rückblick gibt, der die schöne Zeit in Aleppo vor dem Krieg vermittelt.
Danach wird beschrieben wie es für Bana Alabed war in einer ...

Bana ist sieben Jahre alt zu Beginn des Buches, wobei es einen kurzen Rückblick gibt, der die schöne Zeit in Aleppo vor dem Krieg vermittelt.
Danach wird beschrieben wie es für Bana Alabed war in einer Stadt aufzuwachsen in der mehrere verfeindete Gruppen Bomben auf Hausdächer, Krankenhäuser und Schulen werfen. Dabei erzählt sie einmal von den Gräueln des Krieges, aber immer wieder blitzt ihr Mädchendasein durch, wenn sie ihre Barbieschuhe vermisst oder sich darüber ärgert Jungenkleidung tragen zu müssen statt Kleidern.
Ich finde dieses Buch sehr wichtig und denke, dass es gut wäre es in Schulen als Lektüre zu lesen. Allzu leicht wird vergessen wie viele Menschen Tag für Tag sterben. Ihre Eltern, Geschwister oder gar ihre eigenen Kinder verlieren. Wie schnell verdrängen wir doch.
Die Geschichte von Bana ist hier genau das was es braucht. Aufrüttelnd, hinterlegt mit Bildern, lässt sie wohl niemanden völlig kalt.
Trotzdem bin ich nicht zufrieden mit dem Buch. Auch wenn vor allem die Teile der Mutter sehr rührend sind und es mich einige Male zu Tränen rührte, hat es doch nicht die Wirkung die ich erwartet hätte. Der Schreibstil ist simpel, jedoch nicht wirklich kindlich. Da es auch im Buch vorkommt, habe ich mich außerdem auch mit Banas Twitteraccount beschäftigt und den Zusammenhängen. Insgesamt gibt es einige Unstimmigkeiten, so dass das Buch nicht völlig authentisch wirkt, was ich persönlich äußerst schade finde. Auch verliert es dadurch an Argumentationskraft gegen Ausländer-raus-Idioten.
Aber obwohl ich nicht finde, dass das Buch besonders gut ist, sondern allenfalls mittelmäßig, gebe ich eine unbedingte Leseempfehlung. Wir müssen uns mit diesem Krieg - und auch einigen anderen - befassen! Es ist traurig was dort geschieht und es geschehen täglich neue Verbrechen an der Menschlichkeit, ohne das jemand etwas dagegen sagt (siehe Türkeieinsatz mit deutschen Panzer gegen die Kurden). Solche Bücher sind der erste Schritt in diese Richtung.
Also - bitte lest das Buch, recherchiert auch dazu und tragt das Wissen weiter!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Authentizität
  • Thema
  • Gefühl
  • Geschichte
Veröffentlicht am 05.01.2018

Jeder an seinem Platz!

Die Optimierer
0

Theresa Hannig hat mit ihrem Debütroman "Die Optimierer"eine wunderbar dystopische Welt geschaffen, in der reichen Staaten der EU die BEU gegründet haben und nun ein Land sind, in dem jeder Bürger vollkommen ...

Theresa Hannig hat mit ihrem Debütroman "Die Optimierer"eine wunderbar dystopische Welt geschaffen, in der reichen Staaten der EU die BEU gegründet haben und nun ein Land sind, in dem jeder Bürger vollkommen überwacht wird. Hierbei bekommt jeder genau die Arbeit, die am meisten für die Gesellschaft bringt und dabei seinen Talenten und Neigungen entspricht. Wer keine Talente hat, kommt in Kontemplation, was heißt, dass er nicht mehr arbeiten darf, was jedoch an sich kein Problem ist, durch das bedingungslose Grundeinkommen.
Klasse, findet Samson Freitag, ein Lebensberater, der "für jeden den richtigen Platz findet". Aber dann gerät sein Leben außer Kontrolle und er beginnt Fragen zu stellen...

Der Schreibstil macht das Buch zu einem richtigen Schnellleser. Ohne Leserunde hätte ich es in maximal zwei Tagen gelesen. Die Autorin lässt das ein oder andere Kunstwort einfließen, doch ansonsten ist der Text eher simpel verfasst ohne dabei langweilig zu werden.
Am Anfang wird noch sehr viel beschrieben und dann wird der Roman immer schneller. Würde ich eine Spannungskurve zeichnen wäre es wohl eine e-Funktion. Insgesamt hätte ich mir allerdings noch mehr Drama gewünscht.
Was ich aber richtig gut fand, waren die vielen, sehr realistischen Ideen. Das Ende fand ich persönlich dann schon wieder recht abgedreht und gleichzeitig ziemlich vorhersehbar.

Das Cover finde ich eher langweilig, doch es passt schon zum Roman.

Die Charaktere finde ich insgesamt schon interessant, nur fehlt es ihnen leider an Tiefe. Ich habe nicht das Gefühl auch nur eine Person in dem Buch wirklich kennengelernt zu haben. Am Anfang finde ich passt das noch sehr gut, weil das System auf ein wirkliches Begegnen nicht ausgelegt ist, aber später fände ich etwas mehr Details ganz gut.

Dafür finde ich, dass die Welt in sich ziemlich schlüssig ist und auch Tiefe hat. Auch wenn sie mir schon fast etwas zu scifi ist...

Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten. Es gab einige Ideen die ich gerne mochte und die beschriebene Welt erschien mir interessant. Dennoch glaube ich, dass da noch mehr geht. Aber vielleicht ist Theresa Hannig ja auch eine e-Funktion... ;)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 23.10.2017

Babymörderin?

Die stille Kammer
0

"Die stille Kammer" von Jenny Blackhurst ist ein Psychothriller der durch wirklich dunkle Abgründe menschlicher Psyche führt!
Susan Webster kommt nach dem sie auf Grund einer Depression ihren wenige Wochen ...

"Die stille Kammer" von Jenny Blackhurst ist ein Psychothriller der durch wirklich dunkle Abgründe menschlicher Psyche führt!
Susan Webster kommt nach dem sie auf Grund einer Depression ihren wenige Wochen alten Sohn erstickt hat in die forensische Klinik, das Buch fängt an dem Tag an, an dem sie entlassen wird. Bald kommen Bilder und Gegenstände bei ihr an, die sie vermuten lassen, dass ihr Sohn doch noch leben könnte - denn sie selbst kann sich nicht an die Tat erinnern...
Das Buch ist insgesamt angenehm geschrieben, so dass es sich sehr schnell lesen lässt. Allerdings kommt einiges immer wieder, das ich total unwichtig und ein wenig störend fand - zum Beispiel isst sie in dem Buch sicher acht Mal gebratenen Speck zum Frühstück. Den Lesefluss störte es nicht weiter, aber die Geschichte wurde eben auch nicht unbedingt aufgewertet durch den Schreibstil.
Es sind immer wieder Teile aus dem Leben eines gewissen Jacks eingeschoben, die sich erst gegen Ende des Buches klären. Zunächst fand ich diese Einschübe etwas irritierend, doch dann habe ich sie einfach wie eine zweite Geschichte gelesen. Zuletzt wird alles Mögliche mit allem Möglichen verbunden. Die Verbindungen erscheinen teilweise etwas zu unglaublich, aber insgesamt fand ich es schon passend.
Zum Cover und zum deutschen Titel möchte ich noch anmerken, dass ich beides für vollkommen unpassend halte. Als ob irgendwer halt mal ein Cover und einen Titel zu einem Psychothriller gemacht hätte, ohne den Inhalt des Buches zu kennen.

Fazit: Ein spannendes Buch, dass mich sehr gut unterhalten hat, jedoch mich jedoch nicht endgültig überzeugen konnte.
Es sei noch anzumerken, dass ich das Buch niemanden empfehlen würde, der jünger als 16 Jahre alt ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 23.10.2017

Die Sehnsucht nach Freiheit

Die Stille zwischen Himmel und Meer
0

Kathi Secks Roman "Die Stille zwischen Himmel und Meer" ist nach ihren eigenen Worten eine Herzensangelegenheit von ihr - und das konnte ich spüren bei jeder Zeile, bei jedem Wort, dass ich ihn mich aufsog. ...

Kathi Secks Roman "Die Stille zwischen Himmel und Meer" ist nach ihren eigenen Worten eine Herzensangelegenheit von ihr - und das konnte ich spüren bei jeder Zeile, bei jedem Wort, dass ich ihn mich aufsog. Poetisch und gefühlvoll entführt sie den Leser in die enge Welt von Edda, die zwölf Jahre ihrer Kindheits- und Jugendzeit in einem Keller verbracht hat und nun versucht die Ketten der Vergangenheit zu sprengen, um frei zu werden von den Ängsten, die sie seither begleiten und an einem erfüllten Leben hindern.
Da sie Raum- und Platzangst hat, fährt sie ans an die Nordsee, um sich diesen Ängsten zu stellen. Dabei trifft sie auf Hilde, die Vermieterin ihres Ferienhauses, deren Enkelin Mia und Sebastian, der durch ein Versehen auch in dem Ferienhaus wohnt. doch viel mehr möchte ich eigentlich auch gar nicht mehr schreiben, da die Geschichte so wundervoll ist, dass es wunderbar ist, wenn alles neu ist.
Die Charaktere sind unglaublich liebenswert und voller Tiefe. Der Schreibstil einerseits sehr schnell und leicht lesbar und andererseits so poetisch und mit so schönen Bildern, dass ich jedes einzelne Wort voll auskosten musste.
Es ist eine Geschichte über Mut, Freundschaft, Angst, Familiendramen und dabei oft schmerzlich wahr.

Fazit: Ich empfehle jedem dieses Buch! Lest es! Das Cover ist wunderschön - und doch verspricht es fast noch zu wenig... Für mich war dieses Buch ein absolutes Highlight, bei dem ich mitgefiebert, gelacht und geweint habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Gefühl
  • Anspruch
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 19.08.2017

Die Skurrilität menschlicher Abgründe

Weltretten für Anfänger
0

"Weltretten für Anfänger" von Arto Paasilinna ist ein düsteres, unglaublich skurriles Hörbuch über politische Gefangenschaft, Diktatur und menschliche Abgründe.
Während das Cover und natürlich der Sprecher ...

"Weltretten für Anfänger" von Arto Paasilinna ist ein düsteres, unglaublich skurriles Hörbuch über politische Gefangenschaft, Diktatur und menschliche Abgründe.
Während das Cover und natürlich der Sprecher Jürgen von der Lippe, den Hörer auf die Fährte eines witzigen Hörbuches locken, das vielleicht schon das ein oder andere ernste Thema anstößt, dabei jedoch unterhaltsam und locker bleibt, ist der Inhalt weit davon entfernt.
Der Finne Surunen macht sich auf einen langjährigen, politischen Gefangen zu befreien. Dabei geschehen ihm allerlei obskure Dinge. Einiges davon soll wohl auch witzig sein, doch die meiste Zeit war ich vor allem traurig oder richtiggehend schockiert. Die Befreiungsaktionen selbst laufen dabei alle etwas zu einfach und unkompliziert. Eher wie man es bei einem Kinderkrimi erwarten würde (natürlich nur wenn man den sonstigen Inhalt mal außen vor lässt).
Jürgen von der Lippe passt jedoch dennoch extrem gut zu dem Buch, das einerseits völlig überzogen ist und andererseits gruselig nah an der Realität. Jeder Charakter hat seine ganz eigene Stimme, die auch immer hervorragend passt. Dadurch werden diese sehr lebendig.

Insgesamt hatte ich einfach mit etwas komplett anderem gerechnet. Denn das Hörbuch hat zwar schwarzen Humor und ist unglaublich skurril, doch in keinster Weise witzig und Pinguine kommen auch keine vor, nur ein Pinguinforscher hat mal einen Gastauftritt. Somit war ich ziemlich in die Irre geleitet.
Jedoch finde ich das Hörbuch durchaus hörenswert, sobald man sich erst einmal auf die ernste Geschichte und die Gesellschaftskritik eingelassen hat.
Also schwere Kost, die zum Denken anregt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Stimme
  • Dramaturgie
  • Humor
  • Charaktere