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Veröffentlicht am 18.03.2017

Stalking mit psychologischen Abgründen

Kaltes Verlangen
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Kim Kestrel, eine junge Frau, die in einer Großstadt lebt und einen Job als Reinigungsfachkraft ausübt, entwickelt eine Obsession. Ein vanille-mandarin-duftendes Parfüm einer Frau führt Kim zu einem Mann, ...

Kim Kestrel, eine junge Frau, die in einer Großstadt lebt und einen Job als Reinigungsfachkraft ausübt, entwickelt eine Obsession. Ein vanille-mandarin-duftendes Parfüm einer Frau führt Kim zu einem Mann, den sie in naher Zukunft verfolgen wird. Zufällig stößt Kim auf Anna, die wiederum mit dem Psychologen Max Roth zusammenlebt. Max wird zu Kims Beobachtungsobjekt. In der Vergangenheit wurde Kim psychologisch in der ihrer Jugend betreut. Doch die damalige Therapie brach sie irgendwann ab. Max biete für sie nun die Gelegenheit, die Therapie wieder aufzunehmen. Letztlich dienen aber die Therapiestunden nur einem Zweck: Max nahe zu sein. Aber es bleibt nicht bei den Therapiestunden. Kim beobachtet Max, sie beobachtet Anna, sie beobachtet beide in ihrer Wohnung, indem sie sich auf einem Baugerüst an deren Haus stundenlang bis zum anderen Morgen versteckt, und die beiden heimlich beobachtet. Eines Abends entdeckt Kim, dass Anna Max in einen Raum einsperrt. Doch in einer Nacht versucht Max auszubrechen. Dann taucht plötzlich jeden Abend ein dunkel gekleideter Mann an der Haustür auf, der sich jede Nacht um die Ohren schlägt. Kim will wissen, wer dieser Mann ist.
Natalie Tielcke beschreibt in ihrem Thriller zwei extreme Figuren, die in ihre jeweiligen (psychologischen) Abgründe sich bewegen. Auf der einen Seite ist die hochintelligente Kim mit Einser-Abitur, die verschiedene Studienfächer abgebrochen hat, und auf der anderen Seite ist der Psychologe Max Roth mit eigener Praxis, der eine Eigenschaft an sich trägt, die kaum nachvollziehbar ist. Anna arbeitet ebenfalls als Psychologin, allerdings in einer Klinik, wo sich Anna und Max kennenglernt haben. Anna verlässt Max, als ihr die abgründigen Eigenschaft von Max zu viel werden. Ein Erlebnis auf der Straße verschaffen Kim die Möglichkeit, Max noch näher zu kommen. Max weiß erst gar nicht wie ihm geschieht, und lässt sich auf Kims Plan ein. Die Autorin lässt die Leserschaft einerseits in spannende psychologische wie auch pervers brutal dargestellte Momente eintauchen. Kritikpunkte in diesem Thriller sind allerdings die Momente, als Max einen Komapatienten spielt, und warum Kim zu einer Stalkerin wurde. Zu Kims Vergangenheit werden wenige Informationen geliefert. Die Sprache an sich ist einfach und nachvollziehbar. Ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte.
Mein Gesamteindruck ist, dass ich diesen Thriller gerne gelesen habe, wobei anfängliche Spannung auf die Spitze gebracht werden, aber am Ende habe ich zwei Schwachstellen an dem Thriller zu kritisieren. Die kurzen Kapitel fand ich gut, ebenso die Tagebucheinträge, die durch einen anderen Schrifttyp und das jeweilige Tagebuchdatum hervorgehoben wurden brachten Abwechslung in die Geschichte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Handlung
  • Spannung
Veröffentlicht am 17.03.2017

Amerikanische versus afrikanische Lebenskultur

Das geträumte Land
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Dieser Roman erzählt die Geschichte zweier Familien, die in Amerika aufeinander treffen. Nicht nur ihre Herkunftskultur unterscheidet sich, sondern auch ihr soziales Milieu. Auf der einen Seite handelt ...

Dieser Roman erzählt die Geschichte zweier Familien, die in Amerika aufeinander treffen. Nicht nur ihre Herkunftskultur unterscheidet sich, sondern auch ihr soziales Milieu. Auf der einen Seite handelt es sich um die amerikanische Familie Clark und Cindy Edwards, und auf der anderen Seite die afrikanische Familie Jende und Neni Jonga, die in Amerika Asyl beantragen möchten. Jende fliegt zunächst alleine von Limbe in Kamerun nach New York. Einige Zeit später reist Jendes Frau Neni mit deren kleinen Sohn Liomi nach. In New York arbeitet Jende zunächst als Taxifahrer, bevor Neni und Liomi nach New York nachkommen. Als sie dann zu einer Familie vereint in New York leben, sucht sich Jende neue Arbeit mit der Hilfe seines Cousins Winston. Neni besucht ein College, um später Pharmazie studieren zu können, was ich großer Wunsch ist. Winston verhilft Jende einen Arbeitsplatz bei Mr. Clark Edwards, indem er Jende als dessen Chauffeur einstellt. Clark Edwards arbeitet bei der amerikanischen Bank Lehman Brothers. Einige Wochen später erhält auch Neni Arbeit bei der Familie Edwards, denn sie kann dort als Hausangestellte arbeiten. Neni betreut unter anderem den jüngsten Sohn Mighty der Familie Edwards. Ihr ältester Sohn Vince geht mittlerweile seine eigenen Wege und Ziele nach. Beide Familien erleben Einbrüche zunächst aus finanzieller Sicht, später auch aus sozialer Sicht, weil Clark seinen Job bei Lehman Brothers einbüßen muss. Eine Spirale aus Verlusten, Ängsten und Geldsorgen entwickelt sich.
Imbolo Mbue schreibt mit diesem Roman ihr Debüt. Als gebürtige Kamerunerin lässt die Autorin die Kultur ihres Landes einerseits, und die Lebenserfahrung ihrer zweiten Heimat Amerika in diesen Roman einfließen. Sie betont beide Kulturen in dieser Geschichte zweier Familien anhand von Privilegien und Tugenden. Dennoch stehen trotz sozialer Unterschiede die finanziellen Aspekte im Mittelpunkt. Clark wie auch Jende sind die Haupternährer beider Familien. Beide Ehefrauen – Cindy und Neni – arbeiten unabhängig von ihren Männern, vor allem Neni will sich von Jende nicht abhängig machen und ihren Berufswunsch zielstrebig verfolgen. Doch die Finanzkrise im Jahr 2008 – das Jahr, in dem die Geschichte handelt – bringt Verzweiflung und Krisen in beiden Familien. Imbolo Mbue zeichnet eine wunderbare Geschichte nach, die in dieser Zeit aktueller nicht sein kann. Migration, Asyl, Finanzkrise und menschliche Träume konnte sie nicht besser miteinander verknüpfen. Ihre Sprache wirkt emotional, leicht und nachvollziehbar, so dass die Geschichte zum Mitfiebern anregt. Beide Familien lernen aus ihren Fehlern, wenn man die Geschichte auf den Punkt bringen will.
Diesen Roman habe ich sehr gerne gelesen, weil er teilweise realistisch wirkt, aber nicht bedrückend oder langweilig, sondern auf literarischer Weise unterhaltsam und spannend. Und die amerikanische sowie afrikanische Lebenskultur wird anhand von bildhaften Beschreibungen und Originalwörtern der kamerunischen Sprache der Leserschaft näher gebracht. Ein lesenswerter (Migrations-)Roman.

Veröffentlicht am 21.02.2017

Korruption, Kinderschändung und europäische Grenzen

Rain Dogs
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Eine junge Journalistin mit dem Namen Lily Bigelow findet der Hausmeister des Carrickfergus Castle eines Morgens im Hof der Burg. Zunächst sieht es nach Selbstmord aus, so dass die Journalistin von der ...

Eine junge Journalistin mit dem Namen Lily Bigelow findet der Hausmeister des Carrickfergus Castle eines Morgens im Hof der Burg. Zunächst sieht es nach Selbstmord aus, so dass die Journalistin von der Burgmauser in die Tiefe gestürzt ist. Einige Indizien deuten daraufhin. Als man aber später in ihren Unterlagen Aufzeichnungen findet, dass sie an einem brisanten Fall von sexuellem Missbrauch und Kinderschändung recherchierte, geht der Fall in eine andere Richtung. Sean Duffy und seine Kollegen McCrabban und Lawson müssen eine finnische Delegation befragen und fahren für diesen brisanten Fall bis nach Finnland, um an die Hintermänner zu kommen. Es stellt sich heraus, dass die finnische Wirtschaft die irische Politik erpressen will, wenn Sean Duffy nicht von dem Fall abzieht. Letztendlich liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Aber Sean Duffy lässt nicht locker und bekommt Unterstützung. Es wird ein hartnäckiger Fall.
Der nord-irische katholische Polizist Sean Duffy ist und bleibt raubeinig und zeigt seine humorvollen Momente auch bei seinem fünften Fall. Seine Schwäche für alkoholische Getränke und der kleine Konsum von Drogen erleichtern seinen Alltag im Polizeidienst. Ebenso sind seine täglichen – oft mehr als einmal am Tag - Unter-dem-Auto-Blicke allgegenwärtig. Denn in der Hoch-Zeit der IRA kann man jederzeit an jedem Ort mit einer Bombe rechnen. Privat sieht es bei Sean Duffy eher ruhig aus, nachdem gerade seine wesentlich jüngere Freundin Beth – sie studiert gerade – ihn verlassen hat, weil ihr eine Karriere derzeit wichtiger ist, anstatt zu Hause zu sitzen und Ehefrau und Mutter zu sein. Hintergründe zu dem Fall sind sehr interessant, weil sie über die nord-irischen, irischen und britischen Grenzen hinausgeht. Aber auch die Figuren in diesem Krimi geraten an ihre Grenzen, ob es nun die Polizei der RUC CID sind oder die angeblichen Täter sowie die zum Opfer werdenden Personen. Der Fall wirkt diesmal zäh, weil Sean Duffy und seinen beiden Kollegen McCrabban und Lawson immer wieder Steine in den Weg gelegt werden, und Duffy einfach nicht locker lässt. Diese Umstände machen aber die Figur Sean Duffy und auch seine beiden Kollegen sehr sympathisch. Denn Sean Duffy will neben der Aufklärung auch Gerechtigkeit.
Mit Rain Dogs habe ich den dritten von fünf Sean-Duffy-Krimis gelesen, und sie gefallen mir immer wieder. Der 1980er Flair und die IRA-Konflikte spielen zwar mal mehr Mal weniger (Neben-)Schauplätze, aber man kann sich in die Zeit gut hineinversetzen, wenn man die 1980er Jahre miterlebt hat. Letztendlich würde ich auch ein sechstes und siebtes Buch der Sean-Duffy-Reihe lesen wollen, alleine schon wegen der privaten Entwicklungen von Sean Duffy, denn in diesem fünften Buch wird er vor neue Herausforderungen gestellt.

Veröffentlicht am 12.02.2017

Klinisch reine Opfer

Das Hospital
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Eine weibliche Wasserleiche wird in Berlin an der Spree gefunden. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass ihr die Lippen fehlen. Das Gesicht des Opfers ist entstellt, die Lippen wie herausgeschnitten. ...

Eine weibliche Wasserleiche wird in Berlin an der Spree gefunden. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass ihr die Lippen fehlen. Das Gesicht des Opfers ist entstellt, die Lippen wie herausgeschnitten. Zufällig war Benno in der Nähe, ein Freund von Albert, der wiederum der Freund von der TV-Journalistin Christine Lenève ist. Christine und Albert sind seit dem Ikarus-Fall, der sich vor einigen Monaten ereignete, ein Paar. Auch diesmal wollen beide den Mordfall parallel zu der Mordkommission aufklären. Doch Christine bevorzugt lieber alleine zu arbeiten, zumindest was die Zusammenarbeit mit Kommissar Tobias Dom betrifft. Allerdings entwickelt sich dieser Mordfall zu einer Serie, nachdem zwei weitere Frauen Opfer werden. Einer weiteren Frau fehlen die Augen. Als Nana Reinhardt ermordet aufgefunden wird, ist das Privatleben von Albert und Christine betroffen, denn Nana, Benno, ein weiterer Freund und Albert bildeten in der Vergangenheit eine professionelle Hackergruppe.
Mit „Das Hospital“ folgt nach „Federspiel“ der zweite spannende Thriller des Berliner Autors Oliver Ménard. Seine Hauptprotagonistin Christine Lenève – eine TV-Journalistin – gab in Federspiel bereits ihr Debüt. Man muss Federspiel nicht gelesen haben, um das Privatleben von Christine nachvollziehen zu können, aber der erste Thriller ist schon ein Muss, um einen ausgeklügelten Thriller kennenzulernen. In „Das Hospital“ spielen Opferrituale und Recherchefakten der Hauptprotagonistin und deren Begleiter Albert und Benno eine große Rolle. Diesmal spielt Polizeikommissar Tobias Dom eher eine Nebenrolle, was auf Christines eigensinnige Vorgehensweise zurückzuführen ist. Christine bleibt die resolute und nach vorne schauende Journalistin, wobei Albert teilweise durch seine Emotionen schwächer wirkt, und Konflikten aus dem Weg geht. In diesem Fall liebt der Täter die Ordnung und Präzision in seinem Vorhaben. Das Motiv bleibt lange Zeit nebulös und geheimnisvoll, was zur Spannung des Thrillers beiträgt. Letztendlich agieren in einem psychologischen Verwirrspiel abwechslungsreiche Charaktere mit Schwächen und Stärken, die teilweise hässliche Abgründe in ihren Biografien aufweisen.
Oliver Ménards Thriller können zu echten Konkurrenzbüchern von Sebastian Fitzek werden. Hinter unscheinbaren Buchcovern wie bei dem Thriller Federspiel können fulminante Geschichten mit abwechslungsreichen Charakteren, interessanten Fakten, mit Humor sowie Hochspannung pur beinhalten. Und man lernt einige neue Tatsachen kennen, von denen man vorher noch nichts gelesen oder gehört hat. Aber nicht nur seine Thriller sind unterhaltsam, sondern auch von ihm (intensiv) begleitete Leserunden, die man nicht missen möchte. Deshalb mein Appell an den Autor: bitte schreibe weiterhin so spannende und abwechslungsreiche Thriller.

Veröffentlicht am 22.01.2017

Raffiniert und psychologisch gut konstruiert

Das Paket
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Emma Stein wird mit einem Paket konfrontiert, dass ihr Postzusteller Salim für ihren bisher weniger bekannten Nachbar Anton Palandt bei ihr abgibt. Aufgrund von paranoiden Phasen gerät Emma in einen Sog ...

Emma Stein wird mit einem Paket konfrontiert, dass ihr Postzusteller Salim für ihren bisher weniger bekannten Nachbar Anton Palandt bei ihr abgibt. Aufgrund von paranoiden Phasen gerät Emma in einen Sog von aufeinanderfolgenden Ereignissen und Erinnerungen. In ihrer Kindheit verfolgten Emma bereits psychologische Phasen, die jetzt wieder zu Leben erweckt werden. Als Emma sich gezwungen fühlt, das Paket zu öffnen, findet sie einerseits Medikamente vor, und andererseits findet sie angeschnittene Haare vor. Außerdem schwebt Emma in einem Zustand wie nach einem sexuellen Missbrauch, denn sie bildet sich ein, dass sie in einem Hotelzimmer von einem angeblichen bisher unbekannten Friseur vergewaltigt wurde. Dieser Friseur ist anscheinend derjenige, der anderen Frauen und Emma die Haare abrasiert hat. Als dann bei Emmas Nachbarn Anton Palandt eine zerstückelte Frauenleiche in einer Biotonne im Gartenschuppen gefunden wird, gerät Emmas psychischer Zustand immer mehr ins Wanken.
Sebastian Fitzek mag es psychologisch und verwirrend. Allerdings waren die Ereignisse um der Figur Emma Stein sehr gehäuft am Anfang, so dass die späteren Wendungen erst in dem Thriller die Spannung gelöster und entspannter machten. Es liegt meines Erachtens an den Nebenschauplätzen, von denen ein oder zwei weniger die Geschichte ebenso unterhaltsam gestaltet hätten. Die Figur Emma Stein wirkte häufig authentisch, weil man ihr die paranoiden Phasen abnahm, weil man es in den Zusammenhang ihrer Kindheit und der imaginären Figur Arthur im Schrank abnimmt. Verwirrungen schafften die Figuren, die eher weniger Bedeutung letztendlich für Emma hatten. Letztendlich führten die nach und nach folgenden Auflösungen zu weniger Ungereimtheiten in der ganzen Geschichte. So gerne der Autor psychologisch experimentiert, so experimentiert mit der Leserschaft, indem er versucht, so gut wie möglich authentisch zu erzählen. In der Geschichte taucht ein Experiment auf, in dem drei Personen – u.a. Emma Stein - involviert sind, dennoch fragt man sich, ob dieses Experiment in der Psychologie angewendet wird beziehungsweise in der Wissenschaft positiven Einklang hätte.
Bislang habe ich noch nicht viele Thriller von Sebastian Fitzek gelesen. Deshalb habe ich noch keinen allzu großen Vergleich mit seinen anderen Büchern. Aufgrund der raffinierten psychologischen Vorgehensweise und Verwirrungen der überschlagenden Ereignisse wurde ich sehr gut unterhalten. Von daher bin ich schon sehr gespannt auf seinen nächsten Thriller.