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Veröffentlicht am 02.05.2022

Eine besondere Identifikationsfigur

Florentine Blix (1). Tatort der Kuscheltiere
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Florentine Blix ist eine etwas eigene und deswegen besonders liebenswerte Protagonistin. Sie ist 13, geht in die 8. Klasse, liebt die Farbe grün, begeistert sich für Naturwissenschaften und Kriminalfälle, ...

Florentine Blix ist eine etwas eigene und deswegen besonders liebenswerte Protagonistin. Sie ist 13, geht in die 8. Klasse, liebt die Farbe grün, begeistert sich für Naturwissenschaften und Kriminalfälle, hat aber Probleme mit dem Zwischenmenschlichen. Dabei ist sie nicht schüchtern, sondern hat einfach Verständnisprobleme, was soziale Konventionen angeht. Ich denke, es ist nicht nötig, sie auf dem breiten Spektrum psychischer Auffälligkeiten explizit zu verorten, weil das keine Rolle spielen sollte. Alle Kinder und Menschen haben Eigenheiten, manche mehr als andere. Ich bin ganz sicher, dass viele dankbar für so eine Identifikationsfigur sein werden. Hier hat schon ihre Lieblingsfarbe Begeisterungsstürme ausgelöst, weil das selten zu sein scheint.

Auch die intensive Gestaltung des Buches kann man nicht unerwähnt lassen. Das Ganze ist als Notizbuch angelegt mit vielen Bildern, Listen, Kritzeleien und auch Karten. Der lustige Illustrationsstil von Daniela Kohl harmoniert fantastisch mit Alice Pantermüllers humorvoller Erzählweise. Die beiden haben immerhin auch schon bei "Mein Lotta-Leben" zusammengearbeitet und sind ein eingespieltes Team.

Ich finde es bemerkenswert, dass man bei diesem Buch bis zum Ende nicht so richtig versteht, in welche Richtung es geht: Handelt es sich um einen normalen Krimi, d.h. wird alles Mysteriöse am Ende aufgeklärt? Oder sieht Florentine tatsächlich Geister? Haben wir es eigentlich mit Urban Fantasy für Kinder zu tun? Diese Ambiguität kann spannend sein, in diesem Ausmaß finde ich sie aber ein wenig riskant, da es bestimmt Kinder gibt, die das eine mögen und das andere gar nicht. Spätestens nach dem ersten Band (auf den sicher viele folgen werden) weiß man dann aber, wo man steht und ob die Folgebände etwas für einen sind. Wenn man prinzipiell etwas über eine Protagonistin wie Florentine lesen möchte, finde ich, kann man dem Buch so oder so eine Chance geben.

Veröffentlicht am 14.10.2021

Schulischer Schreibstil

Die Rückkehr der Zwerge 1
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Der neue Zwerge-Band von Markus Heitz liest sich wie ein Relikt aus alten Tagen und dürfte viele Fans von damals glücklich machen. Jüngere Leser, die diese Art von Büchern jetzt erst entdecken, werden ...

Der neue Zwerge-Band von Markus Heitz liest sich wie ein Relikt aus alten Tagen und dürfte viele Fans von damals glücklich machen. Jüngere Leser, die diese Art von Büchern jetzt erst entdecken, werden begeistert sein von der Fülle an weiteren Büchern, die auf sie warten. Als ehemaliger Fan, der aber das Interesse an den Büchern im Verlauf der Jahre verloren hat, weil mir der Schreibstil nicht mehr gefiel, war ich sehr gespannt, ob ich mit dem neuen Band ein Revival dieser Art von Fantasy in meinem Leben erleben würde. Das war aber leider nicht der Fall.

Die Geschichte ist absolut solide und spannend erzählt, die Charaktere sind interessant und doch… hat das Sprachliche mir das Buch ein bisschen verdorben. Markus Heitz hat leider seinen Schreibstil überhaupt nicht weiterentwickelt und hat immer noch die Angewohnheiten, die viele Autoren für besonders hohen Stil halten, die aber in der Tat genau das Gegenteil darstellen. Ich meine so etwas wie auf S. 30 „Dem jungen Banneroffizianten“ zu schreiben, weil man Angst hat, den Namen einer Person zu oft zu verwenden oder so vermeintlich besonders elegant weitere Informationen über sie einstreuen will. In der Tat gilt das mittlerweile aber als schlechter Stil und ich teile diese Einschätzung. Maximale Variation und Furcht vor Wiederholungen sind Schreibtipps, die einem in der Schule eingebläut werden, die man aber schnell hinter sich lassen sollte, wenn man wirklich gute Bücher schreiben möchte. Ich dachte am Anfang, dass ich über diese Art von Eigenheiten hinweglesen kann, aber es hat mich bis zum Ende doch zu sehr gestört. Dazu kommt natürlich die Liebe von Fantasy-Autoren für komplizierte Namen ohne jegliches System, dafür mit allerlei Sonderzeichen – ich nenne als Beispiel mal Mòndarcai. Irgendwie ist das aber auch Teil des Charmes dieser Bücher. Weiterer Kritikpunkt: Die Karte ist schön und grob hilfreich, aber nicht sehr detailliert. Manchmal hatte ich Schwierigkeiten, die Handlung zu verorten, was schade ist, wenn man schon eine Karte zur Verfügung hat.

Trotz allem ist der neue Band noch ein überdurchschnittlich gutes Buch und ist besonders für Genre-Fans uneingeschränkt empfehlenswert.

Veröffentlicht am 18.07.2021

Eine Herausforderung

Der Brand
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Man kann nicht sagen, dass Rahel und Peters Ehe in Scherben liegt. Aber irgendetwas ist passiert, dass zwischen ihnen nichts geblieben ist als gegenseitiger Respekt und ansonsten ganz viel Schweigen bei ...

Man kann nicht sagen, dass Rahel und Peters Ehe in Scherben liegt. Aber irgendetwas ist passiert, dass zwischen ihnen nichts geblieben ist als gegenseitiger Respekt und ansonsten ganz viel Schweigen bei unterdrücktem Ärger und Enttäuschung. Ein Paar, das sich einfach auseinandergelebt hat? In der Hinsicht hat mich das Buch überrascht. Gewissermaßen räumt es sogar mit dem Klischee des Auseinanderlebens auf, denn dieses passiert nicht einfach so, sondern basiert auf vielen Situationen der misslungenen Kommunikation, bei denen man sich unverstanden oder im Stich gelassen fühlt.

Das Cover ist, leider typisch für viele Diogenes-Bücher, ohne wirklichen Bezug zum Text und nichtssagend. Wenn man aber einmal auf das Buch aufmerksam geworden ist, wirkt der Einstieg so, als könnte man in jedem Alter von der Lektüre profitieren. Mittendrin war ich mir dessen aber plötzlich nicht mehr so sicher, denn Rahel wurde mir so unsympathisch, ihre Probleme mir so unzugänglich, dass ich mich nur fragte: "Was will diese Frau eigentlich von der Welt und wieso meckert sie nur an anderen herum, wo alle Probleme von ihr auszugehen scheinen?" Eine Ansammlung unangenehmer Personen, die ich nicht mal aus Interesse an der menschlichen Psyche kennenlernen wollte - das war lange Zeit mein Fazit für dieses Buch. Aber eins muss ich zugeben: Die Figuren sind verdammt authentisch, erwachen vor meinem Auge geradezu zum Leben. Ich muss sie nicht mögen, um diese Leistung der Autorin würdigen zu können. Und wenn man bis zum Ende durchhält, wird man sogar mit Charakterentwicklung und wahrem Wachstum belohnt. Ein gutes Ende, das zu dem Buch passt.

Eine der versteckten Stärken des Buches ist zudem sein differenzierter und unkonventioneller Blick auf Fragen und Phänomene, die die Gesellschaft heute bewegen: Gender, Ziele und Fähigkeiten junger Menschen, insbesondere an der Universität, der Sinn von Psychotherapie, Shitstorms und deren Folgen für den Einzelnen. Bei all diesen Themen hat das Buch meine Perspektive erweitert, insofern hat sich die Lektüre trotz des Ärgers und der langweiligen Passagen hier und da definitiv gelohnt.

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Packender Podcast-Thriller

Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden
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True Crime boomt gerade, egal ob auf Youtube, Blogs oder in Form von Podcasts. Auch die Protagonistin dieses Buches, Elle Castillo, hat einen True-Crime-Podcast. In der neuesten Folge versucht sie, den ...

True Crime boomt gerade, egal ob auf Youtube, Blogs oder in Form von Podcasts. Auch die Protagonistin dieses Buches, Elle Castillo, hat einen True-Crime-Podcast. In der neuesten Folge versucht sie, den Fall des sogenannten Countdown-Killers neu aufzurollen, der nach einem besonderen Muster vorging und nie gefasst werden konnte. Und dann verschwindet erneut ein Mädchen - ist der Killer zurück und führt seinen grausigen Countdown fort?

Das Besondere an diesem Buch ist: Es gibt einen dazugehörigen Podcast, der z.B. über die Verlagswebseite aufrufbar ist. Darin kann man sich parallel zur Lektüre Elles Podcast-Folgen anhören. Ich persönlich bin kein Riesenfan von Podcasts, finde aber, dass hier der Ton gut getroffen wurde und dies dazu beiträgt, die Spannung weiter anzufeuern.

Bei dem Fall selbst hat mir dagegen leider das Besondere gefehlt, auch wenn ich die Ermittlung mit Spannung verfolgt habe. Elles private Interaktionen haben mich aber, wie das oft bei Krimis und Thrillern der Fall ist, eher genervt und von der eigentlichen Handlung abgelenkt. Dazu finde ich, dass die Einblicke, die man in das Innenleben des Täters bekam, zu früh einsetzten und dafür zu wenig erklärten. Es wirkte so, als solle hier ein komplexes psychologisches Profil entworfen werden, das erklärt, warum ein eigentlich ganz armer Mensch ganz böse Dinge tut. Meine Empathie und Verständnis halten sich aber bei diesem armen Würstchen in Grenzen.

Ein multimedialer Thriller - vielleicht ein Zukunftsformat? Wäre interessant!

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Bedrückend

Girl A
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Alexandra ist Girl A. Mit 15 gelang ihr die Flucht aus ihrem Zuhause, wo sie von ihren Eltern ans Bett gefesselt und vernachlässigt wurde. In Folge ihrer Flucht konnten auch ihre Geschwister aus dem Haus ...

Alexandra ist Girl A. Mit 15 gelang ihr die Flucht aus ihrem Zuhause, wo sie von ihren Eltern ans Bett gefesselt und vernachlässigt wurde. In Folge ihrer Flucht konnten auch ihre Geschwister aus dem Haus gerettet werden. Nun ist Alexandra erwachsen und eine erfolgreiche Anwältin in den USA, die zu ihren Geschwistern wenig Kontakt hat. Doch dann stirbt ihre Mutter im Gefängnis und Alexandra muss nach England zurückkehren, um den Nachlass zu regeln. Ist sie ihrer persönlichen Hölle jemals ganz entflohen?

Das Buch beginnt mit Alexandra, widmet aber jedem ihrer Geschwister einen eigenen Abschnitt, in dem Alexandra sie wiedersieht und man erfährt, was diese seit der Rettung erlebt haben. Jeder von ihnen wurde adoptiert, ist aber auf die eine oder andere Weise durch die Vergangenheit tief gezeichnet. Lediglich einer ist durch ganz spezielle Umstände in der Lage, ein normales Leben zu führen. Durch die Auseinandersetzung mit den Geschwistern setzt sich auch das Leben der Kinder unter ihren schon immer strengen, aber nicht von Anfang an psychotischen Eltern aus vielen Puzzlesteinchen letztlich zu einem fast vollständigen Bild zusammen. Einige kleine Fragen bleiben offen. Der mysteriöse „ungewöhnliche“ Ansatz, mit dem Alexandra von ihrer Psychologin behandelt wurde, dient einer großen Offenbarung am Ende des Buches, die Motivation der Psychologin blieb für mich aber undurchsichtig und das Ganze daher nicht so glaubwürdig.

Es tut einem Buch nicht gut, wenn es im Vorfeld zu sehr gelobt wird. Das weckt überirdische unspezifische Erwartungen, die vermutlich die wenigsten Werke tatsächlich erfüllen können. Dieses Buch ist kein „moderner Klassiker“ und auch nicht „Der wichtigste Thriller seit Gone Girl“, wie es auf der Rückseite beworben wird. Es ist ein überdurchschnittlich gut geschriebener, aber ansonsten nicht herausragender Roman. Ein bedrückendes Buch, nach dessen Lektüre ich persönlich nicht davon ausgehen würde, dass man den schlimmen Dingen entfliehen kann, die man erlebt. Aber vielleicht bietet „Girl A“ für andere hier mehr Interpretationsspielraum.

Wer eine solide Lektüre sucht, die nicht nur die grundlegenden Erwartungen an Spannung erfüllt, sondern auch lebendige Protagonisten und ein paar Überraschungen zu bieten hat, trifft mit „Girl A“ eine sehr gute Wahl.

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