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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.07.2020

Überzeugend und fesselnd

Der Fahrer
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Von seiner für ihn nur schwer zu ertragenden Geburtstag-Überraschungsparty stürmt Kommissar Jens Kerner nach dem Aufeinandertreffen mit seinem verhassten Bruder geradewegs auf einen neuen Tatort zu.

In ...

Von seiner für ihn nur schwer zu ertragenden Geburtstag-Überraschungsparty stürmt Kommissar Jens Kerner nach dem Aufeinandertreffen mit seinem verhassten Bruder geradewegs auf einen neuen Tatort zu.

In der Nähe des Präsidiums steht ein verlassenes Auto, dessen Fahrerin offenbar entführt wurde. Der Entführer hinterlässt auf dem Fahrzeug einen mit Leuchtfarbe gemalten Hashtag findemich. In den Sozialen Medien postet er ein Foto vom Entführungsopfer und legt gleichzeitig eine Spur für die Ermittler, damit sie ihn jagen können.

Er spielt mit der Polizei und will deren Versagen publik machen.



Ich habe selten einen so spannenden Thriller gelesen wie diesen.

Andreas Winkelmann gelingt es den Spannungsbogen über fast 400 Seiten hoch zu halten. 20 oder 30 Seiten vor Ende hatte ich immer noch keine Ahnung, wer diese Verbrechen begeht.

Ja, und die Lösung wirkte im ersten Moment, wie aus dem Hut gezaubert, aber dann fügt sich alles logisch und nachvollziehbar zusammen. Zum Schluss stellt sich mir die Frage, ob ich nachlässig gelesen habe. Eigentlich hätte ich doch etwas davon bemerken müssen, aber Andreas Winkelmann scheucht die Ermittler und somit auch die Lesen von einem begründeten Verdacht zum nächsten.

Den einzelnen Protagonisten gibt er so viel Profil, dass vieles wie ein Film vor dem geistigen Auge abläuft.

Eigenbrötlerische, teamunfähige Ermittler und kratzbürstige, aber weitgehend gerechte, weibliche Vorgesetze gibt es schon, aber das Besondere an diesem Ermittlerteam ist, dass trotzdem Teamarbeit entsteht und es gibt einen Zusammenhalt, den man weniger kennt.

Das ist mein erster Winkelmann-Thriller, aber mit Sicherheit nicht mein letzter.

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Veröffentlicht am 16.07.2020

Abgründe, ruhig und häppchenweise entlarvt

Abgrund
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Kommissar Huldar hat es dieses Mal mit einem besonders brutalen und ausgefallenden Verbrechen zu tun. Sein Team, Chefin Erla, sein junger Kollege Ludlangur und Praktikantin Lina nehmen voller Grauen den ...

Kommissar Huldar hat es dieses Mal mit einem besonders brutalen und ausgefallenden Verbrechen zu tun. Sein Team, Chefin Erla, sein junger Kollege Ludlangur und Praktikantin Lina nehmen voller Grauen den Tatort im Lavafeld in Augenschein. Einem Mann, Helgi Fridriksson, wurde ein Nagel in die Brust geschossen. Anschließend wurde er erhängt und bietet, in Sichtweite eines Empfangs für ranghohe chinesische Politiker, einen bizarren Anblick.

Alle Ermittlungsansätze führen zunächst ins Leere, bis die Ermittler eine Spur auf Helgis Computer entdecken…….


Wenn man wie ich bereits den vierten Band über Kommissar Huldar und Psychologin Freyja liest, ist es wie nach Hause kommen. Man ist wieder in Island, das Yrsa Sigurdardóttir so atmosphärisch beschreibt, dass man Land und Leuten näherkommt. Auch die Namensgebung erscheint immer unkomplizierter, erklärt sie doch jedes Mal die Art und Weise der Namensentstehung. Huldar und Freyja werden mit jedem Buch detaillierter gezeichnet und ihre Charaktere neu beleuchtet. Die Hintergrundgeschichte der Beiden macht Spaß und gibt oft zum Schmunzeln Anlass.

Das Verbrechen oder vielmehr die Verbrechen sind allemal verabscheuungswürdig.

Das schlimmste daran ist, dass viele Taten und Verbrechen nicht justiziabel verfolgbar sind. Wenn überhaupt Gerichtsverfahren eingeleitet werden, erhalten die Täter geringe Strafen, aber das Leben der vielen Opfer ist zerstört. Da kann man schon fast für Selbstjustiz Verständnis aufbringen.

Von diesen Gedanken abgesehen, empfand ich die Ermittlungen zielgerichtet und mit ruhiger Hand durchgezogen. Trotz Druck von Oben wurde in alle Richtungen ermittelt. Die Polizeiarbeit wird von Yrsa Sigurdardóttir stimmig, zwar nicht immer genau den Regeln entsprechend, aber zielstrebig und konsequent gezeigt.

Ich freue mich schon auf den nächsten Band, mit viel isländischem Lokalkolorit und vielleicht hat ja Huldars und Fryjas Beziehung doch noch eine Chance.

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Veröffentlicht am 27.06.2020

Neue Perspektive informativ und spannend

Ich bin dein Tod (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 9)
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Hauptkommissar Tino Dühnfort hat nach einer umfangreichen Weiterbildung zum Fallanalytiker sein neues Arbeitsfeld in der Abteilung Operative Fallanalyse gefunden. Seiner neuen Aufgabe sieht er mit eher ...

Hauptkommissar Tino Dühnfort hat nach einer umfangreichen Weiterbildung zum Fallanalytiker sein neues Arbeitsfeld in der Abteilung Operative Fallanalyse gefunden. Seiner neuen Aufgabe sieht er mit eher gemischten Gefühlen entgegen. Zukünftig wird er in Teamarbeit Fälle analysieren, Hypothesen entwickeln und Täterprofile erstellen. Selbstständig ermitteln oder sich von seinem Bauchgefühl leiten lassen geht jetzt nicht mehr. Er darf nur beratend den operativen Teams zur Seite stehen.

Aktuell wird seine Abteilung zu einem Doppelmord oder missglücktem Raub mit anschließendem Raubmord gerufen. Tino erkennt gleich anhand der Spurenlage einen anderen Tatablauf als den nach Einschätzung des ermittelnden Kommissars.

Frust, Ärger und unsinnige Machtkämpfe stehen einer raschen Lösung des Falls im Weg.



Wieder einmal ein spannender, interessanter und auch informativer Kriminalroman von Frau Löhnig.

Das ist jetzt mittlerweile der 11. Kriminalroman mit den beiden Kriminalkommissaren Dühnfort und Angelucci. Kennzeichnend für diese Reihe ist meines Erachtens, dass die private Geschichte des Paares im Hintergrund fortlaufend erzählt wird, dass die polizeiliche Ermittlungsarbeit detailliert und gut recherchiert aufgezeigt wird und dass durch die berufliche Veränderung der beiden Akteure verschiedene Bereiche der polizeiliche Arbeit beleuchtet werden.

Als Leser habe ich immer das Gefühl mitten drin zu sein, mitten in der Ermittlungsarbeit und mitten im Privatleben der Ermittler. In diesem Fall, wenn ich mich recht erinnere, war das auch in einigen anderen Büchern der Reihe, war der Leser auch im Täter.

Wir erfahren nach und nach was den Täter zu seiner Tat treibt, ohne dass wir den Täter gleich erkennen können. Eine nahezu unglaubliche Geschichte spielt sich vor unseren Augen ab. Man hat davon schon mal gehört, aber so lebendig und realitätsnah geschildert, kommen nicht nur die Kommissare ins straucheln und in Gewissenskonflikte.

Mit viel Feingefühl und Liebe zum Detail bringt Frau Löhnig uns eine Verbrechenskultur nahe, die ich eigentlich in unserer aufgeklärten Welt für nicht möglich gehalten habe.

Können hartnäckige und akribische Polizeiarbeit auch diesen Fall wieder lösen?

In der Realität würde ich mir es wünschen, dass solche Fälle öfters aufgedeckt würden.

Als Fazit möchte ich festhalten, dass Frau Löhnigs Krimis berühren, informieren und ungemein spannend sind. Ich freue mich auf das, was folgt.

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Veröffentlicht am 26.06.2020

Hulda, starke Frau und tragische Heldin

DUNKEL
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Kommissarin Hulda Hermannsdottir sieht ihrer Pensionierung mit Schrecken entgegen. Anstatt in ihrem letzten Ermittler-Jahr noch einmal ihre ganze Energie und Erfahrung einbringen zu können, wird sie von ...

Kommissarin Hulda Hermannsdottir sieht ihrer Pensionierung mit Schrecken entgegen. Anstatt in ihrem letzten Ermittler-Jahr noch einmal ihre ganze Energie und Erfahrung einbringen zu können, wird sie von ihrem Vorgesetzten gedankenlos aus ihrem Büro gedrängt. Ein jüngerer Mann, der im Gegensatz zu Hulda die Karriereleiter in großen Schritten überwindet, soll in zwei Wochen ihre Position übernehmen.

Einen einzigen sogenannten „Cold Case“-Fall, den sie sich aussuchen kann, ist ihr bis zum Abschied gestattet worden. Verbissen macht sie sich ans Werk.


Ragnar Jónasson, 1976 in Reykjavik geboren, Mitglied der britischen Crime Writers’Association und Mitbegründer des „Iceland Noir“, dem Reykjavik International Crime Writing Festival war mir bis dato kein Begriff.

„Dunkel“, der erste Teil einer Trilogie über Hulda Hermansdottir, hat mich tief beeindruckt.

Da ich im gleichen Alter wie Hulda bin, kann ich ihre Gedanken und Bewertungen sehr gut nachvollziehen. Was aber auch daran liegt, dass Jónasson einfühlsam und detailverliebt Hulda und die anderen Protagonisten skizziert. Ihr gesamtes Leben wird von ihm aufbereitet. Jede Zurückweisung, schon bereits in ihrer Kindheit geschehen und sich ihr ganzes Berufsleben durchziehend, wird aufgezeigt. Er zeigt, wie sie sich gegen die Zurückweisungen wehrt, Karrierebremsen wegarbeitet, junge Kolleginnen fördert, damit ihnen nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie Hulda. Trotzdem wird sie abgeschoben und verbeißt sich in ihren letzten Fall.

Der Schreibstil ist flüssig, aber auch dunkel und bedrückend. Nahezu deprimierend ist, mit anzusehen, wie Hulda sich bemüht und dabei Fähigkeiten entwickelt, die viele ihrer Kollegen nie erreichen können, und trotzdem immer wieder scheitert.

Dieser erste Teil ist richtig spannend. Man hofft und hofft und………….


Ich bin begeistert von diesem Buch, von diesem Schreibstil, bin aber auch davon überzeugt, dass ich alles über Hulda in diesem Buch erfahren habe. Somit wollte ich eigentlich nicht den zweiten Teil, der 15 Jahre früher spielt, lesen, aber die Leseprobe des neuen Buchs am Ende von „Dunkel“ hat mich eines Besseren belehrt. Das war schon wieder so spannend……….

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Veröffentlicht am 19.06.2020

Dramatische Famieliengeschichte

Die verlorene Frau
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Seaview Cottage 1960, Familiendrama im Elternhaus der 13-jährigen Rebecca Waterhouse. Draußen wütet ein kräftiger Sturm, aus dem Wohnzimmer glaubt sie eine zornige Stimme, Schmerzensschreie ihrer Mutter ...

Seaview Cottage 1960, Familiendrama im Elternhaus der 13-jährigen Rebecca Waterhouse. Draußen wütet ein kräftiger Sturm, aus dem Wohnzimmer glaubt sie eine zornige Stimme, Schmerzensschreie ihrer Mutter und einen Schuss zu hören. Nachdem Rebecca ins Zimmer gestürmt ist, stirbt ihre Mutter in ihren Armen.

Chichester 2014, Rebeccas älteste Tochter Jessy bekommt ihr erstes Kind. Ihre Tochter, Elizabeth, die einen Monat zu früh zur Welt gekommen ist, benötigt dringend Antibiotika, aber Jessy fühlt sich und ihre Tochter bedroht. Bei erst bester Gelegenheit flüchtet sie mit Elizabeth aus dem Krankenhaus. Eine dramatische Suchaktion beginnt.


Dramatisch und spannend wird diese Familiengeschichte vor uns ausgebreitet.

Themen wie Kriegstraumata, Familien bzw. Eherecht in Großbritannien der 50er Jahre, Treue, Solidarität der Dienerschaft, Mutterliebe, Eifersucht, Selbstständigkeit bzw. Berufstätigkeit von Muttern und noch mehr werden in diesem Buch verarbeitet. Die Geschichte ist fiktiv, aber nachvollziehbar aufgebaut. Beim Lesen wird schnell klar, dass es genauso hätte sein können.

Die einzelnen Charaktere sind liebevoll bis ins Detail gezeichnet. Man wird förmlich in die Geschichte hineingezogen und fühlt sich mittendrin bei der Suche nach Jessy und ihrem Baby. Stück für Stück kriegen wir mehr Einblick in die Vergangenheit der ganzen Familie. Erst ganz zum Schluss werden alle Geheimnisse offenbart.

Ein leichter und flüssiger Schreib-bzw. Erzählstil machen es fast unmöglich, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Und am Ende des Buchs fällt es schwer sich von den Protagonisten zu trennen.

Das Cover finde ich sehr gelungen. Es weist auf den Originaltitel „The Lost Child“ hin, den ich auch passender finde.

Ansonsten kann ich nur wiederholen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. Es war zeitweise so spannend, dass ich es viel zu schnell gelesen habe. Auf den Inhalt bin ich jetzt weniger eingegangen, da jedes Wort zu viel, die Spannung und Überraschung bei den Wendungen und gefundenen Puzzleteilen zerstören würde.

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