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Veröffentlicht am 07.09.2021

Lesehighlight! Ganz großes Kino!

Krone des Himmels
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Das Leben der Handwerkstochter Aveline gerät durch ein Gewaltverbrechen aus den Fugen und sie sieht keinen anderen Ausweg mehr, als ihr sicheres Elternhaus zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Ausgehungert ...

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Das Leben der Handwerkstochter Aveline gerät durch ein Gewaltverbrechen aus den Fugen und sie sieht keinen anderen Ausweg mehr, als ihr sicheres Elternhaus zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Ausgehungert und am Ende ihrer Kräfte wird sie von einer Pilgergruppe aufgenommen, die sich auf dem Weg ins Heilige Land befindet. Um ihre Seele am Grab von Jesu von Schuldgefühlen reinzuwaschen, begibt sie sich gemeinsam mit ihnen auf die Reise, die für sie nur von kurzer Dauer ist. Doch Aveline verliert ihr Ziel nicht aus dem Auge, nachdem ein schwerer Schicksalsschlag sie aufgehalten hat. Sie schließt sich inkognito dem kaiserlichen Heer von Barbarossa an und wird auf ihrem Kreuzzug nach Jerusalem mit in den Krieg zwischen Abendland und Orient hineingezogen. Vor den Toren der Hafenstadt Akkon kreuzt sich ihr Weg mit dem des Wundarztes Étienne D’Arembour, der mit seinem Lehrmeister und Förderer Caspar auf Wunsch den Grafen Guillaume für die Versorgung des Heeres vor Ort ist. Sie finden Gefallen aneinander und ihre langsam wachsende Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, da der Krieg ihre ganze Kraft und Opfer von ihnen fordert und sie zudem ins Visier eines Mannes geraten, der sie erpresst und für seine Rachepläne ausnutzt.

Mit „Krone des Himmels“ hat Juliane Stadler einen großartigen Debütroman erschaffen, der mich vom Anfang bis zum Ende hin begeistert hat. Ein 700-seitengewaltiges Meisterwerk mit einer wunderschönen Buchgestaltung, in dem eine akribische Recherchearbeit steckt und das vollgepackt ist mit emotionsvollen, schockierenden und berührenden Momenten, die einen mitreißen. Historie wird hier wunderbar mit den schicksalhaften Wegen der faszinierenden Charaktere verknüpft. Die Atmosphäre des Mittelalters, der Wahnsinn des Heiligen Krieges und der Kampf um die Krone Jerusalems werden hautnah zum Leser transportiert. Der Schreibstil der Autorin ist überaus fesselnd und erzeugt durch die sehr bildlichen Darstellungen der Kulissen und Handlungsorte großes Kopfkino. Aufgrund der Vielzahl von fremdländischen Namen und dem ständigen Wechsel der Schauplätze ist ein aufmerksames Lesen von Nöten. Die Geschichte wird hauptsächlich aus Sicht von Aveline und Étienne und sporadisch von Karakush, dem Statthalter von Akkon, erzählt. Mit einer ungeheuren Sogkraft lässt sie einen nicht mehr los, da man auf den Fortlauf der spannenden und dramatischen Entwicklung hin fiebert und dabei auch noch durch unvorhersehbare und raffiniert eingeflochtene Wendungen überrascht wird. Ständig habe ich mich um Aveline und Étienne gesorgt, hatte Angst um Caspars Leben und war angewidert von Coltaires und Bertrands Gewaltbereitschaft, Rachegelüsten, und Egoismus. Sehr gut gefallen hat mir auch die ehrliche und selbstlose Männerfreundschaft zwischen Del, Anselme und Étienne, die sich während des Kreuzzuges gegenseitig stützen, helfen und Rückhalt geben. Der Showdown zum Ende der Geschichte hin hatte es dann auch noch einmal ganz schön in sich. Menschlichkeit wird bei einer spektakulären Rettungsaktion großgeschrieben und zeigt auf, dass aus Feinden Freunde werden können und jeder das Schicksal bekommt, dass er verdient hat.

Sehr gut herausgearbeitet hat Juliane Stadler ihre vielschichtigen Charaktere, die sie mit all ihren Stärken und Schwächen hervorragend dargestellt hat. Bis auf Coltaire und Bertrand, die einen polarisieren, waren mir alle sympathisch. Aveline hat mich am meisten fasziniert. Aus einer hilflosen und verängstigten jungen Frau wurde eine mutige Kämpferin mit einem unbändigen Lebenswillen. Trotz aller Widrigkeiten setzt sie alles daran, dass ihre Liebe zu Étienne eine Zukunft hat. Seinen Charakter fand ich auch total spannend. Als 3. von vier Söhnen eines adligen Ritters, der mit einer Missbildung am Fuß zur Welt gekommen ist, leidet er unter der Ausgrenzung und Erniedrigung seines Vaters. Nach einer erneuten Bloßstellung fasst er den Entschluss sein Leben zu ändern, die Tristesse aus seinem Alltag zu verbannen und seinem Freiheitsdrang nachzugeben. Heimlich verlässt er den Familiensitz und begegnet durch eine schicksalhafte Fügung auf seinem Weg dem Wundarzt Caspar. Der lebenserfahrene und weise Mann, entdeckt sein ungeahntes Talent, stellt ihn vor große Herausforderungen, schenkt ihm Achtung und Respekt und behandelt ihn wie einen Sohn. Mit seiner manchmal ruppigen aber herzlichen Art hat Caspar sich auch in mein Herz geschlichen. Viele weitere tolle Nebencharaktere bereichern die Geschichte zu denen ich Graf Guillaume, den Statthalter Karakush und Étiennes Freunde Del und Anselme zähle.

Mein Fazit:

„Krone des Himmels“ ist ein Buchschatz, der mir wunderschöne Lesestunden geschenkt hat und den ich mit zu meinen Lesehighlights 2021 zählen kann! Juliane Stadler hat mich mit ihrem Roman vollkommen überzeugt und ich würde mich freuen, wenn es demnächst wieder ein neues Werk aus ihrer Feder geben würde. Gerne spreche ich hier eine unbedingte Leseempfehlung aus und vergebe verdiente 5 Sterne!


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Veröffentlicht am 26.08.2021

Ein emotionsvoller Wohlfühlroman, der Stoff zum Nachdenken gibt!

Kaputte Herzen kann man kleben
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Hebamme Luisa Haselnuss steht kurz vor dem Burn-Out und braucht dringend eine Auszeit und Erholung. Mit ihrer achtjährigen Tochter Amelie macht sie sich von München aus auf den Weg zu ihrer Tante Mimi ...

Hebamme Luisa Haselnuss steht kurz vor dem Burn-Out und braucht dringend eine Auszeit und Erholung. Mit ihrer achtjährigen Tochter Amelie macht sie sich von München aus auf den Weg zu ihrer Tante Mimi nach St. Peter Ording, um auf deren Rosenhof endlich zur Ruhe zu kommen und ihre schmerzhaften Rückenprobleme auskurieren zu können. Für ihr Kind ist es das Paradies, in dem sie viel Abwechslung geboten bekommt und die Freiheit genießen kann. Doch für Luisa läuft das Miteinander nicht ganz so reibungslos ab, da seit der Geburt von Amelie und dem Tod von ihrer Mutter so viel Unausgesprochenes zwischen ihr und ihrer Tante steht. Mimi umsorgt sie, nimmt ihr ein wenig Last von den Schultern und macht ihr zusätzlich noch einen Termin bei „dem“ Osteopathen. Tom Bredenhof entpuppt sich als ein äußerst attraktiver Mann, dem ein gewisser Ruf anhaftet. Seine magischen Hände sollen Luisas Problemzonen behandeln, doch es scheint so, als hätte er noch ganz andere Absichten.

„Kaputte Herzen kann man kleben“ ist schon mein dritter Roman von Kristina Günak, der mich wieder einmal beim Lesen in einen entspannten Wohlfühlmodus versetzt hat. Ich mag ihre Art Bücher zu schreiben, in denen sie eine tolle Mischung zwischen Leichtigkeit und ernsteren Themen findet. In dieser Geschichte geht es um Liebe, Schuldgefühle, Überforderung im privaten und beruflichen Bereich, wie wichtig soziale Kontakte und ein harmonisches Umfeld sind und das man Menschen um sich hat, auf die man sich verlassen kann und die einen unterstützen. Durch ihren sehr bildhaften, warmherzigen, humorvollen und mit Selbstironie gespickten Schreibstil fliegt man nur so durch die Seiten, hat dabei die wunderschöne Kulisse an der Nordsee vor Augen, entwickelt starke Sympathie für die Charaktere und ist ganz gespannt darauf, wie sich ihr Leben auf die ein oder andere Weise verändert. Als alleinerziehende Mutter mit Vollzeitjob, der ihr keine Möglichkeit gibt, auch mal nur an sich selber zu denken, steht Luisa gerade an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Ich habe ihre innerliche Wut, ihren Stress, ihre Verzweiflung und ihre Kraftlosigkeit gespürt und darauf gehofft, dass sie einen Weg aus diesem Hamsterrad findet. Ihr größtes Glück ist Amelie und die kleine Maus hat sich durch ihre liebenswerte und offene Art direkt in mein Herz geschlichen. Sehr sympathisch waren mir auch Tante Mimi und Fiete, ihr Helfer auf dem Rosenhof. Beide haben Ecken und Kanten, sind nicht fehlerfrei und führen einen innerlichen Kampf mit sich aus. Den Grund dafür erfährt man im Laufe des Geschehens. Ja… und dann wäre da noch Tom Bredenhof, bei dem der äußere Schein trügt und der hinter seiner Fassade ein verletzlicher, empathischer und liebevoller Mann ist. Kann er Luisa davon überzeugen, dass das Leben in München nicht gut für sie ist, oder schaffen es Steffi, Wibo und Hase, die Luisa mit in ihren Freundeskreis aufgenommen haben?

„Kaputte Herzen kann man kleben“ war für mich ein Roman, bei dem man am Ende aufseufzt und der einen mit einem guten Lesegefühl zurücklässt. Gerne spreche ich für dieses Buch eine Leseempfehlung aus und vergebe 4,5 Sterne.



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Veröffentlicht am 24.08.2021

Leseempfehlung! Ein superspannender und emotionsvoller dritter Band der Falkenbach-Saga!

Der Bund der Familien
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Gut Falkenbach 1938
Durch zwei tragische Schicksalsschläge und einer drohenden Gefahr von außen müssen die Familien von Paul Friedrich von Falkenbach und den beiden Brüdern Wilhelm und Heinrich Lehmann ...

Gut Falkenbach 1938
Durch zwei tragische Schicksalsschläge und einer drohenden Gefahr von außen müssen die Familien von Paul Friedrich von Falkenbach und den beiden Brüdern Wilhelm und Heinrich Lehmann noch enger zusammenhalten. Gauleiter Karl Langmüller hat sie im Visier und versucht alles Menschenmögliche um sie zu Fall zu bringen und ihr Leben zu zerstören. Derweil kämpft sich Wilhelm nach einem Schlaganfall zurück ins Leben und lässt zusammen mit Paul Friedrich eine Bombe platzen, die alle Familienmitglieder schocken. Viel Erklärungsbedarf ist nach dem Verkauf und der Übertragung von Firmenanteilen nötig. Doch am meisten bewegt gerade alle der schwere Schicksalsschlag von Heinrichs Schwiegertochter Elisabeth, der sie unfassbar bestürzt und der zu ihrer eigenen Sicherheit verschleiert werden muss.

Die Falkenbach-Saga von Ellin Carsta lässt mich nicht mehr los! Sehnsüchtig erwartet, habe ich Band 3 „Der Bund der Familien“ gefühlt eingeatmet und er war wieder so gut! Die Geschichte steckt voller Dramatik, Spannung und hochemotionalen Momenten. Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt leicht zu lesen, fesselnd und schafft eine unheimliche Nähe zu den Charakteren. Lesesucht pur wird durch die sich ständig abwechselnden Handlungsstränge von vielen Protagonisten erzeugt, bei denen immer ein Cut in den spannendsten Momenten oder verzwicktesten Situationen stattfindet. Die Frauen der Familie zeigen wieder einmal, dass sie die stützenden, verständnisvollen, hilfsbereiten und beratenden Säulen ihrer Männer sind und sie raffiniert in die Richtung lenken, die am besten für sie ist. Besonders gut funktioniert hat es in dieser Geschichte bei Heinrich und Wilhelms Sohn Leopold und ich musste darüber auch ein bisschen schmunzeln. Bei dem gewaltbereiten und unberechenbaren Leopold stelle ich mir immer wieder die Frage, kann sich so ein Mensch noch ändern? Mit Elisabeths Schicksalsschlag habe ich überhaupt nicht gerechnet und sie und ihr Mann Ferdinand haben mein ganzes Mitgefühl. Aber ich bin guten Mutes, dass sie sich aus diesem tiefen Tal herauskämpfen werden. Wieder einmal hat mich Paul Friedrich mit dem Zweck seiner Reise nach München und dem raffinierten Austricksen von Langmüller geschockt. Trotz seiner manipulativen und kriminellen Ader mag ich ihn, da er immer für seine Familie und seine Freunde da ist. Sogar seine Tochter Wilhelmine konnte er dieses Mal überraschen, die immer noch nicht den richtigen Platz im Leben gefunden hat. Ganz toll fand ich es, wie er hinter seinem Sohn Gustav steht, der mit einer Extremsituation fast überfordert wird. Richtig spannend war für mich auch Karl Langmüllers Part in der Geschichte, der seine Rolle als unsympathischer und fieser Nationalsozialist perfekt verkörperte.

Ganz ungeduldig warte ich jetzt auf die Fortsetzung und fiebere ihr schon sehr entgegen! Fans von Familiensagas kommen hier wieder voll auf ihre Kosten und ich kann für diesen Roman und die ganze Reihe nur ein große Leseempfehlung aussprechen.



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Veröffentlicht am 22.08.2021

Eine tragische Familiengeschichte, die einen erschüttert und nachdenklich macht!

Die Überlebenden
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Schweden
In seiner Not bittet Benjamin die Polizei um Hilfe, da die Situation an dem einsam gelegenen Sommerhaus seiner Familie zu eskalieren beginnt. Es sollte ein besinnliches Treffen mit seinen beiden ...

Schweden
In seiner Not bittet Benjamin die Polizei um Hilfe, da die Situation an dem einsam gelegenen Sommerhaus seiner Familie zu eskalieren beginnt. Es sollte ein besinnliches Treffen mit seinen beiden Brüdern Nils und Pierre werden, bei dem sie die Asche ihrer Mutter im angrenzenden See verstreuen und von ihr in Ruhe Abschied nehmen wollten. Jahrelang haben sie ein getrenntes Leben geführt und keinen Kontakt untereinander gehabt. Doch dieser Ort lässt ihre ganzen bedrückenden Kindheitserinnerungen wieder hochkommen, die sie alle noch nicht restlos verarbeitet haben.

Auf „Die Überlebenden“ und den Autor Alex Schulman bin ich durch eine andere buchbegeisterte Leserin aufmerksam geworden, mit der ich zusammen diesen Roman gelesen habe. Es ist eine dramatische und tragische Geschichte, die mich trotz der beklemmenden Atmosphäre nicht losgelassen hat. Die landschaftlich wunderschön beschriebene und idyllische Kulisse steht in einem krassen Kontrast zu den Geschehnissen im Buch. Der Roman zeigt die Stärken und Schwächen der Menschen auf, die sie in sich tragen und was dies bei jedem einzelnen für Auswirkungen hat. Durch den ruhigen Erzählstil des Autors, bei dem sein Rückwärtserzählen der Geschichte ein reizvolles aber gewöhnungsbedürftiges Stilmittel ist, bleibt man die ganze Zeit neugierig, was am Anfang von allem passiert ist. Das Aufrollen der Kindheitserlebnisse der drei Brüder, die ständigen Reibungspunkte in der Familie, die gefühlte Lieblosigkeit der Eltern, ihr gestörtes Verhalten und ihr desaströser Lebensstil erschüttern einen. Gefühlt war ich beim Lesen ein Beobachter, bei dem sich das Geschehen wie in einem Film vor den eigenen Augen abspielt und einen dabei in eine nachdenkliche und bedrückende Stimmung versetzt. Eine richtige Nähe und Sympathie zu den Charakteren konnte ich nicht aufbauen, aber sie haben bei mir großes Mitleid, Unverständnis und Bestürzung ausgelöst. Richtig bewegt hat mich der Brief der Mutter zum Ende der Geschichte hin, in dem sie sich Fehler eingesteht und der ein schreckliches Geheimnis in sich birgt. Hier wird einem erst einmal bewusst, wie raffiniert der Autor ein Ereignis am Anfang des Romans beschrieben hat, dass ich ganz anders interpretiert hatte. Der Ausgang der Geschichte, der sich aus dem Polizeieinsatz am Anfang ergibt, bleibt in diesem Roman offen und jeder Leser kann sich gedanklich selber „seinen“ Schluss schreiben. Ich würde mir für Benjamin, Nils und Pierre wünschen, dass sie wieder näher zueinander finden und sich gemeinsam Halt, Vertrauen und Zuneigung schenken können.

Mit „Die Überlebenden“ konnte mich der Autor nicht vollständig abholen, aber die Geschichte wirkt definitiv noch nach.

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Veröffentlicht am 19.08.2021

Ein faszinierendes Portrait von zwei starken Frauen!

Meine Freundin Lotte
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Kalmar 1961
Traute Rose und ihren Ehemann Ernst zieht es in ihrem Sommerurlaub nach Schweden um Lotte Laserstein in ihrem Ferienhaus auf Öland zu besuchen. Anstatt einer großen Wiedersehensfreude herrscht ...

Kalmar 1961
Traute Rose und ihren Ehemann Ernst zieht es in ihrem Sommerurlaub nach Schweden um Lotte Laserstein in ihrem Ferienhaus auf Öland zu besuchen. Anstatt einer großen Wiedersehensfreude herrscht zwischen ihnen auf einmal eine gewisse Distanz. Jahrelang verbindet sie schon eine tiefe Freundschaft und eine Verbundenheit zur Kunst. Traute hat sich der Fotografie verschrieben und war früh Lottes Modell und Inspiration, die schon von Kindesbeinen an davon überzeugt war, eine berühmte Malerin zu werden. Zu ihrem Glück öffneten sich die Kunstschulen und Akademien 1921 in Berlin für Frauen und sie konnte ihr Studium aufnehmen. Kein leichtes Unterfangen für Lotte, die sich immer ein bisschen mehr beweisen musste, als ihre männlichen Mitschüler. Doch ihr Ehrgeiz und ihr Genie treiben sie voran und sie absolviert die Meisterklasse. Erste Erfolge stellen sich ein, doch die politische und antisemitische Entwicklung in Deutschland, unter der jüdische Künstler besonders zu leiden hatten, bringt sie dazu 1937 nach Schweden zu flüchten. Traute bleibt in Berlin und zieht Jahre später mit ihrem Mann nach Bremerhaven. Sie kann immer noch nicht verstehen, warum Lotte nicht wieder zurück nach Deutschland gekommen ist. Ob der Sommer in Schweden sie wieder näherbringt?

Vor kurzem hat mich ein Buch über eine starke Frau sehr begeistert, sodass ich auch auf Anne Sterns neuen Roman „Meine Freundin Lotte“ aufmerksam geworden bin, deren Erzählweise ich durch die Fräulein Gold Reihe sehr schätze. Dieser Roman unterhält einen jedoch durch den autobiografischen Charakter auf eine ganz andere Weise. Das Leben von der Malerin Lotte Laserstein und ihrer Muse Traute Rose wird durch einen Besuch anhand von Gesprächen und Gedanken der beiden Frauen aufgerollt. In ruhiger, unaufgeregter und mitunter poetischer Erzählweise, die wenig Emotionen aber große Neugierde auf deren Vergangenheit bei einem erzeugt, erzählt Anne Stern ihre Geschichte, die zwischendurch für mich kleine Längen hatte. Sehr bildlich bringt sie dabei die wunderschöne Landschaft Schwedens sowie die Kunstwerke von Lotte zur Geltung. Es ist kein Roman, den man einfach weg liest. Ich habe immer mal wieder innegehalten, um mir Bilder der Künstlerin im Netz angucken und diese bewundern zu können. Abwechselnd erzählen Lotte und Traute in der Ich-Form aus ihrem zurückliegenden Leben, bei dem Lottes Part prägnanter ist, da ihre Leidenschaft zur Malerei und den damit verbunden Lebensumständen mehr im Vordergrund stehen. Es war schön mitzuverfolgen, wie sie ihren Weg zielstrebig verfolgte. Immer wieder habe ich mich zwischendurch gefragt, was für Unausgesprochenes zwischen den beiden Frauen steht und warum Lotte einen Schutzpanzer um sich gebaut hat, so verschlossen ist und ihre Gefühle unterdrückt. Traute möchte sie durch ihre Anwesenheit wachrütteln, Erinnerungen wieder hochkommen lassen, damit sie mit ihrer Vergangenheit im Guten abschließen kann. Trautes Erzählpart blieb während der ganzen Geschichte aber dezent im Hintergrund. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass die beiden Freundinnen durch das Aufarbeiten ihrer Vergangenheit wieder zueinander gefunden haben.

Lotte Laserstein war für mich bisher eine große Unbekannte, umso interessanter war es, sie durch diesen Roman näher kennenlernen zu dürfen. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und empfehle dieses Buch gerne weiter.


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