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Veröffentlicht am 08.11.2023

Whodunit mit Pfiff

Der Cocktailmörderclub
1

Dass bei einem Treffen des Detection Clubs über Mord und Todschlag gesprochen wird, das ist normal. Aber ein waschechter Mord beim Mordbasar des Schriftstellerclubs? Das ist doch ein Schock. Natürlich ...

Dass bei einem Treffen des Detection Clubs über Mord und Todschlag gesprochen wird, das ist normal. Aber ein waschechter Mord beim Mordbasar des Schriftstellerclubs? Das ist doch ein Schock. Natürlich behält die taffe Haushälterin Phyllida trotzdem die Nerven, und sorgt nicht nur für Ordnung, sondern macht sich auch direkt auf die Suche nach dem Mörder.
Phyllida zeigt sich auch in diesem zweiten Band als intelligente und pfiffige Ermittlerin, hat aber gleichzeitig auch eine sehr empathische und aufmerksame Art ihren Mitmenschen gegenüber. Natürlich fehlt auch die ein oder andere Kabbelei mit Chauffeur Bradford bzw. Butler Dobble nicht, auch wenn Letzterer durchaus etwas häufiger hätte vorkommen dürfen. Einige Figuren sind somit aus dem Vorgängerband bekannt, dank des Mordclubs kommen aber viele neue hinzu. Das wirkt sich nicht ganz so positiv auf die Ermittlungen aus, weil sehr viele Figuren befragt werden, z.T. dann etwas dürftig. Da wäre weniger sicher mehr gewesen, denn der Überblick fällt trotz Personenregister nicht immer leicht. Die Ermittlungen entwickeln sich aber insgesamt sehr spannend, als Leser hat man reichlich Gelegenheit mitzurätseln. Die Autorin hat die ein oder andere Überraschung parat, gleichzeitig ist man gut beraten kleine Details nicht außer Acht zu lassen und die kleinen grauen Zellen anzustrengen; ganz wie Hercule Poirot eben. Cambridge gelingt es etwas Neues zu schaffen, ihre Geschichte aber trotzdem als Hommage an Christie zu gestalten. Sie schreibt locker, die Dialoge sind sehr lebhaft und es wird eine tolle Atmosphäre gespiegelt. Auch der ländliche Charme eines klassischen Cozy Crime kommt nicht zur kurz. Das Ende ist in bester Christie-Manier geschrieben, und ein wirklich stimmungsvoller und gelungener Höhepunkt der Geschichte. Die Auflösung ist stimmig und bringt den Krimi zu einem tollen Abschluss. Insgesamt ist der Cocktailmörderclub ein wirklich schöner Whodunit, der mich zwar nicht restlos begeistert hat, aber trotzdem sehr kurzweilige und spannende Lesestunden beschert.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 25.10.2023

Überzeugender Thriller

Memoria
0

Als Harriet selbstlos einer Frau in Nöten hilft, scheint das einen Schalter bei ihr umzulegen: sie hat plötzlich Erinnerungen an Dinge, die ihr völlig neu sind; sie hat Fähigkeiten, von denen sie keine ...

Als Harriet selbstlos einer Frau in Nöten hilft, scheint das einen Schalter bei ihr umzulegen: sie hat plötzlich Erinnerungen an Dinge, die ihr völlig neu sind; sie hat Fähigkeiten, von denen sie keine Ahnung hatte. Und sie bekommt Zweifel, jede Menge Zweifel an ihrer Vergangenheit, am Tod ihrer Mutter, an der Handverletzung, die ihre Karriere beendete.
Eine gruselige Vorstellung, nicht zu wissen was real ist. Zoe Beck hat einen sehr spannenden und kurzweiligen Thriller gestrickt, der immer wieder mit dem Leser spielt. Überraschende Wendungen sind bei diesem Konzept vorprogrammiert, und können fast auf ganzer Linie überzeugen. Die Verzweiflung nicht zu wissen was eine echte Erinnerung ist, merkt man Harriet oft an; auch wenn sie selbst diese Gedanken immer mal wieder von sich schiebt. Man konnte sich gut in die Figur hineinversetzen, auch wenn ich nicht alle Reaktionen nachvollziehbar fand. Harriets Leben war lange von der klassischen Musik bestimmt, und so spielt das auch jetzt immer mal wieder eine Rolle, was einen guten Kontrast zur actionreichen Geschichte gibt. Die Handlung spielt irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft, wie nebenbei lässt uns die Autorin spüren was sich dank Klimawandel bis dahin geändert haben wird/ändern könnte. Ständig gibt es Hitzewarnungen, jeden Tag brennt irgendwo ein kompletter Wald nieder, draußen kann man sich nur mit Staubmasken aufhalten… keine sonderlich schöne Vorstellung und doch sehr real. Becks Stil lässt sich wie gewohnt sehr flüssig lesen, die Handlung kann fesseln, und so liest sich der Thriller perfekt an einem verregneten Herbstnachmittag.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2023

Sehr starker Band Drei

Love Will Tear Us Apart
1

Erst vor wenigen Monaten hat die Stranger Times mit Hannah eine neue stellvertretende Chefredakteurin bekommen, schon brauchen sie wieder eine neue. Dabei hat die Mannschaft mit dem Irrentag, einem von ...

Erst vor wenigen Monaten hat die Stranger Times mit Hannah eine neue stellvertretende Chefredakteurin bekommen, schon brauchen sie wieder eine neue. Dabei hat die Mannschaft mit dem Irrentag, einem von Trauer zerfressenen Chef und einer Praktikantin mit ungeahnten Kräften mehr als genug zu tun. Doch diese ganz speziellen Mitarbeiter sind schon mit ganz anderen Unwägbarkeiten fertig geworden, und schaffen es doch auch immer noch eine Zeitung zu bauen; auch wenn es bei den Kreuzworträtseln mal haken kann.
„Love will tear us apart“ ist Teil Drei der Reihe und ich würde auch dazu raten vorher Teil Eins und Zwei zu lesen, da doch einiges an Vorwissen nötig ist. Mir hat dieser Teil wieder sehr gut gefallen, McDonnell schöpft wirklich aus den Vollen. Ich finde nicht nur den Humor des Autors großartig, sein Erzählstil holt mich einfach komplett ab. Sehr temporeich, bildhaft und schwarzhumorig erzählt er seine Story. Schlagfertige Dialoge und absurde Szenen gehören natürlich zur Handlung wie die Blunderbuss zu Banecroft. McDonnell spielt auch in diesem Band mit bekannten Fantasyelementen, hat aber auch eine große Menge eigener Ideen im Gepäck, die begeistern und die Handlung extrem kurzweilig machen. Altbekanntes wie die üblichen eingestreuten Artikel aus der Zeitung konnten mich ebenfalls wieder neu amüsieren. Der Cast ist größtenteils bekannt, und doch lassen sich unverhofft unbekannte Facetten entdecken. Gerade Grace hat endlich einen etwas größeren Raum einnehmen dürfen und wusste den perfekt für sich zu nutzen. Zudem gab es ein Wiedersehen mit zwei ganz besonderen Nebenfiguren über das ich mich sehr gefreut habe. Die Handlung entwickelt sich mehr als überraschend und actionreich, sodass sich das Buch schnell zum Pageturner mausert, der viel zu schnell gelesen war. Umso besser, dass Band Vier wohl schon in den Startlöchern steht, sofern die Begründer dessen Erscheinen nicht zu verhindern wissen. Es bleibt spannend in Manchester!

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 11.10.2023

Nicht ganz mein Fall

Bournville
0

Mary erblickt 1934 in Bournville das Licht der Welt, das Städtchen, das sich mit der berühmten Cadburyschokolade einen Namen machen soll. Auch wenn sie nie weit aus ihrem Städtchen herauskommt, erlebt ...

Mary erblickt 1934 in Bournville das Licht der Welt, das Städtchen, das sich mit der berühmten Cadburyschokolade einen Namen machen soll. Auch wenn sie nie weit aus ihrem Städtchen herauskommt, erlebt sie Weltgeschichte. Mal hautnah, mal im Fernsehen, mal wie nebenbei, während ihr eigenes Leben ganz neue Wendungen nimmt.

In sieben wichtigen Ereignissen führt der Autor durch die jüngere Geschichte Englands. Ich fand sie ganz gut ausgewählt, einige waren prägend für die ganze Welt, andere eher auf das Land selbst zugeschnitten. Über den Schokoladenkrieg wusste ich beispielsweise nicht viel, und fand dieses Kapitel sehr interessant. Anderes wie die Coronapandemie hat man selbst live erlebt und kann vieles nachvollziehen. Coe versucht anhand der Familie Lamb aufzuzeigen wie jeder einzelne die Geschehnisse erlebt haben könnte, das gerät mal mehr oder weniger überzeugend. Leider wurde ich mit der Geschichte insgesamt nicht so recht warm. Mary wird als Dreh- und Angelpunkt beworben, spielt aber für mein Empfinden gar nicht so eine große Rolle. Zudem gibt es eine Fülle an Familienmitgliedern, die dank Stammbaum im Roman zwar gut einzuordnen sind, die mir aber doch eher fremd blieben. Einzig Marys Sohn Peter ist mir als Figur etwas näher gekommen, der Rest blieb eher distanziert. Auch Coes Stil hat nicht so recht zu mir gepasst, er schreibt zwar locker, aber alles wirkt auf mich oberflächlich, oft wie emotionslos aufgezählt. Das ändert sich zum Ende hin etwas, kann meinen Gesamteindruck aber nicht wirklich verbessern. Da die gewählten Ereignisse oft viele Jahre auseinander liegen, ist auch die Geschichte der Familie Lamb zerrissen, z.T. fällt es schwer gedanklich wieder anzuknüpfen. Insgesamt hat der Roman meine Erwartungen nicht erfüllt, da mir Tiefe fehlte und auch die Familiengeschichte selbst nicht in Gänze überzeugen kann.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Pusus

Ich, Sperling
0

„…wie ein Vogel in einen Käfig. Ein Funke, eingebettet in einen Körper, der für andere bestimmt ist.“
In Carthago Nova lebt ein namenloser Junge, der Einfachheit halber Pusus genannt. Er lebt in einem ...

„…wie ein Vogel in einen Käfig. Ein Funke, eingebettet in einen Körper, der für andere bestimmt ist.“
In Carthago Nova lebt ein namenloser Junge, der Einfachheit halber Pusus genannt. Er lebt in einem der letzten Bordelle der Stadt, wo er als Sklave zum lebenden Inventar gehört und auch so behandelt wird. Er erzählt seine Geschichte aus der Retrospektive, man weiß also als Leser schnell wie es für ihn endet. Trotzdem leidet und fiebert man nicht weniger mit, denn er erzählt so mitreißend wie tragisch aus seiner Kindheit und Jugend. Immer wieder spricht Pusus den Leser direkt an, was das Geschehen noch unmittelbarer macht. Sein Leben ist hart, er muss schwer arbeiten, wird misshandelt und schließlich zur Prostitution gezwungen. Doch erfährt er so etwas wie familiären Zusammenhalt unter den Wölfinnen, die ihm so etwas Nähe schenken. Hynes gibt einen großartigen Einblick in das Leben eines Sklaven in der damaligen Zeit. Auch der ganz normale Alltag, der Aufbau der Stadt wird sehr bildlich beschrieben, man erfährt so wie nebenbei Einiges. Ich mochte den Erzählstil sehr, er wirkt trotz all der Gräuel immer etwas kindlich und naiv, so wie Pusus eben ist. „Ich, Sperling“ ist keine leichte Geschichte, das Geschehen immer wieder grausam, z.T. auch pornografisch; das passt zu Pusus‘ Leben, schließlich wird auch bei ihm keine Rücksicht auf sein Alter genommen, trotzdem könnte es für manchen Leser vielleicht zu heftig sein. Ich mochte Hynes‘ Roman in all ihren Facetten, einzig das Ende kam mir zu abrupt, sodass die eigentlich runde Geschichte eine kleine Delle bekam. Ein mitreißender, informativer, aber auch bedrückender Roman, den ich gerne weiterempfehle.

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