Wundervoller Roman!
An der Seite van Goghs'Van Gogh? Ist das nicht der Maler, der sich das Ohr abgeschnitten hat?' - Korrekt. Ob man seine Werke nun mag oder nicht, sein Name zumindest dürfte jedem von uns ein Begriff sein.
Ich selbst bin keine ...
'Van Gogh? Ist das nicht der Maler, der sich das Ohr abgeschnitten hat?' - Korrekt. Ob man seine Werke nun mag oder nicht, sein Name zumindest dürfte jedem von uns ein Begriff sein.
Ich selbst bin keine talentierte Malerin, befasse mich allerdings des Öfteren mit Kunstgeschichte und lese für mein Leben gerne historische Romane - insbesondere dann, wenn sie aus der Perspektive von Frauen geschrieben sind und mir somit ein besseres Verständnis von deren Rolle in der damaligen Gesellschaft vermitteln.
Im vorliegenden, mit einem bezaubernden Cover ausgestatteten Schmöker steht jene Frau im Vordergrund, dank deren Wagemut und Eifer Vincent van Gogh, der zu Lebzeiten als Maler kaum erfolgreich war, nachträglich zur Legende geworden ist: Johanna Bonger, seine Schwägerin (= Ehefrau seines jüngeren Bruders Theo). Sie machte es sich zur Aufgabe, seine Werke der Welt zu präsentieren.
"»Denn in den Routinen des täglichen Lebens bleibt so wenig Zeit zum Nachdenken, und manchmal vergehen Tage, in denen ich gar nicht richtig lebe, sondern das Leben einfach nur geschehen lasse, und das ist schrecklich. Ich fände es furchtbar, am Ende sagen zu müssen: 'Ich habe im Grunde umsonst gelebt, ich habe nichts Großes oder Wunderbares erreicht.'«"
Bereits dieses (reale) von Klugheit und Feingefühl zeugende Zitat Johannas sagt viel über ihren Charakter aus. Mindestens ebenso poetisch ist der tiefgründige Schreibstil der Autorin, mit dem sie uns in die schillernde Pariser Kunstszene Ende des 19. Jahrhunderts eintauchen lässt. Tagebucheinträge und Briefe bereichern die in kurze Kapitel eingeteilte und aus Johannas Blickwinkel erzählte Geschichte.
Mein absolutes Highlight des Romans war die tiefe Liebe, die Johanna für ihren Mann Theo verspürte. Ihr an ihn gerichteter Brief vom 26. Januar 1891 trieb mir die Tränen in die Augen - Theo war am Abend zuvor verstorben. All ihre Verzweiflung über diesen schrecklichen Verlust, über die Ungerechtigkeit ihres viel zu kurz andauernden Glücks und ihre Sorge um die Zukunft des gemeinsamen Sohnes, der bald seinen ersten Geburtstag feiern würde, ist so greifbar geschildert worden, dass es einem das Herz zerreißt. Caroline Cauchi hat wahrlich eine ganz wunderbare Hauptfigur erschaffen, deren Resilienz, Scharfsinn und Liebenswürdigkeit mich immer wieder staunen ließen.
Im Anhang erfahren wir, welche Romanelemente auf Fakten basieren, wobei der Anteil der fiktiven Inhalte mir hier überdurchschnittlich hoch erschien.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁:
Es ist höchste Zeit, dass die Welt mehr über Madame van Gogh und ihre Schlüsselrolle in der Kunstszene erfährt. Sehr gerne spreche ich eine Empfehlung für alle Kunstliebhaber:innen aus.