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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2017

Rhythmus im Blut

Swing Time
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Tracey und die Ich-Erzählerin lernen sich als kleine Mädchen beim Ballettunterricht kennen. Die Liebe zum Tanzen verbindet sie, auch wenn sie sich aus den Augen verlieren und ihre Leben trotz ähnlicher ...

Tracey und die Ich-Erzählerin lernen sich als kleine Mädchen beim Ballettunterricht kennen. Die Liebe zum Tanzen verbindet sie, auch wenn sie sich aus den Augen verlieren und ihre Leben trotz ähnlicher Herkunft ganz unterschiedlich verlaufen. Mit der Erzählerin lernen wir die Welt der Popstars kennen, denn sie wird persönliche Assistentin der erfolgreichen Aimée. Und verliert die eigene Herkunft, das eigene Leben dabei völlig aus den Augen…
Zadie Smith nimmt uns mit in eine Welt der Musik und des Tanzes, aber auch in eine Welt, in der die eigene Hautfarbe das Leben bestimmt, die Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen und das Engagement der Eltern dem eigenen Werdegang Grenzen setzen. Einerseits steckt viel Wahrheit in der Geschichte, andererseits wirkte sie oft sehr konstruiert und als ob die Autorin ihre Themencheckliste abgearbeitet hätte. Der Spagat zwischen glitzernder Popwelt und ärmlichem Afrika beispielsweise ist der Autorin nur mäßig gelungen, ich fand die Handlung in dieser Beziehung doch sehr klischeebeladen. Mir hat eigentlich der Anfang des Buches am besten gefallen, die Freundschaft der jungen Mädchen und ihre Jugend sind sehr authentisch und glaubhaft gelungen. Danach entwickelt sich die Handlung etwas zäh und eben auch zu sehr gewollt. Sprachlich hat mir das Buch sehr gut gefallen, Smith hält ihr gewohntes Niveau. Nur inhaltlich konnte sie mich diesmal nicht so recht überzeugen.

Veröffentlicht am 25.10.2017

Außer sich

Außer sich
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Anton und Alissa halten als Zwillinge zusammen wie Pech und Schwefel. Egal ob es das triste Leben in der kleinen Moskauer Wohnung oder das Leben in deutschen Asylheimen ist. Doch dann verschwindet Anton, ...

Anton und Alissa halten als Zwillinge zusammen wie Pech und Schwefel. Egal ob es das triste Leben in der kleinen Moskauer Wohnung oder das Leben in deutschen Asylheimen ist. Doch dann verschwindet Anton, die einzige Spur führt nach Istanbul. Ali macht sich auf die Suche und verliert dabei nicht nur immer wieder ihre Spur, sondern auch sich selbst.

Salzmanns Debüt lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Einerseits fand ich die Geschichte von Ali, ihren Eltern und Großeltern (plus weiterer Generationen) sehr fesselnd. Diese Suche nach der eigenen Identität, dem Platz in der Gesellschaft machte sehr nachdenklich. Auch der Blick auf die jüngere Geschichte ist der Autorin gut gelungen. Leider konnte ich Ali andererseits nicht sonderlich leiden. Ein Buch lebt zwar nicht nur von der Sympathie für die Hauptfigur, es hat mir das Lesen aber auch nicht leichter gemacht. Die Handlung ist sehr verschachtelt (was ich eigentlich gerne mag), so richtig konnte ich den Faden aber nicht aufnehmen und war zunehmend verwirrt. Der Ton ist immer düster und deprimierend, wenn auch sprachlich sehr schön ausgearbeitet. Insgesamt eine eher sperrige Geschichte, die mich einfach nicht berühren konnte.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Etwas schwächer als seine Vorgänger

Wildeule
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Gesines Leben als Friedhofsgärtnerin gerät mal wieder aus allen Fugen, als in einem Sarg nicht die erwartete Tote, sondern der Bestatter selbst liegt. Carsten Schellhorn hatte sich bei einigen Kollegen ...

Gesines Leben als Friedhofsgärtnerin gerät mal wieder aus allen Fugen, als in einem Sarg nicht die erwartete Tote, sondern der Bestatter selbst liegt. Carsten Schellhorn hatte sich bei einigen Kollegen unbeliebt gemacht, u.a. bei Gesines gutem Freund Hannes. Der gerät somit schnell in den Fokus der Ermittler, sodass Gesine selbst Nachforschungen anstellen muss.

In „Wildeule“ lässt Annette Wieners die ehemalige Kommissarin Cordes wieder einmal auf eigene Faust ermitteln. Ist dieses Konzept bei den beiden Vorgängerbänden noch für mich aufgegangen, konnte mich die Handlung diesmal irgendwie nicht überzeugen. Gerade zu Beginn wirkt die Story sehr holprig und plätschert auch zwischenzeitlich vor sich hin. Man muss die Vorgänger nicht zwingend gelesen habe, gerade jedoch die typischen Giftpflanzeneinträge sind für den Neuleser unverständlich, da der Kontext erst sehr spät im Buch erklärt wird. Ansonsten kann man dem Fall auch ohne Vorwissen gut folgen, nicht zuletzt deswegen weil er diesmal recht einfach gestrickt ist. An der Figurenfront gibt es nicht viel Neues, bekannte Charaktere werden in gewohnter Manier weitergeführt. Gerade Gesines Haltung ihren ehemaligen Kollegen gegenüber war aber in diesem Band wirklich absolut indiskutabel. Wie die Autorin so Authentizität vorgaukeln will, war mir doch ein Rätsel. Nervig war das ständige Gekabbel auf jeden Fall. Der Schreibstil ist flüssig und nicht allzu anspruchsvoll, sodass der Krimi dann doch recht schnell ausgelesen war. Für mich war „Wildeule“ der schwächste Teil der Reihe, ich bin gespannt, ob die nächsten Teile wieder zur vorherigen Qualität zurückkehren können.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Nicht ganz mein Fall

Heute leben wir
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Renée ist schon so lange vor den Nazischergen auf der Flucht, dass sie ihren richtigen Namen nicht mehr kennt. Ihre Eltern hat sie schon vor langer Zeit verloren, und so treibt die 7-Jährige von einem ...

Renée ist schon so lange vor den Nazischergen auf der Flucht, dass sie ihren richtigen Namen nicht mehr kennt. Ihre Eltern hat sie schon vor langer Zeit verloren, und so treibt die 7-Jährige von einem Unterschlupf zum nächsten. Eines Tages fällt sie zwei deutschen Soldaten in die Hände, ihr Leben scheint am Ende. Doch da erschießt Soldat Matthias den Kameraden statt das jüdische Mädchen; und ist fortan für ihr Überleben verantwortlich.

Ich hatte mir eine gefühlvolle Geschichte über den letzten Kriegswinter erhofft, leider wurde ich da doch etwas enttäuscht. Denn am Gefühl hat die Autorin reichlich gespart. Matthias ist ihr als Figur sehr gut gelungen, man erfährt allerlei aus seiner Vergangenheit und kann ihn so deutlich besser verstehen (wenn auch nicht mögen). Renée bleibt immer etwas schleierhaft, das wiederum passt aber ja sehr gut, schließlich weiß die Kleine selbst sehr wenig über ihre Herkunft. Auch sprachlich ist der Roman relativ rund, die etwas kalte Erzählweise hat meinen Geschmack nur leider nicht richtig getroffen. Die Handlung selbst endet sehr abrupt, ein bisschen mehr Abschluss hätte dem Ganzen sicherlich gut getan. Zuvor passiert nicht viel, was einerseits den Fokus auf die Charaktere verschiebt, andererseits doch etwas unbefriedigend war. Insgesamt ein Buch, das ich zwar mit Interesse begonnen habe, am Schluss aber doch auch sehr gerne zur Seite gelegt habe.

Veröffentlicht am 24.07.2017

Zwei Große ihrer Zeit

Und Marx stand still in Darwins Garten
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Charles Darwin hat Jahre nach seiner Entdeckungsreise mit der Beagle das Forschen noch lange nicht aufgegeben. Aktuell befasst er sich mit den hilfreichen Regenwürmern in seinem Garten. Doch der Forscherdrang ...

Charles Darwin hat Jahre nach seiner Entdeckungsreise mit der Beagle das Forschen noch lange nicht aufgegeben. Aktuell befasst er sich mit den hilfreichen Regenwürmern in seinem Garten. Doch der Forscherdrang wird durch kleine und große Wehwehchen ausgebremst; man wird ja schließlich nicht jünger. Ein Doktor soll Abhilfe schaffen. Der hat in näherer Umgebung noch einen anderen großen Kopf zum Patienten und zwar niemand geringeren als Karl Marx. Wäre doch zu schön, wenn die beiden aufeinander träfen?

Ilona Jerger lässt in ihrem ersten Roman der Fantasie freien Lauf. Marx und Darwin wohnten zwar zeitweilig nur wenige Meilen auseinander, kannten sich aber nicht. Die Autorin lässt sich Zeit beide ausführlich vorzustellen, insgesamt liegt der Fokus aber auf Darwin. Der kommt auch wesentlich sympathischer rüber und ich habe ihn gerne bei seinen kleinen Experimenten im eigenen Garten begleitet. Was mich nicht begeistern konnte, war die ständige Litanei über seine Gebrechen. In aller Ausführlichkeit erfahren wir von jedem Haar, das ihm krumm liegt und welche Pillchen und Säftchen er dagegen nimmt. Interessant geht definitiv anders. Auch von Marx erfahren wir hauptsächlich die Krankengeschichte, sein Leben und Wirken wird nur kurz angerissen. Die Grundidee (Marx trifft Darwin) ist sehr ansprechend, leider verliert die Autorin dieses Ziel vor lauter Wehwehchen zeitweilig völlig aus den Augen. Das große Treffen war dann entsprechend erstens zu kurz und zweitens (weil stark konstruiert) enttäuschend. Der Schreibstil hat mir gut gefallen und kommt forschergerecht manchmal etwas schrullig, dann wieder sehr klar rüber. Die z.T. kurzen Sätze sind wahrscheinlich Geschmackssache, ich fand sie durchaus passend.
Insgesamt eine gute Idee, die mich in der Ausführung dann leider doch enttäuscht hat.