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Veröffentlicht am 01.04.2024

Filmwelt und Realität im Jahr 1929

Schatten des Todes
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„Schatten des Todes“ von Astrid Korten ist ein historischer Roman, der sehr eindrucksvoll in die Berliner Filmszene der 1930er Jahre entführt, eingebettet in die politisch schwelende Umbruchphase.

Worum ...

„Schatten des Todes“ von Astrid Korten ist ein historischer Roman, der sehr eindrucksvoll in die Berliner Filmszene der 1930er Jahre entführt, eingebettet in die politisch schwelende Umbruchphase.

Worum geht es?
Die Universal-Filmstudios drehen einen neuen Film. Als eine Bühnenbildnerin tot im Studio aufgefunden wird, erscheint es den Umständen gemäß allen als ein Unfall. Die Polizei legt den Fall ad acta. Harry Schneider, der Sicherheitschef der UFA, hegt jedoch Zweifel und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Er stößt dabei auf allerlei Seltsames, Geheimnisvolles und Übles.

Das Cover zeigt sehr gut passend die Komponenten des Buches: eine geheimnisvolle Frau, einen Mann, der ihr folgt, sie quasi beschattet, das Ganze umrahmt wie ein Filmstreifen. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt 1929. Der Roman gliedert sich in kurze Kapitel, jeweils übertitelt, jedoch ohne Datums- oder Ortsangaben. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich jener Zeit angepasst und detailreich, ohne in Längen auszuufern. Sehr anschaulich wird das Geschehen sowohl am Filmset, als auch außerhalb, im Berlin der damaligen Zeit beschrieben: Glanz und Glamour, gepaart mit Dekadenz, einerseits, politisches Machtstreben und Unruhe andererseits. Man spürt generell, wie akribisch recherchiert wurde. Man erfährt von Theorien und wissenschaftlichen Ideen und Bestrebungen der damaligen Zeit, manches zukunftsweisend, manches fühlt sich abstrus und irregeleitet an, zeigt aber deutlich die Basis für jene politische Wendung, die noch bevorsteht. Abgerundet wird der Roman durch eine Personenliste der realen und fiktiven Persönlichkeiten sowie durch die aufrüttelnden Anmerkungen der Autorin zum Rechtsextremismus und zu den Parallelen zur heutigen Zeit.

Ich kannte bislang von der Autorin bereits die extrem fesselnden Thriller aus der Overkill-Reihe, musste mich daher erst darauf einstellen, dass ein historischer Roman nicht denselben Spannungsbogen haben kann. Dafür ist in diesem Buch unheimlich viel Atmosphäre dieser Zeit verpackt. Man spürt sehr deutlich das lauernde Böse zwischen den Zeilen, Bedrohliches, Unheilvolles, Unheimliches und Gruseliges. Es gibt Action und Gefahrenmomente, überraschende Wendungen. Die historischen Persönlichkeiten wirken erstaunlich und manchmal erschreckend lebendig. Man hat stets das Gefühl, Harry Schneiders Begegnungen live mitzuerleben, dass es wirklich so war, wie es hier beschrieben und nicht der Fantasie entsprungen ist.

Die Charaktere sind unwahrscheinlich authentisch und mit Leben erfüllt eingefangen, was mich besonders bei den realen Protagonisten faszinierte, egal ob es sich um Personen der Filmbranche, Wissenschaftler oder politisch tätige Menschen handelt. Noch einfühlsamer und umfassender sind die Wesenszüge von Lara, der zweiten Hauptperson neben Harry Schneider, gezeichnet, schillernd, erotisch, geheimnisumwittert, zerrissen. Harry Schneider ist inmitten all den Intrigen und bösen Schwingungen ein Lichtblick, die gute Seele des Romans. Ein sympathischer Held, der sich von den Bösen weder kaufen oder fehlleiten lässt. Er lässt sich nicht beirren, bis er Motiv und Täter ermittelt hat. Unerwartet, aber nachvollziehbar ist das Ende.

Ich bin durch den Roman „Schatten des Todes“ in eine mir völlig fremde Welt eingetaucht und eingesogen worden, habe sehr viel über die Hintergründe, damals grassierende Ideologien, seltsame Sekten und verrückt anmutende Theorien erfahren, nebenbei Harry Schneiders Suche nach der Wahrheit mitverfolgt und in seinem Beisein Bekanntschaft mit Menschen gemacht, deren Namen mir zwar bislang ein Begriff waren, denen durch diesen Roman nun aber irgendwie Leben eingehaucht wurde. Vor allem wird man sehr nachdenklich, zu vieles heutzutage ähnelt den damaligen Anfängen.
Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte! 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 30.03.2024

Für und wider Pferderennen

Der Baron
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„Der Baron“ von Siegfried Schneider ist bereits der dritte Band mit den Südtiroler Ermittlerteams rund um Lukas Farner von der Staatspolizei und Giovanni Terranostra von Seiten der Carabinieri.

Worum ...

„Der Baron“ von Siegfried Schneider ist bereits der dritte Band mit den Südtiroler Ermittlerteams rund um Lukas Farner von der Staatspolizei und Giovanni Terranostra von Seiten der Carabinieri.

Worum geht es?
Der Unternehmer und Rennstahlbesitzer Berthold Warstein, von den meisten „der Baron“ genannt, wird zwei Tage vor dem „Großen Preis von Meran“ erschossen. Sein Rennpferd wäre Siegeranwärter gewesen. Wie sich bald herausstellt, war der „Baron“ nicht allseits beliebt. Farner und Terranostra müssen in viele Richtungen ermitteln.

Das Cover lässt bereits ahnen, dass der Pferderennsport im Mittelpunkt des Geschehens steht. Die Gestaltung ähnelt sehr den beiden Vorgängerbänden, was den Wiedererkennungswert stärkt. Für mich war dies nach „Der Banker“ das zweite Buch dieser Reihe. Obwohl jeder Fall dieser Reihe für sich alleine gelesen werden kann, würde ich dennoch raten, die Bände in chronologischer Reihenfolge zu lesen, allein um die Vorgeschichte und Entwicklung von Farner und Terranostra zu durchschauen.

Das Buch erschien 2024. Die Ermittlungen der Polizei laufen vom 24.9. bis 2.10.2010. Die Kapitel sind mit Tag und Monat übertitelt, allerdings ohne Jahreszahl. Letztere ergab sich für mich aus gewissen im Buch erwähnten Ereignissen, wie z.B. dem Todestag von Tony Curtis am 29.9.2010 (Seite 188). Der Schreibstil ist nicht nur flüssig, sondern ist durch humorvolle Dialoge aufgelockert. Das Südtiroler Lokalkolorit wird durch italienische Begriffe verdeutlicht, die im Glossar übersetzt bzw. erklärt werden, aber auch durch Beschreibungen von besonderen Örtlichkeiten. Dadurch, dass sich die Ermittlungen auch auf das Pferderennsport-Milieu erstrecken, erfährt man so nebenbei auch eine Menge darüber. Sehr vorteilhaft erweist sich im Übrigen die Personenliste – denn die personalstark besetzten Polizeiteams sind nur damit einigermaßen durchschaubar.

Grundsätzlich ist es ein typischer Whodunit-Krimi mit Schwerpunkt auf der Polizeiarbeit – die Spannung kreiert sich primär aus der Frage nach Motiv und Täter. Es wird, wie es so schön heißt, nach allen Richtungen ermittelt. Zahlreichen Hinweisen wird nachgegangen, Spuren werden verfolgt, jeder mit dem Ermordeten in Verbindung Stehende wird überprüft, von den Familienangehörigen angefangen über die Beschäftigten in seiner Firma und Geschäftskontakte bis zum Umfeld seines Rennstalls. Es wird so manches Geheimnis aufgedeckt, doch das meiste ist nicht hilfreich für die Lösung des Falles. Die mühsame polizeiliche Kleinarbeit bzw. die Zusammenarbeit der beiden Polizeiapparate wird durch die nach wie vor schwelende Animosität bzw. Rivalität zwischen Farner und Terranostra nicht gerade erleichtert, obwohl die beiden mittlerweile sehr professionell und beherrscht miteinander umgehen. Die Ermittlungserfolge lassen auf sich warten, eine Spur nach der anderen führt in die Irre, bis sich die Hinweise auf einen Verdächtigen verdichten. Mit diesem Täter hatte ich nicht gerechnet, sein Motiv war nachvollziehbar für mich. Mord ist nie gerechtfertigt, aber es gibt auch positive Tatmotive.

Chefinspektor Farner als zentrale Figur wirkt sympathisch, es herrscht ein lockerer Ton mit seinem Team, für Privatleben hat er wenig Zeit. Man fragt sich, wie lange ihm die verständnisvolle Freundin wohl bleiben wird. Generell sind die Personen, wohl auch bedingt durch die Vielzahl der Figuren, eher oberflächlich beschrieben, man kann sie sich optisch ganz gut vorstellen, aber charakterlich weisen sie wenig Tiefe auf.

„Der Baron“ ist ein ruhiger, unblutiger Regionalkrimi, mit unterhaltsamen Dialogen, der mich lange im Unklaren ließ, mir Raum ließ für eigene Theorien. Der Fall ist zwar gut aufgebaut, wartet mit unerwarteten Wendungen auf, doch leider sind die Spannungsmomente rar. Ich hätte mir ein paar Szenen gewünscht, die einen mitfiebern lassen, die Prickeln erzeugen. Nichtsdestotrotz hat mir das Buch kurzweilige Lesestunden beschert.

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Veröffentlicht am 28.03.2024

Land unter an der Nordseeküste

Das Blut der Nordsee
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„Das Blut der Nordsee“ von Fynn Jacob ist ein packender Kriminalroman, der so nebenbei sehr viel Wissen über den Hochwasserschutz an der Nordseeküste vermittelt. Es ist der zweite Fall mit dem deutsch-niederländischen ...

„Das Blut der Nordsee“ von Fynn Jacob ist ein packender Kriminalroman, der so nebenbei sehr viel Wissen über den Hochwasserschutz an der Nordseeküste vermittelt. Es ist der zweite Fall mit dem deutsch-niederländischen Ermittler-Duo Jaspari und van Loon.

Worum geht es?
Die deutsche Journalistin Teeske Saathoff aus Föhr wird in den Niederlanden ermordet aufgefunden. Sie hat bezüglich eines umstrittenen, politisch brisanten Küstenschutz-Projektes recherchiert. Hat sie deswegen sterben müssen? Welches Geheimnis umgibt Teeskes Familie?

Bereits das Cover stimmt auf die Nordseeküste, die ungestüme und gefährliche Kraft des Meeres ein. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, jeweils mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich stets sehr schätze, weil man sich sowohl örtlich als auch chronologisch bestens zurechtfindet. Abgesehen vom Rückblick auf ein Ereignis im Jahr 1976 spielt die Handlung in der Gegenwart. Es handelt sich um einen in sich abgeschlossenen Fall. Soweit erforderlich, sind Hinweise zur Vorgeschichte der Protagonisten vorhanden. Sehr anschaulich ist nicht nur das Lokalkolorit eingefangen, sondern auch die Thematik des Klimawandels und der erforderliche Schutz der Meeresküsten mit dem Kriminalfall verwoben. Als Österreicherin habe ich wenig Bezug zu den Gefahren, die aus der Meeresnähe erwachsen. Daher haben mich die Ausführungen über die Deichprojekte sehr beeindruckt – informativ, wissenserweiternd, auch für Laien gut verständlich.

Das Buch ist ab der ersten Seite spannend. Nach einem kurzen Rückblick auf Teeske als Kind, in dem man hautnah spürt, wie bedrohlich und unheimlich eine Sturmflut ist, ist man bereits mitten im Geschehen der Gegenwart. Wenn eine Deutsche in den Niederlanden tot aufgefunden wird, ist dies ein Fall für das länderübergreifende Ermittlungsteam mit Jaspari und van Loon, die jeweils vor Ort vorwiegend getrennt agieren – Jaspari im Umfeld ihrer Familie, van Loon bei Teeskes Recherchequellen in den Niederlanden. Durch die daraus entstehenden stetigen Perspektiven- und Ortswechsel gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich und lebendig. Zudem sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen; man will das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Im Zuge der Recherchen und der Verfolgung diverser Spuren vergrößert sich die Zahl der Verdächtigen zusehends, das gibt der Leserschaft Raum zum Miträtseln, leitet sie (wie die Ermittler) auf so manch falsche Spur. Bis sich Motiv und Täter in einem dramatischen Showdown offenbaren – für mich total überraschend.

Das Ermittler-Duo, die routinierte Iska und der jüngere, noch nicht so erfahrene Marten bilden ein gut zusammenarbeitendes Team. Sie wirken beide sympathisch und gehen voll und ganz in ihrem Beruf auf, zulasten ihres Privatlebens, das gut dosiert in den Fall einfließt und ihre Persönlichkeiten abrundet. Sie zeigen beide Stärken und Schwächen, Emotionen, Zweifel und Unsicherheiten, was sie lebendig und menschlich macht und ihre Handlungen nachvollziehbar.

„Das Blut der Nordsee“ war für mich ein Pageturner, eine exzellente Kombination eines mysteriösen Kriminalfalls mit der Atmosphäre der Nordseeküste. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter und vergebe 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Düstere Geheimnisse der Vergangenheit

Gnadenkalt
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„Gnadenkalt“ von Isa Klink ist nach „Steinkalt“ der zweite spannende Fall, in dem Kriminalpsychologin Cora Brecht und Kriminalhauptkommissar Till Moritz ermitteln.

Kurz zum Inhalt:
In unmittelbarer Nachbarschaft ...

„Gnadenkalt“ von Isa Klink ist nach „Steinkalt“ der zweite spannende Fall, in dem Kriminalpsychologin Cora Brecht und Kriminalhauptkommissar Till Moritz ermitteln.

Kurz zum Inhalt:
In unmittelbarer Nachbarschaft von Cora Brecht finden Jugendliche In einer verfallenen Lungenanstalt, einem sogenannten Lost Place, mumifizierte Leichen. Im Zuge von Coras Recherchen mit dem Cold Case Team dringen nicht nur Verbrechen der Vergangenheit ans Tageslicht, sondern ergeben sich Hinweise auf jenen aktuellen Mordfall, den Till Moritz zu lösen hat.

Das Cover, in einem ähnlichen Grünton gehalten wie Band 1, was einen ausgezeichneten Wiedererkennungswert vermittelt, zeigt schemenhaft Teile einer brüchigen Statue, sehr stimmig zu den Leichenfunden passend. Das Buch erschien 2024, die Handlung spielt in der nicht näher beschriebenen Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft, detailreich. Die Handlung ist durch stetige Perspektiven- und Ortswechsel abwechslungsreich und lebendig gestaltet. Durch die Kürze der Kapitel fliegen die Seiten nur so dahin, man will das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es handelt sich um einen in sich abgeschlossenen Fall. Soweit erforderlich, sind Hinweise zur Vorgeschichte der Protagonisten vorhanden.

Man wird von Beginn an in die Geschichte hineingesogen. Es beginnt gleich unheimlich und bedrohlich mit einem Mord. Danach wird es mystisch, esoterisch und gruselig, als eine Gruppe junger Geisterjäger in der verfallenen Lungenheilanstalt nahe Coras Zuhause ihr Unwesen treiben und dabei zufällig mumifizierte Leichen entdecken. Scheinbar zwei total verschiedene Fälle. Wie es sich bald zeigt, sind es komplizierte Fälle, denn es gibt kaum Ansatzpunkte für die Polizei. Die grauenhaften Verbrechen, die bei Coras Recherchen bezüglich der alten Klinik so nach und nach zutage kommen, machen betroffen. Je mehr Fakten vorliegen, desto klarer wird, dass Tills aktueller Mordfall mit den Übeltaten der Vergangenheit zusammenhängt, sowie dass es jemanden gibt, der verhindern will, dass die Geschehnisse der Vergangenheit aufgedeckt werden. Primär wird aus Coras Sicht erzählt, wobei man als Leser durch zwischengeschobene Einblicke in die Aktionen der Täterseite über einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern verfügt. Dennoch, selbst als ich wusste, wer die Täter sind, blieb es bis zuletzt infolge gefährlicher Situationen spannend, und schließlich sorgten unerwartete Wendungen für Überraschungsmomente.

Die Charaktere sind generell gut vorstellbar und lebendig gezeichnet. Im Mittelpunkt stehen Cora und Till, ein sympathisches Ermittler-Duo, das nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen zeigt, sowohl beruflich als auch privat. So vorteilhaft Coras Engagement und unbeugsamer Wille, den Fall zu lösen, die Hintergründe aufzudecken, auch sind, in manchen Situationen ist sie einfach zu unvorsichtig und impulsiv, hat in gefährlichen Situationen stets mehr Glück als Verstand. Als Psychologin verfügt sie über ein gutes Gespür für Menschen, ist feinfühlig und empathisch. Dennoch durchschaut sie Tills Ausflüchte erst relativ spät. Till liebt Cora sicher sehr, das zeigt sich in seiner Besorgnis um sie. Aber er hätte von Anfang an offen ihr gegenüber sein müssen. Ich bin gespannt, wie sich die von Zweifeln und Unsicherheit überschattete Liebesbeziehung weiterentwickeln wird.

„Gnadenkalt“ hat mir nicht nur fesselnde, sondern auch sehr emotionale Lesestunden beschert, denn die geschilderten Verbrechen lassen einen nicht unberührt. Mit Vorfreude sehe ich weiteren Fällen dieses Ermittler-Duos entgegen. 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 21.03.2024

Die Geheimagenten ermitteln in Artstetten

Im Schatten des Thronfolgers
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„Im Schatten des Thronfolgers“ von Christine Neumeyer ist bereits der dritte Band ihrer historischeren Krimireihe aus der Kaiserzeit, mit Polizeiagent Pospischil und Dr. Frisch als Ermittler.

Worum geht ...

„Im Schatten des Thronfolgers“ von Christine Neumeyer ist bereits der dritte Band ihrer historischeren Krimireihe aus der Kaiserzeit, mit Polizeiagent Pospischil und Dr. Frisch als Ermittler.

Worum geht es?
Im Schloss Artstetten wird bei Bauarbeiten für eine Familiengruft ein grausiger Fund entdeckt. Da dies die Sommerresidenz des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Gattin Sophie ist, ist Diskretion und Geheimhaltung vonnöten, somit werden Geheimagent Pospischil und sein Assistent Dr. Frisch als Ermittler nach Artstetten entsandt. Im Zuge der Recherchen stoßen die beiden auf allerlei unehrenhafte Machenschaften …

Das Cover wirkt etwas düster, symbolisiert die zu erwartenden dunklen Geheimnisse. Das Buch erschien 2024, die Handlung spielt im Jahr 1909. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, ist sprachlich der Zeit angepasst, der gut dosiert eingesetzte Dialekt macht das Lokalkolorit noch stimmiger. Die Kapitel sind angenehm kurz und – was ich persönlich stets sehr schätze – mit Orts- und Zeitangaben versehen. Die Handlung schließt unmittelbar an die Ereignisse des Vorgängerbandes „Der Kuss des Kaisers“ an. Es sind jedoch jeweils abgeschlossene Fälle, somit auch für Quereinsteiger problemlos voneinander unabhängig zu lesen.

Was ich so besonders an dieser Krimireihe schätze, ist, wie die Autorin die Atmosphäre jener Zeit einfängt, mit vielen manchem Leser vielleicht zu unwesentlich vorkommenden Details, die es aber meiner Meinung nach gerade sind, die das Zeitbild authentischer machen und zeigen, wie intensiv die Recherchen betrieben wurden. Vieles befindet sich im Umbruch, wozu auch die Technik einiges beiträgt. Automobile sind selten, am Land kaum Telefonleitungen verlegt, es fahren noch Dampfeisenbahnen und Kommunikation ist umständlich, der Polizeiarbeit sind ermittlungstechnisch noch viele Grenzen gesetzt. Sehr augenscheinlich werden nicht nur die Klassenunterschiede aufgezeigt, sondern insbesondere auch die damalige Stellung der Frauen, deren Sinn und Zweck primär Hausfrau und Mutter war. Doch manche jungen Frauen streben bereits nach Selbstständigkeit. Schloss Artstetten und dessen Park sind anschaulich beschrieben. Wunderbar eintauchen kann man auch in die malerische Landschaft des Nibelungengaus, Appetit machen die Köstlichkeiten der Region - ob es sich nun um die ausschweifenden Festlichkeiten der Adeligen dreht oder das einfache, bodenständige Essen. Last but not least wird die politische Situation angesprochen, die Veränderungen, die man sich von Erzherzog Franz Ferdinand als zukünftigen Kaiser erwartete.

Was die Spannung anbelangt, so ist es ein eher ruhiger Verlauf, von einigen Spannungsmomenten abgesehen. Perspektiven- und Szenenwechsel gestalten die Handlung dennoch abwechslungsreich, offenbaren verdächtige Gestalten und zwielichtige Machenschaften, lassen sowohl Ermittler als auch Leserschaft lange im Dunkeln tappen. Erst ein weiterer Mord führt zum wahren Täter.

Die agierenden Personen wirken lebendig und authentisch in ihrem jeweiligen Umfeld. Das Ermittler-Duo ist sympathisch, empathisch und behandelt die Menschen nie herablassend. Pospischil ist der erfahrene Polizeibeamte, er agiert ruhiger, besonnener, verfügt über große Menschenkenntnis. Dr. Frisch zeichnet sich durch Fachwissen, modernes Know-how aus, ist aber bei Befragungen oft noch zu ungeduldig und zu direkt. Die beiden verkörpern in gewisser Weise den Umbruch der Jahrtausendwende. Der schon beinahe pensionierte Pospischil ist misstrauisch der modernen Technik gegenüber, er ist noch ein typischer Beamter des Kaiserreiches, während Dr. Frisch für alles Neue aufgeschlossen ist, ihm kann der Fortschritt gar nicht schnell genug voranschreiten. Beide zeigen Gefühle, ebenso der jungverheiratete Dr. Frisch, als auch Pospischil, der sich trotz seines Alters auf Freiersfüßen bewegt.

„Im Schatten des Thronfolgers“ war ein historischer Krimi nach meinem Geschmack, der mir mit den liebenswürdigen Charakteren und dem stimmigen historischem Ambiente genussvolle Lesestunden beschert hat. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall.


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