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Veröffentlicht am 26.05.2022

"Müll"-Highlight des Jahres

Die dunklen Geheimnisse von Heap House
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"Heap House" ist jetzt schon ein Jahreshighlight für mich. Ich weiß noch, wie ich die Leseprobe gelesen habe und mich gefragt habe, was zum Teufel das mit den Geburtsgegenständen soll. Ich hatte ehrlich ...

"Heap House" ist jetzt schon ein Jahreshighlight für mich. Ich weiß noch, wie ich die Leseprobe gelesen habe und mich gefragt habe, was zum Teufel das mit den Geburtsgegenständen soll. Ich hatte ehrlich gesagt Angst, dass die Erklärung so simpel ausfällt, dass es am Ende nicht mehr spannend ist. Oder aber, dass sie zu abgedreht ist und damit irgendwie nicht glaubwürdig. Beides ist nicht der Fall! Im Verlauf der Geschichte legen sich alle Fakten so passend und elegant zu einer gruseligen, aber funktionierenden Welt zusammen, dass ich beim Lesen Gänsehaut hatte. Ich habe das Buch verschlungen und werde mir die englische Fortsetzung besorgen, weil der erste Band an einer richtig miesen Stelle endet – daher auch eine Warnung: Cliffhanger!

An diesem Buch ist einfach nichts gewöhnlich. Die beiden Hauptfiguren – der kränkliche Clod, der sich die ganze Zeit vor seinem brutalen Cousin verstecken muss und die aufmüpfige Lucy Pennant, die sich einfach nicht in die Identitätslosigkeit der Dienerschaft fügen möchte und dann auch noch klaut wie die Raben – sind originell und auf eine seltsame Weise liebenswürdig. Ich mag es auch, wenn in einer Story jedes Detail wichtig ist, gerade wenn man erst ganz spät bemerkt, wieso. Das ist hier der Fall. Bis zum Schluss kann man nicht erahnen, in welche Richtung die Handlung sich entwickeln wird.

"Heap House" ist bestimmt nicht für alle was, aber wenn man das Düster-Skurrile mag, ist es einen Versuch wert. Das ganze auf Müll gebaute Imperium der Iremongers ist schmutziger viktorianischer Gothic-Roman auf die Spitze getrieben – ich liebe es!

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Eine besondere Identifikationsfigur

Florentine Blix (1). Tatort der Kuscheltiere
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Florentine Blix ist eine etwas eigene und deswegen besonders liebenswerte Protagonistin. Sie ist 13, geht in die 8. Klasse, liebt die Farbe grün, begeistert sich für Naturwissenschaften und Kriminalfälle, ...

Florentine Blix ist eine etwas eigene und deswegen besonders liebenswerte Protagonistin. Sie ist 13, geht in die 8. Klasse, liebt die Farbe grün, begeistert sich für Naturwissenschaften und Kriminalfälle, hat aber Probleme mit dem Zwischenmenschlichen. Dabei ist sie nicht schüchtern, sondern hat einfach Verständnisprobleme, was soziale Konventionen angeht. Ich denke, es ist nicht nötig, sie auf dem breiten Spektrum psychischer Auffälligkeiten explizit zu verorten, weil das keine Rolle spielen sollte. Alle Kinder und Menschen haben Eigenheiten, manche mehr als andere. Ich bin ganz sicher, dass viele dankbar für so eine Identifikationsfigur sein werden. Hier hat schon ihre Lieblingsfarbe Begeisterungsstürme ausgelöst, weil das selten zu sein scheint.

Auch die intensive Gestaltung des Buches kann man nicht unerwähnt lassen. Das Ganze ist als Notizbuch angelegt mit vielen Bildern, Listen, Kritzeleien und auch Karten. Der lustige Illustrationsstil von Daniela Kohl harmoniert fantastisch mit Alice Pantermüllers humorvoller Erzählweise. Die beiden haben immerhin auch schon bei "Mein Lotta-Leben" zusammengearbeitet und sind ein eingespieltes Team.

Ich finde es bemerkenswert, dass man bei diesem Buch bis zum Ende nicht so richtig versteht, in welche Richtung es geht: Handelt es sich um einen normalen Krimi, d.h. wird alles Mysteriöse am Ende aufgeklärt? Oder sieht Florentine tatsächlich Geister? Haben wir es eigentlich mit Urban Fantasy für Kinder zu tun? Diese Ambiguität kann spannend sein, in diesem Ausmaß finde ich sie aber ein wenig riskant, da es bestimmt Kinder gibt, die das eine mögen und das andere gar nicht. Spätestens nach dem ersten Band (auf den sicher viele folgen werden) weiß man dann aber, wo man steht und ob die Folgebände etwas für einen sind. Wenn man prinzipiell etwas über eine Protagonistin wie Florentine lesen möchte, finde ich, kann man dem Buch so oder so eine Chance geben.

Veröffentlicht am 02.11.2021

Wunderschön in jeder Hinsicht

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Wenn man die Blume Vergissmeinnicht und bunte Cover so sehr liebt wie ich, ist es fast unmöglich, an diesem Buch vorbeizugehen. Leider sind schöne Cover keineswegs ein Garant für schönen Inhalt, manchmal ...

Wenn man die Blume Vergissmeinnicht und bunte Cover so sehr liebt wie ich, ist es fast unmöglich, an diesem Buch vorbeizugehen. Leider sind schöne Cover keineswegs ein Garant für schönen Inhalt, manchmal sogar eher eine gemeine Falle. Noch dazu war es mein erstes Buch von Kerstin Gier und so war ich wirklich gespannt, ob ihre Bücher die Begeisterung, die ich über sie so mitbekomme, verdient haben.

Obwohl das Buch beginnt wie das übelste Klischee, überwindet es diesen unschönen Einstieg sehr schnell und entwickelt sich in rasendem Tempo zu etwas ganz Besonderem. Ich habe Quinn seine Charakterentwicklung absolut abgekauft und Matilda habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen. Sie sind beide zwei ungewöhnliche Hauptfiguren - er, da er (wenn auch wohl nur temporär) im Rollstuhl sitzt und sie, da sie zwar zweifellos "ganz anders" ist als alle anderen Mädchen, aber auf eine ganz andere Weise als es sonst in solchen Liebesgeschichten umgesetzt wird. Sie ist eine liebenswerte Scheinmisanthropin, die sich aber in Wirklichkeit für jede Kleinigkeit schuldig fühlt und eigentlich überaus rücksichtsvoll ist. Sie haben zwar Facetten an sich, die man schon kennt, aber doch wirken sie wie sehr lebendige und neue Figuren.
Dementsprechend ist auch die Liebesbeziehung erfrischend neu und ich habe zum ersten Mal seit langem wieder bei so einer Story mitgefühlt. Der Humor darf auch nicht unerwähnt bleiben, Kerstin Gier schreibt einfach in einem fantastischen, leichten Stil, der mich an einigen Stellen dazu gebracht hat, laut loszulachen, an anderen Stellen habe ich die Kunstfertigkeit bewundert, mit der sie die Geschichte erzählt. Ich verstehe jetzt, warum sie eine der bekannteren Autorinnen in Deutschland ist.

Ich habe teilweise gelesen, dass einige die Geschichte eher passend für 12-Jährige finden. Das kann ich nicht wirklich bestätigen. Die Protagonisten sind weitaus älter, schon in der Oberstufe, und ich hatte große Freude an dem Buch, obwohl ich nochmal ein Stück älter bin. Was mir aufgefallen ist, ist, dass in diesem Buch die prickelnd heißen Szenen fehlen, die kaum eine Autorin von Romantasy umsetzen kann, ohne dass man mit den Augen rollen muss, weil es einfach so kitschig, unglaubwürdig und - ja, ich muss das Wort wieder verwenden - klischeehaft ist. Das ist also in meinen Augen gerade die Stärke des Buches und ich finde nicht, dass die Beziehung zwischen Quinn und Matilda dadurch zwangsläufig kindlicher wird. Ich konnte sie dadurch leichter ernst nehmen.

Insgesamt eine sehr empfehlenswerte Lektüre für alle, Kinder ab 12, Jugendliche und auch Erwachsene, die bei Romantasy mal eine erfrischend neue Geschichte in jeder Hinsicht suchen. Ich kann es kaum erwarten, 2022 in diese Welt zurückzukehren und mehr über die komplexen politischen Zusammenhänge im Saum und natürlich über Matilda und Quinn zu lernen.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Schulischer Schreibstil

Die Rückkehr der Zwerge 1
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Der neue Zwerge-Band von Markus Heitz liest sich wie ein Relikt aus alten Tagen und dürfte viele Fans von damals glücklich machen. Jüngere Leser, die diese Art von Büchern jetzt erst entdecken, werden ...

Der neue Zwerge-Band von Markus Heitz liest sich wie ein Relikt aus alten Tagen und dürfte viele Fans von damals glücklich machen. Jüngere Leser, die diese Art von Büchern jetzt erst entdecken, werden begeistert sein von der Fülle an weiteren Büchern, die auf sie warten. Als ehemaliger Fan, der aber das Interesse an den Büchern im Verlauf der Jahre verloren hat, weil mir der Schreibstil nicht mehr gefiel, war ich sehr gespannt, ob ich mit dem neuen Band ein Revival dieser Art von Fantasy in meinem Leben erleben würde. Das war aber leider nicht der Fall.

Die Geschichte ist absolut solide und spannend erzählt, die Charaktere sind interessant und doch… hat das Sprachliche mir das Buch ein bisschen verdorben. Markus Heitz hat leider seinen Schreibstil überhaupt nicht weiterentwickelt und hat immer noch die Angewohnheiten, die viele Autoren für besonders hohen Stil halten, die aber in der Tat genau das Gegenteil darstellen. Ich meine so etwas wie auf S. 30 „Dem jungen Banneroffizianten“ zu schreiben, weil man Angst hat, den Namen einer Person zu oft zu verwenden oder so vermeintlich besonders elegant weitere Informationen über sie einstreuen will. In der Tat gilt das mittlerweile aber als schlechter Stil und ich teile diese Einschätzung. Maximale Variation und Furcht vor Wiederholungen sind Schreibtipps, die einem in der Schule eingebläut werden, die man aber schnell hinter sich lassen sollte, wenn man wirklich gute Bücher schreiben möchte. Ich dachte am Anfang, dass ich über diese Art von Eigenheiten hinweglesen kann, aber es hat mich bis zum Ende doch zu sehr gestört. Dazu kommt natürlich die Liebe von Fantasy-Autoren für komplizierte Namen ohne jegliches System, dafür mit allerlei Sonderzeichen – ich nenne als Beispiel mal Mòndarcai. Irgendwie ist das aber auch Teil des Charmes dieser Bücher. Weiterer Kritikpunkt: Die Karte ist schön und grob hilfreich, aber nicht sehr detailliert. Manchmal hatte ich Schwierigkeiten, die Handlung zu verorten, was schade ist, wenn man schon eine Karte zur Verfügung hat.

Trotz allem ist der neue Band noch ein überdurchschnittlich gutes Buch und ist besonders für Genre-Fans uneingeschränkt empfehlenswert.

Veröffentlicht am 27.09.2021

Endlich wieder originelle, tolle Fantasy

Die Stadt ohne Wind
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In vielen festen Genres habe ich heute das Gefühl, dass viel von demselben rausgeballert wird, einfach, weil es sich immer verkauft. Da sticht ein Buch wie dieses raus. Das beginnt schon beim Cover, wobei ...

In vielen festen Genres habe ich heute das Gefühl, dass viel von demselben rausgeballert wird, einfach, weil es sich immer verkauft. Da sticht ein Buch wie dieses raus. Das beginnt schon beim Cover, wobei ich da zunächst etwas Orientalisches erwartet habe, die Berge deuten aber bereits an, in welcher Gegend die Handlung spielt. Aber auch der Klappentext verspricht eine einzigartige Leseerfahrung.

Ich habe nur wenige Sätze gebraucht, um in die Handlung hineinzufinden und das Buch hat mich bis zum Ende auch nicht verloren. Hier erwarten einen spannende Intrigen, ein mysteriöser Mordfall, sympathische Figuren und auch ein subtiler Humor, besonders in Bezug auf die komplexen Strukturen der Gesellschaft von Hyperborea. Einige haben den komplexen Wortschatz des Buches kritisiert und auch die unzugänglichen Namen der Protagonisten wie Lastyanax. Für mich ist genau das ein Pluspunkt. Ich habe es sehr genossen, in diese fremde Welt einzutauchen. Da ich mich mit alten Sprachen wie Latein und Griechisch auskenne, habe ich mit großer Begeisterung entsprechende Wörter wie "Basileus" oder "Eleven" entdeckt. Schon der Handlungsort "Hyperborea" ist ja ein aus antiken Quellen bekannter Ortsname. Das alles macht für mich einen großen Teil des Charmes des Buches aus.

Ich freue mich außerdem immer, wenn ich Fantasyromane lesen kann, die nicht aus dem Englischen übersetzt wurden oder deutsche Originale sind. Das bringt frischen Wind ins Genre, wenn man schon Unmengen von Büchern hinter sich hat und von wiederkehrenden Mustern genervt ist. Ich habe mich über die junge Autorin informiert und habe sie konstant als Erzählerin vor mir gesehen. Zwar heißt es am Anfang, dass die Ähnlichkeiten der Figuren mit realen Beamten des Europäischen Parlaments, wo Eléonore Devillepoix arbeitet, nur zufällig sind, aber bestimmte Aspekte moderner Bürokratie hat sie schon verdammt gut eingefangen.

Insgesamt gebe ich fünf Sterne in dem vollen Bewusstsein, dass das Buch bei weitem nicht für alle etwas ist. Aber mir hat es so gut gefallen, dass ich mir den Folgeband sofort auf Französisch besorgen werde.

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