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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.03.2022

Die Realität ist unfassbarer als jeder Krimi

Wahre Verbrechen
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Christine Brand, Gerichtsreporterin und Bestsellerautorin, schildert die dramatischten Fälle, die sie in ihrer Zeit als Gerichtsreporterin erlebt hat.
Unvorstellbare Brutalität und Empathielosigkeit sind ...

Christine Brand, Gerichtsreporterin und Bestsellerautorin, schildert die dramatischten Fälle, die sie in ihrer Zeit als Gerichtsreporterin erlebt hat.
Unvorstellbare Brutalität und Empathielosigkeit sind in der heutigen Justiz schwer zu beweisen und zu sanktionieren.

All diese Fälle zeigen, wie lange es dauert, vom Zeitpunkt des Verbrechens bis zum Gerichtsverfahren und dann noch einmal Monate oder auch Jahre bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Es ist erschütternd, welcher Aufwand betrieben wird von den Ermittlungsbehörden und das teilweise ohne Erfolg, weil ihre erfindungsreichen Methoden dann manchmal nicht rechtskonform sind.
Christine Brand stellt mit diesem Buch unter Beweis, dass die unvorstellbaren Verbrechen und die schleppende juristische Aufarbeitung ihr nichts anhaben konnte und sie nicht haben abstumpfen lassen. Sie setzt den erschütternden Verbrechen eine empathischen Darstellung der Fälle entgegen. Sie zeichnet ein realistisches Bild der Opfer und Hinterbliebenen.
Ich wünsche mir mehr davon.

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Veröffentlicht am 24.02.2022

Furioses Finale

Violas Versteck (Tom-Babylon-Serie 4)
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Tom Babylon schöpft Hoffnung. Endlich hat er einen Hinweis auf seine vor dreiundzwanzig Jahren verschwundene Schwester Viola.
Bei einem Überfall an der U-Bahn kommen sein Vater und zwei ihm helfende Passanten ...

Tom Babylon schöpft Hoffnung. Endlich hat er einen Hinweis auf seine vor dreiundzwanzig Jahren verschwundene Schwester Viola.
Bei einem Überfall an der U-Bahn kommen sein Vater und zwei ihm helfende Passanten ums Leben. Tom wacht nach einem Überfall in einem Londoner Krankenhaus auf. Er kann sich an die letzten vier Wochen seines Lebens nicht erinnern.
Ist Viola in London? Ist er ihr hinterher gereist? Wo ist seine Familie?


Das war ein spannendes Finale, ein Page-Turner, der mich fast zum Wahnsinn gebracht hat.
Es war so spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte, aber die Zeitsprünge, „4 Tage vorher“, „eine Woche später“, „3 Wochen vorher“ waren ungeheuerlich. Natürlich wurde vom Autor immer dann ein Cut gesetzt, wenn ein Cliffhanger die Spannung auf die Spitze getrieben hatte. Aber was soll‘s, im Nachhinein habe ich es genossen.
Marc Raabe hat mit den Lesern gespielt. Immer wenn man glaubte, dass die Lösung in einer bestimmten Richtung zu finden war, erfolgte eine rigorose Richtungsänderung. Man bekam immer einen Zipfel der Wahrheit zu fassen, eine Ahnung, manchmal auch unglaubwürdig, um wieder zu logischen und nachvollziehbaren Schussfolgerungen zu kommen.
Ich möchte hier nicht weiter auf den Inhalt eingehen, um nicht Gefahr zu laufen zu Spoilern. Jeder Interessierte sollte sich den Genuss dieses Thrillers, dieses Finales, selbst gönnen.
Ich bin gespannt, was Marc Raabe sich einfallen lässt, wenn er sich mental von Tom, Sita und Viola getrennt hat. Ich freue mich drauf.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Hoch gelobt, aber nichts für mich

Meter pro Sekunde
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Ein Buch über das Er-und Einleben einer hinzugezogenen jungen Mutter in die Dorfidylle Westjütlands. Ihr Partner wechselt als Lehrer an die dortige Internatsschule.
Sie hat große Anfangsschwierigkeiten. ...

Ein Buch über das Er-und Einleben einer hinzugezogenen jungen Mutter in die Dorfidylle Westjütlands. Ihr Partner wechselt als Lehrer an die dortige Internatsschule.
Sie hat große Anfangsschwierigkeiten. Konversation mit den Nachbarn, Fahrschule, Kinderbetreuung bauen sich zu großen Hindernissen auf. Einzig die Arbeit in der Kummerkasten-Redaktion kann sie aufbauen.


Ich habe mich sehr schwer getan mit diesem Buch. Das ich es zu Ende gelesen haben, ist allein dem Rezensionsexemplar geschuldet. Wieder einmal habe ich mich von Lobeshymnen beeinflussen lassen, ohne vorher etwas von der Autorin gelesen zu haben.
Schon mit ihrem prämierten Schreibstil hatte ich Schwierigkeiten. Ich fand keinen roten Faden. Ich fand einfach keinen Zugang zu dem Text. Ich konnte keinen Weg zu irgendeinem Ziel erkennen, von Spannung und Spannungsbogen ganz abgesehen. Ständig überlegte ich, wo will die Autorin hin, wo ist die Entwicklung und Veränderung.
Natürlich gab es Passagen, wie zum Beispiel die eigene Bewertung ihrer Fahrstunden, die mich unterhalten haben und schmunzeln ließen. Auch als die beiden jungen Eltern eine Kinderbetreuung aussuchten, wurde ständig aneinander vorbeigeredet. Ich hatte den Eindruck, dass sie das gut fanden.
Aber ehrlich gesagt war mir das zu wenig Unterhaltung.
Der sehr eigenwillige Schreibstil dieser Autorin mag zwar Preis-würdig sein „Dänemarks erfolgreichster Roman der letzten Jahre“, aber mir hat er nicht gefallen.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Familiäre Abgründe

Nur ein schmaler Pfad
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Drei Monate, nachdem ihr Vater auf brutalste Weise ermordet wurde, findet Jolanthe Büscher ihre Mutter erhängt in ihrem Elternhaus vor.
Der Schreck, sie glaubt noch eine schwarze vermummte Gestalt neben ...

Drei Monate, nachdem ihr Vater auf brutalste Weise ermordet wurde, findet Jolanthe Büscher ihre Mutter erhängt in ihrem Elternhaus vor.
Der Schreck, sie glaubt noch eine schwarze vermummte Gestalt neben ihrer Mutter zu sehen, lässt sie die Treppe herunterstürzen. Als sie im Krankenhaus erwacht ist sie fest davon überzeugt, dass ihre Mutter keinen Selbstmord begangen hat, sondern ermordet wurde.
Keiner glaubt ihr. Mit der Zeit zweifelt sie selbst an ihren Verstand.

Das Cover und den Titel finde ich spannend. Es hat in mir einige Erwartungen geweckt. Habe ich einen Psychokrimi gelesen? Jein.
Es ging immer wieder Richtung Psychokrimi, aber die Erzählstruktur und der stetige Wechsel der Berichterstatter haben viel von der Spannung und vor allem vom Gänsehautfeeling genommen.
Den Ausdruck Berichterstatter habe ich bewusst gewählt, denn die Erzählweise der einzelnen Protagonisten kam mir wie Berichte ihrer Erlebnisse oder Arbeitsweisen vor. Es ging immer ins Detail. Es gab Wiederholungen, Beschreibungen von immer wiederkehrenden Abläufen, ungelenk oder unsicher formuliert. Für mich entstand einfach keine Psychokrimistimmung.
Die Fakten, was alles der Jola passierte, ihre Verunsicherung und ihre Selbstzweifel waren erkennbar, aber ich finde, die Spannung und das Grauen hätten von der Autorin stärker herausgearbeitet werden können, denn für mich war kein Spannungsbogen erkennbar.
Alles in Allem war es guter Plot, der eine bessere Darstellung verdient hätte.

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Veröffentlicht am 13.02.2022

Emotionale Achterbahn einer jungen Sängerin

Unser wirkliches Leben
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Gesangsstudentin Anna finanziert sich ihr aufwendiges Studium, in dem sie nachts Jazz in einer verrauchten Hotelbar singt und anschließend den Gästen als Gesprächspartnerin zur Verfügung steht.
Dort lernt ...

Gesangsstudentin Anna finanziert sich ihr aufwendiges Studium, in dem sie nachts Jazz in einer verrauchten Hotelbar singt und anschließend den Gästen als Gesprächspartnerin zur Verfügung steht.
Dort lernt sie auch Max kennen, um einiges älter als sie, verheiratet, in Trennung lebend und nur während der Woche in London lebend.
Der Kampf um Bühnenpräsens, die vielen Gesangsstunden und die Nächte in Max‘ Apartment fordern ihren Tribut.


Vorab möchte ich festhalten, dass die Sprecherin hervorragend zu Annas Geschichte passt. Die mädchenhafte Naivität, die Zweifel und vor allem die Unsicherheit der jungen Frau konnte Frau Voss mit ihrer Stimme und Klangfarbe sehr gut wiedergeben. Schwächen zeigten sich nur in ihrer Sprechweise bei männlichen Dialogen. Das hatte manchmal etwas großvaterhaftes in der Stimme.
Mit dem Inhalt der Geschichte um Anna war ich leider nicht so zufrieden. Die Betrachtung ihres Gefühlsleben hatte zu viele Längen. Das ständige Hinterfragen von Max, Lories und ihren eigenen Gedankengängen war ermüdend.
Sicher, der dornenreiche Weg einer Sopranistin auf der Karriereleiter wurde aufgezeigt, die wenigen Rollen auf der Opernbühne, die raren Plätze auf den Konzertbühnen und auch der riesige Konkurrenzkampf der Sängerinnen. Mir ist auch bewusst, dass Opernsängerinnen sensibel und mit viel Gefühl an ihren Rollen arbeiten müssen. Aber Annas komplettes Gefühlsleben privat wie beruflich fährt ständig Achterbahn. Sie hat ein großes Talent darin, sich in Situationen und Gefühlszuständen hineinzusteigern, dass sie sich ständig selbst blockiert.
In den 14 Stunden Hörerlebnis, die mir wie gesagt, viel zu lang waren und mich teilweise langweilten, hat mich eine Szene fasziniert. Anna beschreibt darin, wie sie sich in die Rolle einer Opernfigur zu Beginn ihres Auftritts hineingefühlt hat, eine Rolle, in die sie kurzfristig einspringen musste und deren Gesang sie in den Proben nur lesend begleitet hatte, da sie nur die Zweitbesetzung war.
Ansonsten empfinde ich Annas Gefühlwelt zu stark in Richtung Hysterie tendierend und das ist absolut nicht mein Ding.

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