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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2023

Nicht gefunkt

Die Lügnerin
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Friedemann Karigs Buch passt gut zu seiner lügnerischen, unzuverlässigen Erzählerin, bei der man nie weiß, woran man ist. Ihre Lügen sind nie so hahnebüchend, dass sie offensichtlich sind, sondern immer ...

Friedemann Karigs Buch passt gut zu seiner lügnerischen, unzuverlässigen Erzählerin, bei der man nie weiß, woran man ist. Ihre Lügen sind nie so hahnebüchend, dass sie offensichtlich sind, sondern immer an der Grenze zu noch glaubhafter Erzählung. Man ist also die ganze Zeit im Ungewissen, was nun Wahrheit ist und was Lüge (im Zweifelsfall alles?).
Der Umgang mit Wahrheit, Lügen und Glauben und das Wahrwerden von Lügen kann wohl auch als Kommentar auf unsere Zeit gelesen werden, wo überall Täuschungen und Lügen lauern.
Mir fehlte hier allerdings ein Handlungsbogen, der dem Buch mehr Struktur gegeben hätte. Stattdessen plätschert die Handlung zwischen harten Zeitsprüngen vor sich hin. Für mich schwierig, hier am Ball zu bleiben.
Sprachlich eloquent. Potential ist definitiv vorhanden und es war ja durchaus auch interessant, aber richtig gefunkt hat es bei mir nicht.

Veröffentlicht am 14.08.2023

Familien- und Frauenleben

Das Pferd im Brunnen
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In "Das Pferd im Brunnen" berichtet Valery Tscheplanowa episodenhaft aus vier Generationen Familien- und Frauenleben. Die Frauen der Familie - allen voran die Urgroßmutter und die Großmutter - trotzen ...

In "Das Pferd im Brunnen" berichtet Valery Tscheplanowa episodenhaft aus vier Generationen Familien- und Frauenleben. Die Frauen der Familie - allen voran die Urgroßmutter und die Großmutter - trotzen dem Sowjet-Kommunismus und den anderen Beschwerlichkeiten des Lebens, packen ohne lange zu zaudern an, um sich und die Familie durch zu bringen. Männer sind hier nur kurze Nebendarsteller und glänzen eher durch Abwesenheit. Wir lernen die Frauen in den einzelnen Momentaufnahmen gut kennen; erfahren neben ihrer Tatkräftigkeit auch von (meist unerfüllt bleibenden) Chancen und Träumen, Konflikten und Schuld. Ein intimer Einblick in diese Leben. Das ganze sehr bildhaft mit nie langweilig werdenden Detailbeschreibungen.
Ich fand das Buch in seiner Sprunghaftigkeit zwischendurch durchaus fordernd. Manchmal verschwommen die Generationen und die zwei Wohnungen. Zwischen den Momentaufnahmen bleibt vieles ungesagt, was aber auch ok ist.

Veröffentlicht am 11.08.2023

Geschichte einer Außenseiterin

Die Einladung
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Ich fühlte mich bei der Lektüre von Emma Clines "Die Einladung" die ganze Zeit etwas unbehaglich. Das lag vor allem an der Protagonistin Alex, die von der Autorin genial dargestellt wird. Sie bleibt unscharf, ...

Ich fühlte mich bei der Lektüre von Emma Clines "Die Einladung" die ganze Zeit etwas unbehaglich. Das lag vor allem an der Protagonistin Alex, die von der Autorin genial dargestellt wird. Sie bleibt unscharf, ist manipulativ und ihr Lebenswandel ist wohl eher verwerflich. Beim Lesen wurde sie mir trotzdem nie richtig unsympathisch, ich habe schon mit ihr mitgefiebert, das Schlimmste befürchtet und ihr doch eine Wendung zum Guten gewünscht, denn das elitäre Umfeld, in dem sie sich bewegt, ist nicht besser als sie. Und vielleicht ist es Wunschdenken, aber ein guter Kern war für mich in Alex trotz allem erkennbar. Wie schon in "The Girls" erleben wir eine junge Hauptdarstellerin, die in kein Raster passt, eine Außenseiterin, die dazu gehören möchte, aber nicht wirklich eingelassen wird.
Die eigentliche Handlung ist überschaubar, das Buch lebt von der Atmosphäre, in der das Straucheln der Protagonistin in Kontrast zum sorgenlosen Sommer der Wohlhabenden in den Hamptons steht. Vielleicht passt dazu auch das sehr offene Ende - ich hätte mir zwar einen Abschluss gewünscht, aber im Leben gibt es den ja auch nicht immer. Ansonsten gut lesbar, anders, lohnenswert.

Veröffentlicht am 09.08.2023

Intelligent unterhaltsam

Bei euch ist es immer so unheimlich still
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Auch in ihrem zweiten Roman "Bei euch ist es immer so unheimlich still" mischt Alena Schröder auf zwei Zeitebenen Familiengeheimnisse, (schwierige) Mutter-Tochter-Beziehungen und Frauenschicksale vor zeitgeschichlichem ...

Auch in ihrem zweiten Roman "Bei euch ist es immer so unheimlich still" mischt Alena Schröder auf zwei Zeitebenen Familiengeheimnisse, (schwierige) Mutter-Tochter-Beziehungen und Frauenschicksale vor zeitgeschichlichem Hintergrund. Wie schon in ihrem erfolgreichen Debüt "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" ergibt sich durch diese Zutaten eine intelligente Unterhaltungsliteratur, die zudem sehr gut geschrieben ist. Im Mittelpunkt stehen die Frauen der westdeutschen Familie Borowski von den 1950'er Jahren bis hinein ins Wendejahr 1989. Die Frauen tragen eher im Kleinen Kämpfe mit sich selbst, miteinander und mit dem Patriarchat aus. Nach und nach werden zudem einige Familiengeheimnisse aufgedeckt. Das Buch liest sich in einem Rutsch, wird nie langweilig. Wenn man denn einen Kritikpunkt finden will, dann vielleicht die etwas klischeehaften Charaktere, die sich recht erwartbar verhalten. Da alles andere aber stimmt, kann man meiner Meinung nach gut darüber hinwegsehen und sich einfach gut und intelligent unterhalten lassen. Es ist wieder ein tolles Buch!

Veröffentlicht am 14.07.2023

Gute Umsetzung

Die Neapolitanische Saga 1: Meine geniale Freundin
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Nichts für Kinder - eher für Erwachsene, ggf. für ältere Jugendliche.
Ich muss sagen, dass mir das fast schon brave Coverbild nicht zusagt. Mara Cerris Bilder haben dann im Buch aber einen anderen Charakter, ...

Nichts für Kinder - eher für Erwachsene, ggf. für ältere Jugendliche.
Ich muss sagen, dass mir das fast schon brave Coverbild nicht zusagt. Mara Cerris Bilder haben dann im Buch aber einen anderen Charakter, der mir viel besser gefällt. Ich finde sie sehr stimmungsvoll, sowohl was den Handlungsort als auch die Emotionen der Mädchen betrifft. Insgesamt sind sie düsterer als es das Cover vermuten lässt, was aber gut zur Geschichte und zum Handlungsort Rione (Wohnviertel Neapels, in dem die Handlung angesetzt ist) passt.
Die Geschichte von Elena Ferrante wird in der Graphic Novel von Chiara Lagani natürlich verkürzt dargestellt. Vor allem fehlen viele der zahlreichen wiederkehrenden Nebenpersonen, die im Roman den Charakter des Rione unterstreichen und für mich auch ein wichtiges Merkmal und Reiz der Romanreihe sind. Für die eigentliche Geschichte rund um Lenú und Lila sind sie aber verzichtbar, wie man in der Graphic Novel merkt. Der Rione nimmt dafür in anderer Form, nämlich in den Bildern Gestalt an. Diese Konzentration auf die beiden Mädchen und ihre ungewöhnliche Freundschaft finde ich sehr passend für die Form Graphic Novel.
Die Bilder sind vor allem halbseitig, kleinere Bilder sind die Ausnahme, wodurch die 254 Seiten schneller als gedacht gelesen sind.
Wie auch der Roman endet die Graphic Novel offen - hoffentlich wird die Tetralogie komplett als Graphic Novel veröffentlicht.

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