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Veröffentlicht am 22.05.2017

Ein Kann, aber kein Muss

Sweetgirl
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Die 16jährige Percy ist eigentlich auf der Suche nach ihrer Mutter. Die findet sie jedoch nicht wie erwartet in der Drogenhöhle des verrückten Shelton, sondern ein Baby. Percy nimmt die vernachlässigte ...

Die 16jährige Percy ist eigentlich auf der Suche nach ihrer Mutter. Die findet sie jedoch nicht wie erwartet in der Drogenhöhle des verrückten Shelton, sondern ein Baby. Percy nimmt die vernachlässigte Kleine kurzerhand mit, um sie in die Obhut eines Krankenhauses zu geben. Doch Shelton ist von der Entführung gar nicht begeistert, und so muss Percy sich nicht nur durch den Schneesturm schlagen, sondern sich auch noch vor ihren Verfolgern hüten.

Travis Mulhauser hat mit seinem Debut die klassische Verfolgungsjagd wieder aufgegriffen. Die Geschichte weiß durchaus zu unterhalten, wirklich Neues hat sie leider nicht zu bieten. Percy ist eine Protagonistin, die zwar durch ihr jugendliches Alter hervorstechen sollte, über weite Teile gelingt es dem Autor aber leider nicht ihr Alter glaubhaft darzustellen. Sie hätte genausogut 30 sein können, das hätte an der Story nichts geändert. An sich war sie mir aber ganz sympathisch. Die Verfolgungsjagd durch die verschneiten Berge Michigans ist recht spannend, Percy muss sich nicht nur mit den Bösewichtern, sondern eben auch mit der Witterung herumschlagen, was der Autor authentisch wiedergibt. Mulhauser erzählt flüssig, hält einen ordentlichen Spannungsbogen und lässt ab und an etwas schwarzen Humor einfließen. Insgesamt ist „Sweetgirl“ angenehme Unterhaltung, ohne jedoch viel Neues zu bieten. Ein Kann, aber kein Muss.

Veröffentlicht am 21.05.2017

Sommerkind

Sommerkind
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Es gibt Winterkinder, und es gibt Sommerkinder. Winterkinder brechen in zugefrorene Seen und Teiche ein, ihr Gehirn kann dank des Kälteschocks jedoch mit weniger Sauerstoff auskommen und so stehen die ...

Es gibt Winterkinder, und es gibt Sommerkinder. Winterkinder brechen in zugefrorene Seen und Teiche ein, ihr Gehirn kann dank des Kälteschocks jedoch mit weniger Sauerstoff auskommen und so stehen die Chancen nach erfolgreicher Rettung etwas besser als die der Sommerkinder. Koljas Schwester Malu ist ein Sommerkind, halb ertrunken im heimischen Schwimmbad. Doch gerettet hat sie nicht Kolja, sondern Ragna. Die macht sich nach Jahrzehnten auf, um Kolja und Malu zu suchen. Denn die Erinnerung an das Sommerkind lässt sie nicht los.

Monika Held thematisiert in ihrem Roman das, was man landläufig als „Wachkoma“ bezeichnet. Sie beschäftigt sich mit den medizinischen Hintergründen, aber auch mit den Veränderungen im Familienleben, wenn ein Mitglied erkrankt. Die psychische Belastung gibt sie sehr authentisch wieder, auch die Tatsache, dass Menschen unterschiedlich mit dieser Belastung umgehen. Mir hat der Erzählstil der Autorin leider nicht so zugesagt, ihre Figuren wirkten auf mich nicht richtig greifbar und so habe ich der ernsten Thematik dann doch irgendwie leidenschaftslos gegenübergestanden. Weder Ragna, die als Ich-Erzählerin fungiert, noch Kolja sind mir wirklich nahe gekommen. Die Handlung entwickelt sich recht interessant, einige Längen haben sich aber leider doch eingeschlichen.
Ein Roman über Freundschaft und Liebe, Verantwortung, Trauer und Schuld; der mich dann aber leider doch nicht richtig erreicht hat.

Veröffentlicht am 18.05.2017

Zufälle gibt‘s

Dinge, die vom Himmel fallen
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Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich ...

Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich auch immer wieder: was sind Zufälle? Was wäre passiert, wenn ihre Mutter nur einen Meter weiter links gestanden hätte, wenn sie später in den Garten gegangen wäre oder es geregnet hätte? Auch Saaras Tante ringt mit dem Zufall, denn sie hat im Lotto gewonnen. Zweimal. Ein Fischer wird vom Blitz getroffen. Wieder. Und wieder. Und wieder…

Selja Ahava hat mit „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ein hervorragendes Debut abgeliefert. Für mich kommt ihr zweites Buch nicht an den Erstling heran, sie zeigt aber auch mit diesem Werk, dass sich nachdenklich und schräg nicht ausschließen müssen. Die Geschichte der kleinen Saara ist berührend und gefühlvoll geschrieben, trotzdem konnte ich mich nicht so richtig einfinden. Im Verlauf wechseln Perspektive und Stil, doch richtig gut hat mir eigentlich nur Saaras Sicht der Dinge gefallen. Die ist keine typische Achtjährige und hat mich manches Mal zum Schmunzeln gebracht. Ahava schlägt einen melancholischen Ton an, der überzeugt. Märchenhafte Elemente gesellen sich zu der schrägen, aber realistischen Geschichte; nicht immer klappt das Zusammenspiel. Zum Ende hin verliert die Story für mich immer mehr, sodass mein Fazit eher gemischt ausfällt. Ein Buch, das ein bisschen sperrig ist und bei mir leider nicht ins Schwarze getroffen hat.

Veröffentlicht am 16.05.2017

Seichte, aber ordentliche Unterhaltung

Spiel der Zeit
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Harry Clifton wächst in der englischen Hafenstadt Bristol auf. Seine Mutter schlägt sich als Kellnerin durch und versucht ihrem Sohnemann eine ordentliche schulische Ausbildung zukommen zu lassen. Eine ...

Harry Clifton wächst in der englischen Hafenstadt Bristol auf. Seine Mutter schlägt sich als Kellnerin durch und versucht ihrem Sohnemann eine ordentliche schulische Ausbildung zukommen zu lassen. Eine schwierige Aufgabe, denn der will eigentlich lieber seinem Onkel nacheifern und Hafenarbeiter werden. Doch eines Tages zeigt Harry sein großes Talent: als Solist im örtlichen Kirchenchor. Und plötzlich stehen dem einfachen Jungen Türen offen, von denen er nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Ich hatte schon viel Gutes über diese Saga gehört und war nun wirklich gespannt, ob Archer meine Erwartungen erfüllen kann. Ja, denn er erzählt eine interessante Geschichte, füllt sie mit allerlei Leben, entwirft verschiedenste Charaktere, mit denen man mitfiebern kann. Ja, denn der Autor erzählt sehr flüssig und die Story lässt sich leicht lesen, der Perspektivwechsel wirft immer wieder neues Licht auf die Ereignisse. Auf der anderen Seite hat die Story leider kaum Tiefgang und wirkt zwischenzeitlich wie eine äußerst seichte Seifenoper. Der Vergleich zu Folletts Jahrhundertsaga drängt sich förmlich auf und da muss Archer sich leider weit hinten anstellen. Die „überraschenden“ Wendungen sind leider entweder etwas abstrus oder stark vorhersehbar, quasi jeder hütet ein supergeheimes Geheimnis, was dann in einem Ende gipfelt, dass sich Rosamunde Pilcher nicht besser hätte ausdenken können. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht ordentlich unterhalten worden wäre, aber eben auf einem Strandlektüreniveau. Meiner Meinung nach hat zumindest dieser Einstiegsband das große Lob, welcher er gefühlt von allen Seiten bekommen hat, nicht verdient. Solide Unterhaltung ja, aber sicherlich kein großer Reißer.

Veröffentlicht am 22.04.2017

Remis?

Der Turm der Könige
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Mitte des 13ten Jahrhunderts sollte eine Schachpartie über Wohl und Wehe der Giralda in Sevilla entscheiden. Ein muslimischer Turm auf christlichem Boden? Ein Unding. Wer die Schachpartie zwischen Muslimen ...

Mitte des 13ten Jahrhunderts sollte eine Schachpartie über Wohl und Wehe der Giralda in Sevilla entscheiden. Ein muslimischer Turm auf christlichem Boden? Ein Unding. Wer die Schachpartie zwischen Muslimen und Christen gewinnt, entscheidet über das Los des Minaretts. Doch die Partie wird unterbrochen und ist auch 500 Jahre später noch nicht entschieden. Nicht zuletzt deswegen, weil die ursprünglichen Regeln verloren gingen…

Ein geheimnisvolles Schachspiel. Versteckte Regeln, Ritterorden und geheime Absprachen. Nerea Riesco kombiniert die mysteriöse Suche um die letzte Schachpartie gekonnt mit einer (unkitschigen) Liebesstory und Sevillas Geschichte im 18ten Jahrhundert. Mir hat diese Mischung über weite Strecken gut gefallen, die Autorin hat einen sehr angenehmen Schreibstil und kann auch die (für mich) eher langweiligen Schachsequenzen und –regeln entsprechend locker an den Leser bringen. Das ganze Buch ist einer Schachpartie ähnlich aufgebaut, das Spiel zieht sich als roter Faden durch die Geschichte, auch wenn die sich gerade mit etwas ganz anderem befasst. Die Figuren sind ganz gut gelungen, ab und an etwas stereotyp, aber durchaus interessant gestaltet. Die Familiengeschichte der Druckerfamilie de Haro ist abwechslungsreich, manchmal etwas abenteuerlich, ab und an leider auch etwas langweilig. Insgesamt bin ich den Figuren aber gerne über die Seiten gefolgt. Der Spannungsbogen ist mäßig aufgebaut, der vermeintliche Höhepunkt meiner Meinung nach etwas misslungen, sodass ich mit dem Ende nicht so richtig glücklich war. Insgesamt ist der Turm der Könige aber durchaus ein lesbarer historischer Roman, kein Highlight, aber doch unterhaltsam.