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Veröffentlicht am 15.09.2016

Potential verschenkt

Empfindliche Wahrheit
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Gibraltar: ein Diplomat Ende 50 ist unter dem Decknamen Paul Anderson in geheimer Mission unterwegs. Obwohl er sonst eigentlich eher nicht als Spion an vorderster Front tätig ist, wurde er vom neuen Staatsminister ...

Gibraltar: ein Diplomat Ende 50 ist unter dem Decknamen Paul Anderson in geheimer Mission unterwegs. Obwohl er sonst eigentlich eher nicht als Spion an vorderster Front tätig ist, wurde er vom neuen Staatsminister Quinn persönlich für diesen Einsatz ausgewählt. Er soll als „rotes Telefon“ agieren und so Quinn unmittelbar über das Fortkommen von Operation Wildlife berichten. Diese wird in Kooperation mit der privaten Sicherheitsfirma Ethical Outcom durchgeführt und soll einen Waffenankauf von hochgefährlichen Terroristen unterbinden. Die Operation gelingt. Zumindest soll Paul das glauben. Und auch Toby Bell, ein enger Mitarbeiter von Quinn stößt auf einige Ungereimtheiten. Nachforschungen eindeutig unerwünscht…



Empfindliche Wahrheit war mein erstes Buch von diesem Autor, ich kann also nicht sagen ob es sich um einen „typischen Carré“ handelt. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass mir der Stil des Autors nur bedingt zugesagt hat. Er schreibt recht unaufgeregt, vielleicht war das mit ein Grund warum mich dieses Buch nur mäßig fesseln konnte. Zudem hatte ich sprachlich immer das Gefühl in einem Spionagethriller aus den 60ern zu stecken, die Handlung spielt aber heute; kamen SMS, Google und Co vor, hat mich das immer etwas irritiert. Die Gründe für das Handeln der Protagonisten Anderson und Bell kann man sehr gut nachvollziehen, insgesamt bleiben diese Charaktere aber etwas blass. Le Carré greift ein brisantes Thema auf, kann es aber nicht gänzlich überzeugend umsetzen. Anfang und Ende des Buches fand ich recht schwach, im Mittelteil jedoch schafft es der Autor einen Sog aufzubauen, der einen mitten hineinzieht in das Gebilde aus Lügen, Vertuschungen, Korruption und Verschwörungen. Hätte er dieses Niveau über das ganze Buch halten können, wären durchaus 5 Sterne drin gewesen, aber so schien mir einiges Potential verschenkt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

LiebesBisschen

Liebes Bisschen
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Die Autorin betreibt in Hamburg ihr kleines, feines Café und bietet mit diesem Buch die Möglichkeit auch daheim einige ihrer Kreationen nach zu backen.

LiebesBisschen ist in fünf Kapitel unterteilt:

In ...

Die Autorin betreibt in Hamburg ihr kleines, feines Café und bietet mit diesem Buch die Möglichkeit auch daheim einige ihrer Kreationen nach zu backen.

LiebesBisschen ist in fünf Kapitel unterteilt:

In den „Basics“ stellt die Autorin die wichtigsten Küchenhelfer und Grundzutaten vor. Außerdem zeigt sie die Herstellung der diversen Teigarten, die die Basis für die folgenden Rezepte bilden. Anschließend folgen „Kleine Sünden“ wie Pralinen, Cookies oder diverse Riegel. Kapitel drei beinhaltet „Süße Teilchen“ sprich Cupcakes, Cakepops und Eclairs. In „Kuchen und Mini-Kuchen“ darf es auch mal etwas Exotischeres sein, wie die Karamell-Tarteletts mit Lakritz oder eine Schokoladentorte mit Roter Beete. Die Rezepte im letzten Kapitel „Haute Couture“ wie beispielsweise eine dreistöckige Hochzeitstorte oder einige Motivtorten sind vielleicht eher für den erfahreneren Bäcker geeignet, trotzdem liefert dieses Kapitel die eine oder andere Anregung. Im Anhang finden sich schließlich einige Vorlagen für Kekse und Torten, auch gibt die Autorin Anregungen wo man benötigte Küchenhelfer und außergewöhnliche Zutaten erwerben kann. Alle Rezepte sind in übersichtlichen Schritten erklärt, sodass auch der Backneuling sich an die Einfacheren heranwagen kann, mit aussagekräftigen Fotos bebildert und anhand einer Schwierigkeitsskala von 1 – 3 bewertet. Außerdem sind Zubereitungs- und Backzeit aufgeführt. Gut gefallen hat mir auch die Auflistung welche kleinen Küchenhelferlein für das jeweilige Rezept benötigt werden. Ich habe einige Rezepte ausprobiert und sie waren alle sehr lecker!

Das Buch ist wirklich sehr liebevoll und wunderschön bunt gestaltet, auch die reichlich vorhandenen Bilder sind allesamt sehr schön gewählt, sodass schon das reine Blättern eine echter Augenschmaus ist.

Einige Kritikpunkte möchte ich jedoch auch ansprechen: gerade bei den schwierigeren Rezepten hätte ich mir doch den einen oder anderen Insidertipp gewünscht, nicht alles war in den Ausführungen ausführlich genug beschrieben. Auch wären Alternativen zu manch außergewöhnlicher Zutat schön gewesen, nicht jeder hat Lakritzpaste, Veilchenzucker oder Rosenkonfitüre im Schrank stehen bzw. möchte sich diese Dinge zulegen. Ähnliches gilt für die benötigten Küchenhelfer, nicht alle Rezepte sind mit der durchschnittlichen Küchenausstattung zu bewältigen. Auch sind die Rezepte z.T. etwas einseitig ausgefallen, es gibt beispielsweise ganze drei Keksrezepte, bei denen identischer Teig und identische Glasur verwendet wird; einziger Unterschied ist die Form der Kekse. Da hätte ich mich über ein „neues“ Rezept doch mehr gefreut.

Wer ein Buch mit klassischen Rezepten sucht, wird mit LiebesBisschen nicht ganz richtig liegen, wer aber auch mal über den bisherigen (Kuchen-)Tellerrand hinausschauen will und vielleicht sein Faible für amerikanisch angehauchte Backwaren ausleben will, der wird es kaum mehr aus der Hand legen, bis auch das letzte Rezept nachgebacken ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Ich will diesem Mädchen nichts tun"

Das Falsche in mir
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Lukas Salfeld führt ein völlig normales Leben: guter Job bei einer Sicherheitsfirma, verheiratet, zwei Töchter. Doch dieses Leben ist nur Schein, denn er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion ermordet ...

Lukas Salfeld führt ein völlig normales Leben: guter Job bei einer Sicherheitsfirma, verheiratet, zwei Töchter. Doch dieses Leben ist nur Schein, denn er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion ermordet und zehn Jahre im Gefängnis abgesessen. Seine Familie weiß nichts davon, denn Lukas hat seinen dunklen Trieb im Griff. Oder doch nicht? Denn in seiner gemütlichen Heimatstadt Leyden verschwindet ein junges Mädchen, das Marion erschreckend ähnlich sieht. Und Lukas kann sich einfach nicht mehr erinnern, was er zur Tatzeit gemacht hat…

Dieses Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Die Passagen, in denen der Täter mit seinem Trieb ringt, gehen so unglaublich tief unter die Haut, sind erschreckend, düster und doch kann man diesen Mann manchmal einfach nur bemitleiden. Ebenso eindringlich geschildert ist der Kampf, den Lukas jeden Tag auf sich nimmt um ein ganz normaler Mensch zu sein. Das Falsche in mir startet sehr gut, verliert sich dann aber in der zweiten Buchhälfte etwas. Den erzählerischen Wechsel zwischen Lukas, Marions Tagebuch, der Ermittelnden Sina Rastegar u.a. gefiel mir zu Anfang noch ganz gut, gegen Ende war es für mich einfach zu viel des Guten und störte den Ablauf der Geschichte. Ebenso konnten mich einige Wendungen nicht recht überzeugen, manche Verbindungen waren für mich einfach zu früh zu erahnen, weswegen ich später etwas enttäuscht war; nicht zuletzt über die Auflösung des ganzen Falls.

Christa Bernuth hat hier einen soliden Krimi geschrieben, der sich recht flüssig lesen lässt und trotz weniger Schwächen spannende Unterhaltung bietet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Irre Schnitzeljagd auf den Spuren des Blues

Roadkill
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Der 47jährige Daniel Erikson hat ein kleines finanzielles Problem: für die Verwirklichung seines musikalischen Projekts Rock-&-Roll-Revival hat er sich ordentlich Kohle bei dem russischen Gauner Prisratjewitsch ...

Der 47jährige Daniel Erikson hat ein kleines finanzielles Problem: für die Verwirklichung seines musikalischen Projekts Rock-&-Roll-Revival hat er sich ordentlich Kohle bei dem russischen Gauner Prisratjewitsch geliehen. Dieser will das Geld aber blöderweise zurück und macht Daniel auf brutale Weise klar, dass er dafür auch über Leichen gehen würde. Doch Daniel hat erfreulicherweise einen Notgroschen daheim im Safe liegen. Dachte er zumindest. Der Safe ist leer; bis auf eine CD, die ihm in einem Song Hinweise auf den Verbleib des Geldes liefert. Ein irrer Roadtrip auf der Spur der Geldes beginnt, immer entlang des berühmten Blues Highway; und immer auf der Flucht vor den Schergen des Russen: dem Profikiller Moog und dem unkontrollierbaren Irren Rabidoso...

Eyre Price hat hier den klassischen Roadtrip quer durch die USA mit vielen interessanten Fakten über den Blues gespickt; man erfährt Einiges zu den großen Könnern und wichtigen Stationen dieser Musikrichtung. Die Songs mit den Hinweisen kann man sich auf der Homepage des Verlags anhören, sodass man der Geschichte auch akustisch gut folgen kann. Ein echter Pluspunkt, wie ich finde. Die ersten Kapitel waren noch etwas holprig, doch dann findet Price seinen Rhythmus und erzählt seine Story in einem so flüssigen, witzigen Stil, dass sie einem Actionfilm gleich blitzschnell vorüberzieht.

Ein wenig Kritik will ich doch auch üben: Einige Wendungen haben für mich nicht so ganz zum Buch gepasst. Auch war die Story an mancher Stelle einfach zu gewollt, die Figur Rabidoso beispielsweise soll den durchgeknallten, irren Brutalo abgeben, wirkt aber leider oft einfach nur überzeichnet und lächerlich; man kauft sie dem Autor nicht wirklich ab.

Insgesamt ist Roadkill vielleicht nicht der klassische nervenaufreibende Thriller, sorgt aber trotz kleinerer Schwächen für gute Unterhaltung und bietet einen schönen musikalischen Background. Gerne mehr davon!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
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Anna Lehtonen leidet an zunehmendem Gedächtnisverlust und wohnt deswegen in einem Pflegeheim. Obwohl sie schon nicht mehr alleine leben kann, hat sie auch noch einige klare Erinnerungen an glücklichere ...

Anna Lehtonen leidet an zunehmendem Gedächtnisverlust und wohnt deswegen in einem Pflegeheim. Obwohl sie schon nicht mehr alleine leben kann, hat sie auch noch einige klare Erinnerungen an glücklichere Zeiten: das Leben auf ihrer kleinen finnischen Insel mit ihrem Verlobten Antti. Was mit Antti passiert ist und wie sie schließlich in dem Pflegeheim gelandet ist, erfährt man erst durch das Zusammensetzen mehrerer Erinnerungsfetzen.

„Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ hat es wirklich in sich. Auch wenn es nicht direkt bestätigt wird, scheint Anna an Demenz zu leiden und der Leser erlebt ihre Entwicklung von einem relativ normalen Geisteszustand zu völliger Verwirrung hin mit. In Erinnerungsfetzen und unklar umrissenen Rückblenden kehrt man mit Anna zurück nach Finnland und zu ihrem späteren Wohnsitz London. Die zunehmende Verwirrung von Anna macht es nicht einfach ihr Leben chronologisch nachzuvollziehen, die einzelnen Lebensabschnitte verschwimmen manchmal ineinander; zwischenzeitlich ist der Leser schon fast genau so verwirrt wie sie und kann nicht mehr zwischen Realität, Erinnerung und Wahnvorstellung unterscheiden. Hinzu kommt noch, dass manche Ereignisse im Laufe der Geschichte unterschiedlich dargestellt werden, Anna kann nicht mehr genau sagen was wie abgelaufen ist und füllt diese Lücken mit ihrer außergewöhnlichen Phantasie bzw. mit ihren Wunschvorstellungen. Nicht alle aufgeworfenen Fragen und Gegebenheiten werden am Ende aufgeklärt, einfach weil Anna diese Dinge selbst nicht (mehr) beantworten kann.

Selja Ahava erzählt diese besondere Geschichte in ganz leisen, fast poetischen Tönen. Klare und ausdrucksstarke Beschreibungen der Natur und von Annas Umgebung zeichnen ein deutliches Bild und gerade durch seine wunderschöne Sprache wird „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ganz intensiv und wirkt noch lange nach.

Mich hat dieses Buch wirklich sehr beeindruckt und ich würde es jedem, der Interesse an etwas außergewöhnlicher Literatur hat empfehlen.