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Veröffentlicht am 19.04.2021

Zirkusmagie in einem kalabrischen Dorf in den 1970ern

Der Zirkus von Girifalco
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Der zweite Roman des Italieners Domenico Dara „Der Zirkus von Girifalco“ spielt erneut in dem kleinen kalabrischen Ort, in dem er aufgewachsen ist. Zeitlich ist die Geschichte einige Jahre nach den Ereignissen ...

Der zweite Roman des Italieners Domenico Dara „Der Zirkus von Girifalco“ spielt erneut in dem kleinen kalabrischen Ort, in dem er aufgewachsen ist. Zeitlich ist die Geschichte einige Jahre nach den Ereignissen im vorigen Buch angesiedelt, dessen Kenntnis zum Leben aber nicht benötigt wird. Es hat mich gefreut, dass Doktor Vonella, eine der fiktiven Charaktere, noch tätig ist. Die Handlung spielt im süditalienischen Hochsommer über wenige Wochen hinweg.

Bevor ein Zirkus sich Mitte August durch Zufall in Girifalco einfindet und für die Einwohner glücklicherweise Ersatz bietet für die erwarteten und ausgebliebenen Kirmesattraktionen zum Patronasfest San Roccos, stellt der Autor dem Leser eine Reihe seiner Figuren vor, die im Folgenden eine größere Rolle einnehmen werden. Es ist ein bunter Reigen von Personen, die Domenico Dara in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehört Luciano, genannt Lulù, der in der Nervenheilanstalt in Girifalco lebt und von einem Schafhirten gelernt hat auf Blättern zu musizieren. Die sanfte Conetta wünscht sich seit Jahren innig, dass sie schwanger wird und der gleichmütige Archidemu hofft darauf, dass er eines Tages seinen deutlich jüngeren Bruder wiederfindet, der als Kind beim Spielen unauffindbar verschwunden ist. Angelo hingegen fällt in der Dorfgemeinschaft durch seine blonden Haare auf und sehnt sich danach, seinen Vater kennenzulernen über den seine alleinstehende Mutter sich nicht äußert. Die verbitterte Mararosa plagt die Eifersucht auf die glückliche Rosaria, die mit dem Händler Sarvatùras verheiratet ist und der alternde Schneider Venanziu bemüht sich darum, seinen Lustgewinn zu maximieren. Jede der Hauptfiguren ist auf ganz besondere Art und Weise vom Einzug des Zirkusses betroffen und findet eine Verbindung zu einem der Artisten.

Durch seine Ortskenntnis vermittelt der Autor ein authentisches Bild des Handlungsorts. Seine Figuren sind liebevoll im Detail beschrieben, aber auch zahlreich, was den Überblick manchmal erschwert, aber eine Dorfgemeinschaft treffend wiedergibt. Zorn, Hass und Neid, Missgunst, Stolz, Vorurteile, Freude, Mitleid, Hilfsbereitschaft und Freundschaft stehen hier nebeneinander und sind wie in jedem Ort der Welt auch hier zu finden. Die Szenen wechseln ständig zwischen den einzelnen Personen, was das Lesen nicht einfach macht. Schon als der Zirkus eintrifft, die Protagonisten die geklebten Werbeplakate in Augenschein nehmen und ihre Gefühle beim Betrachten offengelegt werden, war ich gespannt, welche Geschichte sich dazu jeweils entspinnen wird.

Domenico Dara breitet auf poetische Weise die Lebens- und Denkart seiner Figuren in einem breiten Spektrum vor dem Leser aus. Der Zirkus entfaltet Anziehungskraft auf die Bewohner und gleichzeitig trägt auch die Zurschaustellung von Reliquien zum Patronatsfest dazu bei, dass sich etwas Mysteriöses über den Ort legt, das zum Glauben, Wünschen und Träumen einlädt. Der Autor philosophiert über manche Gesetzmäßigkeiten der Natur, die berühmte Denker aufgeschrieben haben. Das Dorfleben in Girifalco sieht er im Ausgleich zwischen Gut und Böse, zu dem die Einwohner mit ihrem Verhalten beitragen, die aber davon nichts ahnen.

Mit großem Einfühlungsvermögen und Beschreibungen von ironisch bis anzüglich und von rau bis mitfühlend erzählt Domenico Dara in seinem Roman "Der Zirkus von Girifalco" von den Begebenheiten rund um seine gut ausformulierten Charaktere in einem kleinen kalabrischen Dorf, während ein Zirkus über zwei Wochen zu Gast weilt. Ich empfehle den Roman gerne an Leser mit Sinn für Philosophie weiter.

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Einfühlsames Porträt der politischen Theoretikerin Hanna Arendt

Was wir scheinen
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Der Name Hannah Arendt fällt im Literaturbetrieb immer mal wieder, so dass ich mir schon länger vorgenommen hatte, mich mit dem Namen hinter der Person zu beschäftigen. Daher sprach mich der Roman „Was ...

Der Name Hannah Arendt fällt im Literaturbetrieb immer mal wieder, so dass ich mir schon länger vorgenommen hatte, mich mit dem Namen hinter der Person zu beschäftigen. Daher sprach mich der Roman „Was wir scheinen“ von Hildegard E. Keller besonders an. Doch zunächst suchte ich im Internet nach Fotos, um während des Lesens ein Bild der Protagonistin vor Augen zu haben. Tatsächlich fand ich ein Video von Hannah Arendt mit ihrem Gespräch aus 1964 mit Günter Gaus. Danach blieb mir auch ihre Stimme und ihre Ausdrucksweise beim Lesen ständig präsent.

Hildegard E. Keller zeichnet in ihrem Roman ein detailliertes Bild von Hannah Arendt. Als Leserin begleitete ich die politische Theoretikerin, die nie als Philosophin bezeichnet werden wollte, auf ihrer letzten Reise im Sommer 1975 nach Tegna in der Schweiz. Dort verbringt sie, nur einige Monate vor ihrem frühen Tod durch Herzinfarkt, einige erholsame Wochen. Die Autorin wählt einen auktorialen Erzählstil. Immer wieder lässt sie deutlich werden, wie viel Kraft die Verteidigung ihrer Ansichten Hannah Arendt kostet und wie sehr sie die Ruhe in Tegna genießt, auch zum Nachdenken. Neben den alltäglichen Verrichtungen, die Hildegard E. Keller durch ihre Beschreibungen lebendig gestaltet, lässt sie Hannah Arendt sich an ihre einzelnen Lebensstationen erinnern, hauptsächlich seit ihrer Immigration mit ihrem zweiten Ehemann Heinrich Blücher und ihrer Mutter in die USA. Aber immer wieder flackert auch ein Gedanke an noch frühere Zeiten auf. Dabei werden ihre Meinungen zu verschiedenen Aspekten deutlich, mit denen sie sich tiefgehend auseinandergesetzt hat.

Religion war in der Kindheit der Protagonistin nie ein Thema, aber schon früh fand sie Zugang zu philosophischen Schriften. Wer sich auf diesem Gebiet auskennt, wird deutlich mehr Freude an diesem Roman haben als andere Leser. Gerade so wie jeder sich an seine Freunde und Bekannten erinnert, denkt Hannah an diese nur mit ihrem Vor- oder Spitznamen. Dadurch wurde es für mich erschwert, ihre Gedanken nachzuvollziehen, da ich nicht immer wusste, welche Person gemeint war, das erschloss sich mir erst im weiteren Verlauf. Sie kannte interessante Persönlichkeiten auf mehreren Kontinenten mit denen sie sich gerne konstruktiv austauschte, was auch in zahlreichen Dialogen im Buch verdeutlicht wird.

Hanna Arendt war durch ihre eigene Arbeit unabhängig von Ehepartner und Familie und blieb sich immer selbst treu. Sie vermied es, in der Öffentlichkeit zu stehen, konnte es aber nicht verhindern, dass sie durch ihre journalistische Tätigkeit im Rahmen des Eichmann-Prozesses an Bekanntheit hinzugewann und durch ihre energisch vertretene Meinung heftiger Kritik ausgesetzt war. Dieser Umstand nimmt im Buch zum Ende hin einen großen Umfang ein.

Im Roman wird die Handlung immer wieder durch Zitate von Hannah Arendt unterbrochen, so dass ich mir selbst auch ein Bild ihres klugen und denkscharfen Wissens machen konnte. Der Buchtitel ist einem ihrer Gedichte entnommen. Zwischen den drei Kapiteln ist ein Märchen von ihr zu lesen, das gefüllt ist mit Metaphern und an das sie durch manche Erfahrungen in Querverbindungen immer wieder erinnert wird.

Hildegard E. Keller zeichnet in ihrem Roman „Was wir sind“ dank ihrer ausgiebigen Recherche ein einfühlsames Portrait der Theoretikerin Hannah Arendt, in der sie deren Konzepte, Betrachtungsweisen und Auffassungen zu den verschiedensten philosophischen und politischen Themen herausstellt. Der Roman ist anspruchsvoll und erfordert einiges an Lesezeit, auch um die verschiedenen philosophischen Ansichten nachzuvollziehen. Wer sich dem Denken von Hannah Arendt wie ich gerne annähern möchte, dem empfehle ich gerne diesen Roman.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Bewegender Roman auf zwei Zeitebenen mit den Themen Demenz und Rassismus nach dem Zweiten Weltkrieg

Stay away from Gretchen
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Der Roman „Stay away from Gretchen – eine unmögliche Liebe“ von Susanne Abel spielt auf zwei Zeitebenen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Greta Monderath. Im Sommer 2015 ist sie 84 Jahre alt. Sie wird ...

Der Roman „Stay away from Gretchen – eine unmögliche Liebe“ von Susanne Abel spielt auf zwei Zeitebenen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Greta Monderath. Im Sommer 2015 ist sie 84 Jahre alt. Sie wird zunehmend dement, aber in ihren klaren Momenten erzählt sie ihrem Sohn Tom erstmalig von ihrer Kindheit und Jugend in Ostpreußen, die jäh mit Vertreibung zu Beginn des Jahres 1945 endete. Das Ziel der Familie bei ihrer Flucht waren Verwandte in Heidelberg, welches damals von der US-Armee eingenommen war. Der Titel nimmt Bezug auf das Fraternisierungsverbot, das die militärische Führung der US-Streitkräfte erlassen hatte. In diesem Rahmen sollen sich ihre Soldaten selbstverständlich auch von den schamlosen deutschen Frauen fernhalten. Aber nicht nur deswegen ist die Liebe von Greta zum GI Robert Cooper, eine unmögliche Liebe, sondern auch weil er afroamerikanisch ist.

Tom Monderath ist ein bekannter Nachrichtenmoderator im Fernsehen. Nach einigen Jahren im Ausland ist er in seine Heimat Köln zurückgekehrt. Um seine Mutter hat er sich bisher kaum Sorgen gemacht, sie wohnt allein in der elterlichen Wohnung und versorgt sich selbst. Nachdem sie mit dem Auto einen unvorhergesehenen Ausflug gemacht hat, beginnt Tom zu ahnen, dass Greta ihm über ihren Gesundheitszustand einiges vorgeflunkert hat. Sie wird von bestimmten Dingen getriggert, die bei ihr Erinnerungen auslösen und sie dazu veranlassen, ihrem Sohn von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Durch Zufall entdeckt Tom in einem Dokument seiner Mutter das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut. Aufgrund seiner guten Recherchefähigkeiten erfährt er bald mehr über die Herkunft des Kinds und dessen Zusammenhang mit seiner Familie.

Durch den furiosen Start mit der Irrfahrt von Greta wurde ich als Leser in die Geschichte hineingesogen. Mit Tom hat Susanne Abel eine moderne interessante Figur geschaffen. Tom ist alleinstehend mit wechselnden Partnerschaften. Er interviewt Politiker mit Rang und Namen und berichtet täglich von den aktuellsten Ereignissen zu denen auch das Thema der syrischen Flüchtlinge gehört. Zunächst wirkte er leicht hochnäsig und genervt auf mich. Im Laufe der Erzählung wurde er mir, auch aufgrund seiner tatsächlichen Sorge und sein Kümmern um seine Mutter sympathischer, auch weil ihm sein Bild in der Öffentlichkeit zunehmend weniger wichtig wurde.

Die Autorin hat ein Händchen dafür, das Tun und Handeln ihrer Charaktere authentisch abzubilden. Dabei lässt sie bei der Erkrankung von Greta persönliche Erfahrungen einfließen. Sie verdeutlicht, dass Demenz das Schwinden der Erinnerungen der betroffenen Person mit sich bringt aber auch für die Angehörigen nicht mehr greifbar sein wird.

Susanne Abel zeigt mir einerseits mit dem Rassismus in der US-Armee und andererseits mit dem Umgang der Deutschen mit sogenannten „Brown Babys“ zwei Themen auf, die mir bisher von ihrer Bedeutung nicht bewusst waren. Bestürzt verfolgte ich die Schilderungen, die realistisch im Beispiel die tatsächlichen Begebenheiten wiedergeben. Es gelingt der Autorin, Fakten auch in einem längeren Zusammenhang anregend einzubauen.

Mit dem Buch „Stay away from Gretchen“ hat Susanne Abel einen ansprechenden, bewegenden Roman geschrieben, der eine Verbindung zwischen der heutigen Flüchtlingskrise und den Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg zieht. Mit der Rassentrennung innerhalb der US-Armee und dem Umgang mit alleinerziehenden Frauen und ihren Babys, mit der besonderen Variante von Kindern mit dunkler Hautfarbe, im Nachkriegsdeutschland bindet sie heute wenig kommunizierte, aber wichtige Themen in ihre Geschichte ein. Mich hat die ergreifende Erzählung sehr berührt und daher empfehle ich sie gerne uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Ironisches Vergnügen für Ingrid-Noll-Fans

Kein Feuer kann brennen so heiß
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Getreu der ersten, etwas verkürzten Zeile des alten Volkslieds „Kein Feuer kann brennen so heiß“ wird von Ingrid Noll in ihrem gleichlautenden Roman „die Liebe, von der niemand nichts weiß“ thematisiert. ...

Getreu der ersten, etwas verkürzten Zeile des alten Volkslieds „Kein Feuer kann brennen so heiß“ wird von Ingrid Noll in ihrem gleichlautenden Roman „die Liebe, von der niemand nichts weiß“ thematisiert. Wie es dazu kommt, dass die Protagonistin sich ihrem Liebhaber einfach nackt präsentiert ähnlich der jungen Frau auf dem Gemälde von Boulet, welches das Cover ziert, erfuhr ich als Leserin im Laufe der Geschichte.

Die Altenpflegerin Lorina Miesebach hat ihren Dienst bei einer alten Dame angetreten, die im Rollstuhl sitzt. Von klein auf an wird sie in der Familie als ungeschickt angesehen und empfindet sich selbst auch so. Ihr Vertrag beinhaltet die Übernachtung im Haus ihrer Arbeitgeberin. Außer ihr ist noch die Haushaltshilfe Nadine angestellt und der Masseur Boris kommt mehrmals in der Woche. Jeder hat einen eigenen Schlüssel zum Haus. Eines Morgens sitzt Boris am Bett von Lorina und bietet ihr an, für sie Frühstück zu machen. Dabei bleibt es bei den nächsten Besuchen nicht. Doch die Vorstellungen einer Beziehung gehen bei beiden auseinander. Nachdem Boris nicht mehr erscheint, sorgen ein neuer junger Masseur, auf den Lorina bald ein Auge wirft, ein Hund und später noch der Neffe von Lorina für frischen Wind im Haushalt.

In ihrem typisch sarkastisch lakonischen Stil beschreibt Ingrid Noll die Aufgaben der neuen Angestellten Lorina und deren beginnendes Verhältnis mit Boris. Die Protagonistin erzählt in der Ich-Form. Auf diese Weise brachte mir die Autorin die manchmal dubiosen und zeitweilig widerstreitenden Gefühle der Figur näher. Nachdem es zu den ersten Streitigkeiten kommt, ahnte ich schon, dass Lorina sich bitterböse rächen wird. Zwar rechnet sie mit Auswirkungen ihres Tuns, aber nicht in dem dann folgenden Ausmaß. Wie gewohnt, versucht die Autorin ihre Protagonistin als vermindert schuldig darzustellen. Danach vermutete ich hinter jeder neuen Wendung im Haushalt eine kommende Situation, in der Lorina es jemandem heimzahlen wird. Doch obwohl eine hintergründige Spannung vorhanden blieb, war einiges vorhersehbar, zwar amüsant aber ohne große Höhen. Der erbschleichende Neffe der betreuten Dame sorgt immer mal wieder für kleine Wendungen im Geschehen, die bei Lorina und ihren Mitbewohnern für Wirbel sorgen und diese auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Mit ihrem Roman „Kein Feuer kann brennen so heiß“ bietet Ingrid Noll dem Leser wieder kurzweilige Unterhaltung. Zu Beginn der Erzählung weist sie auf das wichtige Thema des Pflegenotstands in Deutschland hin. Obwohl der Spannungsbogen recht flach blieb, fühlte ich mich gut unterhalten. Das Buch ist ein Muss für alle Ingrid Noll-Fans und bietet ironisches Vergnügen für alle Leser.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Locker-leichte Geschichte über drei Freundinnen mit Liebeskummer und einem gemeinsamen Traum

Pension Herzschmerz
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Der Roman „Pension Herzschmerz von Christin-Marie Below spielt zu weiten Teilen auf der wunderschönen Nordseeinsel Norderney. Der Titel nimmt Bezug auf den großen Wunsch der drei besten Freundinnen Louise, ...

Der Roman „Pension Herzschmerz von Christin-Marie Below spielt zu weiten Teilen auf der wunderschönen Nordseeinsel Norderney. Der Titel nimmt Bezug auf den großen Wunsch der drei besten Freundinnen Louise, genannt Lou, Anna und Kim. Sie möchten auf dem Eiland ein Gästehaus eröffnen. Das Cover lässt an Sonne, Strand und Meer denken und nur zu gerne wäre ich den jungen Frauen nach Norderney gefolgt. Dennoch konnte ich mich aufgrund der Geschichte zumindest gedanklich dorthin träumen.

Lou ist 28 Jahre alt, arbeitet als Reiseverkehrskauffrau und wohnt mit ihrem Freund Nils zusammen in Oberhausen. Als ihre Freundin Anna sich im Streit von ihrem Partner trennt, beschließen die beiden zu Kim nach Norderney zu fahren und ihr behilflich zu sein, denn diese hat sich bei einer tollkühnen Aktion den Fuß gebrochen. Allerdings hat Nils kein Verständnis für den spontanen Einfall zur Reise, denn eigentlich wollte er mit Lou gemeinsam in der Wohnung renovieren. Es kommt zum Bruch der Partnerschaft. Glücklicherweise haben sich Lou, Anna und Kim einander und manche gemeinsame heitere Stunde hilft ihnen über den Liebeskummer hinweg. Bald schon sind sie zaghaft bereit, eine neue Liebe zuzulassen.

Chistin-Marie Below hat ihren Roman in fünf Phasen des Endes einer Beziehung eingeteilt und immer einen Ratschlag hinzufügt, warum es jeweils wichtig ist, eine Freundin zur Seite zu haben. Ihre Figuren gestaltet sie realitätsnah, die Handlungen nachvollziehbar. Viele Probleme, die sich durch eine Trennung ergeben, werden nur kurz angeschnitten und überlagern dadurch nicht die amüsanten, kurzweiligen Teile der Erzählung. Für die Hilfe, die Kim zum Weiterbetrieb ihrer Fußpflege benötigt, bietet die Autorin eine machbare Lösung. Die Freundinnen bieten sich gegenseitig Freiräume, die sie an der Seite ihrer Partner nicht gefunden haben. Dennoch scheuen sie sich nicht, offene Worte miteinander zu äußern, manchmal überspielt durch kleine Neckereien, die die Schärfe aus der Situation nehmen.

Die Idee der Pension steht relativ schnell zur Diskussion und obwohl die Planung nicht ins Detail geht, hielt ich die Umsetzung durch die Freundinnen nicht nur aufgrund ihrer Kenntnisse, sondern auch aufgrund ihres Umgangs miteinander für machbar. Daher habe ich darauf gehofft, dass sie ihren Traum umsetzen können. Eine zusätzliche Bedingung, die die Drei bei der Verwirklichung ihres Ziels erfüllen müssen, sorgt für Abwechslung und vergnüglichen Szenen. Durch ihre Beschreibungen sorgt die Autorin dank ihrer Ortkenntnisse für Sommerflair mit viel Lokalkolorit.

Der Roman „Pension Herzschmerz“ von Christin-Marie Below ist eine Wohlfühlgeschichte über die Freundschaft dreier junger Frauen mit Liebeskummer und einer gemeinsamen Vorstellung über ihre Zukunft, die sich locker und leicht liest und durch seine humorvolle Art für einige unterhaltsame Stunden sorgt. Daher empfehle ich das Buch gerne weiter.

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