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Veröffentlicht am 12.06.2017

Spanischer Krimi mit Schwächen

Monteperdido – Das Dorf der verschwundenen Mädchen
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Vor fünf Jahren sind im spanischen Dörfchen Monteperdido zwei Mädchen verschwunden. Jetzt taucht eine von ihnen, Ana, plötzlich wieder auf. Die Bundespolizei, allen voran Sara Campos, schaltet sich sofort ...

Vor fünf Jahren sind im spanischen Dörfchen Monteperdido zwei Mädchen verschwunden. Jetzt taucht eine von ihnen, Ana, plötzlich wieder auf. Die Bundespolizei, allen voran Sara Campos, schaltet sich sofort ein. Doch die intensive Suche in den nahen Bergen, die strengen Verhöre in der verschworenen Dorfgemeinschaft scheinen die Ermittler der verschwundenen Lucia nicht näher zu bringen. War alle Hoffnung vergebens?

Agustín Martínez ist ein erfolgreicher Drehbuchautor und das merkt man seinem Krimi an. Er kann hervorragend Landschaft und Atmosphäre in Szene setzen, beschreibt alles sehr plastisch und man hat sofort reichlich Kopfkino. Leider scheint ihm aber die Fähigkeit zu fehlen Spannung zu transportieren. Die Geschichte plätschert langsamer vor sich hin als der nahe Gebirgsbach. Eigentlich hat die Story alles, was man zum mitfiebern braucht: verschworene Gemeinschaft, entführtes Mädchen, jede Menge Drama, der Quotendealer fehlt auch nicht. Trotzdem hätte ich das Buch jederzeit kommentarlos zur Seite legen können. Absolut kein Sog beim Lesen. Die Handlung scheint sich zwischenzeitlich zu verzetteln, es kommen allerlei Geheimnisse ans Licht, die eher aufhalten als unterhalten. Auch mit seinen Figuren konnte mich der Autor leider nicht überzeugen, was u.a. daran lag, dass (natürlich!) die Ermittlerin eine ganz, ganz doll schwere Kindheit hatte. Mal ehrlich liebe Schreiberlinge, denkt auch mal was Neues aus…
Insgesamt ein Krimi, den man nicht wirklich gebraucht hätte.

Veröffentlicht am 08.02.2020

Schwesternschicksale

Je tiefer das Wasser
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Edie und Mae sind zwar Schwestern, leben aber trotzdem ein ganz unterschiedliches Leben. Während die eine eine halbwegs normale Kindheit hat, erlebt die andere die manischen Umtriebe ihrer Mutter live ...

Edie und Mae sind zwar Schwestern, leben aber trotzdem ein ganz unterschiedliches Leben. Während die eine eine halbwegs normale Kindheit hat, erlebt die andere die manischen Umtriebe ihrer Mutter live mit. Nächtens streifen sie durch die Gegend, verschanzen sich im eigenen Speicher, und auch sonst kann Marianne ihre Mutterrolle kaum erfüllen. Und so stehen die Mädchen dem Selbstmordversuch ihrer Mutter auch ganz unterschiedlich gegenüber; auch als sie zu ihrem ihnen quasi unbekannten Vater gebracht werden, der seinen Töchtern nun plötzlich der Fels in der Brandung sein soll.

Die Geschichte der beiden Schwestern ist sehr tragisch, verstörend und immer wieder unerwartet anders. Eigentlich also genau mein Beuteschema; trotzdem hat mir der Roman nicht wirklich gefallen. Die Handlung wird aus verschiedensten Perspektiven erzählt; nicht nur Edie und Mae, sondern auch ihr Vater oder ihre Tante kommen zu Wort. Gefühlt auch noch jede andere Figur, auch wenn sie nur eine noch so kleine Nebenrolle spielt. Ich fand das verwirrend, die richtige Zuordnung war mir nicht immer sofort klar, und so empfand ich die Handlung immer wieder als unnötig anstrengend; zusätzliche Zeitsprünge erschweren das Ganze. Das Schicksal der Schwestern und natürlich der Mutter lässt einen nicht kalt, auch wenn sehr kalt über sie berichtet wird. Emotionen kommen nur hölzern rüber, Atmosphäre kam auch nicht so recht auf. Die Handlung ist sicherlich neu und befremdlich, berühren kann sie aber nicht so sehr wie eigentlich zu erwarten wäre. Ich habe mich bis zum Schluss nicht richtig einfinden können, der ganze Erzählstil hat mir irgendwie nicht behagt. Insgesamt war „Je tiefer das Wasser“ einfach kein Buch für mich, auch wenn mir die Grundidee gut gefallen hat.

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Das Drehbuch, das die Filmgeschichte verändert

Das geschwärzte Notizbuch
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Pablo ist erfolgreicher Drehbuchschreiber. Das weiß nur niemand, denn er wird von Santiago in dessen Keller gefangen halten. Santiago, der jedes geschriebene Wort von Pablo als sein eigenes ausgibt, der ...

Pablo ist erfolgreicher Drehbuchschreiber. Das weiß nur niemand, denn er wird von Santiago in dessen Keller gefangen halten. Santiago, der jedes geschriebene Wort von Pablo als sein eigenes ausgibt, der Ruhm und Ehre dafür einstreicht. Jetzt möchte er von Pablo das Drehbuch, das die Filmgeschichte verändern soll. Mit allen Mitteln.

Den Klappentext und Plot fand ich superinteressant. Kann man unter Druck kreativ sein und ein Meisterwerk schaffen? Wie verändert sich das Abhängigkeitsverhältnis über die Jahre? Warum sucht niemand nach Pablo? Wird er sich wehren? All diese Fragen werden angerissen, z.T. auch geklärt. Aber die Antworten gehen in Langeweile und Wiederholungen quasi unter. Die Geschichte wird von Pablo erzählt, logischerweise passiert in seiner jahrelangen Haft nicht sonderlich viel. Trotzdem ist es nicht wirklich spannend ein und denselben Gedanken zigmal zu lesen. Oder seinen chaotischen Gedankensprüngen zu folgen. Klar wird nur eines, dass ihm diese Haft nicht gut bekommt. Keine große Überraschung. Überraschend fand ich jedoch, dass er nie aufzubegehren scheint; er wehrt sich quasi nicht, tut alles was Santiago von ihm will, und versucht noch nicht mal einen Ausbruch. Das konnte und wollte ich einfach nicht nachvollziehen. Sein Verhalten wirkt auf mich völlig realitätsfremd, und das nimmt der Handlung zusätzlich an Glaubwürdigkeit. Der Erzählstil ist einfach gehalten, man kann die Wiederholungen dementsprechend zumindest schnell hinter sich bringen. Lesegenuss sieht allerdings anders aus. Ich war von dem Roman doch sehr enttäuscht, denn ich hatte mir sehr viel mehr erwartet.

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Veröffentlicht am 06.04.2019

Tief im Spessart

Zornfried
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Ein hochtrabendes Gedicht ist der Auslöser für eine Reportagereise in den tiefsten Spessart: Jan arbeitet als freier Journalist für eine Frankfurter Zeitung und ist von den Gedichtzeilen Storm Linnés sofort ...

Ein hochtrabendes Gedicht ist der Auslöser für eine Reportagereise in den tiefsten Spessart: Jan arbeitet als freier Journalist für eine Frankfurter Zeitung und ist von den Gedichtzeilen Storm Linnés sofort wie elektrisiert. Nicht weil die besonders poetisch wären, sondern weil von Ruhm, Ehre und Kampf fürs Vaterland die Rede ist. In einem Ton, der auch Nazideutschland gut gefallen hätte. Wer ist dieser Storm Linné und was treibt er auf Zornfried, einer altehrwürdigen Burg mitten im Wald? Jan wittert eine gute Story.

Ich weiß, dass Zornfried sich als Satire verstanden wissen will; manchmal klappt das auch, aber nicht immer. Die Faszination der Neonazis für die guten, alten Werte, die geschichtsträchtige Burg, die regionalen Erzeugnisse und natürlich allem voran der unendlich verehrte Dichter wird mir eine Spur zu unreflektiert dargestellt; die Abgrenzung zwischen echter Begeisterung und Satire nicht gut genug herausgearbeitet. Das liegt auch daran, dass die Hauptfigur irgendwie meinungslos zwischen den Rechten steht, man liest wenig Provokantes, Brock sucht kaum die Konfrontation, also eigentlich das, was ich mir von der Handlung erwartet habe. So wurschteln die Neonazis auf ihrer Burg vor sich hin, Linné dichtet wie verrückt (dessen Werke sind dafür mehr als ausufernd abgedruckt), und ich habe mich als Leser mehr als einmal gefragt, was mir dieses Buch sagen will. Unterm Strich bleibt Enttäuschung zurück, da das Potential für Provokation und eiskalte Satire gegeben war – nur eben nicht genutzt wurde.

Veröffentlicht am 06.12.2018

Der Verrat

Sechs Koffer
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Jede Familie hat so ihre Eigenheiten, viele vielleicht auch kleine und große Geheimnisse. In der Billerschen Familie geht es um die große Frage, wer denn nun damals den Großvater Tate denunziert hat; diese ...

Jede Familie hat so ihre Eigenheiten, viele vielleicht auch kleine und große Geheimnisse. In der Billerschen Familie geht es um die große Frage, wer denn nun damals den Großvater Tate denunziert hat; diese Tat endete mit dessen Hinrichtung. Keine Kleinigkeit also, die da auf der von Prag nach Hamburg emigrierten Familie lastet.

Ich kam mit dem Buch nicht zurecht, oder das Buch nicht mit mir. Die Figuren fand ich in Ansätzen interessant, aber das war es auch schon. Weder der Ich-Erzähler, noch andere mysteriöse Figuren wie sein Onkel Lev haben mich irgendwie fesseln können, berühren schon gar nicht. Jeder verdächtigt hier jeden, und was eigentlich eine große Sache sein sollte (schließlich ist der Großvater ermordet worden), verliert sich irgendwie in dem Hickhack wer denn nun wem Geld schuldet, die Beziehung vergiftet oder sonstwie geschadet hat. Ich hatte das schnell satt, dieses ewige Gezanke. Die Frage nach dem „echten“ Schuldigen kann ich nach der Lektüre nicht beantworten, falls sich die Antwort irgendwo zwischen den Zeilen versteckte, dann habe ich darüber hinweggelesen, wahrscheinlich auch, weil ich die Lektüre hinter mich bringen wollte. Gut gefallen haben mir die verschiedenen Erzählperspektiven (auch wenn die wie gesagt keine große Erleuchtung bringen), der Blick in den Alltag der 1960er und die Erfahrungen der emigrierten Familie. Ansonsten sind die sechs Koffer an mir vorbeigegangen, ohne mich wirklich zu berühren.