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Veröffentlicht am 15.07.2017

Geliebte Eva

Madame Picasso
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Anfang des 20ten Jahrhunderts will die junge Eva in Paris Fuß fassen. Über Umwege findet sich eine Anstellung im berüchtigten Moulin Rouge. Zwar nur als Kostümmädchen hinter den Kulissen, doch trotzdem ...

Anfang des 20ten Jahrhunderts will die junge Eva in Paris Fuß fassen. Über Umwege findet sich eine Anstellung im berüchtigten Moulin Rouge. Zwar nur als Kostümmädchen hinter den Kulissen, doch trotzdem begegnet sie in der schillernden Umgebung dem Künstler Picasso. Der ist der aufsteigende Stern am Kunsthimmel und eigentlich in festen Händen. Eigentlich.

Anne Girard hat sich die reale Romanze zwischen Eva Gouel und Pablo Picasso zur Vorlage genommen und daraus einen schönen Liebesroman gesponnen. Sie erzählt sehr ansprechend und flüssig, das Buch ist schnell gelesen. Die Autorin zeichnet ein sehr lebendiges Bild von Paris und hat es geschafft, authentische Bilder zu erzeugen. Egal ob Picassos Lieblingsbar in Montmatre, das schillernde Moulin Rouge oder die Absteige Evas, alle sind sehr überzeugend beschrieben. Selbst Picassos Gemälde und die seiner Kollegen sind sehr bildreich beschrieben, sodass man ein Gespür für seine Kunst bekommt. Diese Aspekte haben mir sehr gut gefallen. Die Liebesgeschichte selbst ist natürlich etwas kitschig, dramatisch und bittersüß. Nicht unbedingt mein Fall, für Fans des Genres aber sicherlich ein echtes Leckerchen. Die Figuren sind der Autorin ganz gut gelungen, sie wissen auch mal durch Kleinigkeiten zu überraschen. Keine Charaktere von der Stange, die die Autorin hier anbietet.
Insgesamt ein Liebesroman, der neben dem Herzschmerz auch noch Anderes zu bieten hat und mir deswegen unterm Strich gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 12.07.2017

Nachdenklicher, düsterer Roman

Die Summe aller Möglichkeiten
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In einem französischen Touristenstädtchen an der Côte d‘Azur wird Antoine, der Spielemacher der örtlichen Fußballmannschaft bei seiner Arbeit auf dem Campingplatz zusammengeschlagen. Dieser Vorfall hat ...

In einem französischen Touristenstädtchen an der Côte d‘Azur wird Antoine, der Spielemacher der örtlichen Fußballmannschaft bei seiner Arbeit auf dem Campingplatz zusammengeschlagen. Dieser Vorfall hat Auswirkungen auf die Leben seiner Bekannten, Freunde und Feinde.

Olivier Adam hat mich mit seinem Roman fasziniert. Jedes Kapitel ist aus der Sicht einer anderen Person geschrieben, jedes Kapitel liefert neue Einblicke in das Geschehen. Egal ob es sich dabei um Personen handelt, die Antoine sehr nahestehen oder ob es zufällig ausgewählte Touristen sind: jeder ist irgendwie in das große Ganze verstrickt. Der Autor verwebt diese einzelnen Episoden sehr geschickt, nach anfänglichen Schwierigkeiten findet man sich als Leser schnell zurecht. Man erkennt, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat, denn quasi alle Figuren erleben gerade eine persönliche Krise, einen Schicksalsschlag. Somit ist der Ton meist eher düster und oft eher melancholisch. Die Unruhe und aufgewühlte Stimmung umrahmt der Autor mit einem Sturm, den er über das kleine Dorf ziehen lässt. Ein rundum gut durchdachter Plot. Sprachlich beschränkt sich Adam oft auf kurze Sätze, die umso prägnanter formuliert sind. Seine Szenarien wirken authentisch und geben eine ansprechenden Gesellschaftsstudie wider. Vom Stil her eher anspruchsvoll geschrieben, thematisch düster und nachdenklich machend, hat mich dieser Roman doch in der Summe sehr gut unterhalten.

Veröffentlicht am 11.07.2017

Kurzweiliger Thriller

Die Lieferantin
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In nicht allzu ferner Zukunft boomt das Drogengeschäft im Darknet. Spitzenverkäufer ist die Lieferantin, bei der man bequem per App bestellt und die Drogen per Drohne prompt geliefert bekommt. Klar, dass ...

In nicht allzu ferner Zukunft boomt das Drogengeschäft im Darknet. Spitzenverkäufer ist die Lieferantin, bei der man bequem per App bestellt und die Drogen per Drohne prompt geliefert bekommt. Klar, dass diese Neue den Alteingesessenen aus dem Londoner Milieu die Geschäfte vermiest. Die Jagd beginnt.

Ich kannte noch kein Buch der Autorin, hatte aber schon viel Gutes gehört und war dementsprechend neugierig. Enttäuscht wurde ich nicht. Die Lieferantin liefert Spannung auf hohem Niveau, wirft aber gleichzeitig auch kleine Gedanken zum Nachgrübeln auf. Natürlich spielen Drogen, deren Legalisierung und Suchterkrankungen eine Rolle, aber auch Rassismus und Machtgefüge. Ich fand die Mischung sehr ansprechend. Beck schreibt flüssig, hält den Spannungsbogen sehr gut. Auch ihre Charaktere fand ich überzeugend, selbst wenn der eine oder andere aus dem Milieu etwas klischeehaft rüberkam. Insgesamt ein runder, realistischer Thriller, der mich sehr gut unterhalten hat.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Okapialarm

Was man von hier aus sehen kann
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Ein kleines Dörfchen im Westerwald wird erschüttert: Selma hat von einem Okapi geträumt! Eigentlich kein Drama, die letzten Male ist nach diesem Traum jedoch jemand gestorben. Schnell ist das Dorf in Aufruhr ...

Ein kleines Dörfchen im Westerwald wird erschüttert: Selma hat von einem Okapi geträumt! Eigentlich kein Drama, die letzten Male ist nach diesem Traum jedoch jemand gestorben. Schnell ist das Dorf in Aufruhr und auch Luise, Selmas Enkelin hat die nächsten Stunden ein mulmiges Gefühl im Bauch. Zu Recht wie sich bald zeigt.

Mariana Leky hat einen tollen Roman geschrieben, der mich gefesselt hat wie schon lange keiner mehr. Die Inhaltsbeschreibung kommt eigentlich ganz alltäglich daher (sehen wir mal vom Todesokapi und Uralthund Alaska ab) und doch ist dieses Dörfchen ganz besonders. Die Autorin hat wunderbare, lebensechte Figuren geschaffen: den herzensguten Optiker, die forsche Selma, selbst die unleidliche Marlies nimmt den Leser ein. Unterm Strich mochte ich sie alle und bin fast ein bisschen traurig nichts mehr über sie lesen zu dürfen. Luise fungiert als Ich-Erzählerin, lässt uns an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben. Zu Beginn der Handlung ist sie noch relativ jung, das ändert sich im Laufe des Buches. Die Veränderung ihres Charakters, das Erwachsenwerden, wirken sehr authentisch. Irgendwie fungiert das ganze Dorf als Hauptperson, ohne dass der Roman überfrachtet oder unübersichtlich wirkt.
Die Autorin hat einen ganz eigenen Erzählstil, der einerseits wunderbar leicht, andererseits ernst oder traurig daher kommt. Ich war schnell gefesselt und fand immer wieder Sätze, die man eigentlich dick hätte anstreichen müssen, um sie wieder und wieder zu lesen. Dazwischen finden sich auch sehr humorvolle Seiten, die das Ganze etwas auflockern. Sprachlich rundum gelungen also.
Fazit: auf in den Westerwald! Ein Buch, das mich wirklich überzeugt hat.

Veröffentlicht am 01.07.2017

Dickes B

Berlin für die Hosentasche
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Deutschlands Hauptstadt ist gefragt wie nie, dementsprechend gibt es auch Reiseführer wie Sand am Meer. Umso schöner, dass der Autor eine neue und informative Art gefunden hat, dem Neu- oder Altberliner ...

Deutschlands Hauptstadt ist gefragt wie nie, dementsprechend gibt es auch Reiseführer wie Sand am Meer. Umso schöner, dass der Autor eine neue und informative Art gefunden hat, dem Neu- oder Altberliner bzw. –besucher die Stadt an der Spree näher zu bringen. Natürlich wartet er auch mit den „üblichen“ Fakten auf: Einwohnerzahl, Fläche, Verkehrswege etc. kann jeder in 2 Sekunden bei google & Co. nachlesen. Wo es die beste Currywurst oder gar ein Museum dazu gibt, schon eher nicht. Gutberlet ist außerdem ein großer Listenschreiber, wer die tollsten Exponate in Berliner Museen, die schönsten Kinos oder eben die besten Currywurstbuden sucht, wird schnell in der entsprechenden Liste fündig. Doch der Autor gibt auch einen umfassenden Überblick über die jüngere und ältere Geschichte der Stadt, über Wirtschaftsgeschichte, Politik und Zukunftsvisionen. Gerade diese Kapitel fand ich sehr interessant und ich habe noch einiges dazu gelernt. Das Buch ist sehr angenehm zu lesen, keine dröge Reiseliteratur, sondern in einem solchen Ton verfasst, dass ich dem Autor die Liebe zur Stadt durchaus abnehme. Berlin für die Hosentasche ist dickes Büchlein, das reichlich Information und Unterhaltung bietet und definitiv Lust macht, alles noch einmal live und vor Ort zu „überprüfen“.