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Veröffentlicht am 27.01.2020

Gelungener Auftakt!

Falling Skye (Bd. 1)
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„Falling Skye – Kannst du deinem Verstand trauen?“ ist der Debütroman von Lina Frisch und ich bin jetzt schon sehr gespannt, was sich die junge Autorin für uns im zweiten Teil der Reihe ausdenken wird. ...

„Falling Skye – Kannst du deinem Verstand trauen?“ ist der Debütroman von Lina Frisch und ich bin jetzt schon sehr gespannt, was sich die junge Autorin für uns im zweiten Teil der Reihe ausdenken wird. Wer realistische Dystopien mit jugendlichen Charakteren und einer angespannten Atmosphäre mag, sollte unbedingt weiterlesen.

Nach einer katastrophalen Fehlentscheidung hat sich in den Vereinigten Staaten von Amerika viel geändert. Die Kristallisierung hat begonnen und so sind die USA zu den „Gläsernen Nationen“ geworden. Hier werden die Menschen nun in zwei verschiedene Traits unterteilt. Es gibt die Emotionalen und die Rationalen. Diese Klassifizierung soll als Schutz vor weiteren Fehlentscheidungen dienen. Emotionale dürfen fortan nur gewisse Berufsfelder ergreifen, die beispielsweise im Sozialwesen liegen. Ärzte, Anwälte und Politiker sind nur noch für Rationale ergreifbare Berufe. Selbst bereits praktizierende Ärzte, bei denen festgestellt wird, dass sie emotional sind, müssen ihren Beruf aufgeben. Hierfür wurde sogar eine eigene Art Arbeitslosengeld geschaffen, das sich E-Care nennt. Die Regierung der Gläsernen Nationen macht den Menschen glaubhaft deutlich, dass es nur durch die Unterscheidung in Traits möglich sei, die Stärken und Schwächen eines jeden Bürgers für das Gemeinwohl zu nutzen. Mit 18 Jahren erfolgt die Testung der Jugendlichen und somit auch die Bestimmung über ihr weiteres Leben. Doch plötzlich werden auch alle 16-Jährigen zur Testung einberufen. Mitten unter ihnen Skye, die sich nichts sehnlicher wünscht als mit ihrem besten Freund Elias an der Cremonte Universität zu studieren - eine Universität, die nur für Rationale zugelassen ist. Sie ist vor der vorgezogenen Testung besonders aufgeregt. Will sie doch ihren Vater, der bei der Regierung arbeitet, auf keinen Fall enttäuschen und als Rationale eingestuft werden. Immerhin ist ihr Vater auch der einzige Elternteil, der ihr geblieben ist. Ihre Mutter hat die Familie vor vier Jahren ohne ein Wort des Abschieds verlassen und kam nicht mehr zurück.

Mehr zum Inhalt, möchte ich erst einmal nicht verraten, denn schon befindet man sich als Leser/in mitten in diesem dystopischen Roman und begleitet Skye auf ihrem Weg zum Athene-Zentrum, in dem die Testung stattfinden wird. Trotz der angespannten Stimmung Skyes kommt man sich vor als säße man im Zug auf dem Weg nach Hogwarts und wird gleich unter den sprechenden Hut gesetzt. Ich war sofort Feuer und Flamme und auf den Fortgang der Geschichte, auf das Athene-Zentrum und auf die Tests gespannt.

Ein mysteriöser Unbekannter, der den Auftrag hat, Skye auf jeden Fall zum rationalen Trait zu verhelfen, bringt ebenfalls direkt zu Beginn Spannung in die Ereignisse. Er schafft es sich als Testleiter Alexander auszugeben und gibt sich fortan größte Mühe Skye´s emotionale Fehltritte zu vertuschen. Man erfährt nicht viel über ihn und seine Beweggründe und doch war er mir von Anfang an sympathisch. Zum Großteil erlebt man die Geschichte aus Sicht von Skye, es gibt jedoch auch immer kurze Einblicke aus der Sicht des Unbekannten. Der Schreibstil der Autorin gefiel mir dabei sehr gut, er passte hervorragend zum Buch und transportierte die Gefühle der Charaktere jederzeit.

Im Athene-Zentrum angekommen, häufen sich direkt Neuerungen und Ungereimtheiten, die Skye, einige andere Expektanten und Alexander verunsichern. Wieso wurde der Ablauf der Testung verändert? Wieso gibt es plötzlich ein Ranking? Die immer wieder neu auftauchenden Fragen ließen mich neugierig weiterlesen.

Besonders gut gefiel mir an diesem Roman, wie die dystopische Welt der Gläsernen Nationen beschrieben und gestaltet wurde. Es waren viele Kleinigkeiten, die dazu führten, dass ich mir die Umgebung sehr gut vorstellen konnte. Für mich ist die richtige Atmosphäre beim Lesen immer einer der wichtigsten Punkte und bei „Falling Skye“ stimmt sie zu jeder Zeit! Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Charaktere und ihre Authenizität. Die Figuren fand ich interessant gestaltet. Neben Alexander gefiel mir Luce am besten. Sie wirkte sehr authentisch und selbstbewusst. Skye hat mich hin und wieder etwas angestrengt, weil sie manchmal etwas naiv handelte. Für mich ist das jedoch kein Kritikpunkt – Teenies dürfen sich in Büchern wie Teenies benehmen. Dass mich dieses Verhalten irgendwann etwas strapaziert, passiert mir aber in Jugendbüchern (und in der Realtiät) öfter. Ich werde halt alt.

Der Plot brachte immer wieder kleine Wendungen oder auch Schockmomente hervor, die mich überrascht haben und zum zügigen Weiterlesen animierten. Ganz besonders spannend und wendungsreich empfand ich die letzten 100 Seiten. Auch das Ende gefiel mir ausgesprochen gut und macht unheimlich neugierig auf die Fortsetzung.

Ein kleiner Kritikpunkt hat sich aber beim Lesen doch eingeschlichen. Ich fand es etwas unglaubwürdig, dass es dem mysteriösen Unbekannten so einfach gelungen ist, sich als Testleiter in das Athene-Zentrum zu schmuggeln, wo doch die Testungen großer Geheimhaltung unterliegen. Es muss doch Fotos des richtigen Testleiters gegeben haben oder Vorstellungsgespräche? Auch dass der falsche Alexander es regelmäßig schafft, Systemdaten zu löschen oder –abstürze herbeizuführen um Skye zu helfen oder unbeobachtet mit ihr sprechen zu können, bemerkt niemand. Das kann ich mir beim Stand der Technik einfach nicht vorstellen.

Insgesamt handelt es sich bei „Falling Skye“ jedoch um einen gelungenen dystopischen Roman, der mich wirklich fesseln konnte. Es ist für jeden etwas dabei – Science Fiction, Action, Drama, Emotion! Ein tolles Debüt! Für Fans des Genre absolut eine Investition wert.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Emotionaler Psychothriller mit besonderer Atmosphäre

Das Licht am Ende
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„Das Licht am Ende“ von Claudia Giesdorf ist ein Psychothriller, der mit vielen Emotionen aufwartet. In meinen Augen ist es auch diese Fülle an Gefühlen, die mich so ans Buch gefesselt hat. Natürlich war ...

„Das Licht am Ende“ von Claudia Giesdorf ist ein Psychothriller, der mit vielen Emotionen aufwartet. In meinen Augen ist es auch diese Fülle an Gefühlen, die mich so ans Buch gefesselt hat. Natürlich war dies jedoch nur in Verbindung mit der spannenden Story möglich:

Helena zieht auf eine abgelegene Lichtung im Wald. Neben ihrer sind nur zwei weitere Hütten auf dort zu finden. Ihre Nachbarn Anuk und Salim nehmen sie herzlich auf. Alles scheint trotz Helenas Ängsten und Zwängen perfekt für einen Neuanfang bis plötzlich Gegenstände verschwinden und eine unsichtbare Bedrohung die Lichtung erreicht. Alle drei haben mit den Geistern ihrer Vergangenheit zu kämpfen. Doch nur eines dieser Geheimnisse kann tödlich enden.

Mehr zum Inhalt möchte ich auch gar nicht verraten, da gerade die Geheimnisse der drei Hauptfiguren mich zu Beginn neugierig werden ließen. Das Buch beginnt nämlich eher ruhig und im ersten Drittel sind es auch die leisen Töne, die mich gefesselt haben. Die Gespräche, die Helena mit Salim und Anuk führte. Die Beschreibung ihrer Zwänge. Die Erinnerungen an Helenas Kindheit. Die Figurenzeichnung von Salim und Anuk. Ab dem zweiten Drittel steigt die Spannung rapide an. Ich war hier so sehr an die Zeilen gefesselt, dass ich sogar vergaß Notizen für die Leserunde zu machen, an der ich teilnahm.

Das Buch wird aus der Sicht Helenas erzählt und spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die jedoch geschickt in die Story eingewoben sind. Die Autorin hat einen sehr eigenen Schreibstil, der vermutlich nicht jedem Leser zusagt. Ich musste mich zugegebenermaßen daran auch erst gewöhnen. Die Sätze wirkten etwas sperrig auf mich, teils „dramatisch“ und „geschwollen“. Claudia Giesdorf formuliert jedoch mit viel Liebe zum Detail und so gab es auch durchaus Passagen, die für mich schon poetisch oder philosophisch anmuteten. Die Formulierungen sind jedoch auch reich an Beschreibungen und sehr lebendig. Je weiter ich in die Geschichte eintauchte, umso besser kam ich mit diesem besonderen Stil zurecht. Ich habe mir auch Passagen notiert, die mir besonders gefielen. Hier ein Beispiel:

„Liebe kommt und geht jeden Tag. Ihre Macht kann uns erschüttern, ihr Fehlen uns zerstören. Sie zu erkennen und um jeden Preis zu halten, darauf kommt es an.“

Die Erinnerungen an Helenas Vergangenheit, die in die Geschichte eingesponnen erzählt werden, sind erschreckend, brutal, erniedrigend. Sie machten mich traurig und wütend zugleich. Ich fühlte Helenas Hilflosigkeit. Nach und nach holte die Vergangenheit auch Anuk und Salim ein. Der actionreiche Showdown gegen Ende des Buchs war unausweichlich und doch waren es wieder die leisen Töne, die darauf folgten, die mich mehr faszinierten. Sogar ein paar Tränchen habe ich beim Lesen verdrückt. Ganz zum Schluss folgte ein Twist, der alles in Frage stellte, was man gelesen hat und doch alles erklärte. Und zurückbleibt ein Buch, das mich begeistern konnte!

Fazit: Lesenswert, emotional, spannend und besonders! Besonders gut gefiel mir die geheimnisvolle Atmosphäre, die die ganze Zeit beim Lesen mitschwang. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung und volle Punktzahl!

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Veröffentlicht am 20.12.2019

Gefangen in den Klauen des Overlook-Hotels

Shining
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Ich habe vor einiger Zeit endlich das Hörbuch zu Stephen KIngs "Shining" gehört und war total gefangen in den Klauen des Overlooks.

Bisher habe ich mich ja eher selten an Stephen King gewagt, da er dazu ...

Ich habe vor einiger Zeit endlich das Hörbuch zu Stephen KIngs "Shining" gehört und war total gefangen in den Klauen des Overlooks.

Bisher habe ich mich ja eher selten an Stephen King gewagt, da er dazu neigt sehr umfangreich zu schreiben. Ich mag doch eher die knackig kurzen Bücher im Umfang von 300-400 Seiten. Da ich nun jedoch endlich den Film zum Buch sehen möchte (er ist ja erst 40 Jahre alt), musste zuerst die Romanvorlage ran.

Und was soll ich sagen? Ja, Stephen King schreibt ausschweifend, ABER er erzeugt dabei einfach genau die richtige Atmosphäre, die der Leser braucht, um sich auf die Geschichte einzulassen und sie komplett auf sich wirken zu lassen.

Das Hörbuch ist von Dietmar Wunder fantastisch eingesprochen. Er hat so eine Vielzahl an Stimmlagen und Tönen modelliert, dass ich zum einen immer sofort wusste, wer gerade spricht und zum anderen in einigen Momenten eine echte Gänsehaut verspürte. Dabei war es völlig egal, ob er einen kleinen verängstigten Jungen spricht, eine hysterische Mutter oder einen durchgeknallten Vater. Es passte einfach perfekt! Vor allem Jack Torrance Weg zum Wahnsinn hat er genial verkörpert.

Die Geschichte selbst ist aber auch einfach unheimlich und spannend gewesen. Auch die ganze Vorgeschichte der Familie (die im Film vermutlich fehlen oder stark reduziert dargestellt sein wird) fand ich super eingearbeitet. Ja, vielleicht ist "Shining" nach heutigem Stand für einige Leser nicht mehr gruselig genug. Aber ich bin sowieso ein großer Fan von psychologischer Spannung und einer gruseligen Atmosphäre und beides hat Stephen King hier definitiv geschaffen.

Die Charaktere waren durch die Bank weg interessant und authentisch. Auch die Nebenfiguren aus dessen Sicht Stephen King nicht direkt berichtet, haben mich alle gefangen genommen. Man merkt hier, dass King mit Liebe zum Detail schreibt und Figuren schafft, die im Gedächtnis bleiben.

Mich hat das Hörbuch wahnsinnig (haha, Wortspiel) gut unterhalten und ich war wirklich traurig als es endete. Ich glaube, ich muss nun unbedingt Doctor Sleep hören. Von mir gibt es eine klare Empfehlung für diesen Klassiker der Horrorgeschichten.

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Veröffentlicht am 10.12.2019

Solider Jugendthriller

The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
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Was ist der Unterschied zwischen Rache und Gerechtigkeit? Dieser unheimlich schwer zu beantwortenden Frage geht der Jugendthriller von Colleen Oakes auf die Spur.

Thea ist seit dem Mord an ihrer Cousine ...

Was ist der Unterschied zwischen Rache und Gerechtigkeit? Dieser unheimlich schwer zu beantwortenden Frage geht der Jugendthriller von Colleen Oakes auf die Spur.

Thea ist seit dem Mord an ihrer Cousine Nathalie ein anderer Mensch, ein trauriges Mädchen, eine Außenseiterin. So gern würde sie noch etwas für Nathalie tun. Als sie eines Tages einen schwarzen Umschlag der „Black Coats“ findet, zögert sie nicht lang und trifft die Entscheidung diesem mysteriösen Geheimbund beizutreten. Die „Black Coats“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, Rache für Frauen zu verüben, denen Leid angetan wurde. Zunächst ist Thea stolz eine von ihnen zu sein, aber nach und nach streuen sich bei ihr Zweifel an den Zielen der Black Coats.

Das Buch ist etwas anders, als ich es erwartet hätte. Ich ging davon aus, dass es eine kleine Gruppe Frauen ist, die hier agiert und sich an denen rächt, die ihnen selbst oder nahe stehenden Personen Leid zugefügt hat. Die „Black Coats“ werden jedoch fast wie ein Unternehmen geführt. Es gibt Hierarchien, strenge Regeln, politisch anmutende Machtkämpfe innerhalb der Organisation und teils sehr hartes Nahkampf-Training für die Rekrutinnen.

Das Buch beginnt sehr heftig. Im Prolog wird die Vergewaltigung an einem jungen Mädchen geschildert – es wird zwar nicht detailliert beschrieben, was passiert, aber die Andeutungen genügen um es sich bildlich vorzustellen. Neben dem schockierenden Prolog werden aber auch die Missionen innerhalb der Black Coats interessant beschrieben. So gab es zum Beispiel Aufträge, die die Mädchen ausführen sollten, um Vergeltung zu üben. Diese Aufträge wurden Balancings genannt und hatten verschiedene Schweregrade: Während bei einem Code Morning die Zielperson nur „erschreckt“ werden sollte, gab es beim Code Evening bereits Gewaltanwendung, damit die Drohung beim Gegenüber auch wirklich ankommt. Diese Einsätze waren echt spannend geschrieben und ließen mich mitfiebern!

Neben den aufregenden Geschehnissen bei den Black Coats lernt Thea im Verlauf des Buchs auch noch einen Jungen kennen, der ihr den Kopf verdreht: Drew Porter. Ich bin kein großer Fan von Liebesgeschichten in Spannungsliteratur, hier fand ich es aber keinesfalls störend. Im Gegensatz zu vielen anderen Romanen, war die Liebe der beiden Figuren für den Plot auch durchaus wichtig und die Entwicklung, die die Geschichte dadurch nahm, gefiel mir sehr gut.

Die Hauptfigur Thea fand ich direkt sympathisch. Sie war durch den Mord an ihrer Cousin gebrochen, aber nicht zerbrochen. Sie war stark, aber in einigen Momenten auch schwach. Sie war taff und doch vorsichtig. Es waren sehr glaubhafte und authentische Charakterzüge, die uns die Autorin hier präsentierte. Auch Drew Porter und die restlichen Black Coats gefielen mir hinsichtlich der Charakterzeichnung gut. Einzige Ausnahme war die leicht übernatürlich anmutende Fähigkeit von Bea, die jeden Menschen innerhalb von Sekunden hypnotisieren konnte. Ich finde das doch ziemlich unrealistisch.

Die Kapitel des Buchs hatten eine angenehme Länge und waren recht kurzweilig, da sie zwischen Theas Privatleben und dem Training bei den Black Coats wechselten. Die Schreibweise war angenehm, locker und war einem Jugendbuch angemessen.

Das Finale des Buchs war echt unheimlich gelungen. Spannung, Action, Twists! Die letzten Seiten haben mir besonders gut gefallen und die Story eben nicht schwarz und weiß anmuten lassen wie ich es zuvor erwartet habe.

Ein tolles Buch für alle, die das Thema Selbstjustiz, #metoo oder einfach nur spannende Lektüre interessiert. Von mir gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung für Fans von Jugendbüchern! Leserinnen und Leser, die dieses Genre eher meiden, werden wohl auch hier nicht auf den Geschmack kommen. Mir persönlich hat das gewisse Extra, der wirkliche Wow-Effekt, irgendwie noch gefehlt. Vielleicht lag es auch daran, dass ich etwas anderes erwartet habe. Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 09.12.2019

Sehr beeindruckend

Die Arena: Grausame Spiele
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„Die Arena – Grausame Spiele“ hat mich mit seinem großartigen Cover direkt in den Bann gezogen. Nachdem ich die ersten positiven – und teils euphorischen – Stimmen meiner Lieblingsblogger gelesen hatte, ...

„Die Arena – Grausame Spiele“ hat mich mit seinem großartigen Cover direkt in den Bann gezogen. Nachdem ich die ersten positiven – und teils euphorischen – Stimmen meiner Lieblingsblogger gelesen hatte, wollte ich das Buch unbedingt auch lesen.

„Die Arena“ spielt im London der Zukunft. Hier ist die Gesellschaft in zwei Klassen unterteilt: Auf der einen Seite die Pures – die „reinen“ Menschen, die über allem stehen, und die Dregs – unterdrückter Abschaum, der beseitigt werden muss. Für die „Dreg-Kontrolle“ gibt es sogar einen eigenen Ministerposten. Vivian Banes hat dieses Amt inne. Sie ist die Mutter der männlichen Hauptfigur Ben. Ben wuchs in dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft auf und hat vieles nie hinterfragt. Als Sohn einer Politikerin wurde er weitestgehend abgeschirmt und hat einen eigenen Bodyguard, der ihn überall begleitet, u.a. weil in seiner Kindheit entführt und ein Anschlag auf ihn nur knapp verhindert werden konnte. Ben ist vollkommen aufgeregt als der Zirkus nach London kommt und möchte ihn unbedingt besuchen. Er ahnt nicht, welche Zustände dort herrschen. Hoshiko, die Hochseilartistin, ist eine der Hauptattraktionen und fasziniert Ben von Anfang an. Hoshiko ist in Bens Alter und das ist im Zirkus eine wahre Seltenheit. Normalerweise überlebt keine der Attraktionen sehr lange. Der Zirkusdirektor denkt sich zur Unterhaltung der Pures nämlich immer neue Grausamkeiten aus, quält und foltert die Dregs auch außerhalb der Vorstellungen. Hoshiko erleidet bei jeder Aufführung Todesangst und hasst die Pures, die schaulustig in den Zirkus strömen, um Dregs möglichst sensationsträchtig sterben zu sehen, abgrundtief. Wie kann man es ihr verübeln, wurde sie doch mit fünf Jahren ihrer Familie entrissen, um Teil des Zirkus zu werden.

Der Roman wird abwechselnd aus Hoshikos und aus Bens Sicht erzählt. Hayley Barker schreibt die Geschichte in sehr knappen Kapiteln, oft umfassen diese nur zwei Seiten. Ich mochte diese schnellen Perspektivwechsel unheimlich gern. Das Tempo war dadurch sehr hoch und die Spannung zog von Kapitel zu Kapitel immens an. Der Schreibstil gefiel mir dabei außerdem sehr gut, weil er bildhaft und lebendig war: „Ich bin immer noch wach, als der Morgen seine eisigen Finger durch die Vorhänge streckt und ein langweiliger Tag anbricht.“ Viele Dialoge gab es nicht, was ich normalerweise bemängeln würde. Aber hier passte es einfach zum Inhalt und zum Stil. Die Geschichte um Ben und Hoshiko zog mich unaufhörlich weiter in seinen Bann. Ich ertappte mich dabei, wie ich selbst den grausamen Zirkusaufführungen entgegenfieberte und ekelte mich dabei beschämt vor mir selbst. Auch Ben erkennt plötzlich wie falsch die Welt ist, in der er lebt. Er schämt sich dafür, dass er nicht viel früher hinterfragt hat, was um ihn herum geschieht und kann dies nicht weiter ertragen. Auch Hoshiko merkt durch Bens Bemühen nach und nach, dass nicht alle Pures, die Monster sind, für die sie sie hält und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Ben und Hoshiko, die beiden Hauptakteure, wirken auf mich auch authentisch als sie sich innerhalb kürzester Zeit unsterblich ineinander verlieben. Die Ich-Perspektive tut viel dafür, dass man ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen nachvollziehen kann. Für viele mag diese Liebe auf den fast ersten Blick durchaus übertrieben sein, ich wiederum empfand es aber keinesfalls abwegig. Wir haben es hier immerhin mit zwei Teenagern zu tun, die vermutlich noch nie verliebt waren. Bei Shakespeares „Romeo und Julia“ hat man diesen Umstand doch auch nicht groß hinterfragt und das Stück zählt heute zur Weltliteratur.
Das Buch erinnerte mich beim Lesen aber nicht vordergründig an Shakespeare, sondern viel mehr an „Die Tribute von Panem“ oder auch an Nazi-Deutschland. Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung vermeintlich niederwertiger Personen durch eine „Rasse“, die sich über alles stellt. Das kennt man aus der Geschichte und wirkte beim Lesen leider erschreckend realistisch auf mich. Die „minderwertige“ Klasse wird zur Belustigung und Unterhaltung der Höherwertigen im Zirkus zu grausamen Spielen gezwungen. „Die Arena“ wirkt jedoch keinesfalls wie eine billige Kopie von „Tribute von Panem“. Der Roman besticht einfach vollends durch das einzigartige Zirkus-Setting, das die Autorin erzeugt. Die Atmosphäre wird wunderbar von ihr eingefangen: die Gerüche, die Geräusche, die Bilder, die Angst und die Aufregung – alles habe ich beim Lesen hautnah erlebt. Ein wenig schade finde ich jedoch, dass die Autorin nicht darauf eingeht, wie es zu der politischen Lage im Buch gekommen ist. Es wird lediglich erwähnt, dass die Dregs Zuwanderer und ethnische Minderheiten darstellen. Hier wäre durchaus an der einen oder anderen Stelle Potential gewesen, ein paar Hintergründe einzustreuen, um beispielsweise den Hass der Pures besser zu verstehen.

Hayley Barker hat hier einen dystopischen Roman geschaffen über ein London, das man so nicht kennenlernen möchte; über eine erste Liebe, die allen Widrigkeiten und Regeln zum Trotz entsteht; über Werte, die für unsere Gesellschaft wichtig sind und immer sein sollten; über Menschen, die ihre Grausamkeiten nicht als solche sehen; über das Leben und den Tod und wie sinnlos beides sein kann. Für mich ist „Die Arena – Grausame Spiele“ ein sehr beeindruckender Auftakt der Dilogie, auf deren Fortsetzung ich unendlich gespannt bin. Man findet hier eine besondere Erzählweise, eine bedrückende Atmosphäre und eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Ich empfehle dieses Buch unbedingt weiter und vergebe volle Punktzahl.

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