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Veröffentlicht am 24.08.2017

Starke Frau zwischen zwei Kronen

Ich, Eleonore, Königin zweier Reiche
1

Mit knapp 80 Jahren macht sich Alienor, ehemals Königin von Frankreich und England auf nach Kastilien. Sie will eine ihrer Enkelinnen aussuchen, um sie mit dem König von Frankreich zu verheiraten; so soll ...

Mit knapp 80 Jahren macht sich Alienor, ehemals Königin von Frankreich und England auf nach Kastilien. Sie will eine ihrer Enkelinnen aussuchen, um sie mit dem König von Frankreich zu verheiraten; so soll das fragile Verhältnis zwischen den beiden großen Nationen gefestigt werden. Die lange Rückreise verkürzt Alienor ihrer Enkelin Blanche mit Erzählungen aus ihrem turbulenten Leben.

Sabine Weigand hat das Leben einer der schillerndsten Persönlichkeiten des 12ten Jahrhunderts in einem tollen historischen Roman verarbeitet. Einen Großteil der Handlung machen die Berichte von Alienor selbst aus, sodass man jederzeit das Gefühl hat hautnah dabei zu sein. Und erlebt hat sie einiges, gilt nicht umsonst als eine der spannendsten Personen ihrer Epoche. Ihre erste Ehe mit Ludwig, König von Frankreich, war schon bald zum Scheitern verurteilt, doch anstatt sich klaglos in ihr Schicksal zu fügen, erwirkt Alienor kurzerhand die Auflösung dieser Verbindung. Ein Skandal in der damaligen Zeit. Auch ihre zweite Ehe war mehr als turbulent und da Alienor nun wirklich nicht dem Bild des fügsamen, schamhaften Frauchens entsprach, eckte sie mit ihren Ideen und Taten immer wieder an. Die Autorin schafft es sehr gut dem Leser zu vermitteln, welche Kraft es die Königin gekostet haben muss. Ich mochte sowohl die junge, als auch die alte Alienor, Weigand lässt ihre Figur glaubhaft älter und weiser werden; ihren bissigen Humor hat sie jedoch nie verloren, was immer wieder für Erheiterung sorgt. Immer wieder finden sich echte Briefe, Zeitzeugenberichte, Tagebucheinträge o.ä. in die Handlung eingebettet; mich hat es mal wieder fasziniert wie ein und dasselbe Ereignis oft ganz unterschiedlich wahrgenommen wurde. Gerade bei so einer skandalumwitterten Persönlichkeit wie Alienor fragt man sich dann immer, wie sehr man der Geschichtsschreibung trauen kann. Die Autorin hat jedoch sehr genau recherchiert, um ein möglichst authentisches Bild ihrer Hauptfigur wiederzugeben. Hervorragend gelungen, würde ich sagen. Ein ausführliches Nachwort, Stammbaum und Karten runden das Bild ab.
Ich hatte vor diesem Buch noch nichts von der Autorin gelesen, bin aber von ihrer Art Geschichte lebendig werden zu lassen, jetzt absolut überzeugt. Ein toller historischer Roman über eine starke Persönlichkeit. Klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.08.2017

Aufschlussreich und gut geschrieben

Drogen
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Johann Hari hat sich in jahrelanger intensiver Recherche mit dem weltweiten Kampf gegen die Drogen befasst. Anhand sehr berührender Erzählungen greift er Einzelschicksale heraus, die verschiedenste Facetten ...

Johann Hari hat sich in jahrelanger intensiver Recherche mit dem weltweiten Kampf gegen die Drogen befasst. Anhand sehr berührender Erzählungen greift er Einzelschicksale heraus, die verschiedenste Facetten dieser Thematik beleuchten (sicherlich nicht alle, aber der britische Journalist bemüht sich um einen guten Überblick). Der kleine Drogendealer von der Straße kommt genauso zu Wort wie die mexikanische Familie, die in einer von Drogenkartellen beherrschten Stadt lebt. Diese Geschichten ergänzt Hari mit sehr gut aufbereiteten Fakten und wissenschaftlichen Hintergründen, liefert einen guten Überblick über aktuelle Studien zur Thematik und wirft auch einen Blick in die Vergangenheit. Er zeigt auch, dass das Denken vieler von eingeimpften Halbwahrheiten beherrscht wird, die wissenschaftlich inzwischen widerlegt wurden. Hari widmet einen Großteil seines Buches, um die Sinnlosigkeit des harten Drogenkrieges aufzuzeigen; und die neuen Wege, die einen anderen, menschenwürdigeren Umgang mit Süchtigen beschreiten. Anhand von praktischen Beispielen aus der Schweiz oder Urugay zeigt er, dass es geht. Entkriminalisierung und Legalisierung von Besitz und Konsum wird ebenso thematisiert, wie die Unverhältnismäßigkeit der Strafen, die einen z.B. in den USA erwarten können. Sprachlich wirkt dieses Buch oft weniger wie ein nüchternes Sachbuch, sondern eine Ansammlung von Erzählungen. Der Autor schreibt sehr flüssig und erschlägt einen nicht mit Zahlen und Daten, sondern bettet sie sinnvoll ein. Einzig den Aufbau fand ich manchmal etwas ungeschickt, gerade im ersten Drittel wirkten die einzelnen Kapitel noch etwas unlogisch strukturiert. Insgesamt hat mir dieses Buch jedoch sehr gut gefallen, es liefert neue Informationen und reichlich Denkanstöße.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Band drei mit Macy Greeley

Finster ist die Nacht
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Detective Greeley ist unterwegs zu dem vermeintlichen Versteck des gekidnappten Radiomoderators Long. Doch noch bevor sie am Tatort ankommt, läuft ihr genau dieser vors Auto. Während die verletzte Macy ...

Detective Greeley ist unterwegs zu dem vermeintlichen Versteck des gekidnappten Radiomoderators Long. Doch noch bevor sie am Tatort ankommt, läuft ihr genau dieser vors Auto. Während die verletzte Macy sich aus ihrem Auto zu befreien versucht, wird Long eiskalt von einem Motorradfahrer erschossen. Greeley ermittelt.

„Finster ist die Nacht“ ist schon der dritte Band mit Macy Greeley und wie die vorherigen kann er mit einer ordentlichen Story überzeugen. Man muss die Vorgänger nicht zwingend gelesen haben, aber gerade für Macys Lebensumstände ist das Vorwissen doch nützlich. Der Fokus liegt aber meist auf den Mordermittlungen, die sich recht spannend entwickeln. Die Erzählperspektive wechselt zwischen Greeley und Emma, der Tochter des Ermordeten, sodass das Geschehen von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Emma als neue Figur hat mir ganz gut gefallen, auch wenn ihr Erzählstrang sich ab und an unnötig in Nebenschauplätzen verloren hat. Insgesamt ist der Spannungsbogen aber ganz ordentlich geraten, auch wenn man als Leser nicht ständig an den Seiten kleben muss. Der Erzählstil hat mir gut gefallen, manchmal hätte ich mir von der Autorin etwas mehr Emotionen und weniger nüchterne Beschreibung gewünscht.
Insgesamt ein recht gut gelungener Fall, der jedoch manchmal hinter familiären Verwicklungen zurückstecken muss. Kein Hardcorethriller, aber solide Unterhaltung.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Bedrückend gut

Und es schmilzt
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Eva, Pim und Laurens waren die drei Musketiere. Im kleinen Dörfchen Bovenmeer waren sie die einzigen ihres Jahrgangs, bildeten eine kleine 3-Kinder-Klasse und verbringen auch ihre komplette Freizeit miteinander. ...

Eva, Pim und Laurens waren die drei Musketiere. Im kleinen Dörfchen Bovenmeer waren sie die einzigen ihres Jahrgangs, bildeten eine kleine 3-Kinder-Klasse und verbringen auch ihre komplette Freizeit miteinander. Als Pims Bruder Jan stirbt, steht ihre Freundschaft vor einer neuen großen Aufgabe. Auch die Pubertät geht nicht spurlos an dem Trio vorbei. Jahre später fährt Eva zurück nach Bovenmeer und stellt sich ihrer Vergangenheit.

Spits Geschichte bewegt sich auf drei Erzählebenen: heute, Jans Todesjahr und dem Sommer 2002, in dem irgendetwas passiert ist. Was genau das war, lässt die Autorin lange im Dunkeln. Als Leser ist man sich lange auch nicht sicher, ob man wirklich erfahren will worum es sich dabei handelt. Denn schnell wird klar, dass Evas Kindheit nun wirklich nicht das war, was man als „glückliche Kindheit auf dem Land“ bezeichnet. Die Eltern völlig überfordert, beide hängen an der Flasche, der Vater hat immer wieder Selbstmordgedanken. Evas kleine Schwester Tesje entwickelt immer mehr Zwangsneurosen und keiner kann so wirklich etwas dagegen tun. Will eigentlich auch keiner. Da wünscht man Eva einfach nur noch das Beste. Und ahnt doch, dass es das Schicksal nicht gut mit ihr meint. Obwohl Eva sicherlich kein Unschuldslamm ist, empfindet man doch oft Mitleid mit ihr. Die Handlung ist entsprechend emotional aufgeladen, obwohl die Autorin selbst gar nicht zu emotional erzählt. Die Tatsachen sprechen Bände: grausam, gewalttätig und ungerecht, einsam und eiskalt; harter Tobak eben. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Ich bin mir fast sicher, dass die Eltern unter den Lesern die Freundschaften ihrer Sprösslinge mal genauer unter die Lupe nehmen werden. Sicherlich wollte die Autorin mit ihrer Darstellung provozieren, doch ein Körnchen Wahrheit steckt bestimmt drin. Mich hat ihre Geschichte schnell in ihren Bann gezogen, ein geradezu soghaftes Lesegefühl. Ein meiner Meinung nach zu recht gelobtes Debut der jungen Belgierin.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Etwas schwächer als seine Vorgänger

Wildeule
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Gesines Leben als Friedhofsgärtnerin gerät mal wieder aus allen Fugen, als in einem Sarg nicht die erwartete Tote, sondern der Bestatter selbst liegt. Carsten Schellhorn hatte sich bei einigen Kollegen ...

Gesines Leben als Friedhofsgärtnerin gerät mal wieder aus allen Fugen, als in einem Sarg nicht die erwartete Tote, sondern der Bestatter selbst liegt. Carsten Schellhorn hatte sich bei einigen Kollegen unbeliebt gemacht, u.a. bei Gesines gutem Freund Hannes. Der gerät somit schnell in den Fokus der Ermittler, sodass Gesine selbst Nachforschungen anstellen muss.

In „Wildeule“ lässt Annette Wieners die ehemalige Kommissarin Cordes wieder einmal auf eigene Faust ermitteln. Ist dieses Konzept bei den beiden Vorgängerbänden noch für mich aufgegangen, konnte mich die Handlung diesmal irgendwie nicht überzeugen. Gerade zu Beginn wirkt die Story sehr holprig und plätschert auch zwischenzeitlich vor sich hin. Man muss die Vorgänger nicht zwingend gelesen habe, gerade jedoch die typischen Giftpflanzeneinträge sind für den Neuleser unverständlich, da der Kontext erst sehr spät im Buch erklärt wird. Ansonsten kann man dem Fall auch ohne Vorwissen gut folgen, nicht zuletzt deswegen weil er diesmal recht einfach gestrickt ist. An der Figurenfront gibt es nicht viel Neues, bekannte Charaktere werden in gewohnter Manier weitergeführt. Gerade Gesines Haltung ihren ehemaligen Kollegen gegenüber war aber in diesem Band wirklich absolut indiskutabel. Wie die Autorin so Authentizität vorgaukeln will, war mir doch ein Rätsel. Nervig war das ständige Gekabbel auf jeden Fall. Der Schreibstil ist flüssig und nicht allzu anspruchsvoll, sodass der Krimi dann doch recht schnell ausgelesen war. Für mich war „Wildeule“ der schwächste Teil der Reihe, ich bin gespannt, ob die nächsten Teile wieder zur vorherigen Qualität zurückkehren können.