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Veröffentlicht am 30.01.2024

Naturverbundenes Leben in den 1910er und 1970er Jahren

Glückstöchter - Einfach lieben
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Im Roman „Einfach lieben“, dem zweiten Band der Serie „Glückstöchter“ von Stephanie Schuster finden beide Protagonistinnen die Liebe ihres Lebens, wobei sich auch der Wunsch auf Nachwuchs einstellt. Wie ...

Im Roman „Einfach lieben“, dem zweiten Band der Serie „Glückstöchter“ von Stephanie Schuster finden beide Protagonistinnen die Liebe ihres Lebens, wobei sich auch der Wunsch auf Nachwuchs einstellt. Wie im ersten Teil spielt die Handlung erneut auf zwei Zeitebenen. Einerseits folgte ich der geborenen Baronesse Anna von Quast von 1911 bis 1918, andererseits las ich davon, was Eva 1977 und in dem darauffolgenden Jahr erlebt.
Anna hat für sich entschieden, dass sie sich allein auf der Staffelalm oberhalb des Kochelsees, von manchen auch Tonkaalm genannt, zurechtfinden wird. Ihre Familie hat vor dem Tod der Mutter einige Sommer dort verbracht. Die Kenntnisse über Botanik, die sie sich bei der Arbeit mit ihrem Vater auf dem familieneigenen Gut angeeignet hat, kommen ihr täglich zugute. Außerdem beschäftigt sie sich weiterhin mit Töpferei, was ihr einen Ausgleich zu der harten Arbeit bietet, die der Boden rund um die Alm abverlangt. Ihr größtes Glück erfährt sie, als ihre Liebe erwidert wird und diese ihre Einsamkeit beendet.
Die Kapitel wechseln regelmäßig zwischen Anna und Eva. Die Pharmaziestudentin Eva lebt in einer Wohngemeinschaft, deren Bewohner(innen) meist harmonieren. Aber ein gemeinsames Erlebnis mit ihren beiden besten Freunden hat nachteilige Folgen und sie fürchtet sich vor weiteren möglichen Konsequenzen. Innerhalb der wenigen Monate, in denen Eva im Mittelpunkt der Geschichte steht, ändert sich ihr Leben in einigen Punkten, wobei sie es nicht verhindern kann, bestimmte Dinge zur Entscheidung in andere Hände geben zu müssen. Gekonnt bindet Stephanie Schuster auf beiden Zeitebenen geschichtlichen Fakten in die Erzählung ein, teilweise beeinflussen sie das Handeln der Protagonistinnen. Passend fügt sie auch kulturelle Aspekte ein, die die Story beleben.
Die Autorin beschreibt im Roman zahlreiche Möglichkeiten, mit der Natur umzugehen. Dank eigener Erfahrungen, aber auch durch gute Recherche gelingt ihre eine authentische Darstellung. Die Befriedigung, die sich daraus ergibt, wenn man Erfolg hat, mit natürlichen Mitteln zu wirtschaften, ist sowohl bei Anna wie auch bei Eva deutlich zu spüren. Stephanie Schuster verschweigt aber auch nicht, dass es Rückschläge gibt, weil die Naturgewalten nicht planbar sind. Das Unerwartete verpackt sie in dramatische Geschehnisse und baut kleine Cliffhanger ein, die dafür sorgen, dass man rasch weiterlesen möchte. Die Geschichte mit ihren vielen liebevoll dargestellten Details im Umgang mit Flora und Fauna zeigt, wie lange es bereits eine nachhaltige Entwicklung gibt.
Obwohl Eva immer noch damit hadert, adoptiert worden zu sein, sucht sie den Kontakt zu ihrem Elternhaus. Insgesamt wirkte sie auf mich inzwischen geerdeter in ihrem Leben als noch im ersten Band, auch wenn ihr die beste Freundin an ihrer Seite sehr fehlt. Sie wirkt gefestigt in ihren Ansichten und akzeptiert andere Meinungen. Sowohl Anna wie auch Eva konnten meine Sympathie gewinnen. Zum Ende hin findet auch der Prolog des ersten Bands eine Einordnung. Die Verbindung zwischen den beiden Hauptfiguren wird eingehend erklärt und erfährt zuletzt noch eine unerwartete Wendung.
Mit dem Band „Einfach lieben“ bringt Stephanie Schuster ihre „Glückstöchter“-Dilogie zu einem geeigneten Abschluss. Der von den beiden Protagonistinnen während der 1910er beziehungsweise 1970er Jahre gewählte Weg der Verbundenheit zur Natur ist berührend. Das Buch wird durch einige Illustrationen der Autorin verschönert. Für alle Leser des ersten Band ist der zweite Teil ein Muss. Gerne vergebe ich aber auch eine Leseempfehlung an Leser(innen) historischer Romane, die „Einfach leben“ nicht gelesen haben.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Ruhige Literatur mit krimineller Handlung

Glutspur
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Nach ihrer erfolgreichen Kriminalromanreihe rund um die dänischen Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner startet Katrine Engberg mit „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes eine neue Serie mit persönlicherer ...

Nach ihrer erfolgreichen Kriminalromanreihe rund um die dänischen Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner startet Katrine Engberg mit „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes eine neue Serie mit persönlicherer Note. Auf dem Cover ist aufgedruckt, dass es sich bei der Geschichte um den ersten Fall für die Privatdetektivin Liv Jensen handelt. Der Verlag nennt kein Genre. Ich ordne die Erzählung als Roman mit krimineller Handlung ein. Während die Körner/Werner-Reihe elegant von Ulrich Sonnenberg übersetzt wurde, wirkt bei „Glutspur“ die Übertragung in Deutsche durch einen anderen Übersetzenden manchmal ungeschickt.

Die aus dem Norden Dänemarks stammende, ehemalige Polizistin Liv ist nicht die einzige Protagonistin. Hannah Leon, die Tochter des Vermieters ihrer neuen Wohnung in einer alten Villa in Kopenhagen, ist ebenfalls eine Hauptfigur. Sie ist Krisenpsychologin, hat sich aber beurlauben lassen, weil sie mit der Verarbeitung eines persönlichen Verlusts kämpft. Ein weiterer Teil der Handlung stellt den dritten Protagonisten Nima Asari in den Fokus. Er betreibt in dem der Villa vorgelagerten Haus eine Autowerkstatt und wird zum Verdächtigen in einem Mordfall. Liv wird von ihrem früheren Mentor die Bitte angetragen, Nachforschungen in einem Cold Case zu betreiben, die sie in ihre Heimat führen.

Katrine Engberg bringt die drei Todesfälle, alte wie neue, auf einen gemeinsamen Nenner, was ich recht konstruiert fand, aber sich von den Erklärungen her zusammenfügt. Doch bis es zu einer Verknüpfung der Verbindungen kommt, nimmt die Handlung einen eher gemächlichen Verlauf ohne Spannungszunahme. Die Autorin beschreibt das Umfeld, in dem die Protagonisten agieren, detailliert, so dass ich mir diese als Leserin gut vorstellen konnte. Ihre Figuren verfügen über einen interessanten Hintergrund, wobei es darin einige Lücken gibt, die sicherlich in den beiden vorgesehenen Folgebänden gefüllt werden. Allerdings sympathisierte ich mit keiner von ihnen und die Handlung konnte mich leider nicht richtig packen. In mehreren Einschüben verbindet Katrine Engberg die Romanhandlung mit Ereignissen, die auf wahren Begebenheiten basieren, die ihre Großeltern im Zweiten Weltkrieg erlebt haben, hier aber nur eine Nebenrolle spielen.

Rassismus, Klimakrise, mentale Gesundheit und Antisemitismus sind die großen und wichtigen Themen, die Katrine Engberg in ihrem Buch unterhaltsam verarbeitet. Sie bleibt ihrem Erzählstil treu, aber die Handlung ist ruhiger und weniger spannend als in ihrer erste Reihe mit den Ermittelnden Körner und Werner. Anhand der Inhaltsangabe des nächsten Bands werde ich entscheiden, ob diese mich so anspricht, dass ich weiterlesen möchte.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Spannender zweiter Band der Reihe über den Mordclub im englischen Marlow

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam
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Es ist etwa ein Jahr vergangen, seit es in der britischen Stadt Marlow, die westlich von London liegt, zu mehreren Morden kam. Judith Potts, 78 Jahre alt, verwitwet und Erstellerin komplizierter Kreuzworträtseln ...

Es ist etwa ein Jahr vergangen, seit es in der britischen Stadt Marlow, die westlich von London liegt, zu mehreren Morden kam. Judith Potts, 78 Jahre alt, verwitwet und Erstellerin komplizierter Kreuzworträtseln hat damals gemeinsam mit ihren jüngeren Freundinnen, der Hundesitterin Suzie und der Pfarrersfrau Becks, entscheidend zu den Aufklärungen der Fälle beigetragen.

Im zweiten Band der Reihe „Mrs Potts Mordclub“ von Robert Thorogood mit dem Titel „Der tote Bräutigam“ sind die drei Frauen vor Ort als Sir Peter Bailey am Tag vor seiner Hochzeit tot in seinem abgeschlossenen Arbeitszimmer aufgefunden wird. Die Umstände sind außergewöhnlich, denn ein schwerer Schrank ist auf ihn gefallen und der Schlüssel zum Raum befindet sich der Hosentasche des Toten. Von der Kriminalpolizei wird der Fall schnell als Unfall abgeschlossen. Doch Judith Potts und ihren Freundinnen fallen immer mehr Details ins Auge, die auf gewollte äußere Eingriffe in das Geschehen, das zum Tod von Sir Bailey führte, hinweisen.

Mir hat es gefallen, dass der Autor die Protagonistinnen genau hinschauen und Zusammenhänge erkennen lässt, die dennoch keine Lösung bieten und mich lange miträtseln ließen. Am Ende der Geschichte machen Becks und Suzie ihrer Freundin Judith Vorwürfe, die das weitere Miteinander der Ermittlerinnen in Frage stellen. Doch manchmal ist bei diesem Kriminalfall alles nur Schein statt Sein.

Entsprechend eines Cosy Crime kommen die Ermittlungen gemächlich voran. Der Mord sorgt für hohe Aufregung in der kleinen Stadt, in der jeder und jede alle zu kennen scheinen. Das Erbe des Herrenhausbesitzers rückt in den Mittelpunkt. Weil jedoch mehrere Personen sich Hoffnung darauf machen, gibt es einige Mordverdächtige und die Ermittlungen werden immer komplexer.

Obwohl das Motiv für den eventuellen Mord an Sir Bailey eindeutig erscheint, konnte mich die letztliche Auflösung überraschen. Während durchgehend die Spannungskurve gehalten wurde, brachte Robert Thorogood sie zum Schluss auf einen Höhepunkt dadurch, dass eine der drei ermittelnden Freundinnen in unmittelbare Gefahr geriet. Ich empfehle den Krimi gerne weiter, denn er hat mich bestens unterhalten.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Hommage der Mutter des Autors

Eigentum
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Marianne Haas, die Mutter von Wolf Haas wohnt seit einigen Jahren in einem Seniorenheim. Sie ist 95 Jahre alt und, was ihr Sohn bei einem seiner Besuche im Jahr 2018 noch nicht weiß, wird nur noch drei ...

Marianne Haas, die Mutter von Wolf Haas wohnt seit einigen Jahren in einem Seniorenheim. Sie ist 95 Jahre alt und, was ihr Sohn bei einem seiner Besuche im Jahr 2018 noch nicht weiß, wird nur noch drei Tage leben. Während sie ständig über die viele Arbeit, die kein Geld zum Sparen einbrachte, gestöhnt hat, erklärt sie ihm nun, dass es ihr gutgeht. Nach ihrem Tod ist es der Wunsch des Autors, dass er in den zwei Tagen bis zu ihrem Begräbnis ihr Leben nachvollzieht, um damit abzuschließen. Seine Erinnerungen hält er in dem Buch „Eigentum“ fest. Der Titel ergibt sich dadurch, dass die wenigen Quadratmeter der Grabstätte der erste eigene Besitz von Marianne Haas sein werden.

Anhand von memorierten Schilderungen seiner Mutter rekonstruiert Wolf Hass, wie Kindheit, Jugend, Ausbildung und frühe Ehejahre seiner Mutter sich ausgestaltet haben. Er lässt sie selbst als Ich-Erzählerin auftreten, wobei mancher Gedankengang nicht zu Ende läuft, sondern abbricht und neu ansetzt, Schleifen dreht oder in Wiederholung geht. Meine Vorstellung von ihr wurde dadurch klarer. Mundart hat er nur angedeutet, was dem Lesen zugutekommt. Marianne Haas war eine kluge Frau, die zum Arbeiten in einem Hotel in die Schweiz zog und einen großen Teil ihres Lohns nach Hause schickte. Die Gelegenheitsjobs ihres Mannes erlaubten es kaum, etwas zur Seite zu legen. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, dass der Autor in seiner Kindheit wohlbehütet war.

Seine Mutter hatte bestimmte Eigenarten, die Wolf Haas nicht immer schätzte. Seine Schilderungen riefen bei mir eigene Erinnerungen wach. Das Verhältnis von Mutter und Sohn wirkt stellenweise distanziert, was aber dem früheren Erziehungsstil entspricht, der oft mit wenig Zärtlichkeiten auskam. Obwohl der Autor über seinen Sprachgebrauch Humor in seine Erzählung einbringt, überwiegen doch die schweren Zeiten der Mutter, die Krieg und Inflation erlebte.

Der Roman „Eigentum“ beschränkt sich auf die Rekonstruktion des Lebens seiner Mutter durch Wolf Haas, denn durch die späte Auseinandersetzung mit deren Vergangenheit bietet sich ihm keine Möglichkeit, die Mutter nach weiteren Details zu befragen. Bereits nach 157 Seiten ist das Buch ausgelesen. Ich hätte gerne noch weitere Einzelheiten erfahren, aber andererseits kommt die kurze Form dem Schreibstil des Autors entgegen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese Hommage von Wolf Haas an seine Mutter.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Berührende Geschichte über vier georgische Freundschaften, mit großem Einfühlungsvermögen erzählt

Das mangelnde Licht
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Erstmal vorweg: Ich finde, dass alles Gute, was ich vor dem Lesen über den Roman „Das mangelnde Licht“ von Nino Haratischwili gehört habe, stimmt!
Der Titel des Buchs bezieht sich auf ein Foto, das eine ...

Erstmal vorweg: Ich finde, dass alles Gute, was ich vor dem Lesen über den Roman „Das mangelnde Licht“ von Nino Haratischwili gehört habe, stimmt!
Der Titel des Buchs bezieht sich auf ein Foto, das eine der vier Protagonistinnen, die Fotografin von Beruf ist, von den anderen dreien aufgenommen hat. Obwohl dieses Bild vom Sonnenlicht geflutet ist, fängt es die desillusionierte Stimmung der Freundinnen ein, über deren junge Leben sich viele Schatten gelegt haben. Dina hat als Fotografin sich nie, auch im übertragenen Sinne nicht, mit zu wenig Licht zufriedengegeben. Auf ihre Weise hat sie einen Kampf dagegen geführt, hat Situationen in Krisengebieten mit ihrer Kamera festgehalten und die Fotos in Zeitungsartikeln und Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, damit die Welt hinschaut und erkennt. Dabei hatte sie die Hoffnung, dass ihr Land, ihre Stadt, ihr Umfeld das dunkle Geschehen beenden kann, das alles ins Verderben zieht.
Nach einer ersten Einführung der Hauptfiguren befand ich mich im Jahr 1987. Aufgrund einer Einladung besucht die Ich-Erzählerin Keto ebenso wie zwei ihrer Freundinnen in Brüssel eine Ausstellung mit Werken von Dina, die das Vierer-Kleeblatt früher komplettiert hat, aber vor mehreren Jahren verstorben ist. Durch die Erwähnung ihres Tods an einem Strick auf der ersten Seite stellten sich bei mir als Leserin die Frage nach den Umständen ihres Sterbens. Es wird viele Seiten brauchen, bis fast zum Ende des Romans, bis ich eine Antwort auf meine Fragen erhalte.
Dinas Fotos haben nichts von ihrer Wirkung auf den Betrachter verloren. Keto geht von Bild zu Bild. Jedes Foto ordnet sie darauf ein, wann und wo es aufgenommen wurde. Ihre Erinnerungen entwickeln sich zu einer Geschichte, die auf die Jahre der Freundschaft der vier Frauen zurückblickt, die Ende 1980er Jahre beginnt.
Während sich Georgien noch in einer starken Unabhängigkeitsbewegung befindet, werden die späteren Freundinnen Dina, Nene, Ira und Keto in Tiflis zu Klassenkameradinnen. Dina ist von den vier Frauen diejenige, die am stärksten nach Freiheiten sucht, sowohl im Denken wie auch für ihre Handlungen. Nene wächst in einer patriarchalen Familie auf, bewahrt aber trotz strenger Vorgaben immer ihre Gutmütigkeit, gelegentlich gepaart mit Sentimentalität. Dagegen ist Ira die Strebsamste und steht Fakten nüchtern gegenüber. Die drei Freundinnen, die bei ihren Familien in der Altstadt leben, brauchen Keto in ihrer Mitte, um den Zusammenhalt durch ihr ausgleichendes Gemüt zu sichern. Sie stehen einander bei, als sie den ersten Liebeskummer erleben. Schwieriger wird ihre Beziehung, nachdem Freunde, Bekannte und Verwandte sich zu zwei konkurrierenden Gangersterbanden zusammenfinden und sie sich auf verschiedenen Seiten wiederfinden mit wenig Möglichkeiten, sich den Verbrechen entgegenzustellen.
Die Autorin erzählt mit einer großen Genauigkeit, die sich nicht mit der Schilderung des Erlebten begnügt, sondern auch die Hintergründe öffnet. Sie lässt Keto nicht nur ihre eigenen Gefühle beschreiben, sondern sie lässt sie auch sich in die Gedankenwelt der Freundinnen versetzen. Aufgrund gemeinsamen Gespräche sucht Keto nach Gründen für deren Handlungen. Jedes der von Keto in Brüssel betrachteten Fotos bringt eigene Geschichten ans Licht: romantisch oder mit grausamen Folgen, voller Lebensfreude oder am Ende der Hoffnung, aber immer lesenswert gestaltet, so dass ich keinen Part missen wollte.
Die vier Freundinnen wachsen inmitten eines Umfelds auf, in dem die einen nach Macht trachten und die anderen sich diesen Bestrebungen beugen. Schon früh wird ihnen schmerzlich deutlich, dass sie nur durch eigenes Tun den um sie befindlichen Ring aus Gewalt und Verzweiflung durchbrechen können. Über die vielen Seiten des Romans hinweg liegt eine unterschwellige Spannung, ob das den jungen Frauen gelingen wird.
In ihrem Roman „Das mangelnde Licht“ erzählt Nino Haratischwili mit großem Einfühlungsvermögen von der Freundschaft vier junger georgischer Frauen, die während der Bewegung zur Unabhängigkeit des sozialistischen Landes aufwachsen. Ihre Verbundenheit wird vielfach auf die Probe gestellt durch Eifersucht und Gewalt im Umfeld bis hin zu Verrat, ist aber ebenso geprägt von gemeinsamen Momenten des Glücks und Hilfsbereitschaft. Sehr gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

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