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Veröffentlicht am 07.10.2022

Schwere Thematik erschreckend kurzweilig erzählt

Zwischen Scherben
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Annemarie Bruhns hatte mich bereits mit ihrem Werk ›Iosua‹ gut unterhalten und dabei zum Nachdenken gebracht. Genau das hat sie mit diesem Werk erneut geschafft.

Die Geschichte um David hat mich sehr ...

Annemarie Bruhns hatte mich bereits mit ihrem Werk ›Iosua‹ gut unterhalten und dabei zum Nachdenken gebracht. Genau das hat sie mit diesem Werk erneut geschafft.

Die Geschichte um David hat mich sehr gefesselt. An einem Tag habe ich sie verschlungen. David gehört zu einer Gruppe Menschen, die es lange Zeit in keiner Statistik gegeben hat: Minderjährige Obdachlose. Wie es dazu kam, wie er sich durchschlägt und welche Hürden ihn begleiten, das erfährt man nach und nach, ohne dass man sich vorkommt, als würde man am ausgestreckten Arm verhungern. Das Erzähltempo ist langsam genug, dass man sich mit den neuen Informationen vertraut machen und zwischendrin auch mal sammeln kann, aber schnell genug, dass es nicht langatmig oder pathetisch wird.

Mir hat besonders gefallen, dass der Fokus nicht allein auf Davids Situation gelegen hat – wie viel Kraft es ihn kostet, die Fassade der Normalität aufrecht zu halten; wie schwer es sein kann Hilfe anzunehmen; welche katastrophalen Auswirkungen jeder kleinste Rückschlag haben kann, wenn das Nervenkostüm ohnehin dünner als Reispapier ist und wie viele Kleinigkeiten es David unmöglich machen, seine Probleme auch nur für fünf Minuten zu vergessen – auch sein Umfeld kommt zur Sprache.

Auch für Angehörige und Freunde ist es verdammt hart, jemanden zu begleiten, der eine schwere Zeit hat. Der Spagat zwischen ›ein guter Freund sein‹ und gleichzeitig Kriesenhelfer, die unvermeintlichen Missverständnisse und Unverständnisse, gefühlte und faktische Hilflosigkeit ... Nicht selten sind Menschen damit überfordert und tun Dinge, die gut gemeint und gut gedacht sind ... aber letztlich nicht helfen. Natürlich wünschen sich auch Davids Freunde, dass eine Tasse Tee, zwei gute Ratschläge und drei warme Worte ausreichen, um alles wieder ins Lot zu bringen, aber so leicht ist es freilich nicht.

Sicher eine interessante Lektüre für Leser:innen, die sich mit der schweren Thematik auseinandersetzen möchten und sich nicht so leicht von Verzweiflung mitreißen lassen.

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