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Veröffentlicht am 21.07.2023

Wenn das Alltagsleben durch den Klimawandel zur Herausforderung wird

Blue Skies
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Mit seinem Roman „Blue Skies“ unterhält T.C. Boyle den Lesenden mit einem besorgniserregenden Szenarium, das sich an der Ost- beziehungsweise Westküste der USA abspielt. Der Titel wird zum Homonym, wenn ...

Mit seinem Roman „Blue Skies“ unterhält T.C. Boyle den Lesenden mit einem besorgniserregenden Szenarium, das sich an der Ost- beziehungsweise Westküste der USA abspielt. Der Titel wird zum Homonym, wenn die Sonne nicht nur auf die Erde strahlt, sondern ihre gesamte Kraft ununterbrochen wirkt. Die Geschichte spielt irgendwann zwischen heute und der nahen Zukunft. Es ist unverkennbar, dass die Figuren der Geschichte zunehmend die Folgen des Klimawandels spüren und damit lernen müssen umzugehen. Die Umschlaggestaltung reizt durch Gegenfarben, die mich neugierig auf den Inhalt machten.

Die Protagonistin Ottilie hat das Rentenalter bereits erreicht, aber ihr Ehemann wird als Arzt seine Praxis noch eine Weile weiterführen. Die beiden leben in Kalifornien, das von Hitze geplagt wird, unter Wassermangel leidet und infolgedessen Brände drohen. Ihr Sohn Cooper ist Entomologe. Er hat seiner Mutter empfohlen, ihre Ernährung umzustellen und Insekten statt Fleisch zu essen. Während Cooper unweit von zuhause seine Studien betreibt, lebt Ottilies Tochter Cat seit geraumer Zeit in Florida. Der Bundesstaat wird zunehmend von Stürmen und Überschwemmungen heimgesucht. Aus Langeweile und damit ihre Fotos in den Sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit erhalten kauft die Influencerin sich einen Tigerpython. Doch sie hat die Gefahr, die von der Schlange ausgeht, unterschätzt. Außerdem hat sie mit dem Kauf das Unverständnis ihres Bruders auf sich gezogen, der sich durch seine Lebensweise für die Natur in jeder Form einsetzt.

Der Klimawandel ist da, in den unterschiedlichsten Formen und bedroht Existenzen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen. Ottilie und ihre Familie gehören zur oberen Mittelschicht. Der Autor verdeutlicht beispielhaft, dass sie sich von ihrem Geld sicher einen guten Lebensstil leisten, aber sie die Erwärmung der Erde allein mit monetären Mitteln nicht aufhalten können. Wesentlich dafür wäre ein Umdenken. Auch in dieser Hinsicht setzt T.C. Boyle seine Figuren mit Bedacht. Während Cooper seine Arbeit dem Naturschutz widmet, hat seine Schwester zwar einen Hass gegen die extremen Wetterlagen entwickelt, hält aber an ihrem Status quo fest. Der Autor spitzt ihr Schicksal durch zahlreiche Wendungen zu. Insgesamt fließt in Cats Umfeld reichlich Alkohol, mit dem man sich ironischerweise zwar die Welt schön trinken, aber auf keiner Weise ändern kann, im Gegenteil.

Ich spürte beim Lesen, dass dem Autor das Thema Klimaschutz sehr am Herzen liegt. Die Erzählung erfordert Hintergrundwissen, das T.C. Boyle dank seines Interesses und sehr guter Recherche ganz nebenher einflechtet. Es fehlt auch in diesem Roman nicht an Zynismus, der zu seinem Schreibstil gehört. Aus eigener Erfahrung heraus kann ich empfehlen, den Roman an sehr warmen Tagen zu lesen, denn damit intensiviert sich die Vorstellung der fiktiven Geschehnisse.

T.C. Boyle konnte mich in seinem Roman „Blue Skies“ immer wieder neu mit den Handlungen seiner abwechslungsreich gestalteten Figuren überraschen. Er zeigt, dass das alltägliche Leben durch den Klimawandel zur ständigen Herausforderung werden kann. Die Geschichte bleibt auf diese Weise im Gedächtnis und hallt nach, weswegen ich sie gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Große Herausforderung für eine behütet aufgewachsene Fabrikantentochter in einem kleinen Eifeldorf

Eifelfrauen: Das Haus der Füchsin
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In einem kleinen abgelegenen Eifelort, dort, wo sich nach dem Sprichwort Fuchs und Hase gute Nacht sagen, steht das Haus, das die Fabrikantentochter Johanna Fuchs 1920 erbt. Bereits bei der ersten Erkundung ...

In einem kleinen abgelegenen Eifelort, dort, wo sich nach dem Sprichwort Fuchs und Hase gute Nacht sagen, steht das Haus, das die Fabrikantentochter Johanna Fuchs 1920 erbt. Bereits bei der ersten Erkundung fühlt sie sich zu dem Anwesen hingezogen. In mondhellen Nächten wird der Garten von einer Fähe besucht, was neben dem Nachnamen der Erblasserin dem Haus den Namen gegeben hat. Aber Verwandte und Freunde sind skeptisch, ob die verwöhnte 21-Jährige dort allein zurechtkommt. Brigitte Riebe wirft in ihrem Roman „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ auf den ersten Seiten diese Frage auf, wodurch sich eine gewisse Hintergrundspannung ergibt. Sie führt ihre Protagonistin über etliche Höhen und Tiefen bis zum Jahr 1938. Der Band gehört zu einer Dilogie, daher wird es eine Fortsetzung geben.

Johanna ist die jüngste der fünf Geschwister der Familie Fuchs, die ein präsentables Haus in Trier besitzt. Der erste Weltkrieg hat einen großen Verlust gebracht und die Geschäfte laufen mäßig, aber die Hoffnung auf einen Aufschwung bleibt dem Tabakfabrikanten und das zeigt er auch nach außen hin. Als die Nachricht über das Erbe am Tag ihrer Volljährigkeit eintrifft, ist Johanna sehr erstaunt, denn der Name ihrer Tante Lisbeth ist in ihrer Gegenwart noch nie im Haus gefallen, soweit sie sich erinnern kann.

Es ist eine große Herausforderung für sie, das Erbe anzutreten, die nicht nur in der Anzahl und Schwere der Arbeit auf dem Anwesen liegt, sondern auch darin, sich gegen den Willen der Eltern durchzusetzen, die strikt dagegen sind, dass ihre Tochter allein in das etwa zwei Stunden entfernte Dorf zieht. Dabei lernte ich die Entschlossenheit der Protagonistin kennen, ihre Neugier darauf das Geheimnis, rund um ihre Tante zu lüften und ihre Kraft dazu, sich in einer unbekannten Umgebung zu bewähren und sich unter den oft distanziert wirkenden Einwohnern Respekt zu verschaffen.

Die promovierte Historikerin Brigitte Riebe bettet ihre Erzählung in ein Stück deutscher Geschichte ein, das nicht allgemein bekannt ist. Zu Beginn der 1920er Jahre ist die Zeit der Separatisten, die in den belgisch und französisch besetzten Gebieten des westlichen Deutschen Reichs einen eigenen Staat gründen wollten. Darüber hinaus erlebt Johanna aber auch die Zeit des Aufstrebens der Nationalsozialisten, die ihre Fühler bis in die kleinsten Ortschaften ausstreckten und vor denen es schließlich kein Ausweichen mehr gab.

Was mir am Schreibstil der Autorin besonders gefällt ist die Verknüpfung der Historie mit authentisch gestalteten Figuren. Brigitte Riebe findet genau das richtige Maß an Wissen, dass sie über die Zeitgeschichte dem Lesenden vermittelt, ohne abzuschweifen. Daher fällt es mir beim Lesen leicht, mir die Personen in ihrem Umfeld vorstellen. Das Agieren der Figuren ist begründet und vielfach mit Gefühlen versehen, weswegen ich es gut nachvollziehen konnte.

Der Roman „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ von Brigitte Riebe ist eine fesselnde und bewegende Geschichte über eine junge willensstarke Frau, die in Trier, einer der ältesten Städte Deutschlands wohlbehütet in einem betuchten Unternehmerhaushalt aufwächst. Zu Beginn der 1920er Jahre tritt sie in einem kleinen fiktiven Eifeldorf ihr Erbe an und scheut vor keiner machbaren Arbeit zurück. Schließlich findet sie für sich eine eigene besondere Form ihre Empfindungen auszudrücken. Ich fühlte mich bestens unterhalten und daher vergebe ich gerne eine Lesseempfehlung.

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Veröffentlicht am 04.07.2023

Überzeugende Figurengestaltung, ungewöhnlicher Schauplatz sowie alles über Feen

Emily Wildes Enzyklopädie der Feen
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Die Kanadierin Heather Fawcett lässt ihre Protagonistin Emily Wildes seit neun Jahren an einer „Enzyklopädie der Feen“ arbeiten. Im Buch mit gleichlautendem Titel berichtet Emily aus diesem Anlass über ...

Die Kanadierin Heather Fawcett lässt ihre Protagonistin Emily Wildes seit neun Jahren an einer „Enzyklopädie der Feen“ arbeiten. Im Buch mit gleichlautendem Titel berichtet Emily aus diesem Anlass über ihre tägliche Feldforschung, um anderen Forschern ein Protokoll darüber an die Hand zu geben und ihre Erinnerungen zu stützen. Sie ist 30 Jahre alt und arbeitet bereits acht Jahre lang als Professorin in Cambridge, was als Frau zur Zeit der Abfassung ihrer Aufzeichnungen im Winter 1909/10 bestimmt noch eine Seltenheit war. Außerdem ist sie eine der führenden Dryadologen. Ursprünglich waren Dryads die Geister von Eichen, inzwischen gehören zum Forschungsgebiet sämtliche übernatürliche Wesen.

Am liebsten arbeitet Emily für sich allein, denn der Kontakt zu anderen Menschen fällt ihr schwer, weil ihre Empathie eingeschränkt ist. Aufgrund ihrer Feldstudien ist sie regelmäßig an abgeschiedenen Orten Europas unterwegs. Aktuell führt ihr Weg sie nach Ljosland, das im Norden der Festlandküste Norwegens liegt. Im pittoresken Dorf Hrafsnvik begegnen ihr die Bewohner mit Skepsis, die Emily nicht zu beseitigen beabsichtigt. Erst als Wendell Bambleby, ihr hochgeschätzter Kollege und gleichzeitig größter Konkurrent um den Erhalt von wissenschaftlichen Meriten, wenige Tag nach ihr unerwartet im verschneiten und eisigkalten Ort eintrifft, wird ihr Leben angenehmer. Sie findet ihren Berufsgenossen nicht nur sehr attraktiv, sondern er nutzt seinen Charme auch bei den Dorfbewohnern, um von ihnen manche Gefälligkeit zu erhalten. Schon lange hegt Emily den Verdacht, dass sein Benehmen jenseits der menschlichen Natur sein muss.

Die Handlung startet behäbig mit der Ankunft Emilys und ihres Hunds, der treu an ihrer Seite ist. Als Ich-Erzählerin beschreibt sie zunächst ihre Probleme, sich an dem entlegenen Ort zurechtzufinden, was aufgrund ihres Charakters nicht verwundert. Die Autorin hat hier ein perfektes Setting für ihre Geschichte gefunden, denn in einer Gegend mit eisiger Atmosphäre und unberechenbarem, ungemütlichem Wetter nutzt sie eine kleine Dorfgemeinschaft, um Unstimmigkeiten zu stiften und den Lesenden darauf hoffen zu lassen, dass die Protagonisten Frieden herstellen können.

Emily bemüht sich in ihrem Bericht um einen akademischen Tonfall. Mit ergänzenden Ausführungen als Fußnoten möchte sie dem Lesenden die Welt ihrer Forschung nahebringen. Nachdem sie ihrer ersten Fee begegnet ist, kann sie ihre Begeisterung nicht gänzlich verbergen und auch ihre Gefühle für ihren Kollegen, sei es Wut, Furcht oder Zuneigung sprechen zwischen den Zeilen. Wendell vermittelt ihr die Notwendigkeit, mit den Einwohnern Kontakt zu halten, denn manche von deren Geschichten über magische Wesen sind die beste Grundlage für ihre Forschung. Auf diese Weise erfahren die beiden von den Sorgen, die die Feen einigen Dörflern ihnen bereiten.

Während Wendell lässig im Umgang mit allen Geschöpfen erscheint, nutzt Emily ihr Wissen, um die Probleme vor Ort meist unter eigenem Einsatz zu lösen. Dabei erfuhr ich als Leserin von den unterschiedlichsten Arten der mysteriösen Wesen und ihren gegensätzlichen Gesinnungen. Das Ungemach, das den Bewohnern durch die Feen bereitet wird, steigert sich zum Ende hin und verbandelt dabei das persönliche Schicksal von Wendell, was zu einer zunehmenden Spannung führt.

Heather Fawcett konnte mich mit dem besonderen Schreibstil ihres Cosy Fantasyromans „Emily Wildes Enzyklopädie der Feen“ bestens unterhalten. Die Figurengestaltung war überzeugend und der Schauplatz ungewöhnlich. Als Leserin vermittelte die Autorin mir das Gefühl, unmittelbar von den neuesten Erkenntnissen über die übernatürlichen Wesen zu erfahren. Gerne empfehle ich das Buch an Fantasylesende weiter. Auf die Fortsetzung freue ich mich.

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Veröffentlicht am 26.06.2023

Berührendes und einfühlsam geschriebenes Buch

Am Ende gibt es nur uns
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Die 33-jährige Architektin Wren ist glücklich, denn sie freut sich darauf, bald mit ihrem Verlobten Scott die Ehe zu schließen. Bei einer Kaffeepause an einem heißen Tag sieht sie ihn, wie er sich auf ...

Die 33-jährige Architektin Wren ist glücklich, denn sie freut sich darauf, bald mit ihrem Verlobten Scott die Ehe zu schließen. Bei einer Kaffeepause an einem heißen Tag sieht sie ihn, wie er sich auf einer Bank mit seiner Angestellten unterhält. Seine Gesten und Blicke sprechen ihre eigene Sprache und Wren ist sich sicher, dass er eine neue Liebe gefunden hat, was sich bald darauf auch bestätigt. Die Engländerin Paige Toon schreibt in ihrem Roman „Am Ende gibt es nur uns“ von dem Ende einer Beziehung und dem Umgang der Protagonistin mit dem Trennungsschmerz.

Wrens Eltern sind geschieden und ihr Vater lebt seit vielen Jahren mit seiner zweiten Frau in den USA. Weil sie Abstand zu ihrem früheren Verlobten gewinnen möchte, entscheidet sie sich dazu, die beiden zu besuchen, die seit kurzem eine Farm für Obst und Gemüse in Indiana betreiben. Mehr und mehr wird ihr bewusst, dass sie früher die Schuld für den Weggang ihres Vaters bei sich gesucht hat. Seither hat sie sich von Personen distanziert, die versuchten, ihr nahe zu kommen, weil sie befürchtete, gefühlsmäßig verletzt zu werden. Die Trennung von ihrem Verlobten scheint ihre Vermutungen zu bestätigen.

In der Nähe ihres Vaters lebt ihre inzwischen verheiratete Halbschwester Bailey. Ihr Verhältnis zueinander war bisher so, dass sie einander akzeptieren, aber nicht besonders zugeneigt waren. Wren ist eifersüchtig über die Aufmerksamkeit, die ihr Vater ihrer Schwester zukommen lässt. Als sie ihren Aufenthalt in Indiana verlängert, gewinnt Bailey mehr Platz in Wrens Leben. Sie begreift, dass auch die Kindheit ihrer Schwester nicht immer einfach war.

Bei einem Kneipenbesuch lernt sie die beiden Brüder der benachbarten Farm kennen, die in ihrem Alter sind. Von dem Jüngeren der beiden fühlt sie sich von Beginn an hingezogen. Doch er verbirgt etwas in seinem Leben, durch das er sich nicht auf sie einlassen kann. Lange Zeit waren seine Reaktionen auf die vorsichtige Annäherung von Wren für mich als Leserin genauso wie für die Protagonistin irritierend. Erst zum Ende hin deckt Paige Toon das Geheimnis auf und gibt dadurch dem Verwirrspiel einen Sinn. Obwohl die Autorin darauf hinweist, dass Alkohol keine Probleme löst, sind ihre Figuren ihm des Öfteren über das Maß zugeneigt, was mich verwunderte.

Paige Toons Stärke liegt darin, innere Konflikte darzustellen. Über viele unerwartete Höhen und Tiefen hinweg hoffte ich als Leserin des Romans „Am Ende gibt es nur uns“, dass es für die Protagonistin Wren ein Happy End für ihre Liebe geben wird. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für dieses berührende und einfühlsam geschriebene Buch.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Szenario einer Welt von morgen, die nachdenklich stimmt

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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Am Anfang steht eine Wette. Sie ist der Beginn einer Geschichte mit tragischen Verwicklungen, die sich über viele Jahre hinzieht. Der Brite John Ironmonger erzählt sie in seinem Roman „Der Eisbär und die ...

Am Anfang steht eine Wette. Sie ist der Beginn einer Geschichte mit tragischen Verwicklungen, die sich über viele Jahre hinzieht. Der Brite John Ironmonger erzählt sie in seinem Roman „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“. Als Schauplatz der Begebenheiten hat der Autor unter anderem den kleinen fiktiven Ort St. Piran an der Küste Cornwalls gewählt, in dem bereits sein Bestseller „Der Wal und das Ende der Welt“ spielte. Dabei ist das Buch keine Fortsetzung, sondern nutzt einfach nur das wunderbare Setting des Dorfs mit der rauen Küste und den steilen Felsen.
Die Erzählung beginnt mehr als achtzig Jahre nach der Wette in einer für uns noch greifbaren Zukunft. Ein genaues Datum wird nicht genannt. Dadurch ermöglicht es sich der Autor, den Umgang mit unserer Umwelt in der Vergangenheit aufzuzeigen, den aktuellen Entwicklungen zu folgen, um dann die Folgen der Klimakrise in einem erdachten Szenario weiterzuführen.
Die Wette wird einige Jahre vor unserer Gegenwart geschlossen. In St. Piran sind damals viele Bewohner Fischer. Sie trinken sich gerne nach Feierabend ein Bier im örtlichen Pub. Der 19-jährige Tom studiert in London Geowissenschaften und kehrt in den Semesterferien in seinen Heimatort zurück. An einem Abend, an dem Tom im Pub einigen Alkohol konsumiert hat, betritt der Politiker Montague Causley die Kneipe. Er lebt in London, besitzt aber im Ort ein beeindruckendes Haus, das er meist vermietet und selten selbst nutzt. Tom wirft ihm in einem Disput vor, dass er den Klimawandel leugnen würde. Daraufhin kommt es zu der Wette, bei der beide sich nach einer festgelegten Anzahl von Jahren an einem festgelegten Platz treffen wollen. Die dann vorgefundenen Umstände werden aus dem einen Helden und aus dem anderen einen Schurken oder eine tragische Figur machen. Für die beiden scheint es nicht die Möglichkeit zu geben, von der Wette zurückzutreten, denn ein Freund von Tom hat die Auseinandersetzung mit dem Handy gefilmt und ins Netz gestellt und keiner von ihnen will vor der Menschheit als Feigling dastehen.
John Ironmonger schaut auf das Leben der beiden Protagonisten, immer im Abstand von einigen Jahren. Während Montague versucht, seine Karriere in der Politik weiter voranzutreiben, beschäftigt Tom sich mit den Gründen für den Klimawandel. Speziell dazu erforscht er die Eisschmelze im Nordpolarmeer. Ganz nebenher baut der Autor dabei interessantes Wissen über die Veränderung des Klimas ein und spekuliert im Folgenden über mögliche Entwicklungen, die sich mit oder ohne das Eingreifen der Regierungen der Welt ergeben könnten.
Die Figuren sind mit Ecken und Kanten gestaltet. Beide Protagonisten sind aufgrund ihres Charakters per se keine Sympathieträger. Sie sind viel zu sehr von sich selbst eingenommen, um von dem anderen zu lassen. Trotz ihrer verschiedenen Meinungen bleiben sie respektvoll im Umgang miteinander, auch wenn sie mit ihren gezielt umgesetzten Absichten nicht immer Gutes im Schilde führen. Das Raufen um ein Quäntchen mehr von Einfluss über den anderen führt zu einigen Cliffhangern, die die Erzählung spannend gestalten und mich als Leserin immer wieder hoffen ließen, dass die beiden eine Möglichkeit finden, die Wette zurückzunehmen oder einfach zu vergessen.
In seinem Roman „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“ zeigt John Ironmonger mit beeindruckenden Schilderungen von eisigen Landschaften einige potentielle Entwicklungen im Bereich des Klimas, die nachdenklich stimmen. Dazu gesellt sich seine Stärke im Bereich der Beschreibung des Miteinanders seiner Figuren. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese nahegehende Geschichte, die uns vom Thema her alle interessieren sollte.

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