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Veröffentlicht am 10.08.2018

Ein neues Kochevent für Maierhofen

Die Blütensammlerin
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„Die Blütensammlerin“ von Petra Durst-Benning ist der dritte Band ihrer Serie von Büchern, die in Maierhofen im Allgäu spielt, das sich inzwischen durch einige entsprechende Events zu einem über die Ortgrenzen ...

„Die Blütensammlerin“ von Petra Durst-Benning ist der dritte Band ihrer Serie von Büchern, die in Maierhofen im Allgäu spielt, das sich inzwischen durch einige entsprechende Events zu einem über die Ortgrenzen hinweg bekannten Genießerdorf entwickelt hat. Maierhofen und seine Bewohner sind zwar nur fiktiv, aber sie nahmen mich als Leser doch schon nach wenigen Seiten wieder in ihrer Mitte auf. Die ersten Teile der Serie muss man für das Verständnis des Inhalts nicht gelesen haben, weil die Autorin an entsprechenden Stellen eine kurze Erklärung zu vergangenen Ereignissen gibt. Jedoch kann man in diesen ersten Büchern bereits die meisten Charaktere kennenlernen und ihre Entwicklung und die des Dorfes auf diese Weise besser verfolgen. Das Buchcover wirkt bereits durch seine Aufmachung frisch und aufheiternd, genauso wie sich die Natur im Frühling zeigt.

Für Christine, die diesmal im Mittelpunkt der Geschichte steht, beginnt das neue Jahr mit schlechten Nachrichten. Ihr Mann, von dem sie getrennt lebt, möchte das gemeinsame Haus verkaufen, in dem sie immer noch wohnt. Um das Haus zu behalten und ihm seinen Anteil auszuzahlen, müsste sie eine lukrative Arbeitsstelle finden oder einen Darlehensgeber. Beides gestaltet sich als großes Problem. Eine bekannte Zeitschrift schreibt derweil seinen jährlichen Kochwettbewerb aus, diesmal in Maierhofen, zu dem viele Gäste erwartet. Christine kommt dadurch auf die Idee, ein Bed & Breakfast in ihrem Haus einzurichten. Ihre Überlegungen darüber, einen neuen Freund und Partner zu finden bringen sie außerdem zu dem Einfall, mit einem eigenen Team anzutreten. Vergleichbar mit einem Blumenstrauß aus bunten Blüten möchte sie ein Team aus ganz unterschiedlichen Charakteren zusammenstellen, die als einzige Voraussetzungen mitbringen sollen, dass sie Freude am Kochen haben und Single sind.

Petra Durst-Benning hat es wieder geschafft trotz aller Sorgen ihrer Charaktere einen Wohlfühlroman zu schreiben. Auch wenn die Einrichtung von Christines eigenem Gewerbe recht schnell erfolgt, zeigt sie hier eine reale Verdienstmöglichkeit auf. Die Themen im Buch sind weit gefächert. Neben der Ausgestaltung der Zimmer und der Zusammenstellung eines Kochmenüs schildert die Autorin Wege, einen Partner zu finden. Ihre Figuren sind abwechslungsreich gestaltet. Konflikte im Umgang der Teammitglieder finden sich ausreichend, zu denen sie immer eine geschickte Lösung anbietet und einen respektvollen Umgang miteinander aufzeigt. Sie legt dar, dass man an den Chancen wachsen kann, die einem geboten werden wenn man sie nutzt. Das gestaltet das Lesen so angenehm. Obwohl die Autorin einige Klischees bedient, ist es ihr wieder gelungen ohne Kitsch einen Roman zu gestalten, dessen Geschichte sich so zutragen haben könnte und den ich gerne weiterempfehle. Wie in jedem der vorigen Bände auch sind im Buch „Die Blütensammlerin“ im hinteren Teil Rezepte enthalten. Diesmal sind es solche, die besonders im Frühjahr und Sommer schmecken. Gerne war ich wieder in Maierhofen zu Gast und freue mich schon auf die Fortsetzung der Reihe.

Veröffentlicht am 20.07.2018

Ein leicht und schnell lesbarer Roman mit einer gehörigen Portion Romantik

Wo mein Herz dich findet
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„Wo mein Herz dich findet“ ist großes Kino fürs Gefühl aus der Feder der Deutschen Kathryn Taylor. Mit Blumen und Schmetterlingen verziert wirkt das Cover des Taschenbuchs eher leicht und unbeschwert, ...

„Wo mein Herz dich findet“ ist großes Kino fürs Gefühl aus der Feder der Deutschen Kathryn Taylor. Mit Blumen und Schmetterlingen verziert wirkt das Cover des Taschenbuchs eher leicht und unbeschwert, doch die Protagonisten des Romans haben ihre ganz eigenen Probleme. Wünscht man sich bei einem Buch, das fürs Lesen am Strand ebenso geeignet ist wie für gemütliche Stunden auf Balkon und Terrasse oder einfach nur nebenher, ein bitteres Ende? Nein, ohne zu viel zu verraten, darf man zu diesem Roman greifen, wenn man sich mit den Hauptfiguren zum Schluss freuen möchte.

Kathryn Taylor hat in ihre Erzählung gleich zwei Liebesgeschichten eingeflochten, in die ein Geschwisterpaar involviert ist. Cara Connelly ist Jurastudentin in London und kehrt nach absolvierten Prüfungen nach Irland in die Heimat zurück zur bevorstehenden Hochzeit ihres älteren Bruders Patrick, der tatkräftig im Hotel seiner Eltern mithilft und es eines Tages übernehmen wird. Kurz vor ihrem Ziel hat sie eine Autopanne und findet Hilfe bei dem eigenbrötlerisch wirkenden Liam, der von seinem Onkel eine einsam gelegene Hütte geerbt hat. Cara fühlt sich von ihm angezogen, aber Liam hütet ein Geheimnis. Währenddessen bereitet Jessica, die Braut von Patrick, alles für ihre Heirat vor. Unruhe entsteht als Amy, eine Freundin aus Jugendtagen der Connelly-Geschwister, plötzlich vor der Tür des Hotels steht. Und sie kommt nicht allein.

Trotz eines stellenweise vorauszuahnenden Handlungsablaufs konnte mich der Roman durch gut aufgebaute, steigende Spannung mit mehreren Cliffhangern in seinen Bann ziehen. Schon das Setting mit altem Herrenhaus und Burgruine in der irischen Grafschaft Kerry mit Blick auf weite saftige Wiesen faszinierte mich. Es ist Sommer in Irland und Urlaubszeit, was dem Hotel von Caras Eltern viele Gäste bringt. Gerne hätte ich dazugehört.

Die Charaktere wirken glaubhaft und ihre Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse nachvollziehbar, auch wenn sie auf falschen Annahmen beruhen, die aber schließlich geklärt werden. Als allwissende Erzählerin wechselt die Autorin ihren Blickwinkel wenn nötig, um die Gedanken einer einzelnen Figur einzufangen. Auf diese Weise gelang es ihr, deren Gefühle besser zu übermitteln.

Der Roman liest sich schnell und leicht. Mit einer ordentlichen Portion Romantik verzaubert und bewegt er den Leser. „Wo mein Herz dich findet“ ist ein Liebesroman, der für einen lauschigen Zeitvertreib sorgt.

Veröffentlicht am 20.07.2018

Denkwürdiger Roman über das Erwachsenwerden

Der rote Swimmingpool
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„Der rote Swimmingpool“ ist das Debüt von Natalie Buchholz. Entsprechend dem Titel ist das Cover so gestaltet, als ob man auf den Grund des Pools, der rot gekachelt ist, sehen könnte. Einen roten Swimmingpool ...


„Der rote Swimmingpool“ ist das Debüt von Natalie Buchholz. Entsprechend dem Titel ist das Cover so gestaltet, als ob man auf den Grund des Pools, der rot gekachelt ist, sehen könnte. Einen roten Swimmingpool besitzen die Eltern des 17-jährigen Protagonisten Adam. Seine Freunde sind gerne bei ihm zu Besuch, nicht nur wegen des Swimmingpools, sondern auch wegen seiner Mutter Eva die sie bewundern. Die Ehe seiner Eltern erscheint perfekt, doch dann verlässt der Vater die Familie, ohne dass Adam den Grund nachvollziehen kann.

Dem Roman vorangestellt ist eine Urteilsbegründung aus der hervorgeht, dass der Angeklagte zu Arbeitsstunden in der Altenpflege verurteilt wird. Bald schon konnte ich als Leser Adam in dem Verurteilten erkennen. Seine Mutter ist Französin, sein Vater Pole, der nach Deutschland gekommen ist, um dort Erfolg zu haben. Nachdem sie sich in Frankreich kennengelernt haben, ist Eva ihrem Mann nach Niederbayern gefolgt. Adam hat in all den Jahren die kleinen Zärteleien seiner Eltern miteinander verfolgt, die für ihn auf eine funktionierende Ehe hindeuteten. Die Trennung schmerzt ihn, Verständnis dafür findet er keins. Er zieht aus dem Haus in eine Wohngemeinschaft, die ihn einige Umstellung kostet und überfordert. Aus jugendlichem Leichtsinn verbunden mit Impulsivität kommt es zu seinem Vergehen, das er anschließend bereut.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Im Wechsel erzählt Adam als Ich-Erzähler einerseits aus seinem derzeitigen Leben und andererseits schaut er zurück auf die Zeit vom Ehezwist mit der folgenden Scheidung bis hin zur Straftat. Inzwischen ist er Volljährig und lernt während des Ableistens der auferlegten Sozialstunden eine etwa gleichaltrige junge Frau kennen. Natalie Buchholz versetzt sich gekonnt in den jungen Mann Adam und beschreibt einfühlsam die Auseinandersetzung mit seinen Gefühlen. Die gewählte Erzählperspektive erleichterte es mir, diese nachzuvollziehen. Er fühlt das Vertrauen zu seinen Eltern verraten, er fühlt sich ausgenutzt und hilflos. Dabei war er bisher so stolz auf Mutter und Vater und den Zusammenhalt in der Familie. Coming-of-Age wird in diesem Roman nachvollziehbar beschrieben. Inzwischen steht Adam kurz vor seinem Studium. Die gemeinnützige Arbeit verlangt von ihm die Übernahme von Verantwortung. Eine aufkeimende Liebe lässt ihn reifer und selbstbewusster werden.

Trotz des problematischen Hintergrunds erzählt Adam den Roman aus einer unbefangenen jugendlichen Sicht, was ihm einen leichtgängigen Unterton mitgibt. Von Beginn an war ich gespannt, warum er verurteilt wurde und wie es überhaupt dazu kam. Einige unerwartete Wendungen und kleine Cliffhanger hielten den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht. Mit viel Empathie hat Nathalie Buchholz einen bewegenden Roman geschrieben, der besonders ist und im Gedächtnis bleibt. Ich empfehle ihn gerne weiter.

Veröffentlicht am 18.07.2018

In welcher Form ist der Mensch ein Mensch?

Hologrammatica
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In seinem dystopischen ScienceFiction-Thriller „Hologrammatica“ nahm Tom Hillenbrand mich mit in das Jahr 2088 genommen. In London lebt der Quästor Galahad Singh, der mir von seiner Grundeinstellung her ...

In seinem dystopischen ScienceFiction-Thriller „Hologrammatica“ nahm Tom Hillenbrand mich mit in das Jahr 2088 genommen. In London lebt der Quästor Galahad Singh, der mir von seiner Grundeinstellung her schnell sympathisch wurde. Er stammt aus einer bekannten Unternehmerfamilie, soll eigentlich eines Tages die Führung dort übernehmen. Stattdessen geht er aber lieber seinem Job nach, verschwundene Personen zu finden. Das hat auch persönliche Gründe. Einer seiner Aufträge ist die Suche nach der Pariserin Juliette Perotte, einer Softwarentwicklerin. Sie arbeitet an Verfahren zur Verschlüsselung von MindUploads mit. Bald schon ändert sich der ursprünglich angenommene Hintergrund für das Verschwinden der Gesuchten und Galahad geht von einer Entführung aus. Neben den Fragen nach dem Aufenthaltsort und dem Warum stellt sich für ihn bald auch die Frage nach der Daseinsform des Entführers.

Hologrammatica ist ein durchgehend spannend geschriebener, sehr komplexer Thriller. Tom Hillenbrand entwirft ein realistisch erscheinendes Zukunftsbild von der Menschheit, ihrer Welt und auch darüber hinaus. Er lässt seinen Protagonisten im Rückblick von den Ereignissen der vergangenen etwa 50 Jahre erzählen, aus denen ein Zwischenfall hervorsticht bei dem eine Künstliche Intelligenz dazu beitrug, die Bevölkerung zu dezimieren. Der Autor beschreibt stellenweise detailverliebt und dadurch nachvollziehbar. Die Fäden der Geschichte behält er in der Hand und gibt etwa auf der Hälfte der Erzählung nochmals einen Gesamtüberblick über die inzwischen aufgebaute Szenerie. Ich fand es sehr beeindruckend mit welcher Raffinesse er Möglichkeiten der Existenz beschrieben hat, bei denen letztlich schwer zu definieren ist, ob es sich dabei noch um Mensch oder Software in einem menschlichen Körper handelt.

Tom Hillenbrand hat mit Verve über die kommenden Jahrzehnte geschrieben und dabei etliche neuartige Ideen eingebaut. Dabei lässt er eine kritische Auseinandersetzung im Umgang mit Daten anklingen ebenso wie mit der Frage, woran man den Begriff Mensch verorten kann, wenn es möglich ist, sich in verschiedenen Daseinsformen zu zeigen. Ich fand „Hologrammatica“ spannend bis zum Ende, lesens- und unterhaltenswert und empfehle das Buch gerne weiter an Leser des Genres ScienceFiction.

Veröffentlicht am 16.07.2018

Transportiert tiefe Emotionen

Die Schönheit der Nacht
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Im Roman „Die Schönheit der Nacht“ von Nina George, sucht die Protagonistin Claire nach ihrem Selbst. Ihre Gedanken stürzen sie dabei in einen Strudel der Gefühle. Der alljährliche Urlaub in der Bretagne ...

Im Roman „Die Schönheit der Nacht“ von Nina George, sucht die Protagonistin Claire nach ihrem Selbst. Ihre Gedanken stürzen sie dabei in einen Strudel der Gefühle. Der alljährliche Urlaub in der Bretagne steht kurz bevor. Er ist immer mit einer Fahrt durch die Nacht verbunden, dem Meer entgegen. Die Nächte in der nordwestlichen Region Frankreichs können still sein und zum Nachdenken anregen. Claire liebt die Momente in denen sich die Schönheit der Zeit der Dunkelheit offenbart. Der Reißverschluss des Kleids der Frau auf dem Cover verführt zum Öffnen und scheint nach einem passenden galanten Menschen dafür zu suchen. Gleichzeitig verspricht er nach dem Herabziehen im übertragenen Sinn einen Blick unter die Oberfläche.

Claire ist Anfang 40 und Verhaltensbiologin. Sie erhält als Professorin der Universität ein festes Gehalt, das die Lebensgrundlage der Familie bildet, denn ihr Ehemann Gilles ist freischaffender Komponist. Durch ihren Beruf bedingt kann sie Handlungen erklären und scheint tief in das Gewissen des Menschen blicken zu können. Ihr Sohn Nicholas war kein Wunschkind, doch sie war immer für ihn da. Jetzt ist er 21 Jahre alt und stellt seinen Eltern seine neue Freundin Julie vor. Er ahnt nicht, dass Julie in ihrem Job als Reinigungskraft im Hotel seine Mutter bereits getroffen hat und daraus eine prekäre Situation erahnt. Julie wird zum gemeinsamen Urlaub eingeladen. Für die beiden Frauen ist es der Beginn einer Suche nach sich selbst, nach dem was sie sein wollen und dem Abwägen, wie viel Offenheit darüber die Mitglieder einer Familie ertragen können.

Ihren Fokus legt die Autorin im Roman auf die weiblichen Protagonistinnen Claire und Julie. Als allwissende Erzählerin wechselt sie mühelos die Perspektive und taucht tief in die Gedanken ihrer Figuren ein. Claire beobachtet gerne ihre Mitmenschen und hinterfragt deren Handlungen. Sie setzt sie in Bezug auf ihr eigenes Tun und Denken. Es ist nicht leicht für sie, ihren Sohn loszulassen, die Lücke des „Sichkümmerns“ ist auszufüllen und ermöglicht ihr, sich wieder mehr ihrem Ehemann zuzuwenden. Doch ihr Verhältnis zueinander hat sich im Lauf der Zeit geändert und Claire möchte eigentlich lieber sich selbst gehören, endlich ein selbstbestimmtes Leben führen ohne Verpflichtungen anderen gegenüber. Julie dagegen, muss sich darüber eine Meinung bilden, ob sie bereit ist, mit Nicholas ihren weiteren Lebensweg zu gehen. Schon zu Beginn des Kennenlernens seiner Eltern ist sie sehr darum bemüht sich so verhalten, dass sie im Familienkreis anerkannt wird. Die Nähe zu Claire löst in ihr unbekannte Empfindungen aus und ändert ihre Einstellungen.

Nina Georges Sprache ist voller Ausdruckskraft. Jeder ihrer Sätze erscheint durchdacht und platziert, ohne je künstlich zu wirken. Sie versteht es die Gefühle jedes einzelnen Charakters einzufangen und die Emotionen zum Leser hin zu transportieren. Ihre Geschichte hat sie in einer wundervollen Landschaft platziert, die ich selbst schon kennen gelernt habe und mir dadurch die Szenen noch besser vorstellen konnte. Durch das Einflechten von französischen Wörtern zaubert sie ein wenig landestypisches Flair in den Roman.

Erneut gelingt es Nina George mit „Die Schönheit der Nacht“ einen Roman vorzulegen, der tiefe Emotionen transportiert und den Leser berührt und bewegt, so dass er noch lange nachhallt. Gerne empfehle ich das Buch weiter.