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Veröffentlicht am 29.12.2019

Einfühlsam geschrieben und nachdenklich stimmend

Licht über dem Wedding
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Nicola Karlsson hat mit „Licht über dem Wedding“ einen ausdrucksstarker Roman über die Bewohner des titelgebenden Stadtbezirks in Berlin geschrieben. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Hannah Hoch sowie ...


Nicola Karlsson hat mit „Licht über dem Wedding“ einen ausdrucksstarker Roman über die Bewohner des titelgebenden Stadtbezirks in Berlin geschrieben. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Hannah Hoch sowie Wolf Hermann und seine Tochter Agnes. Sie wohnen im selben Hochhaus, Wolf und Agnes im Erdgeschoss, Hannah mit einer Freundin im zehnten Stock.



Wolf ist ein Mittvierziger, hat sein Studium abgebrochen und sich als ungelernter Tischler mit allen möglichen Jobs über Wasser gehalten bis er immer mehr dem Alkohol verfallen ist. Agnes ist inzwischen 15 Jahre alt. Ihre Mutter hat die Familie vor zehn Jahren verlassen und sich nicht mehr gemeldet. Hannah ist Anfang 20, interessiert sich nicht mehr für ihr Studium, sondern bloggt über Mode. Meistens postet sie sich selbst in der ihr zugesandten Kleidung, die sie vor konträren Hintergründen inszeniert, um den besonderen Chic des Outfits herauszustellen. Erst nach und nach ergibt sich ein Gesamtbild, das die Drei in eine eigenwillige Verknüpfung bringt und sie in ihrer je eigenen Gedankenwelt zeigt, durch die ihre Handlungen geleitet sind.



Agnes wirkt so, wie in einer Welt zwischen Kind und Erwachsenem gefangen. Früh wird sie selbständig, sieht ihr Kinderzimmer als Rückzugsort, dessen Zutritt ihrem Vater stillschweigend verboten ist. Schon mit 13 Jahren hat sie einen festen Freund, der gemeinsam mit seinen Freunden, alle einiges älter als sie, ihre Peergroup bildet. Ich erlebte Agnes in ständiger Abwehrhandlung, immer zu schnellen Schlägen und Tritten bereit, wenn sie sich angegriffen fühlt, meist ausschließlich durch Worte. Sie ist auf der permanenten Suche nach Respekt, nach Freundschaft, nach Vertrauen und fragt sich letztlich, was ihr als Persönlichkeit fehlt, um als Tochter und Freundin mit Liebe angenommen zu werden.



Wolf fühlt sich als Versager. Der zunehmende Alkoholgenuss verursacht bei ihm gelegentliche Bewusstseinsaussetzer. Er weiß, dass er sich selbst damit schadet und sich aktiv Hilfe suchen muss. Seine von ihm gefühlte eigene Schwachheit führt ihn dazu, sich noch mehr dem Alkohol hinzuwenden, um seine Sorgen zu vergessen. Von Anfang an hoffte ich für ihn, dass er einen Weg finden wird, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen.



Hannah hielt ich zunächst für durchaus clever, auch wegen der Art und Weise auf die sie Geld verdient. Doch schnell zeigte sich, dass sie ihr eigenen Sorgen hat. Schon als Kind hat sie bemerkt, dass kleine Lügen Bestrafungen verhindern können. Doch leider ist diese Angewohnheit nicht unbemerkt geblieben. Ihr Verhalten hat sie bisher nicht geändert und so begegnen ihren Aussagen nicht nur ihre Freunde, sondern auch ihre Familie mit einer gewissen Skepsis in Bezug auf deren Wahrheitsgehalt. Auch sich selbst gegenüber versucht sie eine Wirklichkeit zu schaffen, die zwar für eine augenblickliche Lösung sorgt, aber nicht für eine dauerhafte.



Alle drei Protagonisten suchen nach einem Anker, an dem sie sich festhalten können und der ihnen über die Wellen des Lebens hilft. „Licht über dem Wedding“ ist eine unangenehme Geschichte, die in einem Berliner Bezirk spielt, in dem Schwäche nicht sein darf. Sie ist eng verbunden mit Alkohol und Joints, mit unterschiedlichen Ansichten über Besitz, mit Machtspielen und Gewaltanwendung. Der Roman stimmt nachdenklich darüber, wie viel Vater, wie viel Mutter der Mensch braucht und ob eine Lücke im Elternsein ersatzweise zu füllen ist. Gerne empfehle ich den einfühlsam geschriebenen Roman, der Raum für Hoffnung lässt, uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 26.12.2019

Bewegende, nachdenklich stimmende Geschichten

Irgendwann wird es gut
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Im Buch „Irgendwann wird es gut“ versammelt der US-Amerikanische Autor Joey Goebel zehn Kurzgeschichten. Alle Erzählungen spielen Mitte der 1990er in der Kleinstadt Moberly in Kentucky, durchaus vergleichbar ...

Im Buch „Irgendwann wird es gut“ versammelt der US-Amerikanische Autor Joey Goebel zehn Kurzgeschichten. Alle Erzählungen spielen Mitte der 1990er in der Kleinstadt Moberly in Kentucky, durchaus vergleichbar mit vielen anderen Kleinstädten, nicht nur in den USA. Moberly liegt am Ohio River und dort sind an einigen Stellen fantastische Sonnenuntergänge zu beobachten. Dennoch sind viele Bewohner unzufrieden. Sie sind die Protagonisten in den Geschichten und sie sind alle auf ihre eigene Weise einsam.

Einige von ihnen sind einsam, weil sie niemanden haben mit dem sie sich austauschen können, andere haben sich bewusst zurückgezogen, weil sie glauben, Gründe zu haben, nicht mit anderen in Kontakt treten zu wollen. Wieder andere sind zweisam einsam, wobei sich ihre Einsamkeit im Kopf abspielt, weil sie ihre Sorgen und Probleme, ihr Vorstellungen und Wünsche nicht mit anderen teilen möchten. Es sind schmale Korridore auf denen sich die einzelnen Hauptfiguren bewegen und auf denen sie mit Gesten und Worten den Kontakt zur Welt um sie herum aufrechterhalten und teilweise auch versuchen, ihn auszubauen in dem Bemühen, es anderen gleichzutun. Nicht immer enden ihre Anstrengungen mit Erfolg, aber Joey Goebel hält immer eine Türe zur Hoffnung hin offen.

Die Geschichten spielen innerhalb eines Jahres und sind im zeitlichen Ablauf sortiert. Sie sind in sich abgeschlossen, aber in den folgenden Erzählungen treten einige Charaktere als Randfiguren wieder auf oder werden selbst zum Protagonisten. Eigentlich müsste man nach dem Lesen wieder von vorne beginnen, um alle Querverbindungen zu entdecken. Joey Goebel beschreibt Figuren, wie sie in jeder Stadt zu finden sind. Es stattet sie liebevoll mit besonderen Eigenschaften aus, nicht jede von ihnen ist unbedingt sympathisch zu nennen. Einige agieren argwöhnisch und reagieren empfindsam.

Der Autor erzählt mit großem Einfühlungsvermögen. Manche der Protagonisten sind Jugendliche, also in einem Alter in dem Joey Goebel selbst zu der Zeit war, in der seine Erzählungen spielen. Ihre Wünsche und ihre Träume von denen sie glauben, dass sie sie in Moberly nicht verwirklichen können, ihren Umgang mit Klassenkameraden, das Erwachen ihrer Interessen verbunden mit dem damaligen Zeitgeist stellt der Autor mit großer Empathie dar. Aber auch seine übrigen Figuren sind realistisch gestaltet. Als Leser konnte ich sie mir als Teil jeder Kleinstadt gut vorstellen. Ich mochte diese bewegenden, nachdenklich stimmenden Geschichten sehr und empfehle das Buch gerne weiter.

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Veröffentlicht am 19.12.2019

Abschluss der dystopischen Trilogie - ein Muss für alle Scythe-Fans

Scythe – Das Vermächtnis der Ältesten
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Der Band „Scythe – Das Vermächtnis der Ältesten“ ist der dritte und abschließende Teil der dystopischen Trilogie von Neal Shusterman, die von den titelgebenden Scythe, den Tonisten und den Widerlingen ...

Der Band „Scythe – Das Vermächtnis der Ältesten“ ist der dritte und abschließende Teil der dystopischen Trilogie von Neal Shusterman, die von den titelgebenden Scythe, den Tonisten und den Widerlingen erzählt. Die Vorgenannten sind alles Menschen mit besonderen Eigenschaften in einer nicht allzu fernen Zukunft in der es keinen natürlichen Tod mehr gibt und daher zur Vermeidung von Überbevölkerung bestimmte Regeln und eine Quote zum Töten durch die Scythe angewendet werden. Außerdem hat sich inzwischen das Softwaresystem „Thunderhead“ etabliert, das sich selbst ständig verbessert und optimiert.

Nach dem furiosen Finale des zweiten Teils sind wichtige Scythe in den Tiefen des Ozeans verloren und der Thunderhead hat alle Menschen bis auf einen zu Widerlingen ernannt mit denen er nicht in Kontakt tritt. Außerdem sind die Protagonisten des ersten Bands, Citra und Rowan, verschwunden. Wer die ersten beiden Teile nicht gelesen hat, wird eventuell Verständnisschwierigkeiten beim Lesen haben, denn obwohl der Autor auf einige vorausgehende Ereignisse an passenden Stellen kurz eingeht, ist deren Kenntnis von Vorteil.

Ich habe das Glück, ein Buch der ersten Auflage zu besitzen, dass einen Wechselumschlag hat. Auf diese Weise kann ich das Cover an die Aufmachung der vorigen Bände anpassen, die sich seit Erscheinen des ersten Teils geändert hat. Der Untertitel „Das Vermächtnis der Ältesten“ besagt passend zum Inhalt, dass das Hauptthema des abschließenden Buchs die Ergründung dess Geheimnisses der Gründer-Scythe ist. Neal Shusterman spielt dazu mit verschiedenen Erzählsträngen.

Ohne zu viel von der Handlung zu verraten, kann ich hier davon schreiben, dass die Menschheit in der vorliegenden Erzählung nach einer allgemeingültigen Ordnung sucht. Währenddessen herrschen Aufstand und Chaos an vielen Orten und sowohl im Kleinen wie im Großen versuchen sich ganz unterschiedliche Personen als Führer, ob gewollt oder unbeabsichtigt. Der Autor bedient sich dazu mit einigen Anspielungen an Vorbildern in unserer realen Welt und führte mir Augen, welches vielfältige Spektrum an Religionen und Regierungsformen wir besitzen. Einige Dinge überspitzt er so, dass sich dadurch manche Kehrseiten des Ruhms und der Macht besser erkennen lassen.

Die Charaktere der Fiktion entwickeln sich ständig weiter und so manch einer ändert seine Meinung, so dass es immer wieder zu unvorhersehbaren Wendungen kommt, was die Geschichte durchgehend spannend macht. Ich war darüber erfreut, dass sehr viele Figuren der bisherigen Erzählung wieder mitspielten. Die verschiedenen Handlungsstränge laufen zunächst parallel und führen letztlich auf einen gemeinsamen Abschluss hin, der das Geheimnis der Ältesten lüftet.

Bei der Beschreibung der Suche nach der bestmöglichen Art und Weise die Menschheit in eine lebensfähige Zukunft zu führen, zieht Neal Shusterman viele Register. Er überzeugte mich durch kleine Details, die er immer wieder einfließen lässt, genauso wie durch Ideen, für die er eine große Anzahl Personen benötigt, bis hin zu einem Finale, bei dem er in eine ferne Zukunft blickt. Die gesamte Trilogie ist ein Muss für Fans von dystopischer Fantasy.

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Veröffentlicht am 17.12.2019

Beitrag der Frauen zur Veröffentlichung eines Buchs mit brisantem Inhalt

Alles, was wir sind
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„Alles, was wir sind“ ist der Debütroman der US-Amerikanerin Lara Prescott. Die Idee zu diesem Buch hatte sie aufgrund ihres Vornamens, denn sie wurde nach Lara, der weiblichen Protagonistin des Romans ...

„Alles, was wir sind“ ist der Debütroman der US-Amerikanerin Lara Prescott. Die Idee zu diesem Buch hatte sie aufgrund ihres Vornamens, denn sie wurde nach Lara, der weiblichen Protagonistin des Romans „Doktor Schiwago“ von Boris Pasternak, benannt. Ihre Geschichte unterteilt sie in zwei Handlungsstränge, die sie zusammenführt und die beide in den 1950er Jahren spielen.

Einerseits hat Lara Prescott die Entstehungsgeschichte des Romans „Doktor Schiwago“ recherchiert und gibt sie in den Kapiteln wieder, die in der Sowjetunion spielen und mit „Osten“ übertitelt sind. Boris Pasternaks Buch durfte dort aufgrund der kritischen Darstellung der politischen Verhältnisse während der Oktoberrevolution nicht erscheinen. Dabei hebt die Autorin die große Bedeutung von Olga Iwinskaja hervor, die als Geliebte des verheirateten Autors und ihren Einsatz zur Entstehung und Veröffentlichung des Buchs im Gefängnis und in Lagerhaft war, weil sie ihren Liebhaber und sein Werk nicht verleumdet hat. Sie gilt als das Vorbild für die Frauenfigur Lara in Pasternaks Roman.

Andererseits schildert die Autorin die Bemühungen des CIA um an ein Buch zu gelangen, weil sie großes Interesse daran haben, eine russische Übersetzung in die Sowjetunion einzuschleusen. Dadurch verspricht sich der Auslandgeheimdienst eine Möglichkeit, den Widerstand der Sowjetbürger gegen das Regime zu wecken. Im Fokus der Kapitel, die in den USA und dem westlichen Europa spielen und anhand des Übertitels „Westen“ leicht einzuordnen sind, stehen die Stenotypistinnen der Agentur zu der auch Irina Drosdowa zählt. Ihre Eltern stammen aus der Sowjetunion. Bald schon werden ihre Vorgesetzten auf Irina aufmerksam und sie wird neben ihrer Tätigkeit als Schreibkraft dazu ausgebildet, Informationen zu transportieren, unter anderem auch zur Beschaffung des brisanten Romans. Einen Teil ihrer Ausbildung übernimmt die Agentin Sally zu der sie eine ungeahnt tiefe Freundschaft entwickelt.

Das Besondere an Lara Prescotts Erzählung ist die Fokussierung auf weibliche Charaktere in einer von Männern geleiteten Welt. Während sie die Lebensgeschichte von Olga und ihr Mitwirken an der Veröffentlichung des Schiwago-Buchs einfühlsam und bewegend schildert, spürt man ihre Begeisterung für die Stenotypistinnen des CIA und ihrer Arbeit. Zwar nehmen sie meist keine bedeutende Rolle im Ranggefüge des Geheimdienstes ein, doch die Autorin verweist auf deren sehr gute Ausbildung, oft haben sie sogar wie im Fall von Irina ein Studium abgeschlossen. Doch dem damaligen Frauenbild entsprechend beendeten sie ihre Tätigkeit meist nach ihrer Hochzeit.

Der Autorin macht es Freude die Stärke der Frauen zu zeigen und nutzt dazu die Beispiele von Irina und Olga. Dabei fragte ich mich, ob die Vorgesetzten und auch Boris sich im vollen Maß bewusst waren, welche tragenden Rollen die Frauen spielten. Die sich verändernden Überschriften der Kapitel zeigen an, wie wandlungsfähig die Protagonistinnen sind und wie sie sich weiterentwickeln.

Olgas Liebe ohne Wenn und Aber war für mich schwierig nachzuvollziehen, beruht aber auf der Realität. Interessant fand ich die Beschreibung des literarischen Umfelds in der Sowjetunion, das verbunden war mit Begünstigungen für die Schriftsteller, die regimekonform schrieben, genauso schnell aber bei falschen Worten denunziert werden konnten. Lara Prescott deutet nur an, warum Boris Pasternaks Werk für Empörung in seiner Heimat gesorgt hat, hierzu hätte ich gerne mehr erfahren.

Die Thematik des Romans „Alles, was wir sind“ fand ich interessant. Lara Prescott ist es gelungen, zwei Handlungsstränge auf einzigartige Weise zu verknüpfen und eine Geschichte zu erzählen, die von damals nicht absehbarer Bedeutung für Politik und Literatur wurde. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 13.12.2019

Alle Jahre wieder

Die Weihnachtsgeschwister
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Tamara, Elisabeth und Ingmar sind inzwischen um die 40 Jahre alt. Jedes Jahr besuchen sie zu Weihnachten mit ihren Familien ihre Eltern in der Heimat. Sie sind „die Weihnachtsgeschwister“ im gleichnamigen ...

Tamara, Elisabeth und Ingmar sind inzwischen um die 40 Jahre alt. Jedes Jahr besuchen sie zu Weihnachten mit ihren Familien ihre Eltern in der Heimat. Sie sind „die Weihnachtsgeschwister“ im gleichnamigen Roman von Alexa Hennig von Lange. So beschaulich wie auf dem Cover ist die Stimmung in der Geschichte allerdings nicht.

Die Geschwisterfamilien übernachten in einem nahegelegenen Hotel, aber am Tag vor Heiligabend trudeln sie traditionell bei den Eltern ein. Alles scheint den ewig gleichen Abläufen zu folgen, doch dann stellt sich heraus, dass die Mutter die aufgetischte Suppe nicht selbst gekocht hat. Dieser Umstand ist nicht der einzige, der unter den Anwesenden für heftige Diskussionen sorgt. Nach einem Hotelfrühstück am nächsten Tag sollte dann eigentlich die Routine wieder greifen und die Vorbereitungen im elterlichen Haushalt den alten Gewohnheiten folgen. Doch beim Eintreffen der drei Geschwister öffnet ihnen keiner die Tür. Ängste machen sich breit, Gedanken beginnen zu Kreisen.

Alexa Hennig von Lange nahm mich als Leserin im Roman gleich zu Beginn mit vor die Haustür der Eltern, die sich bald darauf öffnet, um die Familie von Tamara einzulassen. Tamara ist die Älteste des Dreiergespanns der Geschwister. Die Autorin richtet die Aufmerksamkeit abwechselnd auf eine der Schwestern beziehungsweise auf Ingmar. Den Dreien ist aufgrund der Erfahrungen in den letzten Jahren von Anfang an bewusst, dass das Fest nicht nur harmonisch sein wird, sondern Streitereien zu erwarten sind. Die Figuren der gesamten Familie sind abwechslungsreich gestaltet und einige davon, zur Herausstellung der gegensätzlichen Meinungen, ein wenig überzeichnet. Im Verlaufe der Gespräche geht es um Anerkennung, Positionsgerangel im Familiengefüge, aber auch um Erziehungsfragen und Lebenseinstellungen, so wie im richtigen Leben eben. Trotz der eigentlich angespannten Situation versteht es Alexa Hennig von Lange der Erzählung durch eine Spur Sarkasmus einen leicht heiteren Unterton zu geben.

Es kommt zum Ausdruck, dass es nicht immer einfach ist, als erwachsenes Kind die Rolle zu wechseln, jenseits der bequemen bekannten Riten sich auf Neues einzulassen und unterschiedliche Meinungen mit Respekt zu begegnen. Die Gestaltung unserer Kommunikation ist dabei wichtig, denn Worte können tief verletzen. Sicher trägt auch ein Teil Erfahrung der Autorin aus ihrer eigenen großen Familie dazu bei, dass ihre Erzählung realistisch wirkt. Zum Schluss weist der Roman „Die Weihnachtsgeschwister“ noch eine überraschende Wendung auf, die nicht nur die Geschwister zum Nachdenken bringt und in Erinnerung bleibt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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