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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2019

Im Keller Londons

London Underground
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Als Detective Nick Belsey seine neue Flamme Jemma zu einem besonderen Rendezvous einlädt, verschwindet diese in den Tunneln unterhalb Londons. Belsey gerät selbst in Verdacht und versucht fortan die Suche ...

Als Detective Nick Belsey seine neue Flamme Jemma zu einem besonderen Rendezvous einlädt, verschwindet diese in den Tunneln unterhalb Londons. Belsey gerät selbst in Verdacht und versucht fortan die Suche auf eigene Faust voranzutreiben. Einzige Hilfe ist ihm seine Vorgesetzte. Als dann jedoch auch diese verschwindet, muss Belsey vor seinen eigenen Kollegen fliehen. Denn was nur er weiß: der Täter treibt ein perfides Spiel mit ihm. Und wenn er nicht rechtzeitig das Rätsel löst, stirbt Jemma.



Auf der Suche nach „Standort 3“ könnte man das Buch untertiteln. Denn schnell ist dem Detective klar, wonach er suchen muss. Allein – diesen Standort kennt niemand. So wird es ein nervenzerreißenes Puzzle, das Belsey lösen muss. Nur in kleinen Schritten kommt er weiter und viele Hinweise erweisen sich als eine Sackgasse- oder er ist ein klein wenig zu spät dran. Denn der Täter hat Helfer in den höchsten Kreisen.

Beim Lesen des Buches gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf: London muss total unterhöhlt sein und: gibt es keine Ermittler mehr ohne ein Alkohol- oder Drogenproblem? Vor allem Letzteres hat mich anfangs etwas genervt. Da findet Belsey ein Depot und schießt sich erst mal ab. Dann will er den Inhalt des Lagers verkaufen – kein Gutmensch. Wobei diese Tatsache dann später ja erst zur Auflösung des Falles beiträgt.

Ersteres fand dann auch in einem Nebensatz Erwähnung, den ich recht nett fand: bei der Beerdigung Prinzessin Dianas musste ein bestimmter Platz mit Blumen bepflanzt werden, damit dort nicht zu viele Menschen Platz finden – evtl. wäre sonst die Erde eingebrochen.

Die Handlung an sich wirkt etwas konstruiert, wartet aber mit einigen überraschenden Ereignissen auf und führt weit zurück in die Vergangenheit. Das Ende habe ich leider nicht ganz verstanden, die Story nach dem Showdown blieb mir verborgen. Was hat es mit dem Standort 3 wirklich auf sich? SPOILER Wurden dort die Menschen gefangengehalten, um die es vorher ging? SPOILER

Der Spannungsbogen ist recht hoch, vor allem am Ende. Was ein wenig fehlt, waren Gefühle. Belsey kommt als eigenwilliger Charakter daher, der sich zwar um Jemma und Craik sorgt, aber jetzt nicht gleich in Panik verfällt. Fast ruhig und besonnen löst er den Fall und gerät auch selbst in Gefahr.



Fazit: Tief unterhalb Londons Straßen lauert die Rache. Doch wofür – auf die Auflösung muss der Leser lange warten und auf die Jagd mit Belsey gehen.

Veröffentlicht am 12.12.2019

tolles Buch

Fremdes Leben
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Cilly, Claudia oder Maria?

Eine Frau wacht aus dem Koma auf und ist überzeugt, sie sei jemand anders. Nach und nach enthüllen sich winzige Puzzlestücke und sie merkt, dass sie nicht die nette Frau sein ...

Cilly, Claudia oder Maria?

Eine Frau wacht aus dem Koma auf und ist überzeugt, sie sei jemand anders. Nach und nach enthüllen sich winzige Puzzlestücke und sie merkt, dass sie nicht die nette Frau sein kann, als die sie sich momentan sieht. „wie konntest du das Kind im Kanal ertränken?“ und Erinnerungen an eine tote Frau lassen die Kranke daran glauben, dass sie eine Mörderin ist. Auch ihr Ehemann trägt nicht dazu bei, dass sie sich weniger schuldig fühlt. Immer mehr kleinere Erinnerungen tauchen aus ihrer Erinnerung auf, doch das Zusammensetzen fällt ihr schwer. Erst als sie mit ihrem Therapeuten die alten Plätze aufsucht kommt Licht ins Dunkel. Ihre ehemalige Nachbarin weiß mehr!



Ein Buch, das einen von Anfang an in Bann zieht. Eine Handlung bei der die Protagonistin nicht weiß, wer sie ist wirkt von der ersten Seite an spannend und lässt den Leser mitfiebern. Schließlich tappt man genauso im Dunkeln wie die kranke Frau. Petra Hammesfahr lockt einen dann auch wieder auf einige falsche Fährten und die Auflösung fand ich sehr gelungen! Die Frage nach dem Wieso? und „Was ist passiert?“ plagte mich von der ersten Seite an. Zwischendurch hat man so den einen oder anderen Verdacht, der von der Autorin aber kurz danach wieder zunichte gemacht wird, weil es kein Motiv zu geben scheint. Erst als die Nachbarin auftaucht kommt es zum AHA-Erlebnis.

Der Schluss ist typisch Hammesfahr: anders.



Aber glaubhaft. Während zwischendurch die Handlung stellenweise etwas vor sich hinplätscherte, da ein komplettes Buch mit Gedächtnisverlust dann doch etwas viel ist. Die Zeit im Krankenhaus und Reha war mir persönlich ein klein bisschen zu lang, weil man hier ein wenig auf der Stelle tritt.


Fazit: Als begeisterte Puzzlerin kam ich mir beim Lesen beinahe vor, als lege ich gerade mein nächstes Puzzle. Nur häppchenweise kommt man der Lösung näher und möchte doch so gern schnell erfahren, was los ist. Ein tolles Buch!

Veröffentlicht am 12.12.2019

nerviger Kommissar

Die Frau, die Männer mochte
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Dieses Buch ist wohl eine Neuauflage des bereits 1991 bei Bastei Lübbe erschienenen Titels. Inwieweit das Buch überarbeitet wurde kann ich nicht sagen, da ich den Originaltitel nicht kenne, könnte mir ...

Dieses Buch ist wohl eine Neuauflage des bereits 1991 bei Bastei Lübbe erschienenen Titels. Inwieweit das Buch überarbeitet wurde kann ich nicht sagen, da ich den Originaltitel nicht kenne, könnte mir aber vorstellen, dass die ganzen technischen Neuerungen jetzt beim Überarbeiten dazu kamen. Handys und PCs gabs damals ja noch nicht in dem Ausmaß.



Eine Frau wird ermordet, dann noch eine. Doch beide Fälle haben gar nichts miteinander zu tun. Kommissar Wegener soll den Mord an der Gaststättenbesitzerin Marisa aufklären, deren Tod auf den ersten Blick nicht wie ein Tötungsdelikt aussah. Doch Wegener zweifelt und ermittelt – auch gegen den Willen seines Vorgesetzten. Denn die Tat geschah im Umfeld der High Society des Dorfes. Wengerer steht aber eher neben sich. In dem Lokal hat er seine Frau kennen gelernt und seine Ehe ist gerade am Scheitern. Immer wieder kommen ihm seine Gedanken in die Quere, außerdem verehrt er die tote Marisa – wen wundert es, dass der Fall nicht aufgeklärt werden kann?



Den Kommissar fand ich teilweise ein wenig nervig mit seinen Eheproblemen und der daraus resultierenden Unruhe. Zum Glück hat er ja seinen überaus wachen Assistenten dabei, der mir in seinem Eifer sehr gut gefallen hat. Frischling wird er genannt, ich habe jedes Mal gegrinst, als der Name fiel.

Das Buch ist – wie fast alle Bücher von Petra Hammesfahr – nichts für zwischendurch. Es herrscht eine eher düstere Grundstimmung und die Wege des Kommissars sind alles andere als geradlinig. Ich fand, es war eher eine Charakterstudie, ein Psychogramm, wie Wegener abstürzt und warum das passiert. Kaum nachvollziehbar für den Leser, wie er jetzt dermaßen ausrasten kann, bis man die ganze Geschichte kennt. Und dann wehrt er sich und das Buch nimmt Fahrt auf. Am Ende ist der Täter überführt – und Wegener sprichwörtlich auch am Ende.

Veröffentlicht am 12.12.2019

Thema mit Anspruch

Der gläserne Himmel
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Sina, die „Prinzessin“ des Dorfes erregt Lehrer Christians Aufmerksamkeit. Ihre starke Persönlichkeit lässt ihn nicht mehr los und die beiden kommen sich näher. Doch dann erregt ein Verdacht Christians ...

Sina, die „Prinzessin“ des Dorfes erregt Lehrer Christians Aufmerksamkeit. Ihre starke Persönlichkeit lässt ihn nicht mehr los und die beiden kommen sich näher. Doch dann erregt ein Verdacht Christians Aufmerksamkeit: ist Sina womöglich seine Schwester? Was ist damals in Kirchbergen passiert, dass niemand darüber reden mag? Und was hat es mit seinen Träumen auf sich?



Christian und Sina – eine unheimliche Anziehungskraft wirkt auf die beiden. Anfangs wollen sie es noch nicht so recht wahr haben, vor allem Christian. Aber der Zauber, der von Sina ausgeht ist zu groß. Allerdings kam mir dieser Zauber gar nicht so recht nahe. Hammesfahr beschreibt ihre Charaktere etwas distanziert, was an sich kein Fehler ist, es dem Leser aber schwer macht, Sympathien zu entwickeln. Sina wäre mir aber auch sonst kaum sympathisch gewesen, sie hat so eine Art, die einen abschreckt. Herrschsüchtig, eigensinnig und sehr von sich eingenommen. Dennoch liest man sie gerne, denn der Stil Hammesfahrs‘ macht auch aus unsympathischen Charakteren interessante.



Das Buch beginnt mit Christians Kindheit. Er ist elf als seine Mutter vorübergehend von zu Hause auszieht. Schon hier startet das „Geheimnis“. Was ist passiert? Hammesfahr lässt den Leser eine ganze Weile im Ungewissen und verknüpft später geschickt einige Fäden miteinander, nur um diese dann wieder zu entknoten.



Am Ende muss man für sich selbst entscheiden: mag ich den Schluss oder nicht? Auf alle Fälle fiebert man diesem Ende sehr entgegen.


Hammesfahr muss man mögen. Ihre Bücher liest man nicht eben im Vorbeigehen, dafür ist der Schreibstil zu schwer. Die Autorin webt Sätze über die man nicht so wegliest, die hängen bleiben. Bücher mit Anspruch eben. Und diesem ist sie auch in „Der gläserne Himmel“ wieder gerecht geworden.

Veröffentlicht am 12.12.2019

wo ist Luca?

Als Luca verschwand
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Als der kleine Luca aus seinem Kinderwagen verschwindet, herrscht große Aufregung. Doch hatte die Mutter das Kind überhaupt dabei? Schnell ist klar, dass die Familie eher Schein ist als Sein.



Abgründe ...

Als der kleine Luca aus seinem Kinderwagen verschwindet, herrscht große Aufregung. Doch hatte die Mutter das Kind überhaupt dabei? Schnell ist klar, dass die Familie eher Schein ist als Sein.



Abgründe tun sich auf! Eine Familie, wie es sie ganz sicher tausendfach in Deutschland gibt. Unterdrückte Gefühle und Zwistigkeiten. Eine ganz normale Situation eigentlich, nur dass sie hier zu etwas eskaliert, das einem Gänsehaut verursacht. Hammesfahr geht weit zurück in der Geschichte und deckt Ursachen auf. Denn nichts geschieht einfach so und schon gar nicht ohne Grund.


Je weiter man liest, desto weniger weiß man. Zwar war schnell eine erste Verdächtige gefunden, aber genauso schnell auch eine zweite und ein Dritter. Spannend gestaltet sich das Verwirrspiel eigentlich nicht, dennoch hängt man gebannt an den Seiten. Mit der Entführung eines Babys bekommt das Buch schon Dramatik genug.



Die vielen Charaktere verwirren teilweise etwas, zumal manche noch gleich heißen: Martin, Martina und Martina. Da muss man schon genau mitlesen. Sympathieträger Nr. 1 war eindeutig der kleine Max. Wobei er mir fast ein wenig zu brav vorkam. Andere blieben etwas undurchsichtig und vor allem die Sache mit der Hexe hat mich ein wenig gestört. Den Traum über den Täter hätte es für mich nicht gebraucht. Allerdings bleibt dadurch auch ein kleiner Restzweifel in der Handlung, der zum Schmunzeln bringt: Hatte die Hexe doch etwas mit einem gewissen Unfall zu tun?



Hammesfahr schreibt wieder super. Verwirrt den Leser, führt ihn auf falsche Fährten und überrascht mit einem Ende, das niemand erwartet.